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Wirtschaft Werkverträge

Neue Rechte für Betriebsräte verärgern Arbeitgeber

Werkverträge nach Branchen aufgegliedert Werkverträge nach Branchen aufgegliedert
Werkverträge nach Branchen aufgegliedert
Quelle: Infografik Die Welt
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen will gegen den Missbrauch von Werkverträgen kämpfen und dafür die Mitspracherechte der Betriebsräte ausweiten – sehr zum Ärger der Arbeitgeber.

Worum geht es

Während die Gewerkschaften die Pläne von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), gegen den Missbrauch von Werkverträgen vorzugehen, als „teilweise Schritte in die richtige Richtung“ sehen, gibt es von Seiten der Arbeitgeber scharfe Kritik. „Wenn die Bundesarbeitsministerin tatsächlich ein gesetzliches Vetorecht des Betriebsrates bei produktionsintegrierten Werkverträgen einführen will, wäre dies verfassungswidrig“, sagte der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, der „Welt“.

Von der Leyen hatte in der „Welt am Sonntag“ ihre Pläne gegen den Missbrauch von Werkverträgen zum Lohndumping skizziert. Dazu gehört auch die Ausweitung der Mitspracherechte des Betriebsrats – wenn auch in engen Grenzen. „Eine hochflexible Wirtschaft wie die deutsche braucht Werkverträge, aber sie dürfen nicht als neues Schlupfloch für Lohndumping missbraucht werden“, sagt Ursula von der Leyen der „Welt am Sonntag“.

Die unternehmerische Entscheidung, eine Dienstleistung oder ein klar abgrenzbares Werk nach außen zu vergeben, müsse grundsätzlich frei bleiben“, sagt sie. „Aber wenn Fremdpersonal nicht nur gelegentlich in die Arbeitsorganisation des Betriebes eingebunden wird“, dann müsse der Betriebsrat einbezogen werden. „Der Betriebsrat kann am besten einschätzen, ob etwas nicht koscher ist“, so von der Leyen.

Allerdings soll der Betriebsrat einem Werkvertrag nur widersprechen können, wenn es gesetzlich festgelegte Gründe dafür gibt: Zum Beispiel bei Nachteilen für die Stammbelegschaft wie etwa drohende Kündigungen im Stammpersonal.

Nur noch Papiertiger?

Den Arbeitgebern geht der Plan dennoch zu weit: „Bei Teilefertigungen durch ein spezialisiertes Zuliefererunternehmen handelt es sich um produktionsintegrierte Werkverträge, ein Vetorecht dagegen würde in den Kernbereich unternehmerischer Handlungsfreiheit eingreifen. Das wäre unvertretbar und verfassungswidrig“, so Hundt.

Das geltende Mitbestimmungsrecht umfasse ein Informationsrecht des Betriebsrats über den Abschluss von Werkverträgen. „Wenn ein Scheinwerkvertrag vorliegt, hat der Betriebsrat bereits nach geltendem Gesetz ein Vetorecht“, so Hundt.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert dagegen, die Mitbestimmungsrechte so auszuweiten, dass der Betriebsrat der Fremdvergabe von Leistungen grundsätzlich zustimmen muss. Dem DGB gehen von der Leyens Vorschläge deshalb nicht weit genug: „Die Mitspracherechte des Betriebsrats bei Werkverträgen zu erweitern, ist dringend nötig – aber die Einschränkungen, die die Ministerin hier vorsieht, degradieren die Betriebsräte zu Papiertigern“, sagt Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied, der „Welt“.

Der Missbrauch von Werkverträgen für Lohn- und Sozialdumping greife „in rasantem Tempo weiter um sich“, so Buntenbach – das würden die zaghaften Regulierungsvorschläge der Ministerin „leider nicht aufhalten“. Sie seien zwar wenigstens teilweise Schritte in die richtige Richtung, aber man dürfe gespannt sein, ob und wie viel von diesen kleinen Schritten die Regierung denn wirklich gehe. „Ankündigungen der Arbeitsministerin haben wir schon mehr als genug gehört, nur passiert ist meistens nichts“, so Buntenbach.

Mehr Kontrolle der Zeitarbeitsfirmen geplant

Von der Leyen plant neben der Ausweitung der Kontrollrechte der Betriebsräte noch andere Schritte – und zwar beim Einsatz von Werkverträgen, wenn diese von Zeitarbeitsunternehmen angeboten werden. Der Trick: Wenn ein Scheinwerkvertrag auffliegt, werden die Werkvertragsnehmer einfach zu Zeitarbeitern deklariert – einen Schaden trägt weder das Unternehmen, das die Arbeitnehmer beschäftigt, noch der Entleihbetrieb.

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Fliegt ein Scheinwerkvertrag auf, sollen die Einsatzbetriebe künftig die Arbeitnehmer voll übernehmen müssen. Es gelten dann die Konditionen wie für die Stammbelegschaft. Dazu soll das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz geändert werden.

Während der DGB diesen Schritt als „längst überfällig“ betrachtet, üben die Arbeitgeber auch hier scharfe Kritik. Scheinwerkverträge seien bereits nach geltendem Recht verboten, der Arbeitnehmer sei dadurch bereits geschützt. Neuer gesetzlicher Regelungen bedürfe es nicht.

BA soll verschärft nach „schwarzen Schafen“ jagen

Unkritisch sehen die Arbeitgeber von der Leyens Vorhaben, der Bundesagentur für Arbeit mehr Kontrollrechte bei der Prüfung von Zeitarbeitsunternehmen zu geben. Derzeit darf die BA nur kontrollieren, ob die Zeitarbeitsverträge sauber sind. Die Werkverträge, die ein Zeitarbeitsunternehmen anbietet, dürfen die Aufseher bisher nicht einsehen, das soll sich ändern.

„Bei der Kontrolle und Überprüfung durch die Behörden mag es Defizite geben. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn die Bundesagentur für Arbeit und die anderen Sozialversicherungen strengere Kontrollen durchführen, um schwarze Schafe zu erwischen“, sagt Hundt. Das betreffe auch die Kontrolle von Zeitarbeitsunternehmen.

BDA-Präsident Hundt verteidigte Werkverträge als notwendiges wirtschaftliches Instrument: „Erhebliche Teile der Wertschöpfung in Deutschland erfolgen im Rahmen von Werk- und Dienstverträgen“, so Hundt. Das stärke die Spezialisierung und Arbeitsteilung zwischen Unternehmen, ermögliche Effizienzsteigerungen und verbessere die wirtschaftliche Dynamik, schaffe Arbeitsplätze und erhöhe die Produktivität.

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