WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Wirtschaft
  3. Klinkenputzer: Auf Milben-Mission – Das Leben einer Vertreterin

Wirtschaft Klinkenputzer

Auf Milben-Mission – Das Leben einer Vertreterin

Vorwerk-Vertreterin Anja Scherwat präsentiert stolz ihre Produkte: Sie lässt sich nicht so schnell abwimmeln Vorwerk-Vertreterin Anja Scherwat präsentiert stolz ihre Produkte: Sie lässt sich nicht so schnell abwimmeln
Vorwerk-Vertreterin Anja Scherwat präsentiert stolz ihre Produkte: Sie lässt sich nicht so schnell abwimmeln
Quelle: dpa/Oliver Berg
„Wollen Sie mal Milben sehen?" Staubsauger-Verkäufer wie die von Vorwerk setzen auf die Überzeugungskraft der Demonstration. Ein Ortstermin.

Worum geht es

Mehr anzeigen

Ausgerechnet der Rauhaardackel hinter der Glastür scheint sich über den Besuch zu freuen. Er wedelt mit dem Schwanz und schaut Herrchen in der Erwartung an, dass er die Frau da draußen jetzt einlasse. Doch der ist deutlich weniger freundlich als sein Wachdackel, öffnet die Tür nur einen Spaltbreit und sagt: „Wir brauchen nichts.“ Schon hat sich die Tür wieder geschlossen, noch bevor sich Vorwerk-Vertreterin Anja Scherwat überhaupt vorstellen oder eines ihrer Anbahnungssprüchlein sagen kann. Etwa: „Was für einen Staubsauger haben Sie denn?“

Und als sich die nächste Tür in der 50er-Jahre-Reihenhaussiedlung in Solingen gar nicht erst öffnet und sich die übernächste nach einem immerhin freundlichen, von Kindergeschrei unterlegten „Ich habe heute leider gar keine Zeit“ gleich wieder schließt, lächelt Anja Scherwat immer noch. Die 22-jährige gelernte Tierarzthelferin lässt sich nichts anmerken und lächelt. „Nein“, sagt sie „das ist überhaupt kein Problem. Das geht doch nicht gegen mich“, sagt sie und zieht ihren Kobold-Musterkoffer zum nächsten Eingang.

Ein wenig erinnert sie mit ihrer Einstellung an Oliver Kahn, den einstigen Torwart-„Titanen“, der nie aufgeben wollte: „Weitermachen, immer weitermachen …“ Seit 2009 ist Anja Scherwat das, was manche Klinkenputzerin, viele Staubsaugervertreterin und die Leute bei Vorwerk Kundenberaterin nennen. Dafür hatte sie ihren Job mit kränkelnden Hunden, Katzen und Wellensittichen aufgegeben. Um „mehr mit Menschen“ machen zu können, wie sie sagt. Nur wollen die an diesem trüben Montagvormittag offenbar nicht recht was mit ihr machen.

Dabei ist diese Siedlung in Solingen doch ihr Jagdgebiet, ihr exklusives. Alle vier bis fünf Monate taucht sie hier auf, macht Termine und vor allem „Kalt?akquise“. Was nichts anderes heißt als: irgendwo klingeln. Oft wird sie fünf-, sechsmal oder öfter abgewiesen, manchmal lässt sie jemand rein. Stetes Erscheinen höhlt den Kunden, scheint es.

Immerhin ist Scherwat nicht für irgendwen, sondern für so etwas wie den Mercedes unter den Marken des Direktvertriebs unterwegs. Tatsächlich belegen Untersuchungen, dass Vorwerk Vertrauen genießt – nicht nur bei der Kundschaft, sondern auch bei denjenigen, die nicht bereit sind, mindestens 600 Euro für die größtenteils in Deutschland hergestellten Staubsauger der Vorwerkmarke „Kobold“ auszugeben. Oder es nicht können.

80 Jahre lang waren Vertreterinnen wie Anja Scherwat das einzige Medium des Wuppertaler Familienunternehmens zum Kunden. Eigene Geschäfte wollte die Firma nicht, es gab allenfalls 70 Reparaturbuden im Land, offiziell „Servicecenter“ genannt. Der Verkauf von Verbrauchsmaterial im Internet war lange Zeit das äußerste Zugeständnis an neue Kundenbedürfnisse. Für die echten Vorwerker war schon das des Teufels.

