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In "Unbeugsam" sind Juden Widerstandskämpfer

Diesmal spielt James-Bond-Darsteller Daniel Craig einen gebrochenen Helden. In "Unbeugsam - Defiance" kämpft er als Partisan im Zweiten Weltkrieg an der Seite von 1200 Juden. Regisseur Edward Zwick schlägt mit seinem jetzt startenden Film ein vergessenes Kapitel des Holocaust auf.

Ganz am Ende tragen sie etwas dick auf. Da wird Pessach gefeiert, und explizit wird noch einmal erklärt, um welches Fest es sich dabei handelt: Es erinnert an den Auszug der Juden aus Ägypten, ergo an die Befreiung der Israeliten. Prompt müssen die Juden aus ihren Wäldern fliehen und auch wenn sich diesmal kein Meer vor ihnen teilt, führt sie doch ihr Anführer, Moses gleich, durch ein Schilfmeer. Dieser aufdringlichen Metapher hätte es eigentlich nicht bedurft.

In der letzten Zeit gibt es überraschend viele ausländische Produktionen, die sich dem Thema Widerstand gegen die Nazis widmen. Man denke an den niederländischen Film „Black Book“ von Paul Verhoeven oder die dänische Produktion „Tage des Zorns“ und nicht zuletzt an den Stauffenberg-Film „Operation: Walküre“ mit Tom Cruise, dessen Dreharbeiten in Deutschland die Gemüter spaltete.

Sie zeigten den äußeren wie den inneren Widerstand. Nur einer blieb bislang ausgespart: der der Juden. „Juden“, sagt auch ein russischer Partisan in „Unbeugsam – Defiance“, „Juden kämpfen nicht.“ „Diese schon“, ist die lapidare Antwort.

Edward Zwicks Film schließt eine klaffende Lücke. Und bricht das einseitige Bild von den Juden als Opfern mit Lust auf. Erzählt wird eine wahre Geschichte, die lange vergessen, verdrängt war, bis sie Nechama Tec 1993 in ihrem Sachbuch „Defiance – The Bielski Partisans“ aufgeschrieben und dafür noch lebende Zeitzeugen befragt hat.

Sie handelt von den ungleichen Bielski-Brüdern, Bauernsöhnen aus einer abgelegenen Gegend der Sowjetrepublik Weißrussland, die früh lernen mussten, sich vor der Polizei in den Wäldern zu verstecken. Als im Sommer 1941 Hitlers Armee vormarschiert und die Juden verfolgt werden, fliehen sie eben dahin. Anfangs nur zu viert: doch immer mehr kommen hinzu, als die Kunde von ihrem Widerstand bekannt wird, immer größer wird die Schar, die sich notdürftig in Erdbunkern einrichtet.

Bis zu 20.000 Juden sollen sich in Osteuropa auf diese Weise in Partisanengruppen, so genannten Otriaden, organisiert haben. Keine aber war größer als die Bialski-Otriade, die am Ende 1200 Menschen umfasste. Und doch blieb der Widerstand der Juden in der Historienschreibung lange einzig auf den (niedergeschlagenen) im Warschauer Ghetto beschränkt.

Nun korrigiert Zwick, indem er das Buch massenwirksam verfilmt, dieses Geschichtsbild – wie er es schon einmal, in „Glory“, tat, wo er ein lange unterschlagenes Kapitel des amerikanischen Bürgerkriegs aufdeckte: von einem Regiment, das ausschließlich aus Schwarzen bestand.

„Unbeugsam“ will dabei keine Geschichtsstunde mit erhobenem Zeigefinger sein, sondern Drama und Actionkino zugleich. Immer wieder werden die schwelenden gruppendynamischen Prozesse innerhalb der stetig anwachsenden und kaum zu versorgenden Gemeinschaft aufgegriffen, dann aber wieder von Actionsequenzen abgelöst, in der Kollaborateure überfallen oder Deutsche getötet werden.

Im Mittelpunkt stehen dabei die beiden ältesten Brüder: Zus (Liev Schrei8ber), der Vergeltung will, mit seinen Taten aber auch die Deutschen auf ihre Spur führt, und Tuvia (Bond-Darsteller Daniel Craig), der es sich stattdessen zur Aufgabe macht, mehr und mehr Juden zu retten.

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Ihre unterschiedlichen Positionen führen zunehmend zu einem Konkurrenzverhalten, bis Tuvia an anderer Stelle, bei Partisanen der Roten Armee, weiterkämpft. Tuvias Führungsanspruch wird zwar immer wieder in Frage gestellt. So unternimmt er nichts, als die Masse einen gefangenen Deutschen massakriert, oder schießt einen der Ihren nieder, der die Ordnung gefährdet. Er führt sich zunehmend auf wie ein Diktator, und doch ist er eine Lichtgestalt, die auf weißem Pferd durch die Wälder streift.

Ein Held, wenngleich ein (vielfach) gebrochener. Das dürfte der Wahrheit, wie sie die Nachkommen der Brüder schildern, sehr nahe kommen. Und doch bleibt in der Darstellung des Films ein gewisses Unbehagen zurück. Weil die meisten in dieser Otriade bloß Staffage bleiben, die im Zweifel nie wissen, was sie tun sollen. Auch die Juden, so die bittere Lehre, brauchen einen Führer. Und: „Solange ich der Führer dieser Gruppe bin“, sagt Tuvia denn einmal auch dezidiert, „gehorcht ihr meinen Befehlen.“

Vielleicht ist dabei auch dem Filmteam etwas mulmig geworden. Vielleicht hat man deshalb am Ende die aufdringliche Moses-Metapher eingeschoben, deren zentrale Rolle denn auch nicht Tuvia, sondern dem jüngeren, besonnenen Bruder Asaiel (Jamie Bell) zukommt.

Oder bedarf es in der Not wirklich eines starken Mannes? Diese Frage beantwortet der Film freilich nicht. Immer, wenn sie angerissen wird, siegt am Ende die Genrekonvention des Spannungskinos über den soziopolitischen Diskurs.

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