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Menschen geben mehr Geld an Spielautomaten aus

Wer in einem Imbiss auf seine Bestellung wartet, hat oft die Möglichkeit, sich an Spielautomaten die Zeit zu vertreiben. 2014 haben Menschen in NRWs Gaststätten rund 150 Millionen Euro verzockt Wer in einem Imbiss auf seine Bestellung wartet, hat oft die Möglichkeit, sich an Spielautomaten die Zeit zu vertreiben. 2014 haben Menschen in NRWs Gaststätten rund 150 Millionen Euro verzockt
Wer in einem Imbiss auf seine Bestellung wartet, hat oft die Möglichkeit, sich an Spielautomaten die Zeit zu vertreiben. 2014 haben Menschen in NRWs Gaststätten rund 150 Millionen ...Euro verzockt
Quelle: dpa
2014 sind die Ausgaben an Glücksspielautomaten in NRW wieder gestiegen. Weil die Suchtgefahr beim Glücksspiel hoch ist, will die Landeskoordinationsstelle Suchtgefährdete und Süchtige besser schützen.

Wer an der Theke der griechischen „Tulla Grill-Pizzeria“ in Düsseldorf etwas bestellen möchte, muss zwangsläufig an den zwei großen Spielautomaten im Eingangsbereich vorbei. „Besonders beliebt sind die Spielautomaten am Nachmittag während die Kunden auf ihr Essen warten“, erklärt die 53 Jahre alte Geschäftsführerin, Tulla Nikolaov, während sie eine frische Ladung Pommes aus der Fritteuse holt.

Spielautomaten, wie die in der Pizzeria, stuft die Landeskoordinierungsstelle für Glücksspielsucht in Nordrhein-Westfalen als gefährlich ein. Mehr als 16.000 Spielgeräte zählt der Arbeitskreis für Spielsucht e.V. in Unna 2014 in nordrhein-westfälischen Gaststätten. „Es wäre sehr hilfreich, wenn die Spielautomaten zumindest aus dem gastronomischen Betrieben verschwinden würden“, fordert die Geschäftsführerin der Landeskoordinierungsstelle für Spielsucht, Ilona Füchtenschnieder. An diesen Spielautomaten in Imbissen und Restaurants kämen viele nämlich in den ersten Kontakt mit dem Spiel um Geld.

In Spielhallen in NRW haben die Menschen 2014 rund eine Milliarde Euro ausgegeben
In Spielhallen in NRW haben die Menschen 2014 rund eine Milliarde Euro ausgegeben
Quelle: picture-alliance / dpa Themendie

Das Glücksspiel wird in NRW immer beliebter: 2014 haben Spieler allein in Gaststätten fast 155 Millionen Euro verspielt. In Spielhallen verzockten die Spieler mit rund 1,34 Milliarden Euro aber weitaus mehr. In den letzten zehn Jahren haben sich die Ausgaben allein an Spielhallenautomaten weit mehr als verdoppelt: 2004 wurden noch etwas unter 500 Millionen Euro in die Automaten gesteckt. Der Arbeitskreis gegen Spielsucht e.V. in Unna ermittelt diese Daten alle zwei Jahre, indem er bei den Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern nachfragt.

Anzahl der Spielautomaten in NRW steigt an

Der Anstieg von Ausgaben an Spielautomaten in NRW lässt sich zum Teil auf die gestiegene Anzahl von Geldspielautomaten zurückführen, denn immer mehr Gastronomen und Spielhallenbetreiber installieren die Geldschlucker: Waren 2012 fast 60.000 Geräte in NRW installiert, wurden 2014 knapp 62.500 Spielgeräte gezählt. An diesen Automaten spiele allerdings nicht die breite Bevölkerung. „Eine ganz kleine Gruppe sorgt für den Hauptumsatz“, erklärt Füchtenschnieder.

Diese Spielkultur kann auch Tulla Nikolaov bestätigen: Viele Kunden würden sich zwar spontan an den Spielautomaten die Wartezeit vertreiben, zwei bis drei Gäste kämen aber regelmäßig nur zum spielen.

Immer mehr Menschen würden mit ihrer Spielsucht Beratungsangebote suchen, sagt Füchtenschnieder. Die Landeskoordinierungsstelle schätzt 40.000 Spielsüchtige allein in NRW. Auch Ulf Weidig, Suchttherapeut aus Duisburg, bemerkt mehr Beratungsanfragen von Spielsüchtigen. Spielsucht sei eine anerkannte Krankheit und als „pathologisches Spielen“ diagnostiziert. Betroffene müssten ihr gesamtes Leben mit der Sucht kämpfen, erklärt der Therapeut. Habe man einmal etwas Geld gewonnen, wolle man immer mehr.

„Es kam sogar schon einmal ein 17-jähriger Spieler zu mir und wollte Hilfe.“
Ulf Weidig, Suchttherapeut aus Duisburg

Hohe Schulden seien nur eine von vielen Folgen. Auch sozial kapselten sich Süchtige ab. „Statistisch kommt auf einen Spielautomaten ein Spielsüchtiger“, sagt Weidig. Auch junge Menschen neigten zu Glücksspielsucht. „Es kam sogar schon einmal ein 17-jähriger Spieler zu mir und wollte Hilfe“, so der Therapeut.

Damit Spielsüchtige besser vor sich selbst geschützt werden können, setzt sich die Landeskoordinierungsstelle für Spielsucht für eine frühzeitige Kontrolle ein. „Wir brauchen in den Spielhallen die gleichen Schutzmaßnahmen wie in Spielbanken – nämlich die Möglichkeit, sich sperren zu lassen“, fordert Füchtenschnieder. Vergleichbare Maßnahmen gebe es bereits in Hessen, „NRW ist davon aber noch ganz weit entfernt, aber für uns steht das ganz oben auf der Agenda.“

Spielsüchtige könnten sich so selbst schützen, außerdem hält Füchtenschnieder eine verpflichtende Quittung für sinnvoll. Diese würde den Spielern ihre verspielte Zeit, Einsätze, Gewinne und Verluste direkt vor Augen führen. Für Spielsüchtige und Angehörige gibt es eine kostenfreie Expertenhotline.

dpa

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