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Kommentar zu Bankpleiten Europäische Einlagensicherung – ein fauler Deal?

Bundesfinanzminister Olaf Scholz ist beim Thema europäische Einlagensicherung eingeknickt, meint unser Gastautor Lüder Gerken.
27.11.2019, 19:52 Uhr
Lesedauer: 2 Min
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Von Lüder Gerken

Wenn eine Bank in Konkurs geht, verlieren die Sparer ihre Ersparnisse. Daher gibt es die Einlagensicherung: Banken müssen in einen Topf einzahlen, aus dem die Sparer mit bis zu 100 000 Euro entschädigt werden. Sie ist bislang national: Wenn eine italienische Bank pleitegeht, muss die italienische Einlagensicherung zahlen, aber nicht die deutsche. Seit Jahren will die EU-Kommission das ändern. Begründung: Zum Binnenmarkt gehört auch die Kapitalverkehrsfreiheit, deutsche Banken dürfen in Italien Geschäfte machen, zyprische in Frankreich. Dafür benötigt man EU-einheitliche Vorschriften. Sonst könnten Banken eines Landes dank laxer nationaler Vorschriften Wettbewerbsvorteile haben. Daher gab es in den letzten Jahren viele sinnvolle Harmonisierungen von Vorschriften. Ein weißer Fleck ist allerdings die Einlagensicherung.

2015 schlug die EU-Kommission eine gemeinsame Einlagensicherung für die Euro-Staaten vor. Deutschland und andere Staaten leisteten bislang vehement Widerstand. Begründung: Die Einlagensicherung der deutschen Sparer soll nicht bei einem Konkurs einer südeuropäischen Bank zahlen müssen. Andersherum würde das zwar auch gelten – aber nur theoretisch. Denn in Südeuropa ist das Risiko von Bankpleiten viel größer: Der Anteil ausfallgefährdeter Kredite liegt in Italien bei acht Prozent, in Zypern bei 19 Prozent, in Griechenland bei 39 Prozent, in Deutschland dagegen nur bei gut einem Prozent. Daher war die deutsche Devise: Zuerst müssen die Südländer ihre faulen Kredite abbauen, danach kann man über eine europäische Einlagensicherung verhandeln. Diese Position hat Olaf Scholz aufgegeben. Er will im Paket über beides gleichzeitig verhandeln. Warum dieser Sinneswandel? Bei Verhandlungen werden immer Kompromisse gemacht, oft auch faule.

In Berlin wird gesagt: Scholz will das Image des Blockierers loswerden und den Schwarzen Peter auf die Südländer abschieben. Nach dem Motto: Der Abbau der faulen Kredite wird dort ja doch nicht gelingen. In Brüssel hört man eine ganz andere Erklärung: Deutschland hat mit der Nord-LB eine marode Bank. Sie soll mit Staatsmilliarden gerettet werden. Das muss die EU-Kommission genehmigen. Ob die Nord-LB die strengen Bedingungen für eine Genehmigung erfüllt, ist mehr als zweifelhaft. Der Deal: Deutschland gibt seine Blockade bei der Einlagensicherung auf, und Brüssel drückt bei der Rettung der Nord-LB beide Augen zu. Wenige Tage nach Scholz‘ Vorschlag für Paketverhandlungen wurde bekannt, die EU-Kommission werde die Staatshilfen für die Nord-LB genehmigen. Noch Fragen?

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Zur Person

Unser Gastautor

ist Vorsitzender der Stiftung Ordnungspolitik und des Centrums für Europäische Politik (cep) in Freiburg im Breisgau. Der Ökonom ist in Bremen geboren.

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