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Yahoo-Chefin Mayer jagt die „Minderleister“

Yahoo-Sitz in Kalifornien: Die Mitarbeiter zittern Yahoo-Sitz in Kalifornien: Die Mitarbeiter zittern
Yahoo-Sitz in Kalifornien: Die Mitarbeiter zittern
Quelle: AP
Nach dem Homeoffice-Verbot hat Marissa Mayer nun ein Bewertungssystem eingeführt, nach dem 25 Prozent der Mitarbeiter als „Minderleister“ eingestuft werden müssen. Auch, wenn das gar nicht stimmt.

Worum geht es

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Yahoo-Chefin Marissa Mayer steht schon wieder wegen umstrittener Managementmethoden in der Kritik. Im vergangenen Jahr sorgte ihre Entscheidung für Aufsehen, dass sie ihren Mitarbeitern das Homeoffice verbat. Dieses Mal verärgert sie ihre Mitarbeiter mit einem umstrittenen Bewertungssystem. Das führt angeblich zu einem demotivierenden Schreckensregime, bei dem Angestellte um ihre Jobs fürchten müssten.

Grund für die Kritik sind die sogenannten Quarterly Performance Reviews (QPR), bei denen Führungskräfte des Internetkonzerns ihre Mitarbeiter in Leistungsgruppen einteilen müssen. Wer die schlechtesten Noten bekommt, dem droht Medienberichten zufolge die Kündigung. Rund 600 Angestellte seien deswegen in den vergangenen Wochen als „Minderleister“ entlassen worden, schreibt der Technologie-Blog „All Things D“.

Demnach führt das System zu unerwünschten Problemen, da die Verteilung in die Gruppen nach festgelegten Prozentzahlen erfolgen muss. 10 Prozent der Mitarbeiter sollen in die Gruppe „Im hohen Maße überragend“ eingeteilt werden. Weitere 25 Prozent bekommen die Note „Übersteigt das Geforderte“.

50 Prozent der Mitarbeiter kommen in die Kategorie „Erreicht seine Zielvorgaben“, 10 Prozent müssen in die Gruppe „Versäumt gelegentlich Ziele“ und die schlechtesten fünf Prozent in die Gruppe „Versäumt Ziele“ eingeteilt werden. Wer zu den untersten 15 Prozent gehört, sollte sich besser nach einem neuen Job umgucken.

Von Sternen und Zitronen

Mayers Modell basiert auf den vom ehemaligen General-Electric-Chef Jack Welch entwickelten Managementmethoden. Er teilte seine Mitarbeiter in Sterne, Mittelmaß und Zitronen nach dem Verhältnis 20-70-10 ein.

Die sogenannten „Forced-Ranking-Modelle“ sollen verhindern, dass Führungskräfte sich um eine harte Bewertung ihrer Mitarbeiter drücken. Yahoo ist nicht der einzige Konzern, der zu solchen Methoden greift. Auch IBM, Microsoft und McKinsey nutzen ähnliche Bewertungssysteme.

Laut „All Things D“ haben sich viele Yahoo-Mitarbeiter auf einem anonymen, internen Feedback-Forum des Konzerns über das QPR-System beschwert. Der starre Leistungskatalog würde Vorgesetzte nötigen, Mitarbeiter negativ zu bewerten, die eigentlich gar keine schlechte Arbeit leisten.

Eine Führungskraft schreibt beispielsweise: „Ich war gezwungen, einem Mitarbeiter „Versäumt gelegentlich Ziele“ zu geben und fühle mich damit sehr unwohl. (...) Um die Verteilung zu erreichen, muss ich dem Mitarbeiter jetzt sagen, dass er seine Ziele nicht erreicht hat, obwohl ich gar nicht glaube, dass das den Tatsachen entspricht.“

„Weil Marissa es gesagt hat“

Eine anderer Angestellter kritisiert die Yahoo-Chefin direkt. Oft würden Anweisungen mit der lapidaren Begründung „Weil Marissa es gesagt hat“, weitergegeben. Eine inhaltliche Debatte fände bei dem Konzern nicht statt.

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Ein dritter Mitarbeiter kritisiert die Intransparenz des Bewertungssystems. „Zu keinem Zeitpunkt wurde Managern und Mitarbeitern mitgeteilt, dass niedrige Bewertungen Folgen für das Beschäftigungsverhältnis haben würden.“

Ein Vierter schlägt vor, Mayer sollte ihr Bewertungssystem doch erst einmal beim eigenen Vorstand und der Hierarchieebene darunter anwenden. „Bei jedem Zielsetzungs-Meeting finden sich Senior-Manager, die 70 Prozent ihrer Ziele nicht erreicht haben. (...) Wie wäre es, mit gutem Beispiel voran zu gehen und ein ein paar Top-Manager zu feuern, die ihre Ziele nicht erreicht haben oder sie so niedrig halten, dass sie nicht verfehlen können.“

Yahoo schillert dank Mayer wieder

„All Things D“ weist darauf hin, dass es allerdings auch viele Mitarbeiter bei Yahoo gäbe, die zufrieden mit Mayer seien. Mit ihrer schillernden Persönlichkeit konnte Mayer das angestaubte Image des Konzern verbessern und auch wieder mehr talentierte Fachkräfte für Yahoo begeistern.

Gleichzeitig ist seit Mayers Dienstantritt im Juli 2012 der Aktienkurs von Yahoo deutlich angestiegen. Allerdings liegt das hauptsächlich an Yahoos Beteiligung an dem chinesischen Internetkonzern Alibaba, der kräftige Gewinne einfährt.

Mayer selbst verteidigte das Bewertungssystem vergangene Woche bei einem internen Meeting, berichtet das Technologie-Blog. Über eine halbe Stunde habe sie sich mit den kritischen Kommentaren auf der Yahoo-Forumseite auseinandergesetzt. Ihre wichtigste Botschaft: Das QPR-Modell sei keinesfalls so gedacht, dass sich die Führungskräfte strikt an die Prozentsätze halten müssten. Kleine Abweichungen seien unproblematisch.

Mitarbeiter sollen nicht „leise“ beseitigt werden

Auf Druck der Mitarbeiter änderte Mayer die Prozentaufteilung außerdem etwas zugunsten der besten Leistungsträger. Mit der zweitbesten Kategorie „Übersteigt das Geforderte“ dürften jetzt 35 statt 25 Prozent bewertet werden. „Versäumt Ziele“ kann dagegen theoretisch an null Prozent der Mitarbeiter vergeben werden.

Mayer sagte außerdem, Ziel des Modells sei es keineswegs, Mitarbeiter „leise“ zu beseitigen. Die jüngsten Entlassungen hätten nichts mit dem System zu tun. Insgesamt hätten sich die Mitarbeiterzahlen seit ihrem Amtsantritt erhöht.

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