Doch jetzt wird all das vollkommen normal. Denn die Zeiten haben sich geändert: Der Absatz ging über Jahre zurück. 2009 etwa – neuere Zahlen gibt es nicht – sank der Kobold-Umsatz in Deutschland um sechs Prozent auf 200 Millionen Euro. Auch, weil Berater fehlen. Das Familienunternehmen aus Wuppertal beschäftigt rund 2500 von ihnen, könnte aber die doppelte Anzahl gebrauchen.

Der Job ist offenbar nicht attraktiv genug – ein Problem, das die gesamte Branche drückt. Zudem stehen die Vertreter immer häufiger vor verschlossenen Türen, weil viele Frauen tagsüber nicht zu Hause sind. Interne Richtungskämpfe und zahlreiche Managerwechsel kamen hinzu, all dies führte aus der Not heraus zur Kulturrevolution im Reich des grünen Koboldes.

Vorwerk setzt auf Läden und Internet

Jetzt will sich das Unternehmen verjüngen: Seit Ende 2010 setzt man mit voller Saugkraft auf den derzeit im Handel so beliebten Mehrkanalvertrieb: Plötzlich gibt es neben den Vertretern neue Läden und sogar einen Online-Shop mit deutlich ausgeweitetem Angebot: „Wir wollen den Kunden dort abholen, wo er gerade ist“, sagt Tobias Mehrer, Vertriebsvorstand bei der Marke Kobold.

Anzeige

Aus den „Servicecentern“ werden kleine Läden „mit Shoperlebnis in frischem Design“, für die Laufkundschaft, die keinen Vertreterbesuch will oder keine Zeit hat. Zur Kinder-Bespaßung gibt es dort Spielzeug-Kobolde und für die Erwachsenen auch das Vorwerk-Küchengerät Thermomix zum Ausprobieren.

Acht dieser Läden haben bereits eröffnet, einige in 1-a-Lagen wie der Breiten Straße in Köln. „Wenn es funktioniert, werden wir weitere Servicecenter zu Shops machen oder welche an ganz neuen Standorten eröffnen“, sagt Mehrer. Ob das Netz flächendeckend umgestellt wird, steht noch nicht fest. Im Onlineshop jedenfalls soll man bald komplette Staubsauger bestellen können. Die erste, vorsichtige Internet-Offensive mit ausgewählten Produkten wie Staubsaugertüten war ermutigend verlaufen. „Im Prinzip ist das ein guter Schritt“, sagt Michael Kliger, Leiter Handel bei der Beratung Accenture.

„Auf einen Vertriebskanal kann sich im 21. Jahrhundert kein Unternehmen verlassen. Der Kunde will wählen, auf welchem Weg er zu dem Produkt kommt, und der Händler muss das anbieten.“ Die Gefahr der Kannibalisierung bestehe zwar, aber es gebe keine Alternative. Das Kunststück sei, die Erweiterung des Instrumentariums innerhalb des Unternehmens populär zu machen und das als Chance zu verkaufen – insbesondere bei den Handelsvertretern, die möglicherweise eine Konkurrenz im eigenen Hause sehen.

Vorzeige-Vertreterin Scherwat gibt sich trotz Shops und Internetverkauf gelassen. „Es ist doch schön, wenn meine Kunden wählen können“, sagt sie, lächelnd natürlich. Immerhin hat Scherwat neuerdings eine wertvolle Garantie: Erstmals seit acht Jahrzehnten haben die Kobold-Vertreter einen Gebietsschutz. Das heißt, dass in Scherwats Gebiet mit 6000 Haushalten und 250 Stammkunden auch nur Beraterin Scherwat verkaufen darf.

„So können sich die Mitarbeiter etwas aufbauen und eine Kundenbindung schaffen. Das sehe ich als wichtigstes Element unserer neuen Vertriebsstruktur“, sagt Mehrer. Denn noch im vergangenen Jahr konnte es passieren, dass bei jedem Besuch bereits ein anderer Kobold-Vertreter vor der Tür stand. Warum das so war, will heute niemand mehr so recht erklären.

