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Europa verliert das Rennen um die Energie

Wirtschaftsredakteur
Zusammen verlieren die EU und Japan rund ein Drittel ihres jetzigen Exportanteils, errechnete die IEA Zusammen verlieren die EU und Japan rund ein Drittel ihres jetzigen Exportanteils, errechnete die IEA
Zusammen verlieren die EU und Japan rund ein Drittel ihres jetzigen Exportanteils, errechnete die IEA
Quelle: Infografik Die Welt
Energie wird in Europa immer teurer. Die steigenden Kosten werfen uns im internationalen Wettbewerb zurück. Die Folge: Europa verliert dramatisch Anteile am Welthandel. Auch mit Japan geht es bergab.

Worum geht es

Die Weltkarte der Energiewirtschaft muss neu gezeichnet werden. Die Entdeckung unkonventioneller Öl- und Gasvorkommen, die Möglichkeit von Bohrungen in großen Wassertiefen und die Nutzung erneuerbarer Energien „transformieren unser Verständnis von der globalen Verteilung von Energieressourcen“, heißt es im neuen „World Energy Outlook 2013“, den die Internationalen Energie-Agentur (IEA) in London vorstellte.

Mit der Veränderung der Energielandschaft treten auch neue, starke Differenzen zwischen den Energiepreisen in unterschiedlichen Weltregionen auf. Die Internationale Energie-Agentur (IEA), ein Institut der Industrieländer-Organisation OECD, sieht entsprechend große Auswirkungen auf die industrielle Wettbewerbsfähigkeit, Investitionsentscheidungen und Unternehmensstrategien.

Verlierer der Entwicklung sind, daran lassen die IEA-Autoren wenig Zweifel, Europa und Japan. Denn laut IEA-Prognose werde die Produktion und der Export energieintensiver Güter bis 2035 vor allem in den asiatischen Schwellenländern stark zunehmen. Auch die USA könnten dank günstiger Energiepreise ihren Anteil am globalen Handel mit energieintensiven Waren leicht ausweiten.

„Im Gegensatz dazu werden die Europäische Union und Japan eine starke Abnahme ihrer Welthandelsanteile erleben – mit einem Verlust von insgesamt rund einem Drittel ihres jetzigen Anteils“, heißt es im neuen Weltenergiebericht.

Laut IEA liegen die Gaspreise in den USA dank des Einsatzes der Fracking-Technologie bei einem Drittel des europäischen und nur bei einem Fünftel des japanischen Preisniveaus. Auch beim Strom zahlen Verbraucher in Europa, Japan und China mehr als doppelt so viel wie die Abnehmer in den USA.

Fracking als Ausweg?

Zwar hätten die Energiekosten in den meisten Ländern nur einen geringen Einfluss auf die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, heißt es in dem Bericht weiter.

Energiekosten seien aber in Branchen wie der Chemie-, Stahl-, Aluminium-, Zement-, Glas- und Papierindustrie entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit. Die Bedeutung dieser Industrien sei nicht zu unterschätzen, warnt die IEA: „Energieintensive Sektoren stehen weltweit für ein Fünftel der industriellen Wertschöpfung, für ein Viertel aller Industriearbeitsplätze und 70 Prozent des industriellen Energieverbrauchs.“

Um nicht Opfer der globalen Energiepreisschere zu werden, empfiehlt die Internationale Energie-Agentur, den weltweiten Gashandel auszubauen und für Gasimporte von ölpreis-indexierten Verträgen abzurücken. Zudem gebe es in großen Teilen der Welt, inklusive Teilen Europas, die Möglichkeit, den US-amerikanischen Erfolg bei der Förderung unkonventioneller Öl- und Gasvorkommen zu wiederholen – wenn es auch in einigen Ländern Unsicherheiten in Bezug auf öffentliche Akzeptanz und Produktionskosten gebe.

In Deutschland gilt die Fracking-Technologie, bei der mit Hilfe von Wasserdruck und Chemikalien-Einsatz tief liegende Gesteinsschichten zur Öl- und Gasgewinnung aufgebrochen werden, derzeit als nicht genehmigungsfähig. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD soll die Regelung festgeschrieben werden, dass Fracking erst dann genehmigungsfähig ist, wenn dabei auf umweltschädliche Chemikalien völlig verzichtet werden kann.

