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Erste Arbeitsniederlegung seit 21 Jahren bei ZF in Dielingen – Betriebsrat ist zufrieden

Hunderte streiken für mehr Lohn

Stemwede-Dielingen (WB). Etwa 900 bis 1000 Mitglieder der Belegschaft von ZF Friedrichshafen haben sich am Mittwoch am Warnstreik der IG Metall am Standort Dielingen beteiligt. Aufgerufen dazu hatte die Gewerkschaft aus dem Bezirk Nienburg-Stadthagen.

Michael Nichau

Erster Warnstreik bei ZF in Dielingen seit 1996: Etwa 900 bis 1000 Belegschaftsmitglieder sind mit Fahnen und Trillerpfeifen vor die Werkstore gezogen, um den Forderungen der Gewerkschaft IG-Metall nach 6 Prozent mehr Lohn und flexibler Arbeitszeitverkürzung Nachdruck zu verleihen.
Erster Warnstreik bei ZF in Dielingen seit 1996: Etwa 900 bis 1000 Belegschaftsmitglieder sind mit Fahnen und Trillerpfeifen vor die Werkstore gezogen, um den Forderungen der Gewerkschaft IG-Metall nach 6 Prozent mehr Lohn und flexibler Arbeitszeitverkürzung Nachdruck zu verleihen. Foto: Michael Nichau

Zum ersten Mal seit 21 Jahren sind die Arbeiter und Angestellten des Automobilzulieferers in Dielingen vor die Werkstore getreten, um ihren Forderungen nach sechs Prozent mehr Lohn und einer Flexibilisierung der Arbeitszeit in verschiedenen Situationen Nachdruck zu verleihen.

»Den letzten Warnstreik in den Standorten am Dümmer und in Stemwede hatte es 1996 gegeben«, berichtete Roland Schnabel, Vorsitzender des Betriebsrates in Dielingen und Mitglied des Betriebsrates im Gesamtkonzern. Danach sei ein Haustarifvertrag geschlossen worden, der sich an die Verhandlungen in der Fläche anlehnte. »Wir konnten uns aber nie an einem Streik beteiligen, weil wir dadurch zeitlich immer in der Friedenspflicht lagen«, erläuterte der Gewerkschafter.

2000 Beschäftigte am Dümmer

Etwa 2000 Beschäftigte (inklusive Auszubildende) gebe es insgesamt am Entwicklungsstandort Dielingen. »Hier sitzt der Hauptentwicklungsstandort für Pkw-Chassis und -Systeme weltweit«, sagte Schnabel. Er freute sich über die – aus seiner Sicht – hohe Beteiligung der Angestellten aus der Entwicklung. »Es sind viele Ingenieure mit dabei, die heute hier Flagge zeigen«, meinte er. Angesichts der Schichtarbeit am Standort wertete er die große Zahl der Streikenden als Erfolg.

Sabrina Wirth, erste Bevollmächtigte der IG Metall Nienburg-Stadthagen, hielt die Rede vor den Streikenden und erläuterte die Forderungen der Gewerkschaft, denen die Arbeitgeber bislang nicht ansatzweise folgen wollten:

»Sechs Prozent mehr Lohn und mögliche Arbeitzeitverkürzungen auf bis zu 28 Stunden« , sagte sie. Die prozentuale Forderung sei leicht zu verstehen. Detaillierter sei die Forderung nach der Arbeitszeitverkürzung aufzuschlüsseln.

Keine generelle Forderung

»Wir fordern nicht generell, die Arbeitszeit auf 28 Stunden über zwei Jahre zu reduzieren. Das kann in einigen Fällen sinnvoll sein, aber in der Masse der Fälle wünschen sich etwa 35 Prozent der Frauen eine Flexibilisierung über zwei oder drei Monate, eine Entlastung bei der Arbeitszeit, wenn sie – etwa wegen Kindererziehung oder Pflege – benötigt wird.«

In solchen Härtefällen wünsche man sich, die Arbeitszeit vorübergehend reduzieren zu können. »Gleichzeitig würden wir uns hier die finanzielle Beteiligung der Arbeitgeber wünschen«, sagte Wirth. Anders sei dies bei den langfristigen Reduzierungen: »Diese sind sinnvoll, wenn etwa ältere Arbeitnehmer den Anforderungen des Schichtbetriebs nicht mehr gewachsen sind. Dann könnte man die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich reduzieren und damit – angesichts der Schichtarbeitszeiten – weitere freie Tage zur Erholung schaffen«, erläuterte sie den Sinn der Forderung.

Kritik am Warnstreik

ZF-Sprecherin Nicole Weber sah die Aktion aus einem anderen Blickwinkel: »Warnstreiks und Arbeitsniederlegungen gefährden die Wirtschaftskraft der deutschen Automobilindustrie, die ihren größten Umbruch erlebt und massiv in Zukunftstechnologien investiert. Zugleich muss sie den Wandel der Arbeitswelt durch die Digitalisierung bewältigen. Es ist nicht zielführend, jetzt Druck auf Verhandlungen zu machen, die noch gar nicht richtig begonnen haben, denn solche Aktionen schädigen am Ende alle in unserer Industrie: Zulieferer, Hersteller, Verbraucher und auch die Mitarbeiter«, sagt sie.

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