Anja Scherwat ist die Neuerung nur recht. Denn sie glaubt daran, dass die persönliche Betreuung ihrer Stammkunden weitgehend konkurrenzlos ist. Und so zieht Scherwat mit ihrem Vertreterinnenkoffer durch Solingen. Kaltakquise. Sie lächelt und sagt, wie zur eigenen Motivation: „Man weiß nie, was im nächsten Moment passiert.“

Und tatsächlich lässt sie nach kurzer Zeit jemand ein. Als sie sagt, dass sie von Vorwerk komme, meint der Mann trocken: „Ich weiß.“ Sie war halt schon öfter hier. Nur bisher ohne Erfolg. Jetzt bietet er ihr sogar einen Cappuccino an. Der erste Erfolg des neuen Vertriebssystems? Hier geht doch was!

Anzeige

Immerhin weiß Scherwat, dass der Mann eine andere Staubsauger-Marke nutzt, dass aber seine Schwiegermutter und eine Tante seit vielen Jahren zum Kobold-Fanklub gehören. Das Gesprächsthema beim Cappuccino ist schnell gefunden: der weiße Hund des Hauses, den jeder im Viertel – und auch die Vorwerk-Frau – kannte.

Er starb im Herbst, ein Foto von ihm steht auf der Vitrine. Im Gespräch sagt der potenzielle Kunde plötzlich den Satz, den die Frau, die ihm jetzt einen Staubsauger verkaufen will, nun gerade nicht hören wollte: „Sie wollen mir doch jetzt keinen Staubsauger verkaufen?“ Eine Sekunde lang herrscht Stille. Doch dann nimmt Scherwat diesen Spruch wie ein Boxer einen linken Haken. Charmant lächelnd geht sie zum Gegenangriff über.

Aus ihrem Koffer holt sie, was sie braucht, um aus diesem Nicht-Kunden erst einen Interessierten und dann einen Käufer zu machen: den Kobold und einen Stapel vorwerkgrüne Staubtücher. Die Staubtuch-Show, die sie jetzt abziehen wird, hat noch fast jeden beeindruckt, der glaubt, in einer sauberen Wohnung zu leben. Scherwat wird ihn, ohne vorwurfsvoll zu wirken, eines Besseren belehren.

Wollen Sie mal Milben sehen?

Sie fängt ganz harmlos an. Statt des Beutels hängt sie eines dieser Tücher in den Staubsauger. Scherwat fährt damit über den hochflorigen Teppich in Beige. „Nehmen Sie mal“, fordert sie den Mann auf und drückt ihm den Kobold in die Hand. „Sie werden staunen, wie leicht das geht. Er passt sich nämlich der Teppichdicke an.“

Der Bewohner tut, wie ihm geheißen, und staunt, wie angekündigt, wie leicht das geht. Dann kommt Scherwat zum Ergebnis und präsentiert das Beweistuch aus dem Staubsauger: Nur an den Rändern ist es noch vorwerkgrün, in der Mitte hat sich eine fast filzartige Substanz in dunklem Beige gebildet, versetzt mit Sandkörnern.

Aus den Tiefen der Teppichstruktur hat der Kobold sogar noch ein dickes, weißes Haar gefördert, das wohl einst zum Fell des verblichenen Vierbeiners gehörte.

Erwartungsvoll und siegessicher schaut Scherwat ihr Gegenüber an: „Hätten Sie das gedacht?“ fragt sie den Mann, der schon jetzt die leicht schuldbewusste und ein wenig gebeugte Körperhaltung einnimmt, die er bis zum Ende ihrer Versuchsanordnungen in seinem Wohnzimmer nicht mehr ändern wird. Sein Hinweis, dass es sich bei dem beigefarbenen Teppich schon um ein sehr altes Exemplar handele, das ohnehin bald ausgetauscht werden solle, beeindruckt Scherwat nicht.

