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Köln Islamischer Staat

Warum Muslime auch in Essen Sklavinnen versteigern

Eine Kunstaktion mit ernstem Hintergund: In Essen werden Sklavinnen versteigert Eine Kunstaktion mit ernstem Hintergund: In Essen werden Sklavinnen versteigert
Eine Kunstaktion mit ernstem Hintergund: In Essen werden Sklavinnen versteigert
Quelle: Stefan Laurin
Am Freitag protestierte die Gruppe 12thMemoRise mit einer Kunstaktion gegen den Islamischen Staat. In der Essener Fußgängerzone führte sie eine Versteigerung von Sklaven durch. Was soll das?

Die Männer tragen schwarze Kaftane und ihre Gesichter sind durch Tücher verhüllt. Sie haben ein Spalier gebildet, dumpf schlagen die Trommeln. Ihnen gegenüber stehen ein halbes Dutzend Frauen. Sie sind gefesselt und tragen Burka. Um die Hälse von zweien hängen große Holzkreuze. Die Passanten, die an diesem sonnigen Freitagnachmittag vom Hauptbahnhof über den Willy-Brandt-Platz in die Essener Innenstadt streben, bleiben verwundert stehen.

Nach einiger Zeit nähern sich die Männer einer von Orientteppichen bedeckten Bühne, auf die nun Frauen geführt werden. Ein junger Mann im weißen Kaftan erklärt den verdutzten Besuchern was nun folgen wird: Die Frauen würden versteigert, sie seien die Beute des Islamischen Staates. Jung und kräftig wären sie und würden sich gut für die Hausarbeit eignen.

Zuerst wird Sara versteigert. Sie sei eine Christin. „Das Erstgebot liegt bei 150 Euro, wer bietet mehr?“ fragt der Mann im weißen Kaftan. Schnell kommen die Rufe aus dem Publikum, das zum Teil sichtlich Vergnügen an der Vorstellung hat: „180!“, „200!“, „300!“. Sara bringt schließlich 600 Euro ein. Nun wird Fatimah an den Rand der Bühne gebracht. „Sie ist eine abtrünnige Muslima.“

Ein kleiner Junge bekommt den Zuschlag

Es dauert ein wenig, bis die Versteigerung an Schwung gewinnt, aber schließlich wechselt sie für 700 Euro den Besitzer. Ein kleiner Junge hat den Zuschlag bekommen. Er strahlt über das ganze Gesicht vor Begeisterung.

Die Stimmung ist gelöst. Der Islamische Staat kann Spaß machen, auch in Deutschland, auch in Essen kurz vor dem abendlichen Einkauf. Doch der Spaß hält nicht lange an. Der junge Mann in dem weißen Kaftan setzt sich auf die Bühne und schaut ins Publikum: „Wie könnt ihr bei so etwas mitmachen? Das ist doch entsetzlich. Was wir hier aufführen passiert jeden Tag dort, wo die Salafisten des Islamischen Staates das Sagen haben.“

Es folgt eine Beschreibung der Verbrechen des Islamisten und die Warnung, dass sie längst in Deutschland angekommen seien, auch im Ruhrgebiet, auch in Essen: „Jede Woche verteilen sie hier ihre Korane und missbrauchen unsere Religion. Der Islam war einmal eine friedliche Religion und das muss er wieder werden. Nehmt unsere Warnung ernst: Radikale Muslime haben im Mittelalter Andalusien erobert und sie werden wieder kommen. Wir müssen alle zusammen dafür sorgen, dass der Islam wieder eine friedliche Religion wird.“

Die Menschen applaudieren. Ein junger Muslim hat kurz gegen die Aktion protestiert und laut geschimpft, zwei Fußgängertrunkenbolde sich gegenseitig angeschrien, aber bei den meisten kam das, was 12thMemoRise aufführte, an. Das Publikum geht ernst auseinander.

Es geht um die falsche Distanz der Fernsehbilder

12thMemoRise wurde im vergangenen Jahr von Hassan und Mohammed gegründet, zwei deutschen Muslimen mit irakischen Wurzeln aus dem Rheinland. Die Aktion am Freitag in Essen war die sechste ihrer Art. 12thMemoRise versucht mit Kunst auf die Gefahren des Salafismus aufmerksam zu machen und setzt dabei auf Schockeffekte: Neben der Aufführung von Sklavenversteigerungen inszenierten sie bereits eine Hinrichtung. Die Menschen, sagen sie, sollen einen Eindruck von dem Grauen im Nahen Osten bekommen.

Es geht ihnen darum, die Distanz der Fernsehbilder zu durchbrechen und das gelingt ihnen besser und glaubwürdiger als Politikern, die sich in Berlin dabei ablichten lassen, wie sie in einem Schlauchboot auf der Spree im seichten Wasser und mit orangenen Rettungswesten ausgestattet vor der Hauptstadtpresse Bootsflüchtling spielen. Hassan und Mohammed wollen nicht tatenlos zusehen, wie ihre Religion in einem Sumpf aus Hass und Gewalt versinkt: „Es gibt Grenzen der Toleranz. Es gibt sie bei der Meinungsfreiheit, wenn Menschen bedroht werden und es gibt sie bei der Religion“, sagt Mohammed, „Wenn Religion dazu missbraucht wir Menschen zu fanatisieren und gegen andere aufzuhetzen muss die Gesellschaft dem Grenzen setzen. Wir wollen etwas zu einem Islam beitragen, der zu Deutschland und zur Demokratie passt.“

„Das Publikum hat verstanden“

Hassan, der währen der Aktion Flugblätter an die Zuschauer verteilt hatte, die über die Gefahren des Salafismus aufklären, ist mit dem Verlauf der 12thMemoRise-Aufführung zufrieden: „Das Publikum hat verstanden was wir wollen. Es kommt uns auf die ganz normalen Menschen an, egal ob sie Christen oder Muslime sind. Die Fanatiker können wir nicht erreichen, darum müssen sich andere kümmern. Aber jedem, dem wir vor Augen führen, welche Gefahren vom Salafismus und dem Islamische Staat ausgehen, wird vielleicht etwas wachsamer und er wird vielleicht auch verstehen, aus welch grauenhaften Zuständen die Menschen zu uns nach Deutschland fliehen.“

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