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Zweiter Weltkrieg Pazifikkrieg

Wie Japans Superschlachtschiff unterging

Zusammen mit ihrem Schwesterschiff sollte die „Musashi“ 1944 die amerikanische Flotte in den Philippinen vernichten. Aber die für unsinkbar gehaltene Festung wurde bereits beim Anmarsch versenkt.
Freier Autor Geschichte

Im Oktober 1944 stand Japan scheinbar vor dem Endsieg. Seine Armeen hatten in den vergangenen Monaten weite Teile Chinas überrannt und bereiteten sich auf die vollständige Besetzung Vietnams vor. Und die Flottenführung meldete einen triumphalen Sieg über die US Navy, bei dem zwei Schlachtschiffe und elf Flugzeugträger versenkt worden sein sollten. Kaiser Hirohito ordnete landesweite Siegesfeiern an.

Es dauerte eine Zeit, bis die Wahrheit bekannt wurde. Die amerikanische Trägerflotte hatte schwere Angriffe auf Okinawa, Taiwan und die Philippinen geflogen. Dabei wurden mindestens 500 japanische Flugzeuge abgeschossen, während die Angreifer nur Schäden an zwei Kreuzern zu beklagen hatten. Aber wie schon nach der vernichtenden Niederlage bei Midway 1942 verschleierten Japans Admiräle das Desaster und redeten die Katastrophe schön. Umso unbedingter war daher ihr Wille, beim nächsten Angriff der Amerikaner alles auf eine Karte zu setzen, das heißt auf die gesamte Vereinigte Flotte beziehungsweise das, was von ihr nach fast drei Jahren verlustreicher Kämpfe noch übrig geblieben war.

Für jedes der möglichen Ziele – Philippinen, Taiwan, Okinawa – hatte die Admiralität einen Schlachtplan, „Sho“ (Sieg), ausgearbeitet, der den Einsatz aller noch vorhandenen Schiffe vorsah. Das Motiv war nicht nur der drohende Gesichtsverlust, sondern schlicht die Rechnung, dass Japan im Oktober 1944 nur noch über ein Drittel der Transportkapazitäten verfügte, mit denen es den Krieg eröffnet hatte. Bald würde es gar nicht mehr möglich sein, die verbliebenen Schlachtschiffe und Träger aufmarschieren zu lassen. Schon jetzt war das Gros der Flotte in der Nähe der indonesischen Erdölquellen stationiert, um nicht vom Nachschub abgeschnitten zu werden.

Auf ihrer Strategiekonferenz im Juli 1944 hatte sich die amerikanische Führung nach langen Debatten auf eine Landung in den Philippinen festgelegt. Ziel war die zentrale Insel Leyte, auf der Douglas MacArthur, alliierter Oberkommandierender im Südwestpazifik, sein Versprechen mit allem Pomp zu inszenieren gedachte, das er bei seiner Flucht 1942 gegeben hatte: Er werde zurückkehren.

Die US-Armada, die sich am 20. Oktober Leyte näherte, bestand aus mehr als 200 Kriegsschiffen und 500 Transportern, die 160.000 Soldaten beförderten. Während die 7. Flotte unter Thomas C. Kinkaid mit zahlreichen älteren Schlachtschiffen – darunter Veteranen, die 1941 in Pearl Harbor versenkt und anschließend wieder flottgemacht worden waren – die Landungsoperationen decken sollten, hatte die 3. Flotte unter William „Bull“ Halsey die Aufgabe, mit ihren 16 Flugzeugträgern und sechs schnellen Schlachtschiffen die Operation gegen einen japanischen Angriff zu decken. Dass er tatsächlich erfolgen würde, hielt man allerdings nach den schweren Angriffen der letzten Wochen für unwahrscheinlich.

Die japanische Falle sah den Anmarsch in vier Gruppen vor. Die nördliche Trägergruppe sollte die US-Flotte unter William Halsey von den Landungsschiffen fortlocken
Die japanische Falle sah den Anmarsch in vier Gruppen vor. Die nördliche Trägergruppe sollte die US-Flotte unter William Halsey von den Landungsschiffen fortlocken
Quelle: Infografik Die Welt

Nachdem die japanische Führung das Ziel der Amerikaner erkannt hatte, löste sie Plan „Sho I“ aus. Umgehend begannen neun Schlachtschiffe, vier Träger und 19 Kreuzer mit der Umsetzung eines höchst komplizierten Schlachtplans.

Die japanische Falle bestand aus vier getrennten Gruppen. Den Hauptschlag sollte die Kampfgruppe A unter Takeo Kurita führen. Sie bestand aus fünf Großkampfschiffen und zwölf Kreuzern, darunter den beiden Superschlachtschiffen „Yamato“ und „Musashi“, und sollte von Indonesien bis zur nördlich von Leyte gelegenen Insel Samar und von dort nach Süden vordringen.

