Gibt es je einen guten Zeitpunkt, um über den Weltuntergang zu reden? 2017 scheint zumindest kein schlechter zu sein. Die vergangenen Monate waren, so welthistorisch betrachtet, nicht die lichtesten. Der Aufstieg von Populisten in westlichen Demokratien, die fortwährenden Krisenherde im Nahen und Mittleren Osten, Rekordtemperaturen, schmelzende Eiskappen, Terror - da ist Luft nach oben, salopp gesagt.
Nun, nehmen wir dies als Anlass und stellen uns einmal vor, was passieren würde, wenn wirklich, wirklich die Welt unterginge. Sagen wir, ein riesiger Komet nähert sich der Erde. Unaufhaltsam, unvermeidbar und definitiv apokalyptisch. Wir können die Stunden bis zum Einschlag herunter zählen. Wie würdest du dich verhalten?
Auswertung von Millionen Spielerdaten
Diese Frage hat auch ein internationales Team aus Computerwissenschaftlern beschäftigt. Die Forscher um Ah Reum Kang von der University at Buffalo haben für eine Studie das Verhalten von mehr als 80.000 Gamern analysiert. Die Teilnehmer spielten 2012 eine Beta-Version des Online-Rollenspiels „ArcheAge“.
Es handelt sich um ein sogenanntes Massively Multiplayer Online Role-Playing Game (MMORPG). Dabei bewegt man sich mit einem Avatar durch eine virtuelle Welt und kann mit tausenden anderen Spieleravataren interagieren.
Die „ArcheAge“-Entwickler zeichneten während der Testphase unvorstellbare Mengen von Spielerdaten auf. Kang und ihre Kollegen interessierte besonders, wie Spieler sich in der virtuellen Welt verhielten, als sich die Testphase dem Ende näherte. Man könnte sagen: Bevor ihre virtuelle Welt unterging.
Insgesamt 270 Millionen Datenpunkte von solchen Verhaltensweisen „vor Weltuntergang“ nahmen die Forscher in ihre Analyse auf. Sie klassifizierten sie in elf verschiedene Kategorien, darunter kämpfen, feiern und Häuser bauen. Doch was überwog?
Die Mordraten stiegen an
Tatsächlich zeigten die Spieler gegen Ende des Spiels mehr antisoziales Verhalten. So stiegen die Mordraten zum Beispiel. Allerdings gingen diese Verhaltensweisen auf einen sehr kleinen Teil der virtuellen Bevölkerung zurück. Die meisten Spieler legten prosoziales Verhalten an den Tag und pflegten ihre Beziehungen.
Verbildlicht: Sie zündeten im Angesicht der Apokalypse eher Kerzen an und sangen „Kumabaya“, als dass sie sich die Köpfe einschlugen. Das nehmen wir mal als positives Zeichen.
Was würdest du tun?
„Uns ist klar, dass die Konsequenzen dieses Weltuntergangs rein virtuell sind, weil es ein Videospiel ist“, räumt Kang ein. „Dennoch stellt unser Datensatz die beste Annäherung an ein tatsächliches Weltuntergangsszenario dar.“
Die Forscher stellen ihre Ergebnisse nächste Woche bei der International World Wide Web Conference in Australien vor. Sie wurden bisher auf arXiv veröffentlicht, einem Dokumentenserver der Cornell University Library für Forschungspapiere, die nie noch nicht in Fachmagazinen veröffentlicht worden sind.
Gut, mit dem Lesen dieses Artikels bist du dem Kometeneinschlag wieder ein paar Minuten näher gekommen. Nach unseren Berechnungen hast du noch 17 Minuten. Was machst du jetzt?