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Laut IEA werden vor allem China, Indien und der Mittlere Osten für den erwarteten Anstieg der Energienachfrage um ein Drittel bis zum Jahr 2035 verantwortlich sein. China werde 2020 der größte Ölimporteur der Welt sein, noch vor den USA. Indien werde als weltgrößter Kohle-Importeur im Jahre 2020 China als größter Energieverbraucher der Welt ablösen.

Mehr Ökostrom in China als im Rest der Welt

Erneuerbare Energien werden nach Einschätzung der IEA künftig eine sehr viel größere Rolle spielen. Sie stehen bis 2035 für fast 50 Prozent des Zuwachses in der globalen Stromerzeugung. Allerdings spielt der Zuwachs in Europa quantitativ eine nachgeordnete Rolle. „Der Ausbau der erneuerbaren Energien in China bis zum Jahre 2035 wird größer ausfallen, als der Ausbau in der Europäischen Union, den USA und Japan zusammen genommen.“

Nach der IEA-Prognose könnten erneuerbare Energien bereits in den nächsten Jahren einen Anteil von 30 Prozent am globalen Strommix überschreiten und damit als Quelle für Elektrizität wichtiger werden als Erdgas. Im Jahre 2035 könnte die Bedeutung von Ökostrom sogar fast an die von Kohlekraftwerken heranreichen.

Die Nutzung von Atomkraft werde allerdings im selben Zeitraum um zwei Drittel steigen, heißt es im Bericht weiter. Angeführt werde die Entwicklung von China, Korea, Indien und Russland.

Was die Entwicklung für die CO2-Emissionen und den weltweiten Klimaschutz bedeutet, sei unklar. Viel hänge von den politischen Entscheidungen Chinas ab: Das Land verbrenne heute bereits mehr Kohle als der Rest der Welt zusammengenommen. Das treibe auch die weltweite Kohlenachfrage um weitere 17 Prozent bis 2035. Entscheidend sei, welchen Erfolg China in der geplanten Begrenzung von Kohlekraft-Nutzung habe.

Selbst wenn man alle derzeitigen Regierungspläne für Effizienzsteigerungen und den Ausbau erneuerbarer Energien einberechne, werden die CO2-Emissionen der Energiewirtschaft weltweit um weitere 20 Prozent bis 2035 steigen. „Damit bleibt die Erde auf einem Pfad hin zu einer Klimaerwärmung von 3,6 Grad Celsius, weit über dem international akzeptierten Ziel von zwei Grad.“ Für die aktuelle Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen in Warschau ist die IEA-Prognose damit keine gute Nachricht.

Brasilien als neue Energie-Supermacht

Die Internationale Energie-Agentur hat Brasilien als neue Energie-Supermacht der Zukunft ausgemacht, sowohl was die Ölproduktion als auch was Erneuerbare Energien angeht. Durch die Fähigkeit zu Tiefsee-Bohrungen werde sich Brasiliens Ölförderung bis 2035 verdreifachen auf sechs Millionen Barrel (Fass mit 159 Litern) pro Tag.

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Damit steht Brasilien für ein Drittel des Nettozuwachses der weltweiten Ölproduktion, das Land werde damit zum sechstgrößten Ölproduzenten der Welt, heißt es in dem IEA-Bericht. Die Erdgas-Produktion werde sich mehr als verfünffachen, so dass Brasilien bis 2030 damit die gesamte heimische Nachfrage ohne Importe decken kann.

Trotz dieses Booms bei fossilen Brennstoffen werde Brasilien seine weltweite Vorreiterrolle im Bereich erneuerbarer Energien verteidigen können. Erneuerbare Energien haben heute bereits einen Anteil von 46 Prozent am Energiemix des Landes. Verantwortlich sind dafür vor allem Biokraftstoffe aus Zuckerrohr und die Nutzung der Wasserkraft.

Laut IEA-Prognose wird Brasilien den Einsatz erneuerbarer Energien bis 2035 in etwa verdoppeln können. Geplant ist etwa der Ausbau der Windenergie an Land und die Nutzung von Biomasse zur Stromproduktion.

Die Biokraftstoff-Produktion werde sich bis 2035 mehr als verdreifachen. Mit Zuckerrohr-Ethanol werde Brasilien dann ein Drittel des heimischen Transportbedarfs decken können. Es gebe mehr als genug geeignete Anbauflächen für diese Produktionsausweitung, ohne die umweltsensitiven Gebiete dabei zu gefährden, versichert die IEA.

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