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Meinung Polnischer Journalist Poczobut

Seit fast 600 Tagen in den Händen eines skrupellosen Diktators

ADDING INFOS Belarus based correspondent of Polish daily Gazeta Wyborcza, Andrzej Poczobut, speaks on his mobile phone as he leaves a courthouse in Grodno, some 270 km of Minsk, on July 5, 2011. Belarus on July 5 handed a suspended jail term to a reporter for a top Polish daily on charges of defaming President Alexander Lukashenko as courts convicted dozens for staging protests against his rule. Andrei Pochobut, a Belarussian citizen and a member of the Polish minority who writes for the Gazeta Wyborcza, was given the three year suspended sentence at the trial in the western city of Grodno, the Vyasna rights group said. Pochobut (Andrzej Poczobut in Polish) was immediately freed inside the courtroom after the sentence was announced, a source at court told AFP. Holding his son, he was hailed by supporters who chanted "Long live!" in Polish. AFP PHOTO / KSENIYA AVIMOVA (Photo by Kseniya Avimova / AFP) ADDING INFOS Belarus based correspondent of Polish daily Gazeta Wyborcza, Andrzej Poczobut, speaks on his mobile phone as he leaves a courthouse in Grodno, some 270 km of Minsk, on July 5, 2011. Belarus on July 5 handed a suspended jail term to a reporter for a top Polish daily on charges of defaming President Alexander Lukashenko as courts convicted dozens for staging protests against his rule. Andrei Pochobut, a Belarussian citizen and a member of the Polish minority who writes for the Gazeta Wyborcza, was given the three year suspended sentence at the trial in the western city of Grodno, the Vyasna rights group said. Pochobut (Andrzej Poczobut in Polish) was immediately freed inside the courtroom after the sentence was announced, a source at court told AFP. Holding his son, he was hailed by supporters who chanted "Long live!" in Polish. AFP PHOTO / KSENIYA AVIMOVA (Photo by Kseniya Avimova / AFP)
Der belarussische Journalist Andrzej Poczobut im Jahr 2011: Seit 2021 sitzt er erneut im Gefängnis – ohne Hoffnung auf Freilassung
Quelle: KSENIYA AVIMOVA/AFP
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Der polnische Journalist Andrzej Poczobut ist seit März 2021 ein Gefangener des belarussischen Regimes. Die Vorwürfe gegen ihn sind haltlos. Und doch wurde er nun auf eine „Terrorliste“ gesetzt, womit ihm jahrelange Lagerhaft oder sogar die Todesstrafe droht. Europa muss jetzt handeln.

Als Andrzej Poczobut im März 2021 festgenommen wird, wissen seine Frau und seine beiden Kinder weder was ihm vorgeworfen wird, noch wohin er verschleppt wird. Bis heute ist kaum etwas über den Zustand des inhaftierten Journalisten bekannt – oder darüber, wie es mit ihm weitergehen soll.

Als die maskierten Schergen des belarussischen Regimes in die Wohnung der Familie Poczobut eindrangen, hatten seine Angehörigen erst noch Hoffnung, dass er nach einigen Wochen wieder aus der Haft entlassen werden könnte. Schließlich wurde Poczobut nicht das erste Mal von Beamten abgeführt.

Bereits 2010 und 2011 saß er für mehrere Monate im Gefängnis. Der Grund: Er hatte Diktator Alexander Lukaschenko zuvor in seinen Texten „Diktator“ genannt. Doch dieses Mal sollte es anders laufen. Poczobut, Belarus-Korrespondent der polnischen Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“, einer Partnerzeitung von WELT, sitzt bis heute im Gefängnis. Seit fast 600 Tagen.

Zuerst brachten Lukaschenkos Männer Poczobut von Grodno im Westen des Landes in die Hauptstadt Minsk. Danach in das Gefängnis Schodsina. Es heißt, Gefangene werden dort besonders brutal behandelt, gerade die politischen. Ehemalige Insassen berichten von Folter.

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Der 49-jährige Poczobut, der an einer Herzkrankheit leidet, zwischenzeitig auch noch an Covid-19 erkrankt war, ist in einem schlechten gesundheitlichen Zustand. Das bestätigte erst kürzlich wieder der Sprecher des polnischen Außenministeriums. Eine hinreichende medizinische Versorgung wird ihm verweigert.

Die polnische Regierung wie auch seine Heimatredaktion fordern Poczobuts Freilassung. Doch genützt hat es bislang nichts.

'Free Poczobut' poster is hanging in front of the Polish Journalists Association (SDP) headquarters in Warsaw, Poland on July 29, 2021. Andrzej Poczobut, a journalist and activist and a member of the Association of Poles in Belarus, was arrested by the Belarusian militia on March 25, 2021, on a charge of 'inciting hatred'. (Photo by Beata Zawrzel/NurPhoto)
"Free Poczobut" steht auf einem Plakat vor dem Gebäude des polnischen Journalistenverbands in Warschau
Quelle: Beata Zawrzel/picture alliance/NurPhoto

Die Gründe für die Inhaftierung von Poczobut sind heute so konstruiert wie am 25. März 2021. Die belarussische Staatsanwaltschaft legte Poczobut kurz nach seiner Festnahme „Anstiftung zu nationalem und religiösem Hass“ zur Last. Dabei hatte er lediglich über die Massenproteste gegen Diktator Alexander Lukaschenko berichtet.

Wegen seines Engagements für die polnische Minderheit in Belarus geriet er zusätzlich ins Fadenkreuz der Behörden. Polen gilt als wichtiger Unterstützer der belarussischen Opposition. Lukaschenko nahm das als Vorwand, eine Verhaftungswelle gegen Polen im Land loszutreten.

Nun haben die Behörden Poczobut auch noch auf eine „Terrorliste“ gesetzt. Das berichtet die Menschenrechtsorganisation Viasna. Auf dieser Liste befinden sich etwa 900 Namen von Personen, die das Lukaschenko-Regime im Visier hat, darunter die in Litauen lebende Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja oder Pawel Latuschka, Mitglied des sogenannten Koordinierungsrats der Regimegegner.

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Poczobut steht deshalb nun ein Scheinprozess bevor. Ihm drohen jahrzehntelange Lagerhaft oder sogar die Todesstrafe. Seine Familie und seine Redaktionskollegen hoffen darauf, dass er doch noch an die polnischen Behörden ausgeliefert wird. So lange Lukaschenko jedoch von einem anderen Diktator, Wladimir Putin, gestützt wird, dürfte er keinen Anreiz sehen, auf den Westen, in diesem Fall Polen, zuzugehen und Poczobut freizulassen.

Die EU muss deshalb den Druck auf das Regime in Minsk erhöhen und weitere Sanktionen gegen Lukaschenko und seinen Terrorstaat verhängen. Die härtesten nur denkbaren Sanktionen, die keinen Wirtschaftsbereich ausschließen.

Denn Lukaschenko unterstützt nicht nur Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine, er unterdrückt auch die Menschen in Belarus und lässt sie massenhaft einsperren. Europäische Regierungsvertreter sollten dazu nicht schweigen.

Sie, und nicht nur polnische Politiker, müssen lauthals Poczobuts Freilassung fordern. Er ist Gefangener eines skrupellosen Diktators. Er und die anderen 1390 politischen Gefangenen müssen frei kommen. Europa darf sie nicht im Stich lassen.

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