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Wissenschaft Anatomie

Im Kino blinzeln die Menschen synchron

Auge Auge
Quelle: pa/CHROMORANGE / Christian Schnalzg
Während einer Minute ist der Mensch durchschnittlich sechs Sekunden blind. Durch das Blinzeln wird die Hornhaut in den Augen mit Tränenflüssigkeit benetzt. Obwohl das Blinzeln ein Reflex ist, deutet neue Forschung aus Japan darauf hin, dass teils der menschliche Wille bestimmt, wie oft und wann man blinzelt.

Alle paar Sekunden sind wir für einen kurzen „Augenblick“ blind. Wir schließen unbewusst die Augen, um die Hornhaut mit Tränenflüssigkeit zu benetzen. Dieser Lidreflex tritt im Durchschnitt 24,6 Mal pro Minute auf, allerdings mit einer großen Schwankungsbreite von 16,4. Das heißt, auch 8,2 Mal und 41 Mal Blinzeln pro Minute ist völlig normal. Wie häufig jemand blinzelt, hängt von seiner Aufmerksamkeit ab, und nicht alle Menschen reagieren nach demselben Muster. Erstaunlicherweise blinzeln aber Personen, die die gleiche Filmszene betrachten, synchron.


Entsprechende Experimente machten Tamami Nakano und Mitarbeiter von der Universität Tokio. In den „Proceedings B“ berichten die Forscher, dass der Lidreflex unterdrückt wird, wenn visuelle Aufmerksamkeit gefordert ist. So weiß man, dass Menschen auch beim Lesen regelmäßig die Augen schließen. Das geschieht aber nicht wahllos, sondern immer wenn ein Punkt oder ein anderes Satzzeichen erscheint, wenn also auch inhaltlich eine Pause kommt.


Vergleichbares geschieht beim Betrachten eines interessanten Films. Die Japaner machten mit 14 Versuchspersonen jeweils drei Experimente. Sie spielten den Probanden eine knapp vier Minuten lange Sequenz aus einem Film mit Rowan Atkinson vor, dem Darsteller in der britischen Comedy-Serie „Mr. Bean“. Im zweiten Experiment sahen die Versuchsteilnehmer eine Filmsequenz mit Landschaftsaufnahmen, im dritten wurde ihnen aus einem Hörbuch eines „Harry Potter“-Romans vorgelesen.


Beim Betrachten von „Mr. Bean“ betrug die durchschnittliche Blinzelrate aller Versuchsteilnehmer 16,6 Mal pro Minute. Bei den Landschaftsbildern blinzelten sie 20 Mal und beim Anhören des Romans 26,3 Mal. Nur der von aktiver Handlung getriebene „Mr. Bean“ senkte die Blinzelrate deutlich unter den Durchschnittswert. Auch im Roman wird Handlung geschildert, aber das Zuhören erfordert ebenso wenig visuelle Aufmerksamkeit wie ein Landschaftsfilm, und deshalb darf beliebig geblinzelt werden.


Einigen Versuchsteilnehmern spielten die Experimentatoren den „Mr. Bean“-Film mehrmals vor. Dabei traten die Lidreflexe in fast 50 Prozent aller Fälle an denselben Stellen im Film auf. Noch bemerkenswerter war, dass etwa ein Drittel aller Versuchspersonen die Augen an denselben Stellen im Film schloss. Solche Synchronisationen fehlten beim Landschaftsfilm und beim Lauschen zu Harry Potter.


Offenbar kontrolliert unser Gehirn selbstständig den gezeigten Handlungsablauf und sucht aktiv nach einem Zeitpunkt, an dem durch den Lidreflex so wenig wie möglich an optischer Information verloren geht. Dieser Zeitpunkt ist aber nur selten an das Ende einer Filmszene gebunden. Vielmehr liegt er häufig mitten in einer Szene, wenn der Handlungsablauf weniger Aufmerksamkeit erfordert, wenn also der Hauptdarsteller aus dem Bild geht oder wenn eine kurze Aktion abgeschlossen ist.


Durch den Lidreflex ist ein Mensch während einer Minute im Durchschnitt sechs Sekunden lang blind, rechnen die Japaner vor. Es erscheint daher plausibel, dass unser Gehirn einen Mechanismus besitzt, der den Informationsverlust während dieser sechs Sekunden möglichst gering hält.

gps

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