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Hamburger SV Abstürze und Pleite

Liegt ein Fluch auf den Stadionsponsoren des HSV?

Nachrichtenredakteur
Von 2001 bis 2015 hieß das Hamburger Volksparkstadion erst AOL Arena, danach HSH Nordbank Arena und schließlich Imtech Arena. Glück brachte das Sponsoring keinem der Namensgeber Von 2001 bis 2015 hieß das Hamburger Volksparkstadion erst AOL Arena, danach HSH Nordbank Arena und schließlich Imtech Arena. Glück brachte das Sponsoring keinem der Namensgeber
Von 2001 bis 2015 hieß das Hamburger Volksparkstadion erst AOL Arena, danach HSH Nordbank Arena und schließlich Imtech Arena. Glück brachte das Sponsoring keinem der Namensgeber
Quelle: picture alliance / augenklick/firo
Von 2001 bis 2015 verkaufte der Hamburger SV die Namensrechte des Volksparkstadions an AOL, die HSH Nordbank und Imtech. Alle drei Firmen gerieten in schwere wirtschaftliche Turbulenzen.

Der krisengeschüttelte Hamburger SV ist der einzige Klub, der seit Gründung der Fußball-Bundesliga 1963 ununterbrochen in der höchsten deutschen Spielklasse vertreten ist. Sogar schon zehn Jahre länger spielen die Hanseaten im 1953 eröffneten Volksparkstadion, das seinen Namen der geografischen Lage im Altonaer Volkspark verdankt.

45 Jahre lang war es Stätte großer Erfolge und auch bitterer Niederlagen, die damals jedoch noch viel seltener zu beklagen waren als in der jüngeren Vergangenheit. Von 1998 bis 2000 wurde der „Volkspark“ während des laufenden Spielbetriebs zu einem reinen Fußballstadion umgebaut. Die alte Tartanbahn verschwand, die Zuschauerränge rückten dadurch näher ans Spielfeld heran, das um 90 Grad gedreht wurde.

Ein Jahr nach dem Ende des Umbaus entschloss sich der HSV noch vor den heutigen Branchenführern Bayern München und Borussia Dortmund, seinen Stadionnamen an einen Sponsor zu verkaufen – und das Unglück begann. Zwar auch für den Klub, der mittlerweile seit 1987 auf einem Titelgewinn wartet, aber noch mehr für die jeweiligen Namenssponsoren des Volksparks, denen ihr Engagement nicht nur keinen parallelen geschäftlichen Erfolg brachte, sondern sie zumeist in existenzielle Krisen stürzte. Anlass für einen etwas detaillierteren Rückblick.

AOL verlor den Anschluss an die Konkurrenz

Von Juli 2001 bis Juni 2007 hieß das Hamburger Stadion „AOL Arena“. Es waren keine guten Jahre für das 1985 in Virginia gegründete Unternehmen. Ein Jahr vor dem Einstieg beim HSV war AOL mit 30 Millionen Kunden der weltweit größte Internet-Anbieter. Doch danach ging es schnell und steil bergab: So sank die Zahl der US-Kunden von knapp 24 Millionen im Sommer 2001 auf gut elf Millionen im Sommer 2007 – das entspricht einem Rückgang von 54 Prozent in sechs Jahren.

Und auch für die deutsche Dependance, die AOL Deutschland Medien GmbH mit Sitz in Hamburg, war das Jahr des Ausstiegs als Stadion-Namensgeber ein Horrorjahr: Aus einem Gewinn von 4,4 Millionen Euro in 2006 wurde innerhalb von zwölf Monaten laut Jahresabschlussbericht ein Verlust von 20,2 Millionen Euro! Und im September 2007 wurde bekannt, dass AOL in seiner Deutschland-Zentrale 100 von 170 Arbeitsplätzen abbaut. Heute gilt AOL als ein Negativbeispiel für gravierende Managementfehler, die das Unternehmen den Anschluss an die Konkurrenz verlieren ließen, weil diese wesentlich innovativer war und sich dadurch besser und schneller auf den sich verändernden Markt einstellte.

HSH Nordbank musste vom Staat gerettet werden

Als Nachfolger stieg im Sommer 2007 die HSH Nordbank als Namenssponsor ein – und wurde von der Finanzkrise mit voller Wucht erwischt. Im November 2007 musste sie erstmals einräumen, dass ihre Bilanz durch die Immobilienkrise in den USA belastet sei. Richtig schlimm wurde es aber erst ab Herbst 2008: Nachdem die US-Investmentbank Lehman Brothers zusammengebrochen war, summierten sich die Abschreibungen allein aus den ersten drei Quartalen des Jahres auf 1,3 Milliarden Euro. Sie beantragte deshalb im November Staatsbürgschaften in Höhe von 30 Milliarden Euro aus dem Finanzmarktstabilisierungsfonds (SoFFin), die ihr gewährt wurden. Kurz darauf trat Bankchef Hans Berger zurück. Im Dezember musste die Bank Abschreibungen von weiteren 450 Millionen Euro eingestehen.

Im Februar 2009 veröffentlichte das Finanzinstitut einen Jahresverlust von 2,8 Milliarden Euro für 2008. Die Folgen der Finanzkrise summieren sich für 2007 und 2008 auf 3,8 Milliarden Euro. Um nicht pleitezugehen, brauchte die Bank eine Eigenkapitalspritze von drei Milliarden Euro sowie Schutzgarantien von zehn Milliarden Euro von Hamburg und Schleswig-Holstein. Außerdem wurde der Abbau von 1100 Stellen bis 2012 angekündigt. Zwei Monate später erklärte die Staatsanwaltschaft Hamburg, dass sie gegen Landesbank-Manager Ermittlungen wegen des Verdachts auf Untreue eingeleitet habe. Im Juli 2009 sorgte eine Sonderzahlung in Höhe von 2,9 Millionen Euro für Nordbank-Chef Dirk Jens Nonnenmacher („Halteprämie“) für Schlagzeilen – und kurz darauf für das Ende der großen Koalition in Schleswig-Holstein. Im März 2010 gab die Bank einen Verlust in Höhe von 679 Millionen Euro für 2009 bekannt, zwei Monate später ermittelte die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen Nonnenmacher wegen des Vorwurfs der Bilanzfälschung.

Bereits im September 2009 hatte Nonnenmacher angekündigt, den im Sommer 2010 auslaufenden Vertrag mit dem HSV nicht zu verlängern: „Eine glaubwürdige und konsequente Restrukturierung der HSH Nordbank lässt es nicht zu, das Engagement fortzuführen.“ Auf Deutsch: Bei Verlusten in Milliardenhöhe und Entlassungen ist das Sponsoring eines Fußball-Bundesligisten nicht mehr zu rechtfertigen.

Imtech meldete Insolvenz an

Dritter Namensgeber des Volksparks wurde im Sommer 2010 die Firma Imtech, die in der Energie- und Gebäudetechnik tätig ist und ihren Sitz in den Niederlanden hat. Die deutsche Tochter Imtech Deutschland GmbH & Co. KG soll 2011 Manager von Subunternehmen unter anderem mit Bordellbesuchen bestochen haben, wegen des Baus eines Freizeitparks in der Nähe von Warschau wird seit Februar 2013 wegen Korruption ermittelt. Auch steht der jahrzehntelange Sprecher der Geschäftsführung unter Betrugsverdacht.

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In den folgenden beiden Jahren verschärften sich die wirtschaftlichen Probleme von Imtech Deutschland massiv (im Juni 2013 gab die Firma den Abbau von deutschlandweit 550 Stellen bekannt), immer häufiger wurden Neubauten nicht fristgerecht fertiggestellt. Das bekannteste Beispiel ist der Flughafen Berlin-Brandenburg, bei dem Imtech mit drei anderen Firmen für den Rauch- und Wärmeabzug verantwortlich ist. Dessen Planung widersprach den Auflagen der Behörden und funktioniert nur nach einem aufwendigen Umbau – einer der wichtigsten Gründe für den mittlerweile mehrfach verschobenen Eröffnungstermin.

Eine Verlängerung des Vertrages mit dem HSV war unter diesen Umständen natürlich kein Thema. Weiteren Korruptionsverfahren gegen Imtech-Mitarbeiter folgte am 16. Juli 2015 ein großer Artikel in der „Zeit“ („Die unheimliche Firma“), der Imtech ein „kriminelles Geschäftsmodell“ vorwarf. Genau drei Wochen später, am 6. August 2015, stellte die Imtech Deutschland GmbH & Co. KG einen Insolvenzantrag – volkstümlicher formuliert: Sie ist pleite.

Kühne gab den HSV-Fans den Volkspark zurück

Es scheint also seit 14 Jahren ein Fluch auf dem Hamburger Namenssponsoring zu liegen. Im Frühjahr kaufte der dem HSV sehr zugetane Hamburger Geschäftsmann und Investor Klaus-Michael Kühne (Mehrheitseigner und größter Einzelaktionär der internationalen Logistikdienstleistungsfirma Kühne + Nagel) seinem Lieblingsklub die Namensrechte des Stadions für vier Jahre ab und nannte der Stadion wieder Volkspark.

Der Klub und die HSV-Fans jubelten, und Kühne sagte: „Es war mir als HSVer eine Herzensangelegenheit, dass die Fußballheimat des HSV wieder ihren ursprünglichen Namen trägt. Ich wünsche mir, dass unsere Mannschaft im Volksparkstadion wieder an alte Erfolge anknüpfen kann.“ Doch für neue Erfolge reicht eben nicht nur der alte Name, dafür ist auch ein entsprechender Kader nötig.

Wahrscheinlich gibt es aber einen ganz anderen Grund, warum der 78-Jährige so großzügig darauf verzichtete, die HSV-Profis bis 2019 in der „Kühne + Nagel-Arena“ spielen zu lassen: Er hat das Schicksal von AOL, der HSH Nordbank und Imtech seit ihrem Einstieg als Namenssponsor verfolgt – und möchte es seiner Firma ersparen.

Investor Kühne stellt HSV Millionen in Aussicht

HSV-Investor Klaus-Michael Kühne hat sich anlässlich seines Firmenjubiläums ins Goldene Buch der Stadt Hamburg eintragen. Dabei stellte der Milliardär dem HSV Millionen für Transfers in Aussicht.

Quelle: Die Welt/SID Sport

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