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Fernreisen Luxus oder Linienzug

Eine Testfahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn

Bei einer Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn ist die Strecke zwar vorgegeben, der Reisende wählt aber zwischen Linien- und Sonderzug. Unser Autor hat die Holz- und die Plüschklasse getestet.

Der Bau der Transsibirischen Eisenbahn war ein gewaltiger Kraftakt. 1916, also vor 100 Jahren, wurde der letzte Gleisabschnitt vollendet. Mehr als 25 Jahre lang hatten Tausende Arbeiter, Soldaten und Strafgefangene unter harten Bedingungen geschuftet, um zwischen Moskau und Wladiwostok 9288 Kilometer Gleise zu verlegen.

Eine legendäre Bahnstrecke, die inzwischen mehrfach ausgebaut und erweitert wurde: Heute haben Reisende die Wahl zwischen der klassischen Route von Moskau quer durch Sibirien bis zum Pazifik, einer Fahrt durch die Mandschurei und der sogenannten transmongolischen Strecke. Letztere führt zwar auch größtenteils über russisches Territorium, biegt aber nach dem Baikalsee in Richtung Mongolei und China ab.

Quelle: Infografik Die Welt

Hat sich der Transsib-Reisende für eine Route entschieden, muss er die nächste Entscheidung treffen: wie viel darf es kosten, wie viel Komfort und Buchungsaufwand sollen es sein? So kann man schon ab 600 Euro eine Platzkarte in der zweiten Klasse des Linienzuges buchen und in sechs Tagen von Moskau nach Peking durchfahren.

Doch wer will das schon? Immerhin liegen viele interessante Städte wie Kasan, Nischni Nowgorod, Jekaterinburg, Omsk, Nowosibirsk und Irkutsk auf der Strecke, für die man schon mal ein, zwei Tage Zwischenstopp einplanen sollte. Das setzt allerdings eine langfristige Planung voraus, denn gerade im Sommer sind die Züge rappelvoll.

Oder man entscheidet sich für eine Sonderzugreise, die von Anfang bis Ende komplett durchgeplant ist und sämtliche Ausflüge einschließt, aber dafür wesentlich teurer ist.

Wir haben beides ausprobiert: In der ersten Etappe fuhren wir in der „Holzklasse“ des Linienzugs von Peking in China über Ulan Bator in der Mongolei bis ins sibirische Irkutsk. Ab dem Baikalsee ging es dann weiter in der Standard-Superior-Klasse des „Zarengold“-Sonderzuges. Dabei haben wir sowohl auf Ausstattung und Komfort als auch auf Kulinarik und touristische Möglichkeiten geachtet.

Die Abteile

Die Reise beginnt in Peking mit einer Überraschung. Das uns zugewiesene Viererabteil im Linienzug bietet mehr Komfort als erwartet: Die vier Pritschen sind blau bezogen und sauber. Vor dem Fenster flattert eine Gardine, und der Tisch ist mit einer silbernen Schüssel für den Abfall und einer Thermoskanne eingedeckt.

Heißes Wasser steht schließlich im Samowar am Ende des Gangs ständig zur Verfügung und wird sehr gern von den Chinesen verwendet – zum Aufbrühen der scheinbar endlosen Tütensuppenvorräte. Die chinesischen Schaffner des Waggons sitzen im Abteil gleich nebenan, verteilen unter anderem das Bettzeug und versuchen, sich durch den Verkauf von Bierflaschen ein paar Yuan dazuzuverdienen.

Außerdem schwitzen sie wie alle in dieser Klasse. Das Thermometer zeigt bei der Abreise in Peking 32 Grad an, gegen die der kleine Ventilator ohne Hilfe durch den Fahrtwind keine Chance hat. Daher läuft man vielleicht etwas häufiger durch die angenehm kühle Luft der benachbarten ersten Klasse, als man es eigentlich müsste.

