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Beauty Skinimalism

Endlich mal ein Beauty-Trend, der Zeit und Geld spart

Freie Redakteurin
Skinimalism erinnert daran, wie sehr das Ideal eines „schönen Gesichts“ inzwischen von der Realität abweicht Skinimalism erinnert daran, wie sehr das Ideal eines „schönen Gesichts“ inzwischen von der Realität abweicht
Skinimalism erinnert daran, wie sehr das Ideal eines „schönen Gesichts“ inzwischen von der Realität abweicht
Quelle: Getty Images/Colin Anderson Productions pty l
Weniger Produkte, mehr Natürlichkeit: „Skinimalism” stellt eine Abkehr von langwierigen Schönheitsritualen dar. Die Idee erinnert daran, wie sehr manipulierte Selfies heute unser Selbstbild beeinflussen.

Man beginne zunächst mit einem Reinigungsöl, um Make-up, Sonnencremereste und Talg zu entfernen. Anschließend folgt eine zweite Gesichtswäsche mit einem wasserbasierten Produkt, welches jede übrig gebliebene Unreinheit eliminiert. Danach sollten mit einem Peeling abgestorbene Hautzellen abgerubbelt werden, damit das im Anschluss aufgetragene Gesichtswasser seine volle Wirkung entfalten kann. Und damit wäre man erst bei Schritt fünf angelangt.

Insgesamt zehn Schritte umfasst die bei Beauty-Fans längst bekannte Schönheitsroutine aus Korea, die vor einigen Jahren auch in Europa und in den USA an Beliebtheit gewann und als neuer Maßstab für gründliche, effektive Hautpflege gefeiert wurde. Wer morgens und abends bis zu zehn verschiedene Produkte verwendete – vom Öl über das Serum bis zur „Sheet Mask” und Augencreme – gönnte seiner Haut einen angemessen reichhaltigen Cocktail aus hocheffektiven Inhaltsstoffen. Und natürlich eine wohlverdiente Ladung „Selfcare”.

Wohlbefinden gegen Geld

Doch auf jeden Trend folgt der Gegentrend, und die Vorstellung eines aufgeblähten Pflegeprogramms und übervollen Kulturbeutels erscheint zunehmend übertrieben, verschwenderisch und umweltschädlich. Die Alternative: „Skinimalism”. Der Begriff wurde Anfang des Jahres von der Social-Media-Plattform Pinterest als Trend für 2021 definiert, nachdem man steigende Suchanfragen nach Themen wie „natürliches Alltags-Make-up“ und „strahlende Haut auf natürliche Weise“ registrierte. Seitdem hat sich das Wort als Hashtag auf Instagram durchgesetzt.

Die Idee beschreibt sowohl eine minimalistischere, auf wenige Produkte konzentrierte Herangehensweise ans Thema Hautpflege als auch eine Rückkehr zu einem natürlicheren Erscheinungsbild, zu einer Haut, die mit all ihren Flecken und Schatten durchscheinen darf, unverfälscht durch Social-Media-Filter und Schichten aus Primern, Foundations und Puder. Damit steht Skinimalism mehr im Einklang mit einem Zeitgeist, der Maßhaltung und bewussten Konsum über den Hedonismus der Vergangenheit stellt. Und es hinterfragt die gängige Vorstellung bei Beauty-Fans, dass viel immer viel hilft.

So viel braucht die Haut eigentlich nicht

Denn gerade wenn es um das Kombinieren vieler Produkte geht, könne sogar das Gegenteil der Fall sein, sagt der Dermatologe Christoph Liebich, der an der Dermazent-Praxis in München praktiziert. „Bei manchen Inhaltsstoffen kann es problematisch sein, wenn man sie miteinander mischt, weil sie sich nicht vertragen.“ Oft müssten empfindliche Zutaten wie Vitamin C oder Eiweiße in einer bestimmten Zusammensetzung in einem Produkt vorhanden sein, damit sie überhaupt funktionieren. „Nur, als Laie weiß man das natürlich nicht immer. Und so können sich falsch gemischte Wirkstoffe gegenseitig deaktivieren und am Ende hat man gar nichts von ihnen.“

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Dass sehr viele auf einmal verwendete Produkte für Hautirritationen oder -reaktionen sorgen, hält Liebich für unwahrscheinlich. Dennoch empfiehlt er, verschiedene Produkte mit bestimmten Wirkstoffen mit einem Abstand von 20 Minuten nacheinander aufzutragen, damit zum Beispiel ein Serum in Ruhe wirken kann, bevor darauf die Feuchtigkeitscreme folgt. Ein minimalistischeres Schönheitsritual muss aber nicht bedeuten, dass man komplett auf fast alles verzichtet. „Man sollte sich eher fragen, was man erreichen möchte. Wenn das Ziel Anti-Aging oder die Bekämpfung von Akne ist, dann sollte man sich auf Produkte konzentrieren, die genau dafür bestimmt sind.“ Wer hingegen keinerlei größere Hautprobleme oder schlicht keine Lust auf eine aufwendige Routine habe, könne vieles ganz weglassen und sich auf wenige essenzielle Schritte beschränken. Für Liebich gehören dazu eine Feuchtigkeitscreme, eine sanfte Reinigungsmilch und Sonnenschutz.

Worauf es dabei zu achten gilt

Ein Trend, der Geld, Zeit und Mühe spart – zur Abwechslung ist das doch mal ganz schön. Vor allem aber erinnert Skinimalism auch daran, wie sehr das Ideal eines „schönen Gesichts“ oder „guter Haut“ inzwischen von der Realität abweicht. Wer oft durch Instagram scrollt, begegnet dort seit Jahren Gesichtern von Frauen wie Kim Kardashian oder deren Stiefschwester Kylie Jenner, die ihre Wangen, Kinnpartie, Nase und Mund modellieren, ob mit Make-up-Techniken wie Contouring, virtuellen Filtern oder Bildbearbeitungsapps. Selbst der gefeierte „No Make-up“-Look ist in Wahrheit oft das Ergebnis eines sorgfältigen Zusammenspiels aus Pflegeprodukten und dekorativer Kosmetik, die eben den „Glow” versprechen, der von den Beauty-Idolen auf Social Media vorgelebt wird.

Die ständige Konfrontation mit diesen manipulierten Fotos kann das eigene Selbstbild beeinflussen und damit den Wunsch, in Produkte oder Eingriffe zu investieren, die man gar nicht braucht. Dr. Christoph Liebich hat in seiner Praxis eine Zunahme von Dysmorphophobie beobachtet – eine psychische Störung, die die Wahrnehmung des eigenen Körpers oder Gesichts prägt. „Manche Menschen sehen Dinge in ihrem Gesicht, die gar nicht existieren, und wünschen sich Behandlungen, um diese zu korrigieren. Das muss man als Arzt kritisch sehen und dementsprechend aufklären.“

Ein solches Problem wird auch ein neuer Social-Media-Trend ganz bestimmt nicht lösen. Doch im besten Fall kann eine Idee wie Skinimalism dazu ermuntern, den eigenen Kosmetikkonsum gezielter auf die Bedürfnisse der eigenen Haut abzustimmen. Und dementsprechend bewusster – und weniger – zu kaufen.

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