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Meerkatzen lernen durch Abgucken

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Meerkatzen lernen durch ihre Artgenossen.
Meerkatzen lernen durch ihre Artgenossen. © dpa

Washington - „Wenn du in Rom bist, mach was die Römer machen“, sagt ein Sprichwort. Viele Reisende halten sich daran, indem sie zum Beispiel in fernen Ländern das essen, was auch die Einheimischen bevorzugen. Affen verhalten sich ganz ähnlich, fanden Forscher heraus.

Beim Fressen beobachten die kleinen Affen, was die anderen bevorzugen und greifen dann auch zu dieser Kost - selbst wenn das ihren bisherigen Vorlieben widerspricht. Das berichtet ein internationales Forscherteam im Fachblatt «Science». Ihre Studie zeige, dass Affen genau wie Menschen zu sozialem Lernen fähig sind.

Die Wissenschaftler um Erica van de Waal von der schottischen University of St Andrews (St Andrews/Großbritannien) hatten zwei Gruppen von Grünen Meerkatzen (Chlorocebus aethiops) im Freiland zwei Sorten von Mais angeboten.

Eine war blau, die andere pink gefärbt. Mit einem Bitterstoff hatten sie jeweils eine der beiden Farbvarianten ungenießbar gemacht, so dass in einer Gruppe die blauen Körner ekelhaft schmeckten, in der anderen die pinkfarbenen. Nach drei Monaten rührten die Affen die jeweils schlecht schmeckende Variante ihrer Gruppe nicht mehr an.

Dann warteten die Forscher auf Nachwuchs und beobachteten, zu welchem Futter dieser griff. 26 von 27 Jungtieren fraßen ausschließlich die Körner, die vom Rest der Gruppe gefressen wurde. Manche setzten sich sogar auf die ungeliebten Körner drauf, um die begehrten zu fressen. Sie hatten die Vorliebe ihrer Mutter übernommen, schreiben die Forscher. Die einzige Ausnahme bildete das Jungtier eines Weibchens mit sehr niedrigem Rang. Dieses sei aufgrund ihrer geringen Stellung genötigt worden, vor den Augen ihres Nachwuchses auch die anderen Maiskörner zu fressen, erklären die Wissenschaftler.

Als nächstes beobachteten die Forscher, wie sich männliche Tiere verhielten, die während der Paarungszeit neu in die Gruppe kamen. Es zeigte sich, dass sich auch diese den lokalen Gepflogenheiten anpassten. Selbst wenn Affen zuvor gelernt hatten, eine bestimmte Farbvariante zu meiden, begannen sie, Mais dieser Farbe zu fressen, falls die Artgenossen ihrer neuen Umgebung das taten. Die einzige Ausnahme hier bildete ein Männchen, das sofort den obersten Rang in der neuen Gruppe übernahm und sich scheinbar deshalb nicht um das Verhalten der anderen kümmerte.

Die Tiere lernen also nicht, indem sie selbst ausprobieren, sondern indem sie ihre Artgenossen imitieren, folgern die Forscher. Sie handelten nach dem Motto: Wenn du unsicher bist, was zu tun ist, mach es wie die anderen. «Das ergibt Sinn in der Natur, wo das Wissen der Einheimischen oft der beste Hinweis auf ein optimales Verhalten in ihrer Umgebung ist», erklärte Mitautor Andrew Whiten.

Von einer ganz ähnlichen Art des sozialen Lernens berichtet ein weiteres Forscherteam der University of St Andrews in der gleichen Ausgabe von «Science». Es hatte festgestellt, dass Buckelwale ihre Jagdtechnik voneinander abgucken. Üblicherweise tauchen mehrere Buckelwale gemeinsam ab und stoßen Luftblasen aus, um ihre Beutefische zusammenzutreiben. Anfang der 1980er Jahre wurde dann ein Buckelwal bei einer neuen Jagdmethode beobachtet worden: Er schlug zuvor heftig mit der Schwanzflosse auf die Wasseroberfläche auf, um Fische zu irritieren und zusammenzutreiben. Mittlerweile jagten etwa 40 Prozent der dortigen Walpopulation mit der Schwanzschlag-Methode, berichten die Forscher.

Die beiden Studien zeigten, dass kulturelles Lernen kein bloßer Luxus ist, den sich Tiere ab und an leisten, sondern ein allgemeiner und verbreiteter Mechanismus, sich Verhalten anzueignen, schreibt der Verhaltensforscher Frans de Waal in einem Kommentar zu den Veröffentlichungen. Es sei wahrscheinlich, dass die Fähigkeit des Nachahmens die Überlebenswahrscheinlichkeit der Tiere beeinflusse.

dpa

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