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Zwei Künstlerinnen lassen es im Wewerka-Pavillon „nullen“ . . .

Vorstellungen einschleusen

Münster

Geheimnisvoll bewegen sich transparente Röhren auf und ab. Immer wieder. Was schließt sich, was öffnet sich da im Wewerka-Pavillon?

Gerhard H. Kock

Hui-Chen Yun und Yui Tombana (v.l.) zeigen im Wewerka-Pavillon ihre Arbeit „nullen“.
Hui-Chen Yun und Yui Tombana (v.l.) zeigen im Wewerka-Pavillon ihre Arbeit „nullen“. Foto: Gerhard H. Kock

Die münsterische Schleuse war eine Inspirationsquelle, Andrei Tarkowskis mystisch-philosophischer Science-Fiction-Klassiker „Stalker“ eine weitere. Und beides Mal geht es um dynamische Grenzen, Grenzen, die nicht aus- oder einschließen, sondern lediglich eine Zone fassen, in der es Möglichkeiten gibt. Solche Zonen bringen den Besucher auf einen Nullpunkt. Immer wieder. Das Verb „nullen“ bildet den Titel der gemeinsamen Arbeit von Hui-Chen Yun und Yui Tombana, die derzeit im Wewerka-Pavillon zu sehen ist.

In dem Ingenieurbauwerk Schleuse werden Schiffe in dieser „Zone“ von einem Niveau auf ein anderes gebracht, der Wasserspiegel ist gleichsam die Null-Linie. Im Film von Tarkowski ist die „Zone“ ein Gebiet rätselhafter Erscheinungen mit einem „Raum der Wünsche“. Was in der „Zone“ im Wewerka-Pavillon möglich ist, lassen Hui-Chen Yun aus Taiwan und Yui Tombana aus Japan offen.

An beiden Enden des gläsernen Gebäudes steht eine Konstruktion wie ein Rolladenkasten. Und es sind auch Rolladenmotoren, die tagsüber zwei Mal zwei transparente Röhren herunter- und wieder hinauffahren lassen. Die vier Acrylglasrohre (mittels Rucksackschnüren und -schnallen befestigt) sind mit ein wenig Wasser gefüllt. An beiden Seiten gleichzeitig senken und heben sich diese Schlagbäume langsam. Langsam genug, um in der Vorstellung zwischen sich einen Raum zu bilden.

Könnte die Konstruktion bis dahin ein abstraktes Spiel mit der Ästhetik der gläsernen Wewerka-Architektur sein, richten spätestens die beiden Füße (ein Abguss von je einem Fuß der Künstlerinnen) aus Bienenwachs die Deutung aus. Betreten oder nicht betreten, das ist hier die Frage. Die imaginäre Assoziationszelle kann zum Projektionsraum für Fantasien des Betrachters werden. Was ereignete sich in diesem vorgestellten Kubus, wenn er sich für neun Minuten schließt? Wird der Betrachter auf ein anderes Niveau gehoben, wie ein Schiff? Oder beschreitet er einen gefährlichen Weg zum „Raum der Wünsche“, wie im Tarkowski-Film? Und lässt sich ein Zustand überhaupt „nullen“?

Die Arbeit „nullen“ ist bis zum 20. Dezember im Wewerka-Pavillon am Aasee zu sehen. Die Röhren bewegen sich zwischen 11 und 18 Uhr.