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Ausstellung „Gehölz“ im Syker Vorwerk eröffnet / Schau läuft noch bis zum 15. Juni Eine der ältesten Formen plastischer Ausdrucksmöglichkeit

Syke. Im Syker Vorwerk, Zentrum für zeitgenössische Kunst, geht es zur Zeit etwas „hölzern“ zu, denn in allen Räumen werden Werke zeitgenössischer Holzbildhauerei gezeigt. So trägt auch die gestern eröffnete Ausstellung den Titel „Gehölz“.
14.04.2014, 00:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Von Dorit Schlemermeyer

Im Syker Vorwerk, Zentrum für zeitgenössische Kunst, geht es zur Zeit etwas „hölzern“ zu, denn in allen Räumen werden Werke zeitgenössischer Holzbildhauerei gezeigt. So trägt auch die gestern eröffnete Ausstellung den Titel „Gehölz“. Bis zum 15. Juni stellen Ulrike Goelner, Klaus Hack, Reinhard Osiander, Ilka Rautenstrauch und Lothar Seruset ihre Werke im Syker Vorwerk aus. Solange können die Besucher die Ausdruckskraft und Vielseitigkeit der Arbeiten erleben.

„Holz spielt im Leben des Menschen seit jeher eine hervorgehobene Rolle. Die Bildhauerei in Holz ist eine der ältesten Formen der plastischen Ausdrucksmöglichkeiten, die wir kennen“, sagt Nicole Giese, künstlerische Leiterin des Vorwerks. Ihre Entwicklung reiche von der Steinzeit über die großen Holzschnitzer bedeutender Altäre bis ins 20. Jahrhundert zu Ernst Barlach. Die künstlerische Leiterin des Vorwerks blickt sich mit sichtbarem Stolz in den Räumen um, denn für die neue Ausstellung konnten renommierte Künstler gewonnen werden. „Seit dem Symposium 2011 kenne ich Reinhard Osiander. Wir hatten zusammen die Idee für diese Ausstellung“, sagt Nicole Giese.

Wer das Erdgeschoss des Zentrums für zeitgenössische Kunst betritt, bekommt sozusagen die Vorstellungsrunde der Künstler präsentiert, denn dort sind die Werke aller ausgestellt. In der oberen Etage dagegen hat jeder seinen eigenen Raum, ein Umstand, welcher der Individualität der Künstler Rechnung trägt. So bei Reinhard Osiander. Der Bremer Künstler ist in Syke kein Unbekannter mehr, sein großer Holzhirsch im Friedeholz oder die Bock springenden Kinder am Kreismuseum kennen viele Kunstinteressierte. In seinem Raum trifft der Betrachter auf lebensgroße Kinderfiguren aus Holz – in Winterkleidung, mit Mützen und Schals ausgestattet. Sie sind so gruppiert, dass sie sich an einer einzelnen Jungenfigur orientieren, die mit Abstand vor ihnen steht, vielleicht in einem imaginären Tor. Auf dem Boden, natürlich auch aus Holz, grau, weiß und hellblau kolorierte Flächen. Die Szene scheint seltsam vertraut und erinnert nicht von ungefähr an Eishockey spielende Jungen auf dem Dorfweiher. Das herzliche Wiedererkennen indessen bleibt aus, zu schemenhaft sind ihre Gesichter, zu fremd ist ihre Körperhaltung, zu deutlich die Werkspuren.

Wirft der Ausstellungsbesucher durch die Tür einen Blick in den nächsten Raum, scheinen dort menschliche Skulpturen ihre Heimat gefunden zu haben. Nähert er sich aber diesen Figuren, nimmt er neben den menschlichen Attributen des Homo sapiens verstörende Details war. So scheinen beispielsweise einige seltsam verknöcherte, ja schon reptilienähnliche Wirbelsäulen, zu haben. Ihre Ohren sind im unteren Drittel des Kopfes zu finden, einigen fehlen sogar die Extremitäten. Andere sind zwar vorherrschend männlich, aber mit deutlich weiblichen Attributen wie einer Brust ausgestattet. Die wächserne Blässe ihrer Holzhaut ist wunderbar glatt gearbeitet, alle haben Augen in unterschiedlichen Farben. Wer allerdings versucht, in Blickkontakt zu treten, wird dabei versagen, denn diese Augen lassen keine Nähe zu, sie wenden sich irgendwo in den Raum, mal zur Seite, mal nach unten. So muten die Figuren von Ilka Rautenstrauch wie Besucher aus einer anderen Welt an.

Das Wechselspiel zwischen vertraut und fremd, zwischen scheinbarem Wiedererkennen und Verwirrung über den Kontext, ist auch in den Arbeiten von Lothar Seruset zu finden. So zeigt ein Werk im Obergeschoss des Syker Vorwerks ein gelbes Auto, was sich darüber und darunter offenbart, ist eine künstlerische Sichtweise, die dem heutigen „Auto-Fetischismus“ empfindlich entgegensteht. Auch bei der Darstellung eines Wolkenkratzers mit einem aus der Seite herausragenden Flugzeug geht der Künstler in seiner Darstellung weiter als die Realität.

Die Werke von Klaus Hack zeigen einen weiteren Aspekt des Schwerpunktes der Ausstellung. Und der liegt in der figürlichen Darstellung. Hack hat zwar Figuren geschaffen, doch diese haben so viele architektonische Elemente, dass der Begriff Figur die Dimension nicht erfasst, vielmehr scheint der Betrachter durch zahllose Fenster in Gebäude und durch sie hindurch zu blicken.

„Am abstraktesten arbeitet Ulrike Goelner“, hatte Nicole Giese noch in ihrer Einführung erläutert. Wer den Raum von Goelner betritt, kann dies nur bestätigen. Ihre aus Eiche und Esche gearbeiteten Werke dokumentieren am anschaulichsten die Schönheit von Holz. Die Ausführung der vollendeten Linien, wie beim Werk „Wellenband“, zeigen die lebendige Fülle des Materials, scheinen seine Schwingungen durch den Raum zu schicken und wie beim Werk „Flow“ sogar sein verletztes Inneres preis zu geben.

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