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Im Sonderzug „Zarengold“ ist das nicht nötig. Die Abteile sind klimatisiert und sehen in der Klasse Standard Superior so aus, wie man sie sich in den romantischen Vorstellungen der Transsibirischen Eisenbahn gern ausmalt: dezent, aber schön dekoriert mit Liegeflächen in nostalgisch anmutendem Rotplüsch, auf denen man sich bequem langmachen kann für das Transsibirien-Fenster-Kino.

Klimatisiert und mit rotem Samt ausgeschlagen: Wer im „Zarengold“ reist, hat garantiert einen Fensterplatz im Abteil
Klimatisiert und mit rotem Samt ausgeschlagen: Wer im „Zarengold“ reist, hat garantiert einen Fensterplatz im Abteil
Quelle: Axel Heumisch

Größer als im Linienzug erscheint das Abteil zwar nicht. Dafür teilt man es sich aber nur zu zweit und schläft auch besser – in den folgenden Nächten wird das monotone Rattern über die Gleise zum Wiegenlied.

Was die Toiletten und Waschmöglichkeiten anbelangt, könnte man das enge WC im Regelzug zwar auch als Dusche verwenden. Das macht aber niemand – es sieht nach kurzer Zeit einfach zu benutzt aus.

Im „Zarengold“ hingegen gibt es in der Kategorie Standard Superior zwei Toiletten pro Waggon, die selbst beim Halt in den Bahnhöfen benutzt werden dürfen, sowie einen großzügigen Duschraum am Wagenende. Penibel sauber gehalten wird das alles von der fülligen Schaffnerin, die in einer adretten wie engen Uniform steckt und ihren Job sichtbar stolz erledigt.

Tagsüber sitzt sie in ihrem kleinen Kabuff, hat im Waggon alles im Blick, richtet die Betten her und ist immer hilfsbereit. Ein paar Brocken Deutsch-Englisch-Russisch-Mischmasch reichen, um sich mit ihr zu verständigen – dann bringt sie auch gern heißes Wasser für einen Tee ins Abteil. Unser Urteil: Punkt für den Sonderzug.

Das Bordprogramm

Wie eine Herde Schäfchen läuft die Gruppe immer hinter dem orangeroten Fähnchen von „Zarengold“-Reiseleiter Anatoly her. Durch den historischen Kreml in der Tatarenstadt Kasan. Zum Gruppenfoto an der Kontinentalgrenze von Asien und Europa. Zum Folkloretanz junger Russinnen am Bahnhof von Nowosibirsk, bevor man auf einer Bustour einen schnellen Eindruck von der Sowjetarchitektur der Stadt bekommt.

Auf der Strecke legt der Sonderzug aber nicht nur zahlreiche solcher Ausflugstopps ein. Chefreiseleiter Dietmar hält fast täglich über Bordfunk Vorträge zu unterschiedlichen Transsib-Aspekten. Und die Wodka- und Kaviarprobe feuert Anatoly mit russischen Trinksprüchen an.

Während der Fahrt im „Zarengold“ stehen viele Programmpunkte auf dem Plan. Zeit, meditativ aus dem Fenster zu gucken, bleibt kaum
Während der Fahrt im „Zarengold“ stehen viele Programmpunkte auf dem Plan. Zeit, meditativ aus dem Fenster zu gucken, bleibt kaum
Quelle: Roland E. Jung
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Darüber hinaus stehen selbst im Zug immer wieder Programmpunkte auf dem Plan, sodass man teilweise gar nicht so lange meditativ aus dem Abteil gucken kann, wie man es gern würde. Beim streng getakteten Highlight-Sightseeing sieht man so in kurzer Zeit sehr viel. Individuelle Freiräume bleiben bei dieser Kreuzfahrt auf Schienen allerdings kaum.

Den Mitreisenden reicht das aber offenbar. In Irkutsk scheinen die meisten nach Marktbesuch, Besichtigung restaurierter Kirchen und Holzhäuser und dem Mittagessen bei Tatjana und ihrer Familie in einer Stadtranddatscha sehr froh, dass sie endlich die Füße hochlegen können. Die Teilnehmer sind schließlich in der Regel etwas älter, 50 und aufwärts.

