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Gutachter: Winnenden-Amoklauf war nicht zwangsläufig vorhersehbar

Gutachter: Winnenden-Amoklauf war nicht zwangsläufig vorhersehbar Gutachter: Winnenden-Amoklauf war nicht zwangsläufig vorhersehbar
Gutachter: Winnenden-Amoklauf war nicht zwangsläufig vorhersehbar
Quelle: DAPD/axb
Notizen einer Familienbetreuerin belasten angeklagten Vater des Täters

Stuttgart (dapd). Der Amoklauf von Winnenden und Wendlingen ist nach Ansicht eines psychiatrischen Gutachters kaum vorhersehbar gewesen. Es gebe 50.000 bis 100.000 Menschen in Deutschland, die eine ähnliche Persönlichkeit wie Tim K. hätten, sagte der Gutachter am Montag im zweiten Prozess gegen den Vater des Amokläufers vor dem Stuttgarter Landgericht. "Daraus kann man nicht ableiten, dass einer eine solche Tat begeht", fügte er hinzu. In dem Prozess wurden zudem Notizen einer Familienbetreuerin verlesen, die den Vater belasten könnten.

Der Gutachter sagte, er diagnostiziere bei Tim K. eine leichte kombinierte Persönlichkeitsstörung, die behandlungsbedürftig gewesen sei. Tim K. sei psychisch auffällig gewesen, seitdem er 14 Jahre alt gewesen sei. Zudem zitierte der Gutachter aus dem Abschlussbericht einer psychiatrischen Klinik in Weinsberg, in der Tim K. zeitweise ambulant in Behandlung war. Demnach heißt es in dem Bericht, der erst nach dem Amoklauf erstellt wurde, dass der Jugendliche den Ärzten von seinem Hass auf die Welt erzählt hat. Die Mitarbeiter diagnostizierten bei ihm eine soziale Phobie, erkannten aber "keine Hinweise auf eine akute Eigen- oder Fremdgefährdung."

Amokläufer tötete mit Waffe des Vaters 15 Menschen

Der Vater des Amokläufers muss sich erneut vor Gericht verantworten, weil er eine Pistole unverschlossen im Schlafzimmer aufbewahrt hatte. Mit dieser Waffe hatte der 17-jährige Schüler im März 2009 bei einem Amoklauf 15 Menschen und sich selbst getötet. Der Vater war unter anderem wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil allerdings wegen eines Verfahrensfehlers auf.

Neben der möglichen Vorhersehbarkeit der Tat stand am Montag auch die Frage im Mittelpunkt, ob die Eltern von den Hassgedanken wussten. Aus Notizen einer Familienbetreuerin geht hervor, dass sie diese Gedanken möglicherweise kannten. In den im Gericht verlesenen Notizen schrieb die Frau, die Eltern hätten ihr gesagt, ihr Sohn habe bei seinem ersten Gespräch mit Ärzten einer psychiatrischen Klinik in Weinsberg von seinem Hass auf die Welt erzählt.

Die Betreuerin hatte die Familie von Tim K. nach der Tat betreut. In den Notizen auf ihrem Laptop heißt es laut Gericht weiter, Tim K. habe die Aussage über die Hassgedanken bereits in dem darauf folgenden Gespräch mit den Ärzten wieder zurückgenommen. Außerdem heißt es, die Klinik habe die Eltern in einem Abschlussgespräch darüber unterrichtet, dass bei ihrem Sohn keine schwere psychische Erkrankung festgestellt worden sei. Es seien aber weitere Gespräche mit Tim K. empfohlen worden. Zudem steht in den Notizen, der Vater habe der Klinik nicht mitgeteilt, dass er seinen Sohn zum Schießtraining mitnehme.

Betreuerin widersprach sich im ersten Prozess

Die Familienbetreuerin gilt als zentrale Zeugin in dem Prozess. Im ersten Prozess hatte sie ausgesagt, die Eltern hätten ihr gesagt, dass ihr Sohn in der Klinik über Hassgedanken und Tötungsfantasien gesprochen habe. Kurz darauf erklärte sie hingegen, sie habe dies doch nicht von den Eltern erfahren. Nachdem die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen Falschaussage eingeleitet hatte, kehrte sie wieder zu ihrer ursprünglichen Version zurück und verweigerte mit Zustimmung des Gerichts die weitere Auskunft. In weiteren am Montag verlesenen Unterlagen der Frau heißt es, sie habe verschiedene Punkte vermischt, sei missverstanden worden und habe ihre Aussage am zweiten Vernehmungstag ergänzen wollen.

Im zweiten Prozess sollte sie erklären, welche der beiden Versionen stimmt. Sie berief sich allerdings auf Erinnerungslücken, die infolge der traumatischen Belastungen durch ihre Befragung im ersten Prozess aufgetreten seien. Ein ärztliches Attest legte sie vor. Die Ärzte der Weinsberger Klinik verweigerten mit Verweis auf die ärztliche Schweigepflicht die Aussage.

dapd

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