„Scarlet Lady“: Kreuzfahrt ohne Kinder
Richard Branson zeigte ein breites Grinsen, als sich vor fünf Wochen in Miami endlich die Leinen der „Scarlet Lady“ lösten. Schon im März 2020 hatte der Chef der Virgin-Gruppe, der mit Flugzeugen, Spaceshuttles, Hotels erfolgreich ist und nun die Kreuzfahrtbranche aufmischen will, das Flaggschiff von Virgin Voyages präsentiert.
Damals ahnte der Brite nicht, dass er die Jungfernfahrt seines Schiffs am 1. April würde absagen müssen. Denn kurz nach der Präsentation brach die Corona-Krise aus, und der 278 Meter lange Kreuzer lag in Großbritannien fest. Jetzt erst, mit 20 Monaten Verspätung, gingen die ersten Sailors (auf Deutsch: Matrosen, so nennt Virgin Voyages die Passagiere) auf Karibiktörn.
Und sie stellten fest: Auf der „Scarlet Lady“ ist vieles anders als gewohnt. Was schon damit beginnt, dass Kinder nicht an Bord dürfen, es weder einen Dresscode noch Captains Diner oder Buffets gibt. Dafür freie Platzwahl und ungezwungener Kleidungsstil in 20 Restaurants, wo schon mal Dragqueens servieren. Auf Zuschläge für Gourmetmenüs wird verzichtet, und das zumeist exorbitant teure WLAN an Bord ist ebenfalls im Reisepreis inbegriffen.
Zielgruppe der „Scarlet Lady“ sind unter 30-Jährige, die bisher mit Kreuzfahrten haderten – so wie Branson in seiner Jugend. Deshalb habe er damals beschlossen, einmal selbst Schiffe nach seinem Geschmack zu bauen, auf denen er selbst gern Urlaub machen würde, sagte der 71-Jährige in Interviews.
Für sein Lebensgefühl an Bord stünden Basketball- und Outdoor-Boxplatz, das erste Tattoo-Studio auf hoher See und Rockstar-Kabinen mit Gitarren und Verstärkern. Ein Yogastudio, Thermal-Spa sowie ein für 78 Suiteneigner abgetrennter Lounge-Bereich sind Zugeständnisse an Luxus-affine Passagiere. Für 2770 Gäste und 1160 Crew-Mitglieder hat die „Scarlet Lady“ Platz.
Nach ihrem Vorbild entstanden inzwischen zwei weitere Schiffe. Die „Valiant Lady“ und die „Resilient Lady“ sollen im Sommer 2022 das Mittelmeer befahren, auch dort gilt: nur für Erwachsene. Kategorie: relaxt. Fünf Tage in der Terrassenkabine ab/bis Miami kosten ab 975 Euro pro Person.
„Silver Dawn“: Wellness im Stil der Römer
Was ist Luxus auf See? Silversea Cruises’ Antwort darauf sieht so aus: Kreuzfahrer reisen mit Chauffeur an, es gibt ausschließlich Suiten und persönliche Butler, Kaviar kann rund um die Uhr geordert werden, und alles an Bord, ob Champagner oder Spa-Anwendungen ist im Preis inklusive.
Im März 2022 steht die Jungfernfahrt der „Silver Dawn“ an. Sie ist ein 211 Meter langer Liner für gerade mal 596 Gäste. Und diese würden noch tiefer „in den Luxus eintauchen“ als auf den anderen neun Schiffen der Silversea-Flotte, heißt es bei der italienischen Reederei.
Das sei wörtlich gemeint, „Silver Dawn“ plant ein neues Wellnesskonzept, das wie zu Zeiten der Cäsaren auf die Kombination Musik, Poesie, Essen und Wein im Spa setzen soll: vielleicht Paarmassagen mit Geigen im Hintergrund, Treatments bei Tee und antiken Gedichten. Das hat seinen Preis: Eine Woche in der Balkonsuite ab Fort Lauderdale ab 3510 Euro pro Person.
„AIDAcosma“: Ein saubereres Kreuzfahrtschiff
Green Cruising, grüne Kreuzfahrten – diesem selbst gesteckten Ziel kommt die deutsche Reederei Aida Cruises mit der neuen „Cosma“ näher. Denn der 337 Meter lange Megaliner für 5440 Passagiere fährt mit emissionsarmem Flüssigerdgas (LNG). Klingt gut, allerdings ist damit der CO2-Ausstoß auch nur um 20 Prozent niedriger im Vergleich zu einem Marinediesel-Schiff.