Im Linienzug gibt dagegen nur der Fahrplan den Rhythmus vor. Ansonsten kann man entlang der Strecke Stopps einlegen, wo und wie lange man will. Der Organisationsaufwand ist damit allerdings deutlich höher, denn man muss sich den Ablauf vorab genau überlegen, wenn man sich seine Reise zusammenstellen lässt.

Will man vielleicht mehrere Tage am Baikalsee verbringen, um sich bei einer Wanderung entlang des Ufers und durch urige Dörfer wie am Meer zu fühlen? Oder in der Mongolei nach der Besichtigung der boomenden Hauptstadt Ulan Bator rausfahren – in die Wüste Gobi, ins Altaigebirge oder zum Jurtenbesuch bei einer Nomadenfamilie?

Abenteuerlich: Bei den Grenzübertritten im Linienzug gehört ein bisschen Nervenkitzel dazu
Abenteuerlich: Bei den Grenzübertritten im Linienzug gehört ein bisschen Nervenkitzel dazu
Quelle: picture-alliance/ dpa

Möchte man keinen Aufenthalt einlegen und trotzdem etwas außerhalb des Zuges sehen, verrät der ausgehängte Fahrplan, wie lang der Stopp an den Bahnhöfen ist. Mal eine halbe Stunde, mal nur ein paar Minuten. Dann muss man sich beeilen, wie in der Stadt Tschoir. Im Slalom läuft man an den Bahnsteigverkäuferinnen vorbei, um auf dem kargen Bahnhofsvorplatz die silbern himmelstrebende Statue des einzigen mongolischen Kosmonauten zu bestaunen.

Abgesehen von solchen Intermezzi lenkt kein Programm ab vom stundenlangen Blick aus dem Fenster: auf die chinesischen Dörfer und Städte und die zaunlose Weite der Mongolei, in der es zehnmal mehr Nutztiere als Menschen gibt. Unentschieden: je nach Vorliebe.

Die Reisebegleitung

Normalerweise ist das Wasser des Baikalsees kalt. So kalt, dass „Zarengold“-Chefreiseleiter Dietmar allen ein Mutproben-Zertifikat ausstellt, die sich zum Baden hineinwagen. Diesmal indes ist das Wasser an der kleinen Bucht so warm wie nie. 23 Grad! Ein Großteil der Sonderzugpassagiere zögert daher nicht, euphorisiert in die Fluten zu springen.

Die russischen Bewohner des nahen Dorfes, die das ausgelassene Schauspiel beobachten, können sich nur wundern. „Die haben wohl noch nie Wasser gesehen“, vermutet einer. Obwohl das Wasser recht warm ist, fließt der obligatorische Aufwärmwodka schon reichlich, bevor das Uferpicknick mit russischem Buffet und noch mehr Wodka überhaupt losgeht.

„Danach ist die Reisegruppe immer eine Einheit“, sagt Reiseleiterin Agata. Und tatsächlich war der Abend eine gute Gelegenheit, Zugbekanntschaften zu schließen oder hochprozentig zu vertiefen.

Die Transsibirische Eisenbahn ist mit mehr als 9000 Kilometern die längste Eisenbahnstrecke der Welt. Wer sich traut, kann bei einem der Stopps auch im Baikalsee baden
Die Transsibirische Eisenbahn ist mit mehr als 9000 Kilometern die längste Eisenbahnstrecke der Welt. Wer sich traut, kann bei einem der Stopps auch im Baikalsee baden
Quelle: Koniuskin

Auch sonst kommt es zwar im Sonderzug und mit den Abteilnachbarn immer wieder zu kurzen Plaudereien. Insgesamt sind fast 200 Passagiere unterschiedlicher Nationalitäten an Bord – von feierfreudigen Brasilianern bis zu zugverrückten Australiern.

