Trotz einer ganzen Reihe von Schutzgesetzen sterben immer mehr Haie an Fangleinen und in Fischernetzen. Eine aktuelle Datenrecherche der University of California in Santa Barbara zeigt: In der Zeit, in der diese Regeln eingeführt wurden, zwischen 2012 und 2019, ist die Zahl der durch gezielte Jagd oder als Beifang ums Leben gekommenen Haie nicht gesunken. Sie ist gestiegen: von 76 Millionen auf 80 Millionen Tiere.
Mehr als 30 Prozent der Haie zählen nun zu gefährdeten Arten. Zwar haben viele Länder das sogenannte Shark-Finning, das Abtrennen der Haiflossen, verboten. Doch das hat der im Fachblatt „Science“ veröffentlichten Studie zufolge nicht dazu geführt, dass weniger Haie gefischt werden, sondern dass die Fischer inzwischen auch den restlichen Haikörper verwerten.
„In den letzten zwei Jahrzehnten wurden Haie zunehmend als die am stärksten bedrohten Wildtiere der Welt anerkannt und daher einer strengeren wissenschaftlichen und behördlichen Prüfung unterzogen“, schreibt die Forschungsgruppe um Boris Worm von der kanadischen Dalhousie University. Zahlreiche Länder haben Gesetze zum Schutz von Haien erlassen, doch bisher ist nicht überprüft worden, ob sie auch wirksam sind.
Das Team analysierte verfügbare Daten zu Haifängen und deren Regulierung, die von einzelnen Fischereien, Ländern und regionalen Fischereimanagement-Organisationen gemeldet werden, aus insgesamt 150 fischenden Nationen. Diese Daten ergänzten sie um Interviews mit Haifang-Experten, um schließlich Weltkarten zur Bedrohung von Haien zu erstellen.
Als Hauptursache für den Anstieg der Anzahl getöteter Haie haben die Fischkundler den insgesamt gestiegenen Umfang des Fischfangs ausgemacht. Sie haben auch herausgefunden, welche Art von Regeln tatsächlich helfen, wie Co-Autorin Darcy Bradley von der University of California erklärt: „Vollständige Verbote des Haifangs durch das Ausweisen von Schutzgebieten könnten erfolgreich sein.“
Die Wissenschaftler verzeichneten auch gegenläufige Trends: Bei der Hochseefischerei nahm die Menge der getöteten Haie um sieben Prozent ab – vermutlich, weil Fischereikonzerne sich um Öko-Label bemühen. Dagegen stieg die Zahl in der küstennahen Fischerei, den 200-Meilen-Zonen der einzelnen Länder, um vier Prozent.
Allein um Indonesien herum sind im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2019 jedes Jahr mehr als 15 Millionen Haie getötet worden. Nimmt man die toten Haie in den 200-Meilen-Zonen der Länder Malaysia, Brasilien, Mexiko, Mauretanien und Somalia hinzu, dann sorgt die Fischerei dieser sechs Staaten für 50 Prozent aller weltweit getöteten Haie.
Haiflossen als Delikatesse
Besonders in Asien gelten Haiflossen als Delikatessen, weshalb den gefangenen Tieren früher oft nur die Flossen abgeschnitten werden. Dann wird der Rest des Körpers, der noch lebende Fisch, über Bord geworfen. „Wir zeigen, dass eine weitverbreitete Gesetzgebung zur Verhinderung des Finnings von Haien zwar erfolgreich gegen diese verschwenderische Praxis vorgegangen ist, aber die Sterblichkeit insgesamt nicht gesenkt hat“, wird Worm in einer Mitteilung der US-amerikanischen University of California zitiert.
Stattdessen gelange immer häufiger anderes Haifleisch auf den Markt – oftmals falsch etikettiert, sodass die Konsumenten nicht einmal wüssten, dass sie Hai essen, betont die Forschungsgruppe.