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Wissenschaft Klimawandel

Warme Flüsse und Trockenheit gefährden Kraftwerke

Kraftwerk Kraftwerk
Ein Umstieg auf nicht-fossile Energieträger kann den Klimawandel bremsen. Doch bis dahin müssen Kraftwerke mit möglichst kaltem Wasser gekühlt werden
Quelle: DPA/Patrick Pleul
In 20 Jahren müssen Kraftwerke an manchen Tagen gedrosselt oder ganz abgeschaltet werden: Sie laufen dann zu heiß. Schon deshalb raten Forscher zu erneuerbaren Energien und einem Umstieg auf Gaskraftwerke.

In den USA stammten 91 Prozent, in Europa 78 Prozent der Elektrizität aus Kraftwerken, die Kernenergie oder fossile Brennstoffe nutzen, schreiben Wissenschaftler im Journal "Nature Climate Change". Diese Kraftwerke seien von Kühlwasser aus der Umgebung abhängig – oft geliefert von Flüssen. Heiße, trockene Sommerphasen der vergangenen Jahre, in denen Kraftwerke in Europa und dem Südosten der USA heruntergefahren werden mussten, hätten bereits gezeigt, wie empfindlich die Stromversorgung auf den Klimawandel reagieren wird.

Schon in rund 20 Jahren würden sich die Tage häufen, an denen Kraftwerke gedrosselt oder abgeschaltet werden müssten, weil man sie nicht mehr ausreichend kühlen könne, warnen die Wissenschaftler. Der Grund seien zu hohe Wassertemperaturen der Flüsse und ein niedriger Wasserstand. Das hat ein internationales Forscherteam bei Modellrechnungen festgestellt.

Drei Sommer mit Erfahrung

Im Zeitraum von 2031 bis 2060 werde dies zu Einbußen in der Stromerzeugung von bis zu 19 Prozent in Europa und bis zu 16 Prozent in den USA führen. Die Wahrscheinlichkeit für Situationen, in denen einzelne Kraftwerke komplett abgeschaltet werden müssten, werde um das Dreifache steigen, berichten die Wissenschaftler, darunter auch Stefan Vögele vom Forschungszentrum Jülich, im Fachmagazin "Nature Climate Change".

Bei Wassertemperaturen von mehr als 23 Grad Celsius und zu niedrigen Wasserständen dürfen Kraftwerke in Europa aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nur noch begrenzte Mengen Kühlwasser aus Gewässern entnehmen oder einleiten. "Während der warmen, trockenen Sommer von 2003, 2006 und 2009 mussten mehrere Kraftwerke in Europa ihre Stromproduktion drosseln, weil ihnen Kühlwasser fehlte", sagen Michelle von Vliet von der Universität von Wageningen in den Niederlanden und ihre Kollegen. Als Folge seien die Strompreise in diesen Jahren deutlich gestiegen.

Nach den Ergebnissen der Forscher wird so etwas in Zukunft häufiger passieren. Denn die Wassertemperatur der Flüsse in Europa könnte bis 2040 um rund ein Grad und bis 2080 um rund 2,3 Grad ansteigen, wenn es keinen nennenswerten technologischen Wandel gibt. Besonders stark betroffen wäre unter anderem die Donau. Sommerliche Perioden niedriger Wasserstände könnten bis 2040 um rund 15 Prozent zunehmen, bis 2080 sogar um 23 Prozent.

Drosseln um mehr als die Hälfte

Für die Stromerzeugung hätte dies Konsequenzen: "Die Wahrscheinlichkeit, dass die Kraftwerkskapazität um mehr als 50 Prozent gedrosselt werden muss, steigt bis 2040 um den Faktor 1,4", erklären die Forscher. Drosselungen um mehr als 90 Prozent könnten sogar um fast das Dreifache häufiger vorkommen. Denn extreme Klimabedingungen wie beispielsweise Hitzewellen sollen laut Klimaprognosen in Zukunft überproportional stärker zunehmen.

Von diesen Klimafolgen seien besonders die Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke in Süd- und Südwesteuropa betroffen, sagen die Forscher. Aber auch Kraftwerke mit einem einfachen Kühlkreislauf ohne zusätzliche Kühleinrichtungen und ohne Recycling ihres Kühlwassers seien besonders anfällig.

"Angesichts dieser Prognosen sollten schon heute Strategien zur Anpassung an diese Bedingungen geplant werden", empfehlen die Wissenschaftler. Eine Möglichkeit wären erneuerbare Energien, da diese meist nicht auf Kühlwasser angewiesen sind und ein Umstieg auf nicht-fossile Energieträger den Klimawandel bremse.

Berechnungen für 35 Kraftwerke

Auch ein Umstieg auf Gaskraftwerke mit höherer Effizienz könne die Klimaanfälligkeit der Stromproduktion senken, meinen die Wissenschaftler. Denn Gaskraftwerke benötigen weniger Kühlwasser zur Stromerzeugung als Kohle- und Atomkraftwerke.

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Für ihre Studie hatten die Forscher Wassertemperaturen und Pegel der größeren Flüsse in Europa und den USA anhand zweier Klimaszenarien des Weltklimarats IPCC kalkuliert. Der erste Szenario geht von einem langsamen, uneinheitlichen technologischen Wandel aus, während das zweite Szenario eine starke Zunahme der erneuerbaren Energien und der Nachhaltigkeit simuliert.

Für 35 Kraftwerke in Europa und 61 in den USA berechneten die Forscher, wie häufig Bedingungen eintreten, bei denen die Produktion gedrosselt werden muss. Diese Berechnungen führten sie für den Zeitraum 2031 bis 2060 und 2071 bis 2090 durch.

dapd/dpa/cl

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