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Was man tun kann, wenn das Kind nicht wachsen will

Wie groß wird der kleine Mann werden? Es gibt für Eltern eine einfache Faustregel Wie groß wird der kleine Mann werden? Es gibt für Eltern eine einfache Faustregel
Wie groß wird der kleine Mann werden? Es gibt für Eltern eine einfache Faustregel
Quelle: picture alliance/Bildagentur-o
Wenn Kinder nicht so schnell wachsen wie ihre Altersgenossen, sorgen sich die Eltern meistens. In vielen Fällen unbegründet. Doch falls ein Kleinwuchs droht, können Ärzte das Wachstum ankurbeln.

„Mein Kind wächst zu langsam! Ist das noch normal?“ Mit dieser Frage besorgter Eltern müssen sich Kinder- und Jugendärzte in ihrer Praxis besonders häufig befassen. Die Messung und Bewertung von Körpergröße und Wachstum eines Kindes gehören deshalb zu den wichtigsten Instrumenten von Pädiatern für die Beurteilung seiner Entwicklung, schreibt die Arbeitsgruppe von Roland Pfäffle vom Forschungsbereich Wachstum und Entwicklung der Universitätskinderklinik Leipzig in der „Monatsschrift Kinderheilkunde“.

„Eine Wachstumsstörung kann in jeder Alters- und Entwicklungsphase auftreten“, betonen die Leipziger Wachstumsforscher. Unterschiedlichste Ursachen während der Reifung des Ungeborenen im Mutterleib führten bereits zu einer Wachstumsverzögerung mit Kleinwuchs bei Geburt (small for gestational age). „Bei der Erhebung der Krankengeschichte gilt es, von möglichst vielen Familienmitgliedern Längen, Gewichts- und Kopfumfangsmaße zu erfragen“, so die Wissenschaftler. Doch schon bei der Aufnahme dieser wichtigen Daten käme es häufig zu Fehlern. Etwa weil die Väter ihre Körperlänge häufig etwas zu lang angäben, Mütter sich hingegen kleiner machten, als sie in Wirklichkeit sind.

Im ersten Jahr wächst ein Baby über 20 Zentimeter

Mit dem menschlichen Körperwachstum befasst sich die Wissenschaft der Auxologie (von griechisch auxo – ich vermehre, lasse wachsen). Für Eltern reicht oft schon ein Blick auf die Hose ihres Kindes: Hosenlängen sind ein untrüglicher Maßstab für das Wachstum. Sie zeigen deutlich, dass Kinder nicht gleichmäßig wachsen, sondern je nach Alter manchmal in kurzer Zeit stark in die Höhe schießen, um dann wieder ihr Wachstum zu verlangsamen. So ist es bei Babys ganz normal, dass sie im ersten Jahr 23 Zentimeter größer werden, im Jahr darauf jedoch nur noch zehn Zentimeter zulegen.

Bei Kindern zwischen drei und vier Jahren hält die Hose oft erstaunlich lange. Von der Geburt bis zum Beginn der Pubertät verringert sich das Wachstumstempo stetig. Danach geht es aber umso rasanter voran. Im Alter zwischen 12 und 15 Jahren legen Jungen pro Jahr etwa acht Zentimeter zu, die maximale Zunahme kann, meist zwischen dem 13. und 15. Lebensjahr, bis zu zwölf Zentimeter betragen. Das Wachstum von Mädchen beschleunigt sich im Durchschnitt etwa zwei Jahre vor den Jungen, die Zunahme mit 8 bis 9 Zentimetern liegt aber unter der Wachstumsgeschwindigkeit der Jungen.

Je eher zum Arzt, umso besser

Spätestens, wenn die gleichaltrigen Spiel- oder Klassenkameraden dem Kind davonwachsen, sollte die Ursache der Verzögerung mit einem Kinder- und Jugendarzt besprochen werden. Der erste Verdacht auf eine Entwicklungsverzögerung oder auf Kleinwuchs taucht oft schon bei den Vorsorgeuntersuchungen auf. Bei jedem Termin werden die sorgfältig gemessenen Werte von Körperlänge und Gewicht in den Wachstumskurven (Somatogrammen) des Vorsorgeheftes vermerkt. Aus dem Verlauf dieser Werte kann der Arzt auffällige Abweichungen oft schon früh erkennen. Um diese Abweichungen genauer zu unersuchen, wird meist noch einRötgenbilder der linken Hand gemacht. Auf der Aufnahme lassen sich die Knochenstrukturen erkennen und beurteilen inwieweit diese dem Alter des Kindes entsprechen. Eine Hormonuntersuchung des Blutes gibt weitere Informationen über eine etwaige Kleinwüchsigkeit.

Wächst ein Kind deutlich zu langsam für sein Alter, gilt: Je früher die Ursachen für die Wachstumsverzögerung entdeckt werden, desto besser die Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung.

Nach Angaben des „Bundesverbandes Kleinwüchsige Menschen und ihren Familien“ sind in Deutschland rund 100.000 Bürger von Kleinwuchs betroffen, das heißt, sie sind bereits oder werden als Erwachsene lediglich zwischen 70 und 150 Zentimeter groß. Kleinwüchsige Menschen müssen mit vielen Problemen zurechtkommen. Manche kommen nicht an den obersten Knopf im Fahrstuhl eines Hochhauses heran, können ihr Handgepäck nicht ohne Hilfe in der Gepäckablage eines Flugzeuges verstauen. Modische Kleidung gibt es häufig nicht in den gewünschten kleinen Größen.

Mangel an Wachstumshormon

Für die Steuerung des Wachstums ist ein Hormon zuständig, das in der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) gebildet wird. Aus oft unerklärten Gründen produziert sie bei manchen Kindern zu wenig von diesem Hormon: Die Kinder bleiben klein und eher kindlich. Ihre Haut ist dünn, die Haare fein, die Hände und die Füße klein. Sie haben außerdem häufig im Verhältnis zum Hirnschädel eine kleine Gesichtsform mit auffällig kleinem Kinn, was ihnen einen puppenhaften Ausdruck verleiht. Die Wachstumsgeschwindigkeit ist stark vermindert.

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Fachleute schätzen, dass etwa eines von 5000 Kindern unter einem schweren Mangel an Wachstumshormonen leidet. Bei diesen Kindern kann eine jahrelange Behandlung mit Wachstumshormonen (rhGH; Somatropin) das Wachstum rasch wieder ankurbeln.

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Der Erfolg ist oft verblüffend, berichten die Forscher um Roland Pfäffle: „Das Ansprechen auf die Therapie ist im ersten Behandlungsjahr besonders eindrucksvoll. Üblicherweise kommt es nach Therapiebeginn zu einer Verdopplung der Wachstumsgeschwindigkeit“. In manchem Monat wachsen die Kinder fast einen Zentimeter.

Wachstumsherapie ist teuer

Somatropin wird bereits seit 30 Jahren bei Kindern eingesetzt. „Die Nebenwirkungen der Therapie sind insgesamt selten; sie können aus Reizungen an der Injektionsstelle, Hautverfärbungen und Rötungen etc. bestehen“, so die Forscher.

Die Behandlungskosten sind mit rund 14.000 Euro pro Jahr trotz der Einführung von preisgünstigeren Biosimilars (Biogenerika) immer noch sehr hoch. Angesichts dieser Kosten stößt die teure Therapie bei Kostenträgern und auch manchen Ärzten auf Zurückhaltung und Skepsis. Viele Eltern, die über den Kleinwuchs ihres Kindes beunruhigt sind, werden immer noch häufig mit dem Hinweis vertröstet: „Das wächst sich noch aus“.

Spezialisten für die Behandlung eines Wachstumshormonmangels sind die pädiatrischen Endokrinologen. Sie können allerdings nur dann eingreifen, wenn bei einem kleinwüchsigen Kind tatsächlich Hormone fehlen, und das ist nur bei wenigen Kindern der Fall. Die meisten kleinwüchsigen Kinder leiden nicht an einem Hormonmangel, sondern haben entweder Stoffwechselstörungen oder Skelettstörungen, die auf Hormone überhaupt nicht reagieren. Liegt dem Kleinwuchs zum Beispiel eine Wachstumsstörung der Knochen, die sogenannte Achondroplasie, oder eine genetisch bedingte Wachstumsstörung zugrunde, dann helfen auch große Mengen an Wachstumshormonen nichts.

Es gibt außerdem nach wie vor keine Möglichkeit, Kinder größer zu machen, die kleinwüchsige Eltern haben. Da kleine Männer sehr häufig noch kleinere Frauen heiraten, kommt es dann nicht selten vor, dass die Kinder noch kleiner bleiben als ihre Eltern.

Über die gesamte Bevölkerung betrachtet fällt dies allerdings kaum ins Gewicht: Innerhalb einer Generation, also binnen 33 Jahren hat die Durchschnittsgröße von Mädchen und Frauen in Deutschland um vier Zentimeter zugenommen, von 1,64 Meter auf 1,68 Meter. Junge Männer haben sogar sechs Zentimeter zugelegt, von 1,74 Meter auf 1,80 Meter.

Die Größenzunahme erklären Forscher mit verschiedenen Faktoren: Bereits im Mutterleib gedeihen Babys heute besser als noch vor Jahrzehnten. Dank Impfungen leiden Kinder heute zudem wesentlich seltener unter schweren Infektionskrankheiten.

Schräg ist das neue Schön

Die Oberweite zu groß, der Beine zu kurz, der Körper alles andere als Modelmaße. Doch: Noch nie war das perfekt Unperfekte so gefragt. Rauschebart, Kleinwuchs, Speck. Das sind die „Misfits“-Models.

Quelle: Die Welt

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