Christoph Müller und sein Team stießen bei der Datenrecherche vor einem Jahr noch auf viele Indizien dafür, dass die Unternehmen „unter wirtschaftlichen Problemen leiden“. Coronalockdowns, Gaspreisexplosion, Lieferengpässe, Inflation belasteten. 2022 hat sich die Lage gebessert. „Viele Weltmarktführer weisen wieder steigende Umsatzzahlen auf“, konstatiert Müller.
Müller lehrt an der Universität St. Gallen, genauer: an der HBM Unternehmerschule, die zur Executive School of Management, Technology & Law der Universität gehört. Er hat die wissenschaftliche Federführung bei der Erstellung des Weltmarktführer-Index, dessen Mitglieder Sie auf den folgenden Seiten finden. Kooperationspartner ist die Akademie Deutscher Weltmarktführer, geleitet vom ehemaligen baden-württembergischen Wirtschaftsminister Walter Döring. Als Grundlage dient eine Datenbank mit zurzeit rund 1300 Einträgen potenzieller Weltmarktführer. Aus dieser werden die aktuellen Indexmitglieder gefiltert, nach strengen Kriterien .
Prominentester Neuzugang ist Panzergetriebebauer Renk, der gerade an die Börse ging. Weitere Neulinge: AKE Knebel (Feinwerkzeuge), Bindemittelproduzent Alberdingk Boley und Westland Industrie, die Walzen für die Druckindustrie herstellen. Nicht mehr dabei sind vor allem Unternehmen, die aufgekauft wurden, allen voran Netzwerkausrüster Adva, den sich der US-Glasfaserspezialist Adtran schnappte. Mehrere Unternehmen verließen die Liste, weil sie nicht mehr alle Größen – oder Internationalitätskriterien – erfüllen, unter anderem Cobus Industries, die Flughafenbusse bauen, Eisenbahnkranbauer Kirow Ardelt und Bierhefespezialist Leiber. Thomas Meyer, Anbieter von Maschinenmessern, bleibt indirekt auf der Weltmarktführer-Liste: Er wurde von Werkzeuganbieter Groz-Beckert übernommen, auch ein Weltmarktführer. Ein Trost: Nicht jeder Mittelständler wird ins Ausland verkauft.
Die Methode
Um es auf die Liste der Weltmarktführer zu schaffen, müssen Unternehmen eine Reihe strenger Kriterien erfüllen. Die Liste der Weltmarktführer wird jährlich von der Universität Sankt Gallen im Spätsommer erstellt. Ein Weltmarktführer muss beim Umsatz weltweit die Nummer eins oder zwei in mindestens einem relevanten Marktsegment sein (nicht in allen seinen Geschäftsbereichen). Gibt es keine Daten über ein Marktsegment, befragt Studienautor Christoph Müller die Unternehmen nach möglichen Rivalen und vergleicht sie mit diesen. Der Jahresumsatz – Untergrenze: 50 Millionen Euro – muss mindestens zu 50 Prozent im Ausland und auf drei Kontinenten erzielt werden. Die Eigentümer müssen zumindest zum Teil ihren Sitz in Deutschland haben.
Müller zieht offizielle Zahlen heran: Bei börsennotierten Unternehmen die neuesten Jahresabschlüsse, bei allen anderen in der Regel die Jahresabschlüsse aus dem Bundesanzeiger. In Einzelfällen findet eine Direkterhebung beim Unternehmen statt. Einige Unternehmen veröffentlichen im Bundesanzeiger statt eines Konzernabschlusses nur Einzelabschlüsse. In solchen Fällen werden die Daten aus dem zentralen GmbH-Abschluss herangezogen. Die Zahlen in der Tabelle umfassen dann nicht alle Tochtergesellschaften. So können Differenzen zu den von Unternehmen auf ihren Webseiten veröffentlichten Daten zustande kommen.
Dieser Artikel entstammt unserem Sonderheft. Alles über die 450 heimlichen Weltmarktführer lesen Sie hier.