Jetzt versucht er es mit Humor: „Den Schmutz haben Sie mitgebracht und in den Teppich gezaubert. Wahrscheinlich sind Sie früher als Zauberin in Las Vegas aufgetreten.“ Die Schmutzbändigerin lacht, während sie schon ihr nächstes Kunststück vorbereitet und die Bürste des Staubsaugers wechselt: „Wollen Sie mal Milben sehen?“, fragt sie und saugt kurz darauf, ohne die Antwort abzuwarten, das Sofa ab. Der Mann ahnt, was kommt und sagt – bereits bar jeder Hoffnung – halblaut: „Ich wollte ohnehin umziehen.“ Doch auf diese Ausflucht scheint Scherwat nur gewartet zu haben: „Aber in der neuen Wohnung möchten Sie es doch auch sauber haben“, sagt sie und präsentiert den Sofadreckbeweislappen: „Hier, das ist Milbenkot.“

Bald saugt sie mit der nächsten Bürste den Schmutz des düsteren Ölbildes an der Wand in den nächsten Lappen. Niemand würde sich wundern, wenn die Kraft des Koboldes unter der dunklen Landschaft mit Vollmond jetzt einen hellen, quietschbunten Keith-Haring-Druck hervorsaugen würde.

Anschließend folgt der Demo-Durchgang auf dem Parkett, und zum Schluss befördert Scherwats Kobold auch noch „Fettschmutz“, wie sie feststellt, aus den Tiefen der steinernen Bodenplatten im Flur ans Tageslicht. „Das holt der Staubsauger da alles raus“, gibt sie bekannt. Und er wundert sich: „Wie kann ein Steinboden denn Tiefe haben?“

Wer den Eindruck bekommt, hier wolle die Vertreterin dem potenziellen Kunden ein schlechtes Sauberkeitsgewissen quasi einsaugen, wird von Kobold-Vorstand Mehrer zurechtgewiesen: „Wir machen ein latentes Problem erst evident“, sagt Mehrer über die Arbeit seiner Außendienstkollegen.

Jedenfalls hat Scherwat ihre Schmutzbeweislappensammlung nach jedem Demonstrationsdurchgang ordentlich auf dem Boden angeordnet. Einen nach dem anderen. Wie erlegtes Wild nach einer Treibjagd liegen ihre Trophäen da. Dabei war der Widerstandswille des Bewohners spätestens nach dem Milbenexperiment gebrochen. Er ist bekehrt. Eigentlich will dieser Mann jetzt nur noch das eine: einen Vorwerk-Staubsauger.

Doch der ist teuer, zu teuer. 600 Euro in der Basisversion, mit ein paar Extras sind es schnell 800 Euro. Scherwat zieht jetzt ihren Joker, die 29-Euro-im-Monat-Finanzierung. „90 Prozent meiner Kunden machen das, vor allem die Jüngeren.“ Ältere zahlen lieber alles auf einmal, Ratenzahlung hat für sie etwas Unanständiges.

Doch der Bekehrte mit dem beigefarbenen Teppich und den Milben im Sofa kann sich noch nicht recht entschließen. So viel Geld! Außerdem funktioniert sein alter Staubsauger ja noch. Und überhaupt, der anstehende Umzug.

Doch dann macht der Mann ein Versprechen, das für eine Handelsvertreterin wie Anja Scherwat so etwas wie die halbe Miete ist: „Wenn ich einen neuen Staubsauger kaufen werde, dann einen Vorwerk. Und wenn es ein Vorwerk ist, dann einer von Frau Scherwat!“ Schönere Sätze als diese hat wohl nicht einmal die deutsche Fernsehwerbung jemals hervorgebracht.

Kollegen, die zu Millionären wurden

Wer es mit dem Job versuchen will, muss einen 13-wöchigen Vorbereitungskurs mitmachen. Warenkunde steht auf dem Stundenplan, aber auch die Kunst des Benehmens. Man will ja nicht mit aggressiven Drückerkolonnen verwechselt werden. Am Ende des Kobold-Kurses steht die Abschlussprüfung, danach ist frau oder man freier Handelsvertreter. Einschließlich der Freiheit, Arbeitszeit und -umfang selber zu wählen.

Diese Chance sollen Vertreter auch mal mit Dauerurlaub verwechselt haben – sie sind kläglich gescheitert. Andere sollen mit dem Kobold reich geworden sein. In der Organisation halten sich Gerüchte von Kollegen, die zu Millionären wurden. „So etwas gibt es tatsächlich“, behauptet Vorstand Mehrer, „aber es sind Ausnahmen.