Kontakt hat man trotzdem vor allem zu den deutschsprachigen Mitgliedern der eigenen Gruppe, der man für Ausflüge, Bordaktivitäten und die drei Mahlzeiten im Restaurantwagen zugeteilt ist. Das ist schwierig, wenn man sich nicht mag. Schön aber, wenn man sich gut versteht wie mit Karin und Wolfgang aus Frankfurt, die ihre goldene Hochzeit an Bord geheim halten wollten. Oder mit Thorsten aus Lippstadt, der seinen Vater Heinz begleitet.

Im Linienzug ist dagegen mehr Kommen und Gehen, und meist bleibt es beim flüchtigen Small-Talk. Die Mischung an Mitreisenden ist allerdings extrem kontrastreich: mit Passagieren, für die der Zug das günstigste Mittel zum Fortbewegungszweck ist. Und mit internationalen Touristen, die sich einen Lebenstraum erfüllen.

Während man durch den Zug spaziert, kommt man mit den meisten auch hier schnell ins Gespräch – auf Englisch oder zur Not mit Händen und Füßen. Ein Thailänder erzählt, dass er 17 Länder in 69 Tagen für 4400 Dollar nur in Zug und Bus bereisen will. Die chinesische Chemiestudentin Ge fährt mit drei Freunden bis Moskau durch und hat dafür so viele Vorräte mitgebracht, dass man in dem Abteil fast keine Luft bekommt.

Anders als in der „Zarengold“-Doppelkabine ist ein Viererabteil im Linienzug, in dem man mit Unbekannten übernachtet, immer auch ein Glücksspiel. Schafe, Ziegen, Hühner, wie bei der einfachsten Transsib-Klasse gern vermutet wird, fahren nicht mit. Auch keine chinesischen Bauern oder mongolischen Wanderarbeiter, die mit selbstgebranntem Wodka Verbrüderung feiern wollen.

Stattdessen Igor, ein russischer Teenie, der allein von Ulan Bator zur Verwandtschaft nach Ulan-Ude reist und mit 14 schon fast fließendes Englisch gelernt hat – durch Cartoons. Oder Kari aus dem kanadischen Winnipeg, die ab Peking auf dem Weg ist zu einem zweiwöchigen Reittrip durch die Mongolei. Mit ihr fühlt es sich sofort vertraut an, und als sich nach 27 Stunden die Wege trennen, hat man das Gefühl, sich schon ewig zu kennen. Kleiner Vorsprung für den Linienzug.

Die Speisen und Getränke

Natürlich kann man zusätzlich zum Gepäck auch noch eigene Vorräte mit an Bord des Regelzuges schleppen. Einfacher ist es allerdings, in einem der Speisewagen zu essen, die in jedem Land ausgetauscht werden. Leider verbessert dieser Wechsel nicht das Angebot.

In China etwa ist alles gleich für alle. Im Speisewagen wird kein Klassenunterschied gemacht. Alle müssen sich zur festgelegten Zeit mit ihren Essenscoupons anstellen. Und wer Vegetarier ist, hat ein Problem. Es gibt nur ein Gericht: Fleischbällchen mit Reis und Soße. Bezahlen muss man hier nur die Getränke, das Essen ist inklusive.

Im Linienzug werden die Speisewagen in jedem Land ausgetauscht. Leider verbessert dieser Wechsel nicht das Angebot
Im Linienzug werden die Speisewagen in jedem Land ausgetauscht. Leider verbessert dieser Wechsel nicht das Angebot
Quelle: Semonoff

Zur Auswahl breitet die Kellnerin, untermalt von chinesisch-englischem Kauderwelsch, Dosen und Flaschen auf einem Tablett aus. Cola, Wasser, Bier? Oder vielleicht einen Wein? Der trägt die Aufschrift „Great Wall of China“ und schmeckt, nun ja, interessant.

