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Panorama „Zuzugswochen“ in Brandenburg

„Das ist in der Großstadt kaum vorstellbar“

Die Gemeinde Gerswalde im Landkreis Uckermark im Norden von Brandenburg Die Gemeinde Gerswalde im Landkreis Uckermark im Norden von Brandenburg
Die Gemeinde Gerswalde im Landkreis Uckermark im Norden von Brandenburg
Quelle: dpa/Patrick Pleul
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Ein Netzwerk aus Brandenburg bemüht sich um Zugezogene. Dass das Leben auf dem Land neben günstigerem Wohnraum auch anderen Vorzüge bereithält, wissen immer mehr Städter zu schätzen. Ganz uneigennützig ist die Initiative aber nicht.

Über 33.000 Berliner sind nach Angaben des Landesamtes für Statistik im vergangenen Jahr von der Hauptstadt ins Brandenburger Umland gezogen. Nicht wenige gingen auch in die Berlin-fernen Regionen wie die Prignitz, die Uckermark oder die Lausitz. Nur knapp die Hälfte hat den umgekehrten Weg aus Brandenburg nach Berlin gewählt.

Dass noch mehr großstadtmüde Menschen die Vorzüge des Landlebens entdecken, dafür setzt sich die Initiative „Ankommen in Brandenburg“ aus Finsterwalde (Elbe-Elster) ein. Noch bis zum 26. November richtet sie zum zweiten Mal die „Brandenburger Zuzugswochen“ aus. Sie sollen Umzugswilligen aus Berlin, aber auch aus Hamburg, Leipzig, Dresden oder anderen Großstädten die regionalen Zuzugsinitiativen vorstellen.

Rund 20 solcher Initiativen gibt es in ganz Brandenburg, berichtet Sandra Spletzer, die das Netzwerk koordiniert.

Berlin immer teurer und anonymer

Von den Vorzügen des Landlebens kann Jürgen Schmolke erzählen. Er arbeitet im Coworking-Space in Wittenberge (Prignitz). Für seine Firma braucht der Softwareentwickler nur einen Schreibtisch in dem riesigen Gemeinschaftsbüro, das er mit anderen Digitalarbeitern teilt. Seit Juni dieses Jahres lebt und arbeitet der 70-Jährige in der Elbestadt. Zusammen mit seiner Frau hat er Berlin verlassen, wo er noch eine zweite Firma betreibt. Mit seinen Mitarbeitern ist er über Videokonferenzen verbunden, genießt die Ruhe und Überschaubarkeit in der Prignitz im Nordwesten Brandenburgs.

Coworking-Spaces gibt es nicht nur in Berlin, sondern auch in Wittenberge
Coworking-Spaces gibt es nicht nur in Berlin, sondern auch in Wittenberge
Quelle: dpa/Oliver Gierens



„Hier kennt man sich, man begegnet sich häufig“, erzählt Schmolke. „Das ist in der Großstadt kaum vorstellbar.“ In Berlin sei es ihm und seiner Frau zu teuer geworden, außerdem empfand er die Hauptstadt als immer anonymer. „Gelegentlich fahren wir noch nach Berlin, aber im Grunde vermissen wir nichts“, sagt Jürgen Schmolke.

Viele Menschen hätten noch das Bild von Brandenburg in den Köpfen, wie es vor 20 Jahren vorherrschend gewesen sei, sagt Spletzer. „Es gibt Länder, wo richtig was los ist, und es gibt Brandenburg“, textete einst Rainald Grebe in seinem bissig-satirischen Brandenburg-Lied. Dieses alte Image zu überwinden, dazu sollen die Zuzugswochen beitragen. „Wir wollen ein Signal setzen für positive Aspekte“, sagt Spletzer. Zuzug sei wichtig zur Fachkräftegewinnung, für den Imagegewinn und um der Alterung der Landbevölkerung entgegenzuwirken. Es gehe aber auch darum, das Engagement vor Ort zu stärken.

In Wittenberge haben Zugezogene eine Kulturinitiative ins Leben gerufen

Denn viele Zugezogene bringen sich in das öffentliche Leben ein, schaffen Orte für Begegnungen und kulturellen Austausch. So ist beispielsweise in Wittenberge die Kooperative der „Elblandwerker“ entstanden, die unter anderem Konzerte und Lesungen organisieren.

Solche regionalen Netzwerke seien wichtig, um Neuzugezogenen oder Umzugswilligen Anknüpfungspunkte zu bieten, sagt Sandra Spletzer. Das Interesse der Großstädter konzentriere sich zu sehr auf den Berliner Speckgürtel – aber es gebe auch Nachfragen in der Peripherie, unter anderem wegen der steigenden Immobilienpreise. Auch viele Rückkehrer seien darunter, die einst ihr Zuhause in Brandenburg verlassen haben und jetzt wieder zurückkehren wollten.

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Während der Pandemie sei die Nachfrage nach Wohn- und Arbeitsorten in Brandenburg am größten gewesen, sagt Spletzer. Doch sie bezweifelt, ob sich diese auch wirklich in realen Umzugszahlen niedergeschlagen hätte. Dennoch müssten viele heute nicht mehr die definitive Entscheidung treffen, in der Stadt oder auf dem Land zu leben. Digitales Arbeiten und Homeoffice machten es möglich, beispielsweise seinen Job in Berlin zu behalten, zweimal die Woche dorthin zu fahren und ansonsten von zu Hause aus zu arbeiten. Auch wer vor Ort einen Job suche, werde durch den Fachkräftemangel schneller fündig als noch vor etwa 20 Jahren.

Ohne Zuzug kein Strukturwandel

In der Lausitz ist das Thema Zuzug eng mit dem Strukturwandel verknüpft. Fachkräfte werden gebraucht, die ein attraktives und lebenswertes Umfeld locken soll. In Städten wie Finsterwalde, Spremberg, Guben (Spree-Neiße) oder Calau (Oberspreewald-Lausitz) stellen Initiativen während der „Zuzugswochen“ die Regionen vor, beraten und unterstützen bei Rückkehr oder Zuzug. So lädt die „(K)Calauer Rückrufaktion“ zu einer Lesung der Autorin Caritas Führer aus dem Buch „Heimat?“ ein. „Guben tut gut“ bietet Zugezogenen einen Beratungstag für regionales Engagement an. Am Freitag organisieren die „Elblandwerker“ einen Probetag in Wittenberge mit gemeinsamem Marktbesuch, Coworking und Austausch mit Zugezogenen.

Die große Lausitzrunde - ein Bündnis aus Kommunen in Sachsen und Brandenburg - sieht das Thema Zuzug allerdings noch lange nicht gelöst. Das Thema Demografie und Zuzug müsse neu gedacht werden, heißt es von den Akteuren. Zunehmend siedele sich Industrie in Städten wie Guben oder Spremberg an, aber keiner wisse, woher die Arbeitskräfte kommen sollen, so die Sprecherin der Lausitzrunde für Brandenburgs Kommunen, Christine Herntier.

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dpa/luz

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