Die meisten Handelsvertreter werden als Berufseinsteiger ab 35.000 Euro brutto im Jahr verdienen, alle anderen, die Vollzeit arbeiten – plus x“. Der Garantieverdienst ist nicht üppig, was zählt, ist die Provision. Auf der Jagd danach besucht Anja Scherwat jetzt einen Stammkunden-Haushalt. Sie hatte sich telefonisch angekündigt, und das Rentner-Ehepaar ist auf den Besuch vorbereitet.

Im Wohnzimmer des Einfamilienhauses stehen schon die beiden Geräte bereit: links der „Kobold 135“, der ausschließlich im Erdgeschoss eingesetzt wird, samt Ersatzbürste. Rechts daneben der schon etwas ältere „Tiger“ für die obere Etage. Zwischen beide Modelle drapiert: die Packung mit den Ersatz-Staubsaugerbeuteln. Das Serviceheft, in dem Frau Scherwat ihren Besuch protokollieren wird, liegt noch im Flur, neben dem Telefon.

Die Frage der Vorwerkfrau, ob bei den Geräten etwas aufgefallen sei, verneint das Ehepaar. Die Vertreterin baut trotzdem die Bürsten aus und macht sie sauber. „Wir hatten immer Vorwerk“, erzählt derweil der Hausherr. Und er habe nie ernsthaft überlegt, fürs Wohnzimmer einen Billig-Staubsauger zu kaufen. Einer ihrer früheren Kobolde, mittlerweile 15 oder 16 Jahre alt, versehe seinen Dienst bei der Tochter. Ein paar Minuten später hat Frau Scherwat Inspektion und Beutelwechsel beendet. Dann öffnet Scherwat ihren großen Rollenkoffer und sagt: „Wir haben etwas Neues. Ich erkläre Ihnen das mal.“

Sie zieht Plastiktüten hervor, die aussehen wie Gefrierbeutel mit einem Loch in der Mitte. In die kann man etwa die Winterkleidung hineinhängen und anschließend mit dem Kobold die Luft heraussaugen. Und im so entstandenen Vakuum „bleiben die Sachen dann trocken und können sehr platzsparend für den Sommer in den Schrank gehängt werden“.

Job erfordert gute Laune

Als keine Reaktion kommt, verweist die junge Frau darauf, dass sie selber zu Hause in diesen Vakuumtüten die Oberbetten für Gäste aufbewahre. Abermals Schweigen. Dann einigt sich die versammelte Gesellschaft immerhin darauf, dass diese Tüten ja mal eine richtig gute Idee seien. Mehr nicht. Also wird der große Garten thematisiert.

Und die Sache mit den ungebetenen Anrufen wegen dieser Telefonspiele. Derweil greift Kundenberaterin Scherwat abermals in ihren Koffer und präsentiert eine weitere Innovation: Duftplättchen, die sich vor den Staubsaugerbeutel stecken lassen. Damit es nicht müffelt.

Da die Kundschaft aber sofort mitteilt, „Bei uns riecht es nicht“, bricht Scherwat den Versuch ab, montiert aber noch eines dieser Plättchen. „Das schenke ich Ihnen“, sagt sie und kommt plötzlich – freundlich und ein wenig enkeltochterhaft, aber irgendwie auch gnadenlos – zu ihren Gefrierbeuteln für die Wintermäntel zurück: „Wäre das nichts für Sie? Eigentlich eine Supersache. Einfach mal ausprobieren.“

Und tatsächlich probieren sie es einfach mal aus, bestellen das Set aus drei Beuteln unterschiedlicher Größe für zwölf Euro. Beim nächsten Besuch wird Scherwat als Neuheit das Kobold-Zubehör präsentieren, mit dem man auch Fenster putzen kann.

Ob alle Stammkunden so sind wie diese? Oder nur diejenigen, die die Pressestelle aussucht? Diese jedenfalls wirken eher wie Mitglieder eines Vorwerk-Fanklubs und nicht wie der viel zitierte „hybride Verbraucher“, der dauernd die Marke wechselt, sobald es irgendwo irgendetwas irgendwie billiger gibt.

Nach einer halben Stunde steht Scherwat wieder auf der Straße. Zwölf Euro Umsatz durch den Besuch, das war nicht gerade das große Geschäft. „Abwarten“, sagt sie – und lächelt mal wieder. Sie habe eigentlich immer gute Laune, hatte sie zuvor gesagt. Die braucht man wahrscheinlich auch für diesen Job.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema