Vor einer gefühlten Ewigkeit waren die USA das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Das zeigte sich auch in einem unbegrenzten Gigantismus. The bigger, the better lautete das Motto. Die größten Städte, die größten Wolkenkratzer, die größten Autos, die größten Steaks und an der Kinokasse Cola in XXL-Bechern, in denen man Babys baden könnte.
Längst hat sich der amerikanische Größenwahn relativiert. Die höchsten Häuser stehen anderswo. Statt Straßenschlitten werden Elektroautos verkauft, und in New York will der Bürgermeister die XXL-Becher verbieten.
Sucht man heute nach Rekorden, muss man nach China schauen. Auch im Tourismus. Dort stehen höhere Wolkenkratzer als in Amerika, dort fährt längst der Transrapid, und nun soll – nach Peking und Shanghai – verstärkt die Provinz mit dem Ausland verbunden werden, um neue Rekorde zu erreichen.
„Wir werden bald die Nummer eins sein“
Gerade startete Air China eine Direktverbindung von Frankfurt nach Chengdu. Chengdu – noch nie gehört? Die Hauptstadt der Provinz Sichuan hat geschätzte 14 Millionen Einwohner und ist damit größer als jede US-Stadt (mit Ausnahme von New York).
Anlässlich der Streckeneröffnung wurden deutsche Reisejournalisten zum Gespräch geladen: Wie viele deutsche Besucher sollen denn kommen, wurde eine Verantwortliche gefragt. „Je mehr, desto besser“, lautete ihre Antwort. Haben Sie genug Hotels? „Wir können schnell neue bauen.“ Gibt es weitere Direktflüge nach Europa? „Bald werden es fünf pro Tag sein.“
Wir lernen: Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten heißt nicht mehr USA. Der Marketingchef der Tourismusbehörde drückt es so aus: „Frankreich ist heute weltweit für Touristen Zielland Nummer eins, die USA sind Nummer zwei, China Nummer drei.“ Aber nicht mehr lange: „Wir werden bald die Nummer eins sein.“ Wie gesagt: The bigger, the better.