Nach dem schlichten China-Speisewagen ist der mongolische mit allerlei Holzschnitzereien, Pferdegemälden und traditionellem Pferdezubehör eine kleine Offenbarung. Dennoch ist der Wagen leer. Wahrscheinlich, weil man hier bezahlen muss für die zwei trockenen Toastscheiben mit Eiern und den Tütenkaffee, der aussieht wie Kakao.

Gebracht werden sie von einer nonchalanten, mongolischen Kellnerin, die jede Kommunikation damit beendet, dass sie kurz die Augen verdreht. Eher gleichgültig bis genervt agiert in Russland später auch der blasse Kellner, der bis Irkutsk im unspektakulär designten russischen Speisewagen bedient.

Im „Zarengold“ ist die Rundumverpflegung inklusive, im Restaurant hält man sich gern auf
Im „Zarengold“ ist die Rundumverpflegung inklusive, im Restaurant hält man sich gern auf
Quelle: Axel Heumisch

Im „Zarengold“ hingegen gibt es gleich drei unterschiedlich eingerichtete Speisewagen. Die Rundumverpflegung ist hier schließlich inklusive, und so wird das Restaurant zum Zweitabteil, in dem man sich bis zu dreimal täglich aufhält.

Im Speisewagen A kreiert der tadschikische Koch Mischa jeden Tag drei unterschiedliche Gänge für Mittag- und Abendessen, mal Rindfleisch nach Dekabristen-Art, mal die Edelfischplatte „Zarenhof“, mal sibirische Pelmeni. All das in einer winzigen Küche, die er sich teilweise sogar noch mit zwei Helferinnen teilt. Wirklich erstaunlich. Punkt für den Sonderzug.

Die Grenzkontrollen

Der Vergleich geht unentschieden aus. Bei den Grenzübertritten im Linienzug gehört ein bisschen Nervenkitzel dazu. An der chinesisch-mongolischen Grenze erhöht sich die Aufregung dadurch, dass die Pässe eingesammelt werden und man nach einem kleinen Einkauf im Duty-free-Shop im Bahnhof von Erlian feststellt, dass der Zug nicht mehr auf dem Gleis steht.

Das ist wegen der Umspurung zwar ganz planmäßig. Ein mulmiges Gefühl bleibt aber doch, wenn man ganz ohne Papiere auf dem Bahnhofsvorplatz steht, von dem man sich mitten in der Nacht nicht weit entfernen sollte. Beim Stopp an der mongolisch-russischen Grenze wirkt die Atmosphäre noch angespannter. „Es ist immer gespenstisch ruhig hier“, raunt der russische Teenager Igor.

Er kennt bereits die Abläufe: Erst werden auch hier die Pässe eingesammelt, dann sitzen sich die Passagiere mitten in der Nacht im Viererabteil gegenüber und warten todmüde auf die Kontrolle. Gesteigert wird die High-Noon-Anspannung noch durch eine mongolische Taschenschmugglerin.

Sie ist so dreist, einigen Mitreisenden einfach zwei, drei ihrer Fake-Produkte in die Hand zu drücken, um später selber nicht mit ihrem Sack voller Handtaschen vom russischen Zoll erwischt zu werden. Die meisten nehmen widerwillig einige der nach giftigem Plastik riechenden Mitbringsel und verstecken sie ganz weit hinten in der Gepäckablage und unter dem Tisch, in der Hoffnung, dass sich die Grenzkontrolleure nicht dafür interessieren.

Eine Zugbegleiterin der Transsibirischen Eisenbahn
Eine Zugbegleiterin der Transsibirischen Eisenbahn
Quelle: Getty Images/Cultura Exclusive

Die kommen schließlich weit nach Mitternacht ins Abteil und beten mit strenger DDR-Grenzer-Attitüde auf Russisch vor, was im Gepäck verboten ist. Dann gehen sie mit so todernstem Blick durch Unterlagen und Gepäck, dass kein Zweifel an ihrer Autorität aufkommt. Schließlich ziehen sie weiter. Für die Taschen haben sie sich nicht interessiert. Und auch die Schmugglerin wurde nicht erwischt. Sie holt am nächsten Morgen mit lautem Geschnatter ihre Ware bei ihren unfreiwilligen Komplizen wieder ab.

