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Meinung Postbank-Verkauf

So wird Jain noch zum König der Deutschen Bank

Anshu Jain wechselte 1995 mit einem großen Team vom US-Brokerhaus Merrill Lynch zur Deutschen Bank. Dort arbeitete er sich rasch nach oben, bis er 2010 die alleinige Leitung des Investmentbankings übernahm. Zwei Jahre später wurde er Co-Vorstandschef neben Jürgen Fitschen Anshu Jain wechselte 1995 mit einem großen Team vom US-Brokerhaus Merrill Lynch zur Deutschen Bank. Dort arbeitete er sich rasch nach oben, bis er 2010 die alleinige Leitung des Investmentbankings übernahm. Zwei Jahre später wurde er Co-Vorstandschef neben Jürgen Fitschen
Anshu Jain wechselte 1995 mit einem großen Team vom US-Brokerhaus Merrill Lynch zur Deutschen Bank. Dort arbeitete er sich rasch nach oben, bis er 2010 die alleinige Leitung des In...vestmentbankings übernahm. Zwei Jahre später wurde er Co-Vorstandschef neben Jürgen Fitschen
Quelle: Bloomberg
Die neuen Pläne der Deutschen Bank sind noch kein Befreiungsschlag. Die Chefs haben zwar mehr Beinfreiheit – aber auch keine Ausreden mehr. Vor allem für Anshu Jain brechen entscheidende 18 Monate an.

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Dieses Wochenende muss etwas Befreiendes haben für Jürgen Fitschen und Anshu Jain. Monatelang diskutierte die Deutsche Bank über ihre neue Strategie, und dass die Debatte zu einem erheblichen Teil öffentlich ausgetragen wurde, verringerte den Stress für die Co-Chefs gewiss nicht.

Am Freitagabend stand schließlich eine Entscheidung, die ziemlich nah an dem dran ist, was sich Anshu Jain von Anfang an vorgestellt hatte. Es ist ein Erfolg für die Co-Chefs, aber dennoch kein Befreiungsschlag. Die Arbeit an der Neuausrichtung der Bank ist nicht abgeschlossen, im Gegenteil: Sie fängt gerade erst richtig an.

Goldman Sachs für Europa

Dabei wurde in und außerhalb der Bank durchaus von großen Würfen geträumt. Ein Modell sah vor, das Geldhaus aufzuspalten. Für das Privatkundengeschäft wäre diese Eigenständigkeit durchaus attraktiv gewesen, doch das Problem wäre der andere Teil der Bank gewesen: Die von Beobachtern ventilierte Vision, aus dem Großkundengeschäft der Deutschen Bank eine Art „Goldman Sachs Europas“ zu machen, war wenig realistisch.

Goldmans amerikanischer Heimatmarkt ist nun einmal deutlich lukrativer für eine Investmentbank als Europa. Obendrein ist die Deutsche Bank ausgerechnet in den Geschäftsfeldern stark, die eine große Bilanz erfordern.

Umso mehr braucht das Geldhaus eine stabile Refinanzierungsbasis. Und die bietet das Privatkundengeschäft. Anders ausgedrückt: Das Privatkundengeschäft könnte wahrscheinlich ohne das Investmentbanking, das Investmentbanking aber nicht ohne die Privatkunden.

Statt der radikalen Aufspaltung wählte man deshalb eine Strategie, die bei näherer Betrachtung ein Puzzlespiel aus vielen Einzelmaßnahmen ist. Ausgangspunkt waren zwei Probleme: Die Bilanz der Bank ist im Verhältnis zum Eigenkapital viel zu groß, um den Regulierern gefallen zu können. Und die Rendite bleibt nach wie vor hinter den selbst gesetzten Zielmarken zurück. Ziel war es also, die Bank so zu schrumpfen, dass es sie möglichst wenig Ertragskraft kostet, und zusätzlich noch Kosten einzusparen.

