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Lifestyle Animalisches Bukett

Oud ist der Inbegriff erotisierender Parfüms

Managing Editor LIFESTYLE
Es kostet mehr als Gold, entsteht durch Schimmelpilze und soll aphrodisisch wirken: Der intensive Duftstoff Oud, der sogar ein bisschen nach Schweiß riechen kann.

Das Ganze begann mit einem nackten Mann. Er zeigte wirklich alles und lenkte so ein bisschen von dem ab, wofür er warb: M7, ein Männerduft von Yves Saint Laurent. 2002 entstand unter der Regie von Tom Ford, von 1999 bis 2004 Creative Director des Hauses, eines der ersten Parfüms mit Oud – und auch wenn die Werbekampagne mit dem nackten Penis einige Gemüter erregte, war das stark duftende Öl mit dem ungewöhnlichen Namen das eigentlich Besondere an M7.

„Niemand hatte es bis dahin benutzt, keiner kannte es“, erzählt Alberto Morillas, einer der zwei Parfümeure, die damals M7 entwickelten, „und es hat immer noch etwas Magisches.“

In Arabien kennt man den intensiven Duftstoff schon seit über 2000 Jahren. Das Oud-Öl wird aus dem Harz des Adlerholzbaumes gewonnen. Das Holz des Baumes, der hauptsächlich in den Regenwäldern Südostasiens wächst, ist an sich nicht besonders wertvoll. Doch wenn der Baum in seinem Kernholz verletzt wird, verschließt er diese Wunden mit Harz.

50.000 Euro pro Kilo Harz

Im besten Oud-Fall wird das Harz von einer speziellen Schimmelpilzkombination befallen – je weiter dieser Pilzbefall fortschreitet, desto stärker duftet das Harz, das der Baum zur Abwehr der Parasiten bildet. Gut fermentiertes (man könnte auch sagen: schön verschimmeltes), gereinigtes Harz kostet bis zu 50.000 Euro pro Kilo.

Auf den orientalischen Märkten verräuchert man das verharzte Holz in kleinen Splittern. Frauen haben den Duft dort schon lange als besonders erkannt – man sieht sie bis heute über die Räuchergefäße gebeugt stehen, um ihren Körper und die Kleidung zu parfümieren.

Vielleicht ist nicht nur der Duft ein guter Grund dafür: Im Hohelied Salomons wird die aphrodisische Wirkung von Oud beschrieben, in Indien und Ägypten ist Oud der Inbegriff erotisierenden Parfüms. „Nachdem es im arabischen Raum nichts Besonderes mehr ist, kam vor rund zehn Jahren auch in Westeuropa der Oud-Trend auf“, sagt Bodo Kubartz. Kubartz ist Parfümmarktexperte und verfasste mit Frank J. Schnitzler „Das große Buch vom Parfüm“. Er sagt: „Seit zwei bis drei Jahren gibt es hier einen immer stärkeren Absatz an Düften, die Oud enthalten.“

Bei Yves Saint Laurent verzichtete man 2002 darauf, Oud in der Werbekampagne für M7 zu erwähnen. Der Duft sollte für sich sprechen. Mit dem neuen Packaging, das im Februar 2012 lanciert wird, ändert sich das: Dann steht – bei gleicher Rezeptur – auf dem Flakon „M7 Oud absolu“.

Es riecht warm und sexy

„Das Öl hat so etwas Animalisches, Holziges, aber gleichzeitig Modernes“, sagt Parfümeur Morillas. „Es riecht warm und sexy und immer wieder anders. Ich träume davon, weitere Oud-Düfte zu kreieren.“

Die Auswahl ist inzwischen groß. Auf Yves Saint Laurent folgten zahlreiche Hersteller mit eigenen Oud-Kreationen. Bond No. 9 lancierte 2008 zunächst exklusiv für Harrods einen Oud-Duft, der zum bis dahin bestverkauften Parfüm des britischen Kaufhauses wurde.

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Der Pariser Parfümeur Pierre Montale wurde während eines dreijährigen Aufenthaltes in Saudi-Arabien inspiriert – und ist seitdem auf Oud-Düfte spezialisiert. Gut zwanzig Varianten gibt es bei Montale bis jetzt, von „Aoud Forest“ über „Aoud Leather“ bis „Black Aoud“. „Auch viele große Häuser haben erkannt, dass die Nachfrage nach Oud steigt – und haben einen eigenen Duft lanciert“, sagt Parfümexperte Kubartz.

Laut Kubartz kommen Oud-Düfte bei den Kunden sehr gut an – trotz der hohen Preise: Da das Öl so rar und schwer zu beschaffen ist, sind die Parfüms dementsprechend teuer. 100 Milliliter „New York Oud“ von Bond No. 9 beispielsweise kosten 310 Euro.

Der Adlerholzbaum droht auszusterben

Ein synthetischer Nachbau des Aromas ist schwierig – ein deutsch-indonesisches Wissenschaftlerteam ist auf der Suche nach dem Pilzmix, der die Bäume infiziert. Bislang konnte man aber nur wenige der beteiligten Pilze identifizieren. „Die Dufthersteller sind natürlich sehr daran interessiert, naturidentische Rohmaterialien zu entwickeln, um das Öl im Labor nachzubilden – gerade vor dem Hintergrund der ökologischen Bedingungen für die Gewinnung von Oud“, sagt Kubartz.

Denn: Der Adlerholzbaum droht aufgrund der immer größer werdenden Nachfrage auszusterben. Sein Verbreitungsgebiet reichte früher von Indien bis Neuguinea, heute ist er in Indien, Bangladesch, Thailand und China beinahe ausgerottet. Viele Bäume werden zudem umsonst gefällt, da von außen sehr schwer zu erkennen ist, ob der Baum vom richtigen Pilz befallen ist. Holzhändler schlagen Nägel in Jungbäume, um Verletzungen und die Harzbildung gezielt hervorzurufen.

Oud-Düfte sind gewöhnungsbedürftig

Ein Ausweg: „By Kilian“ bietet in seiner „Arabian Nights“-Serie inzwischen einen Oud-Duft ganz ohne echtes Oud an. In „Incense Oud“ versucht Parfümeurin Sidonie Lancesseur den charakteristischen Duft ohne das Öl zu kreieren. Von einer „Nachahmung“ will Kilian Hennessy da aber nicht sprechen: „Wir versuchen nicht, Oud zu kopieren, sondern bieten eine echte Rekonsitution von Oud an, die den Geruch des ‚Bah Oud' einfängt, das auf den orientalischen Märkten verbrannt wird.“ Laut Kubartz ist in den meisten Parfüms jedoch oft nur ein „verschwindend geringer Anteil“ echten Ouds enthalten.

Tatsächlich sind Oud-Düfte für viele gewöhnungsbedürftig. „Oud riecht selten und anders“, sagt auch Kubartz. „Vielen gefällt er nicht auf Anhieb. Doch wenn man ihm Zeit gibt, entfaltet er sich in unterschiedlichen Ausrichtungen – mal riecht er rauchig, sogar ein bisschen nach Schweiß und sauer – entwickelt dann aber seine komplexe Duftaura.“

Auftragen sollte man Oud-Parfüms übrigens am besten auf dem Adamsapfel, rät Parfümeur Morillas: „Das ist sehr wichtig. Durch die Vibration beim Sprechen entsteht Wärme, die den Duft noch viel intensiver wirken lassen.“

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