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Natur & Umwelt Amazonas-Regenwald

Pro Stunde wurden 526 Fußballfelder abgeholzt

Satellitenaufnahmen des tropischen Regenwaldes der Amazonasregion dokumentieren die Rodung: Eine frühere Auswertung der Bilder hatte bereits gezeigt, dass die vernichteten oder geschädigten Urwaldflächen größer sind als von offizieller Seite angegeben Satellitenaufnahmen des tropischen Regenwaldes der Amazonasregion dokumentieren die Rodung: Eine frühere Auswertung der Bilder hatte bereits gezeigt, dass die vernichteten oder geschädigten Urwaldflächen größer sind als von offizieller Seite angegeben
Satellitenaufnahmen dokumentieren die Rodung: Große Teile de Amazonas Regenwaldgebietes (grün) sind bereits abgeholzt (rot). Schätzungen zufolge sind bis zu 17 Prozent des weltweit...en Handels mit Holz illegal.
Quelle: pa
Trotz des Rückgangs der Zerstörung verheert die Holzmafia den Regenwald unerbittlich weiter. Eine Fläche doppelt so groß wie Deutschland wurde in den letzten 40 Jahren gerodet – mit fatalen Folgen.

Wer über den Amazonas-Regenwald spricht, der muss über erschreckende Zahlen reden. Allein in Brasilien wurde in den vergangenen 40 Jahren eine Fläche abgeholzt, die mit 763.000 Quadratkilometer über zweimal so groß ist wie Deutschland.

Plastischer ausgedrückt: Pro Stunde wurden 526 Fußballfelder abgeholzt. Oder noch anders: Über 2000 Bäume gingen vier Jahrzehnte lang jede Minute zu Boden. Bereits heute würde eine Reduzierung der Abholzung auf „Null“ nicht mehr reichen, um die essenzielle Klima-Rolle des Ökosystems zu garantieren, warnen Forscher.

Die Zahlen sind Teil der vom Netzwerk ARA in Auftrag gegebenen Studie „Klimatische Zukunft des Amazonas“, die der Wissenschaftler Antonio Donato Nobre vom brasilianischen Nationalen Institut für Raumfahrtforschung (INPE) vorstellte.

Dazu wurden etwa 200 Studien und wissenschaftliche Artikel über die Klima-Rolle des Ökosystems ausgewertet. Der Amazonas ist der größte zusammenhängende tropische Regenwald der Welt. Die Forscher bezeichnen ihn als „grünen Ozean“.

Dampf-Geysire aus Holz

Die Baumriesen und die üppige Vegetation befeuchten die Luftströme hoch über dem Regenwalddach, sie helfen bei der Regenbildung, speichern Kohlenstoff und produzieren Sauerstoff. Zudem ziehen die Bäume im Amazonasbecken Wasser aus der Erde und „schwitzen“ es wie Dampf-Geysire aus Holz wieder aus.

„20 Milliarden Tonnen Wasser werden so pro Tag transpiriert. Um eine Vorstellung zu bekommen: Das Wasservolumen, das aus dem Amazonas-Fluss täglich in den Atlantik fließt, liegt bei etwas mehr als 17 Milliarden Tonnen“, erläutern die Forscher in der Studie.

Wie illegale Abholzung den Regenwald zerstört

Sie wollen wachrütteln: Ein Video von Greenpeace zeigt, wie rücksichtslos der Amazonas-Regenwald von der Holzindustrie ausgebeutet wird. Besonders dramatisch scheint die Lage in Brasilien.

Quelle: Zoomin.TV

Rolle und Bedeutung des Amazonas-Beckens als „grüne Lunge der Erde“ sind eigentlich hinlänglich bekannt. Trotz der anerkannten Erfolge der brasilianischen Regierung beim Waldschutz schrumpft der Regenwald aber weiter, wenn auch mit verminderter Geschwindigkeit.

Waren es 2004 noch 27.772 Quadratkilometer, die in Brasilien zerstört wurden, lag diese Quote 2011/2012 „nur“ noch bei 4571 Quadratkilometern. „Brasilien verdient Anerkennung dafür, dass es diese Reduzierung erreicht hat“, loben die Wissenschaftler in der Studie. Doch sie machen klar, dass „egal zu welchen Kosten“ ein absoluter Stopp notwendig ist und mehr noch. Es muss wiederaufgeforstet werden.

Grenzüberschreitende Waldzerstörung

Das ist auch eine multilaterale Aufgabe, denn die verbliebenen rund 6,9 Millionen Quadratkilometer Amazonas-Regenwald erstrecken sich über neun Länder: Bolivien, Brasilien, Kolumbien, Peru, Ecuador, Surinam, Venezuela, Guyana und Französisch-Guyana. „Es gibt eine grenzüberschreitende Waldzerstörung“, gibt Claudio Maretti, der für die Umweltstiftung WWF die „Iniciativa Amazônia Viva“ leitet, zu bedenken.

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Oft werde die Abholzung durch unkoordinierte Aktionen der einzelnen Länder begünstigt. „Was wir brauchen ist eine integrierte Politik und abgestimmte Aktionen“, so Maretti.

Polizei verhaftet Bande von Regenwaldzerstörern

Der brasilianischen Polizei ist es gelungen, eine Gruppe Umweltverbrecher festzunehmen. Die Bande soll hauptverantwortlich sein für illegale Abholzungen im Amazonasgebiet im Wert von 220 Millionen Dollar.

Quelle: Zoomin.TV

Ausdrücklich lobt er den Erfolg Brasiliens, die Abholzungsrate binnen zehn Jahren um 80 Prozent gedrückt zu haben. Damit sei in dem Zeitraum der weltweit bedeutendste Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen gelungen.

Allerdings habe Brasilien nicht alles getan, was es hätte tun können. „Wir fordern „Zero Desmatamento“ (Null-Abholzung), und das schon bis 2020. Das ist möglich und wirtschaftlich machbar“, sagte Maretti.

Zu viele Schlupflöcher

Auch wenn die Umweltschutzbestimmungen in Brasilien hart sind, es gibt zu viele Schlupflöcher, die das illegale Abholzen und das Verschiffen wertvoller Hölzer nach Übersee ermöglichen. Die Abholzungsrate stieg 2012/2013 wieder um 29 Prozent auf 5981 Quadratkilometer an.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace dokumentierte die Machenschaften der Holzmafia im Bundesstaat Pará, traditionell einer der Regionen mit der höchsten Waldzerstörungsrate.

Greenpeace-Aktivisten statteten die schweren Transport-Lkw heimlich mit GPS-Sendern aus und verfolgten deren illegale Fahrten zu den Sägewerken. Zur „Legalisierung“ der Transporte in die USA oder in EU-Staaten dienen gefälschte Papiere, die in Brasilien nicht schwer zu bekommen sind. Oft werden laut Greenpeace auch Genehmigungen für legalen Holzeinschlag nicht genutzt und stattdessen für illegale Holzlieferungen zweckentfremdet.

Zwar gibt es auch in der EU scharfe Gesetze, die illegalen Holzhandel ahnden. Doch sei da eben nur der „Erstinverkehrbringer“ haftbar. Sollte das Holz also etwa auf dem Seeweg in den Niederlanden ankommen, dort aber nicht konfisziert werden, kann es auch auf dem deutschen Markt landen.

„Es bleibt abzuwarten, ob die Behörden tätig werden oder illegalen Holzhandel weiter als Bagatelle missachten“, so Greenpeace.

dpa/oc

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