Noch ist die Postbank relativ wertlos

Wo aber ansetzen? Das Kapitalmarktgeschäft mit Großunternehmen und institutionellen Investoren gilt als Kern des Geschäftsmodells, außerdem vermutet man hier den größten Hebel, um die Gewinne in einem besseren Umfeld wieder deutlich zu steigern. Das Volumen der Geschäfte, die in dieser Sparte als entbehrlich gelten, ist zu gering, um allein für die nötige Schrumpfkur zu sorgen. Folglich fiel der Blick auf die Privatkundensparte – und hier vor allem auf die eher margenschwache Postbank.

Doch keiner dieser Schritte ist einfach. Die Entscheidungen alleine sind noch nicht viel wert, ihr Erfolg hängt davon ab, dass sie sauber umgesetzt werden. Für die Trennung von der Postbank müssen die eben erst mit der Deutschen Bank zusammengelegten Bereiche wieder auseinandergedröselt werden. Außerdem muss die Deutsche Bank die Aktien geschickt platzieren.

Das Kalkül: Ist die Bank erst einmal dekonsolidiert, also der Anteil der Deutschen Bank unter 50 Prozent gefallen, kann sich die unabhängige Postbank außerhalb des Konzerns mit seinen Kapitalrestriktionen viel besser entwickeln. Darin liegt Wertsteigerungspotenzial, das mit dem Verkauf der restlichen Aktien gehoben werden kann.

Ein Stellenabbau wird akzeptiert – sogar von Ver.di

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Der Bilanzabbau in der Investmentbank wiederum wird ein zähes Kleinklein, mit dem sich das Management schon seit Jahren plagt. Fortan wird es immer schwieriger, fallen doch immer ertragsreichere Geschäfte weg.

Auch die neue Sparrunde wird mühsam. Sie ist unvermeidlich, nachdem die Kostensenkungen der jüngeren Vergangenheit bereits wieder verpufft sind. Mitarbeiter der Deutschen Bank, die ein Ende des zähen Restrukturierungskurses herbeigesehnt haben, werden also enttäuscht werden.

Immerhin: Selbst die Gewerkschaft Ver.di räumt unumwunden ein, dass ein schlichtes „Weiter so“ keine ernsthafte Option war. Inzwischen ist auch die Politik so desinteressiert, dass sich sogar Filialschließungen ohne einen größeren Aufschrei durchsetzen lassen. Das macht es Jain und Fitschen leichter, rigoroser zu handeln.

Sie müssen keine Empörungswelle fürchten wie 2005 ihr Vorgänger Josef Ackermann, der in Zeiten von Rekordgewinnen einen Stellenabbau ankündigte. Auch die juristischen Altlasten dürften nach der 2,5-Milliarden-Dollar-Strafe für Zinsmanipulationen zu einem großen Teil ausgestanden sein, vorausgesetzt, es kommen nicht noch neue Details ans Licht.

Wie die Deutsche Bank Zinssätze manipulierte

Die Deutsche Bank muss im Skandal um die Libor-Zinssätze eine Rekordstrafe von 2,3 Milliarden Euro zahlen. Als Konsequenz wurden mehrere Angestellte entlassen.

Quelle: N24

Jain hat noch 18 Monate Zeit

All das verschafft den beiden Co-Chefs mehr Beinfreiheit. Das heißt aber auch: Es gibt jetzt keine Ausreden mehr.

Die Strategie-Entscheidung mildert einige der größten Probleme der Bank ab, die endgültige Lösung ist sie aber noch lange nicht. Über den Erfolg entscheiden letztlich zwei Fragen: Gelingt es dem Vorstand im zweiten Anlauf, die viel zu hohen Kosten der Bank nachhaltig zu senken? Und geht endlich das Kalkül auf, im Investmentbanking Marktanteile zu erobern, wenn sich immer mehr Konkurrenten aus dem Geschäft zurückziehen?

Der Vertrag von Co-Chef Fitschen läuft in zwei Jahren aus. Spätestens ein halbes Jahr vorher wird es eine Antwort darauf geben müssen, wie die Bankspitze danach aussehen soll.

Über die Zukunft von Anshu Jain an der Spitze der Deutschen Bank entscheiden deshalb die nächsten 18 Monate. Nur wenn bis dahin klare Erfolge sichtbar werden, wird er sich halten können. Denn nur dann wird man ihm glauben, dass er die Bank zukunftsfähig machen kann.

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