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Panorama England

Briten betrinken sich schon in der Grundschule

Jugendliche füllen sich mit Alkohol ab Jugendliche füllen sich mit Alkohol ab
Die Trinksitten der Jugend kennt jeder Brite zur genüge
Quelle: dpa/Polfoto Ricky John Molloy
Die Trinksitten der Engländer sind weltbekannt. Jetzt schlägt die britische Regierung Alarm, denn die Jugend leidet an einer "Sauf-Epidemie". Durch speziellen Schulunterricht sollen bereits Kinder auf die Gefahren des Alkohols hingewiesen werden. Ein geläuteter Teenager gibt Auskunft.

Großbritanniens Premierminister Gordon Brown hat einen verzweifelten "war on booze" angekündigt: Fünfjährige sollen in den Schulen bereits über die Gefahren des Alkohols aufgeklärt werden, denn: Die Jugend auf der Insel leidet an einer "Sauf-Epidemie". Laut der nationalen Gesundheitsbehörde soll "Alkoholerziehung" in den Lehrplan aufgenommen werden. Die Sprößlinge würden dann über die Folgen exzessiven Konsums informiert. Außerdem sollen den Kleinen die Vorzüge des moderaten Trinkens schmackhaft gemacht werden. Gegenstand der "Alkoholstunden" wird auch die Werbung sein. Lehrer sollen künftig ein Auge auf Problemfälle haben denen Einselsitzungen bei Therapeuten und in Suchtklinken angeboten werden können - auf Wunsch auch ohne Wissen der Eltern.


Wie die britische Tageszeitung Daily Telegraph berichtet, liegen den Maßnahmen schockierende Zahlen zugrunde: Eine Regierungsumfrage ergab, dass eines von 20 Kindern im Alter von zehn bis elf Jahren im vergangenen Monat zu tief in die Flasche geschaut hat. Bei den 14- bis 15jährigen waren es sieben von 20.


Der britische Premierminister befürchtet, dass die neuen 24-Stunden-Pubs, -Supermärkte, und -Kioske die Misere verschlimmert haben: Deswegen sollen sie laut Brown Bier und Schnaps bald nur noch bis 23 Uhr verkaufen. "Es gibt ernsthafte Bedenken darüber wann Alkohol verkauft wird, zu welchen Preisen, wie er beworben und an wen er verkauft wird", sagte ein Sprecher des Premierministers dem Daily Mirror. Es gibt inzwischen 5100 Kneipen und Nachtclubs mit 24-Stunden-Lizenz in UK, das sind 70 Prozent mehr als letztes Jahr. Brown arbeitet eng mit dem Groß- und Einzelhandel zusammen, um das wachsende Alkoholproblem in den Griff zu bekommen. Laut einer Studie der Nuffield Foundation - eine Stiftung, die sich unter anderem mit der Volksgesundheit der Briten beschäftigt - hat sich die Zahl der Alkoholtoten seit 1991 auf 16.000 im Jahr verdoppelt. 21 Gruppen, an der Spitze das Royal College of Physicians, fordern eine Erhöhung der Alkohol-Steuer um zehn Prozent. Die British Beer and Drinking Association dagegen sieht keinen Handlungsbedarf "für massive Steuererhöhungen und weitere Einschränkungen der persönlichen Freiheit" erklärte ihr Sprecher Mark Hastings.

Die Trinksitten der britischen Jugend

Die Trinksitten der Jugend kennt jeder Brite zur genüge, in fast allen Innenstädten bietet sich einem am Wochenende das gleiche Bild: Junge Leute torkeln betrunken grölend durch die Straßen, übergeben sich, prügeln sich, pöbeln Passanten an, pinkeln oder haben Sex in der Öffentlichkeit. Die Polizei gibt sich alle Mühe wird diesen Umtrieben aber schon lange nicht mehr Herr. Die Notaufnahmen der Krankenhäuser sind vollgestopft mit blutüberströmten Opfern von Schlägereien und Jugendlichen mit Alkoholvergiftung.

Die Ursachen sind vielfältig: Alkohol ist billig und durch 24-Stunden-Shopping immer zu haben. Das Wissen über gesundheitliche Gefahren ist gering. Schlechte Vorbilder gibt es zuhauf: Kaum ein Wochenende vergeht, an dem nicht irgendein Promi sternhagelvoll von Paparazzi abgelichtet wird. Neue Mixgetränke wie Alcopops haben inzwischen auch den Mädchen das Koma-Saufen im wahrsten Sinne des Wortes schmackhaft gemacht. Wie nicht anders zu erwarten, sind die Schwangerschaftsrate und die Zahl der Geschlechtskrankheiten bei britischen Teenagern in den letzten zehn Jahren drastisch in die Höhe geschnellt.


Extrembeispiele wie das der 17jährigen Hayley Nash machen deutlich, dass es mit der britischen Jugend bergab geht: Auf dem Höhepunkt ihrer "Alkoholikerkarriere" kippte sich das Mädchen aus dem englischen Walsall eine Flasche Wodka und acht Dosen Bier hinter die Binde - täglich! Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits vier Jahre exzessiven Konsum hinter sich. Die Folge: schwere Leberschäden und zu hoher Blutdruck. Zwei Jahre musste sie der Schule fernbleiben, um ihre Sucht zu bekämpfen. Inzwischen hat sie das Schlimmste überstanden und will anderen Kindern und Jugendlichen helfen, diesen Horror-Trip zu vermeiden: "Es ist zu einfach für Kinder, an Alkohol zu kommen", erklärte sie, "und er macht genauso abhängig wie Heroin und Crack. Ich habe mir eingeredet, ich hätte kein Problem mit dem Trinken, aber schließlich habe ich es doch eingesehen."

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