Die 2018 in Dienst gestellte „AIDAnova“ war das weltweit erste LNG-Kreuzfahrtschiff; ab 2022 wird es – wiederum als erstes – mit Brennstoffzellen ausgestattet. Sollte sich der Antrieb bewähren, erhält ihn auch die „Cosma“. Sie ist größtenteils baugleich mit der „Nova“.
Neu ist ein Fun Park mit Indoor-Spielplatz, Pool, Wasserrutsche, Boulderwand. Die „Cosma“ versteht sich als Familienschiff, 21 Kabinenvarianten schaffen Flexibilität, selbst Paare mit drei Kindern finden Platz.
Auf den 20 Decks verteilen sich sechs Buffet-, fünf Spezialitäten- und sechs À-la-carte-Restaurants, 23 Bars und Lounges, Shoppingmall und Theatrium. Kategorie: familiär. Sieben Tage in der Balkonkabine ab/bis Mallorca kosten ab 845 Euro pro Person.
„Norwegian Prima“: Längste Kartbahn auf See
Vor vier Jahren kündigte Norwegian Cruise Line (NCL) eine neue Schiffsklasse an. Und als erster von sechs geplanten Linern der Prima Class nimmt im August 2022 die „Norwegian Prima“ Fahrt auf. Sie überrascht optisch, etwa mit großen Balkonen, mehr Pool- und Sonnendecks, enttäuscht aber etwas in puncto Umweltfreundlichkeit. Das Schiff ist zwar mit SCR Katalysatoren und Landstromanschluss ausgerüstet, hat aber keinen schadstoffarmen LNG-Antrieb.
Mit 295 Metern ist die „Prima“ kleiner als die „Norwegian Bliss“ – und wirkt trotzdem geräumiger. Denn statt 4004 Passagieren wie auf der „Bliss“ urlauben auf der „Prima“ maximal 3200 Passagiere.
Wobei 214 von ihnen besonders komfortabel in einer Art Boutiquehotel logieren – „The Haven by Norwegian“ im Heck ist mit Restaurant, Sundeck, Outdoor-Spa den Suiteneignern vorbehalten.
Die übrigen 3000 Passagiere haben die Wahl zwischen sechs Kabinenkategorien, einem Dutzend Restaurants und allerlei Vergnügungen: Sie können über Oceanwalk-Glasbrücken schlendern, im bordeigenen Skulpturengarten Selfies vor moderner Kunst machen oder „The Drop“ testen, eine Rutsche an der Außenseite des Schiffs. Wer oben einsteigt, fällt an zehn Decks vorbei in die Tiefe und spürt die Schwerkraft.
Für Nervenkitzel sorgt auch die längste Kartbahn auf See, mit 420 Metern deutlich länger als die auf der „Norwegian Joy“, die 2017 als erstes Kreuzfahrtschiff mit solch einer Rennstrecke überraschte. Der Speedway auf der neuen „Prima“ führt über drei Etagen und in 14 Kurven auch um den Schornstein herum.
Röhrende Motoren, die die Karts auf 50 Kilometer pro Stunde beschleunigen, quietschende Reifen – das klingt nach viel Lärm. Doch die Karts sind E-Karts. Nur der Fahrer selbst hört die „Motorengeräusche“ über seinen Helm. Nach Angaben der Reederei hören andere Passagiere von der Herumkurverei deshalb gar nichts, auch nicht auf dem Ocean Boulevard, einer Promenade mit Bars und Infinity-Pools, die sich rund um das Schiff zieht.
Die „Prima“ fährt im Sommer 2022 nach Island, Norwegen und ins Baltikum. Kategorie: unterhaltsam. Zehn Tage in der Balkonkabine ab Amsterdam kosten ab 3574 Euro pro Person.
„Carnival Celebration“: Achterbahn an Bord
Auch die Reederei Carnival Cruise Line zeigt, dass immer noch mehr geht in der Kreuzfahrtbranche. So können Passagiere beispielsweise auf Jetski-ähnlichen Fahrzeugen waghalsige Runden auf einer Achterbahn an Bord eines Schiffs drehen, 56 Meter über der Wasseroberfläche.
Premiere hatte die Attraktion auf der „Mardi Gras“ – und auf der neuen „Carnival Celebration“, die am 6. November 2022 auf Jungfernfahrt von Southampton nach Miami geht, bekommt die Rennstrecke noch mehr Kurven.
Der 345 Meter lange Riese fasst 5374 Passagiere und 1735 Crew-Mitglieder, hat 21 Restaurants und Bars, zehn Swimming- und Whirlpools. Kategorie: rasant. Acht Tage in der Balkonkabine ab/bis Miami kosten ab 649 Euro pro Person.