Von Süden sollten die Kampfgruppen B und C mit insgesamt zwei Schlachtschiffen und drei Kreuzern die US-Landungsflotte attackieren, während die sogenannte Trägergruppe als Lockvogel dienen sollte. Obwohl ihre Flugzeugträger kaum noch über Maschinen und über keine ausgebildeten Besatzungen verfügten, dampfte sie aus der japanischen Binnensee Richtung Südwesten. Ihre Aufgabe war es, die überlegenen US-Träger auf sich zu ziehen und damit von den Landungsschiffen fortzulocken: ein gigantisches Selbstmordkommando zu einer Zeit, als die Kamikazetaktik noch nicht offiziell praktiziert wurde.

Der Plan war nicht nur kompliziert, sondern steckte auch voller Unwägbarkeiten. Eine davon waren die zahlreichen amerikanischen U-Boote, die auf den Anmarschwegen lauerten, eine andere die alliierte Luftüberlegenheit, die jederzeit die errechneten Zeitpläne zur Makulatur machen konnte.

Kurita wurden von U-Booten gesichtet

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Während MacArthurs Landung auf Leyte auf unerwartet wenig Widerstand stieß, sichteten US-U-Boote den Hauptverband unter Kurita und versenkten zwei seiner Kreuzer. Obwohl er von landgestützten japanischen Flugzeugen angegriffen wurde, die einen Träger versenkten, befahl Halsey den Angriff. Fünf Wellen mit insgesamt 250 Maschinen attackierten Kurita, der über keinerlei Jägerschutz verfügte, in der Sibuyan-See südlich von Luzon.

Obwohl die beiden Superschlachtschiffe „Yamato“ und „Musashi“ mit zusätzlichen Luftabwehrgeschützen ausgerüstet worden waren, wurden sie von zahlreichen Bomben und Torpedos getroffen. Vor allem die jüngere „Musashi“ erhielt einige Treffer, die zunächst die Panzerung unter der Wasserlinie schwächten. Ein folgender Torpedotreffer riss ein Loch in den Rumpf. Weitere Angriffe trafen die Maschinenanlage, sodass das Schiff nur noch 20 Knoten lief und aus dem Verband ausscheren musste. Da inzwischen die meisten Bedienungen der Flak-Geschütze ausgefallen waren, konnten die US-Piloten weitere Treffer anbringen.

Gegen 19.20 Uhr gab der Kapitän den Befehl, das Schiff zu räumen. Rund die Hälfte der 2500 Mann zählenden Besatzung kam mit dem Leben davon. Der Kapitän ging kurz darauf mit seinem Schiff unter, während ein Trompeter die Nationalhymne blies. Zuvor hatte sich ein guter Schwimmer die Kriegsflagge um den Körper gebunden und war in die See gesprungen. Gut 30 Bomben und Torpedos hatten ausgereicht, das für unsinkbar gehaltene Schlachtschiff mit 68.000 Tonnen zu besiegen. Das Kalkül, die riesigen 46-Zentimeter-Geschütze mit einer neuartigen Streumunition würden zur Flugabwehr ausreichen, ging nicht auf.

Zeichen göttlicher Fügung

Kurita kam zu dem Schluss, dass er gegen die amerikanischen Flieger keine Chance hatte, und drehte nach Westen. Aber noch während die „Musashi“ ihren letzten Kampf austrug, befahl der Admiral erneut einen Kurswechsel und steuerte wieder die San-Bernardino-Straße an, um von Norden Leyte anzulaufen. Ein Funkspruch des japanischen Oberkommandierenden Soemu Toyoda bestärkte ihn darin: „Im Vertrauen auf die göttliche Fügung haben alle Kräfte anzugreifen!“

Als Zeichen göttlicher Fügung mochte Kurita dabei das Ausbleiben weiterer Luftangriffe erschienen sein. Wohlbehalten erreichte er die San-Bernardino-Straße zwischen Luzon und Samar und stieß auch beim weiteren Vormarsch auf keinen Widerstand. Die amerikanischen Träger waren längst abgedreht und liefen mit Höchstgeschwindigkeit nach Norden.

Trotz aller Verzögerungen und Rückschläge hatte der japanische Plan schließlich doch funktioniert: Kaum war dem amerikanischen Admiral Halsey gemeldet worden, die japanische Trägergruppe befände sich von Nordosten aus im Anmarsch, befahl er, auf Angriffskurs zu gehen. Der Fehler öffnete den Weg für Kurita. Für die amerikanische Flotte vor Leyte bahnte sich eine Katastrophe an.

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