Die Bundesregierung hat dem NSU-Untersuchungsausschuss angeblich Material über ein Mitglied der Zwickauer Zelle zurückgehalten. Das sagten am Morgen verschiedene Ausschussmitglieder in Berlin.
„Es sollte vor uns offenkundig verborgen werden“, sagte der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD). Andere Ausschussmitglieder wählten die Worte „Skandal“ oder „Vertrauensbruch“. Grünen-Obmann Wolfgang Wieland sagte: „Das nährt ein ums andere Mal Verschwörungstheorien.“
Zuvor war bekannt geworden, dass der Militärische Abschirmdienst (MAD) den mutmaßlich späteren NSU-Terroristen Uwe Mundlos schon während seiner Grundwehrzeit bei der Bundeswehr zwischen April 1994 und März 1995 im Fokus gehabt hat. Auch wenn offenbar keine vollständige Akte mehr existiert: Ausschussmitglieder berichteten am Morgen, dass es ein Gesprächsprotokoll mit Mundlos gebe.
Nichts von dem MAD-Protokoll gesagt
Der Ausschuss soll die Hintergründe der NSU-Mordserie und mögliches Versagen der Behörden aufklären. Laut Schilderungen der Ausschussmitglieder habe das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz im März das Gesprächsprotokoll mit Mundlos gefunden und beim MAD nachgefragt, ob dies dem Ausschuss zugeleitet werden soll.
Das MAD habe pflichtgemäß das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) informiert. Daher gehen die Ausschussmitglieder nun davon aus, dass auch das Bundesinnenministerium und auch die Bundesregierung über den Vorgang informiert sein mussten.
Als die Ausschussmitglieder im Sommer Akteneinsicht nahmen, wurde ihnen nichts von dem MAD-Protokoll gesagt.
Anfrage von Hans-Christian Ströbele
Die Ausschussmitglieder haben aufgrund der neuen Erkenntnisse den MAD aufgefordert, bis 16 Uhr offene Fragen zu klären. Dazu wurde auf Antrag aller Fraktionen kurzfristig der Präsident des MAD eingeladen. Fragen lauten, ob der gesamte Inhalt der Akte rekonstruiert werden kann, wann sie genau vernichtet wurde und wer von der Vernichtung wusste.
Die neuen Erkenntnisse gehen auf eine Anfrage des Abgeordneten und Ausschussmitglied Hans-Christian Ströbele (Grüne) zurück. Er gab an, vor ein paar Wochen einen Tipp bekommen zu haben. Daraufhin habe er bei der Bundesregierung nachgefragt.
Ströbele berichtete aus der Antwort, dass Mundlos damals nicht nur durch das Hören von Nazi-Musik aufgefallen sei, sondern auch durch „rechtsextremistisches Verhalten“. Ströbele sagte: „Ich frage mich: Was war das?“