Der „Zarengold“ ist verglichen mit dem Regelzug eine abenteuerfreie Zone. Nicht einmal den Thrill, etwas zu verpassen, gibt es: Chefreiseleiter Dietmar sagt schließlich alle zeitlichen Abläufe und Programmpunkte idiotensicher über den Bordfunk durch, die außerdem noch in unterschiedlichen Sprachen in den Waggons angeschlagen sind. Entsprechend reibungslos funktioniert hier alles, was angesichts der viele Passagiere logistisch sehr eindrucksvoll ist. Klarer Punkt für den Linienzug.

Die Quintessenz

Letztlich hängt die Wahl des Zuges davon ab, welcher Reisetyp man selber ist. Der Regelzug ist die richtige Wahl für Individualisten mit Abenteuersinn, die sich ihre Transsib-Tour maßschneidern und ganz unabhängig Zwischenstopps einlegen wollen.

Wenn man nichts gegen Reisen in der Gruppe hat und ein kompaktes Allround-Programm ohne eigenen Organisationsaufwand vorzieht, ist eine Rundum-Sorglos-Fahrt im komfortablen Sonderzug ideal.

Tipps und Informationen

Sonderzug-Reisen: Lernidee Erlebnisreisen bietet mit dem „Zarengold“-Sonderzug komfortable Pauschalreisen zwischen Mai und Oktober an. Während die Reisen für 2017 noch komplett buchbar sind (der Katalog erscheint im August), sind 2016 nur noch wenige Plätze frei. Im Grundpreis ab 4170 Euro pro Person sind Flüge ab/bis Frankfurt, Ausflüge, Vollverpflegung enthalten, Tel. 030/7860000, lernidee.de.

Poppe Reisen hat noch drei buchbare Termine im Juni, Juli und August für die Sonderzugreise „Katharina die Große“, wobei die 16-tätige Pauschalreise ab/bis Frankfurt ab 5980 Euro pro Person kostet, Tel. 06131/270660, poppe-reisen.de.

Linienzug-Reisen: Go East Reisen organisiert auf Wunsch individuelle Reisen per Regelzug auf der Transsib-Strecke. So kostet eine 17-tägige Reise von Moskau via Ulan Bator nach Peking, bei der neben den Tickets auch Transfers und Hotels enthalten sind, ab 1580 Euro pro Person, Tel. 040/8969090, go-east-de. Es ist auch möglich, individuell über die Website der Transsibirischen Eisenbahn (transsibirischeeisenbahn.me) Tickets zu buchen und über lokale Veranstalter Ausflüge zu organisieren. Tsolmon Travel (tsolmontravel.com) bietet beispielsweise Mongolei-Touren an, vom Aufenthalt bei einer Nomaden-Familie in der Jurte bis zu Ausflügen in die Wüste. Der Veranstalter Sibirien Direkt hat sich auf Aktivtouren am Baikalsee mit Wanderungen entlang des Great Baikal Trails spezialisiert, baikal-abenteuer.com.

Visum: Für China braucht man ein Visum; für Russland ein Visum mit Einladung eines Reiseveranstalters. Die Mongolei ist für deutsche Staatsbürger visumfrei.

Literatur: Hans Engberding, Bodo Thöns: „Transsib Handbuch“, Trescher Verlag, 528 Seiten, 46 Stadtpläne, 21,95 Euro.

Auskunft: Transsibirische Eisenbahn inklusive Fahrplan-Infos, transsibirischeeisenbahn.me

Die Teilnahme an der Reise wurde unterstützt von Lernidee Erlebnisreisen. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter axelspringer.de/unabhaengigkeit.

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