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Fibromyalgie ist ein heimtückisches Leiden

Die Ursache der Schmerzen kann der Arzt meist nicht finden – doch die einem schweren Muskelkater ähnlichen Schmerzen plagen die Erkrankten fortwährend Die Ursache der Schmerzen kann der Arzt meist nicht finden – doch die einem schweren Muskelkater ähnlichen Schmerzen plagen die Erkrankten fortwährend
Die Ursache der Schmerzen kann der Arzt meist nicht finden – doch die einem schweren Muskelkater ähnlichen Schmerzen plagen die Erkrankten fortwährend
Quelle: pa
Gelenke und Muskeln hören nicht mehr auf zu schmerzen – womöglich ein Zeichen für Fibromyalgie. Rund vier Prozent der Deutschen leiden daran.

Der Feind ist unsichtbar. Er lauert im ganzen Körper und verursacht unterschiedliche Beschwerden. Die Betroffenen sehen gesund aus. Das Heimtückische daran ist, dass auch die Ärzte nichts finden: Nicht im Blut, nicht im Röntgenbild ist Fibromyalgie nachzuweisen.

Manche behaupten deshalb, dass es die Krankheit gar nicht gibt; andere wiederum sehen darin ein rein psychisches Leiden . Nach den 2008 veröffentlichten Klinischen Leitlinien ist das Fibromyalgie-Syndrom eine chronische Krankheit mit Schmerzen in mehreren Körperregionen. Da die Ursache des Syndroms noch nicht erforscht ist, beschränkt sich die Therapie bislang auf die Linderung der Symptome.

Bei Margit Settan fingen die Schmerzen bereits mit neun Jahren in den Beinen an. Dann hatte sie lange Zeit Ruhe. Erst der Tod ihres Sohnes vor 15 Jahren hat die Krankheit richtig zum Ausbruch gebracht. „Seitdem vergeht kein Tag ohne Schmerzen", sagt die 58-jährige Bundesvorsitzende der Deutschen Fibromyalgie Vereinigung aus dem baden-württembergischen Seckach.

„Sie fühlen sich wie Muskelkater an oder wie die typischen Gelenkschmerzen beim grippalen Infekt." Vor allem an den Übergängen von den Muskeln zu den Sehnen, den sogenannten Tenderpoints, sind die Schmerzen ausgeprägt. Als Diagnose-Kriterium würden sie mittlerweile aber nicht mehr genutzt, sagt der Koordinator der Leitlinie zum Fibromyalgie-Syndrom, Winfried Häuser, vom Klinikum Saarbrücken.

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Drei bis vier Prozent der deutschen Bevölkerung sind nach Häusers Angaben von dem Syndrom betroffen. Nach Krankenkassen-Daten wurde es allerdings nur bei rund 0,5 Prozent der Menschen offiziell festgestellt. „Das Fibromyalgie-Syndrom wird unterdiagnostiziert„, sagt Häuser.

Die Diagnose ist umfangreich, da viele Symptome andere Erkrankungen imitieren und viele ärztliche Fachgebiete betreffen. Zudem müssen entzündliche und Stoffwechselerkrankungen, die dieselben Symptome haben, ausgeschlossen werden.

Für das Fibromyalgie-Syndrom spricht, wenn zu den Schmerzen in Armen, Beinen und im Rücken über mindestens drei Monate noch chronische Müdigkeit und Schlafstörungen hinzukommen. Begleitsymptome sind Morgensteifigkeit, Schwellungsgefühle in Händen, Füßen und im Gesicht sowie Beschwerden der inneren Organe wie Reizmagen und Reizdarm.

Auffällig ist nach Forschungen derUniversität Heidelberg die deutlich niedrigere Schmerzschwelle sowie eine größere Geräusch-, Licht- und Kälteempfindlichkeit als bei anderen Menschen.

Nach den Worten Häusers gibt es keine einzelne Ursache für das Leiden. Vielmehr ist es eine Kombination aus verschiedenen biologischen, psychischen und sozialen Faktoren. Körperliche und seelische Belastungen am Arbeitsplatz gelten als Risikofaktoren. Langzeitstudien fanden einen Zusammenhang von Übergewicht sowie mangelnder Bewegung und der Entwicklung eines Fibromyalgie-Syndroms.

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Die Behandlung konzentriert sich auf die Linderung der Symptome . „Eine vollständige Beschwerdefreiheit ist höchstens bei Kindern und Jugendlichen möglich", sagt Häuser. Die Therapie setzt vor allem auf die Eigeninitiative des Patienten. Welche Therapie Linderung bringt, weiß der Betroffene am besten selbst.

Gemeinsam mit dem Arzt wird ein mehrmonatiges Behandlungskonzept erarbeitet. Dazu gehören neben Ausdauertraining, das dem individuellen Leistungsvermögen angepasst ist, ein psychologisches Verfahren zum Schmerz- und Stressmanagement. „Eine zeitlich befristete medikamentöse Therapie mit Antidepressiva zur Schmerzlinderung kann versucht werden", betont der Experte.

Das einzig Positive an der Krankheit: Sie hinterlässt keine körperlichen Schäden. Die Schmerzen sind zwar lästig und quälend, die Gelenke und Muskeln gehen aber nicht kaputt. Die Lebenserwartung ist nicht heruntergesetzt.

Margit Settan hat sich im Alltag mit ihrer Krankheit arrangiert. Auf Schmerzmittel verzichtet sie völlig. Am meisten ärgert sie, dass die Hausarbeit an besonders schlimmen Tagen liegen bleiben muss. Dann hilft sie sich mit einem Trick, den sie auch Betroffenen am Beratungstelefon empfiehlt: Sie setzt sich aufs Sofa und lenkt sich mit schönen Gedanken ab.

dapd/db

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