WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Wirtschaft
  3. US-Versandhändler: Bei Amazon darf man sogar auf die Toilette gehen

Wirtschaft US-Versandhändler

Bei Amazon darf man sogar auf die Toilette gehen

Amazon-Mitarbeiter berichten auf Twitter nun von zwei halbstündigen Pausen während ihrer Zehn-Stunden-Schicht Amazon-Mitarbeiter berichten auf Twitter nun von zwei halbstündigen Pausen während ihrer Zehn-Stunden-Schicht
Amazon-Mitarbeiter berichten auf Twitter nun von zwei halbstündigen Pausen während ihrer Zehn-Stunden-Schicht
Quelle: pa/Thomas Frey/d
Geringer Lohn, Knochenarbeit, Überwachung: Immer wieder werden Vorwürfe gegen den Online-Riesen Amazon laut. Das Unternehmen gibt nun Mitarbeitern Geld, damit sie wohlwollend über Amazon reden.

Amazon bezahlt Mitarbeiter dafür, dass sie auf Twitter für ihre Jobs werben. Die sogenannten Botschafter sollen rund um die Uhr auf kritische Tweets reagieren und schreiben, wie zufrieden sie bei dem Online-Versandhändler sind.

Amazon wird bald Tausende Saisonarbeiter einstellen müssen, die im hektischen Weihnachtsgeschäft Pakete packen sollen. Arbeitsmarktexperten zufolge können negative Tweets potenzielle neue Mitarbeiter abschrecken, die während der derzeit starken Konjunktur auch andere Jobmöglichkeiten haben.

Die Luftzirkulation sei „sehr gut“, twittert zum Beispiel eine Nutzerin namens Shauntrelle, die nach Angaben von Amazon früher im Verpackungslager in Jacksonville in Florida Pakete gepackt hat. Zudem gebe es zwei halbstündige Pausen während der Zehn-Stunden-Schicht, schreibt sie weiter und nennt das einen „Vorteil“.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Twitter
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.

Andere Nutzer glauben ihren fröhlichen Botschaften nicht und halten sie für einen Bot. Shauntrelle antwortet auch ihnen, sogar mit Tippfehler: „Wir sind total noraml und keine Bots, und wir sind total glücklich, für eine großartige Firma arbeiten zu dürfen.“

Botschafter versichern, auf die Toilette gehen zu dürfen

Tweets wie diese sind Teil von Amazons Strategie, gegen Negativschlagzeilen und Onlinegerüchte über schlechte Arbeitsbedingungen in seinen Lagern vorzugehen. „Es ist wichtig, dass wir Menschen erfolgreich über die tatsächliche Ausstattung und Situation in unseren Logistikzentren aufklären“, heißt es vonseiten des Unternehmens.

So versichern die Botschafter, während der Arbeit auf die Toilette gehen zu dürfen und genug zu verdienen, um ihre Rechnungen zu zahlen. Einige verteidigen auch Gründer und Chef Jeff Bezos: „Mr. Bezos zahlt mir ein sehr komfortables Gehalt“, schreibt einer unter einen Tweet, in dem die Löhne bei Amazon mit Bezos’ Milliarden verglichen werden.

Wie viele Mitarbeiter zu Amazons Botschaftern zählen, teilt das Unternehmen nicht mit. Auch für ein Interview zeigte sich Amazon nicht bereit, erklärte aber, dass die genannten Zitate echt seien. Die Twitterkonten sehen alle gleich aus: Sie wurden im August eingerichtet und verwenden im Kopf der Seite das lächelnde Logo von Amazon. Einige haben weniger als 20 Follower. Sie geben zwar an, dass sie Botschafter für Amazon sind, nennen aber nur ihren Vornamen.

Ob die Mitarbeiter echt sind, lässt sich nicht herausfinden

Die Nachrichtenagentur AP konnte die Namen nicht verifizieren und auch die Nutzer nicht kontaktieren. Laut Amazon sind die Botschafter weder fiktiv, noch wird ihnen gesagt, was sie schreiben sollen.

Amazon hat seine Gründe, den eigenen Ruf im Netz aufpolieren zu wollen. Es mangelt wegen der guten Konjunktur an Arbeitskräften, die in den Verpackungslagern angestellt werden sollen. David Lewis von der Beratungsfirma OperationsInc sagt, potenzielle neue Mitarbeiter durchsuchten Twitter nach Informationen über Unternehmen, und ein positiver Tweet könne einen negativen „abmildern“.

Anzeige

Einige der Botschafter richten sich gezielt an einen besonders lauten Kritiker des Unternehmens, Bernie Sanders. Der US-Senator hat auf seinem Twitter-Account fast neun Millionen Follower. Regelmäßig weist er auf die Spanne zwischen dem durchschnittlichen Lohn bei Amazon und Bezos’ riesigem Vermögen hin.

Als ein Nutzer darauf zuletzt schrieb, die Mitarbeiter sollten sich in einer Gewerkschaft organisieren, antwortete einer der Botschafter: „Das Einzige, das ich organisieren muss, ist mein Kleiderschrank.“ In einer E-Mail erklärte Sanders dazu: „Wenn Amazon allen Mitarbeitern einen existenzsichernden Lohn zahlen und sie würdevoll behandeln würde, müssten sie nicht Dutzende Menschen dafür bezahlen, den ganzen Tag zu twittern.“

Wie viel verdient man bei Amazon?

Die Löhne bei Amazon hängen nach Angaben in den Ausschreibungen vom Standort ab. Der Einstiegslohn liegt in Austin im US-Staat Texas bei 10 Dollar (8,55 Euro) pro Stunde und bei 13,50 Dollar (11,54 Euro) in Robbinsville in New Jersey. Im Schnitt verdiente ein Mitarbeiter nach Angaben von Amazon im vergangenen Jahr 28.446 Dollar (24.316 Euro) – darin eingeschlossen Vollzeit-, Teilzeit- und temporäre Beschäftigungen.

Bezos bekommt dagegen fast 1,7 Millionen Dollar (1,5 Millionen Euro) im Jahr. Der größte Teil seines Vermögens ist an den Aktienwert von Amazon geknüpft: Sein 16-prozentiger Anteil am Unternehmen ist mehr als 150 Milliarden Dollar (128 Milliarden Euro) wert. „Als Amazon-Mitarbeiter kann ich euch sagen, dass ich Mr. Bezos niemals böse sein könnte“, schreibt ein Botschafter dazu auf Twitter.

Doch Tweets allein sollen es nicht richten: Die gekauften Nutzer wollen auch, dass Kritiker sich die Lagerhäuser selbst ansehen. Sie posten Links zu geführten Touren bei Amazon, die das Unternehmen seit einigen Jahren anbietet. „Schau doch mal, ob du eine Tour machen kannst“, antwortet Shauntrelle einem Nutzer. „Dann hast du vielleicht eine andere Meinung über das ,berühmt-berüchtigte‘ Amazon, von dem du da sprichst.“

An dieser Stelle finden Sie Inhalte von Drittanbietern
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.
AP/coh

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema