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Tierrettung mit modernster Technik

Rehkitze vor dem Mähtod bewahren

Lienen

Die Rehkitz-Retter sind wieder mit Drohnen im Einsatz, um Tausende Jungtiere auf den Feldern vor dem Tod zu befahren. Ihren ersten Fund haben sie schon gemacht.

Ein Kitz sollte niemals mit der Hand, sondern mit Handschuhen oder frischem Gras gepackt werden.
Ein Kitz sollte niemals mit der Hand, sondern mit Handschuhen oder frischem Gras gepackt werden. Foto: Kitzrettung Tecklenburger Land

Am 1. Mai war es mal wieder so weit. Rehkitz-Retter Marc Gerseker aus Lienen und sein Team haben auf einem Feld das erste Kiz in diesem Jahr gesichtet. „90 bis 95 Prozent der Wildtiere findet man mit der Drohne“, berichtet Gerseker, der hauptberuflich Drohnenpilot ist und ein eigenes Unternehmen führt. Bei anderen Suchmaßnahmen, wie etwa bei einer Menschenkette, läge die Erfolgsquote nur bei etwa 50 bis 60 Prozent. 

Wann ist Rehkitz-Zeit?

Jedes Jahr von Ende April bis Ende Juni ist Rehkitz-Zeit. Weil in diesem Zeitraum die flauschigen Stubsnasen zur Welt kommen, bittet der ehrenamtliche Kitz-Retter Marc Gerseker darum, Hunde anzuleinen und die Waldwege möglichst nicht zu verlassen. Der frisch geborene Nachwuchs folgt der Mutter erst ab der vierten Lebenswoche und ihr Fluchtinstinkt ist auch noch nicht ausgeprägt.

In den ersten Tagen sitzen die Jungtiere in waldnahen Wiesen oder Feldern im hohen Gras. Damit die Rehkitze dort nicht der Grünlandmahd zum Opfer fallen, sind Marc Gerseker und seine Teams jedes Jahr, meist um den 21. April herum, im Einsatz, um die Jungtiere aufzuspüren. Ihr Einsatzgebiet erstreckt sich von Rheine bis Bielefeld und von Belm bis Münster. „Inzwischen können wir auf ein großes Netzwerk von etwa 25 Teams zurückgreifen, die auch über die Landesgrenzen hinweg, also beispielsweise im Bereich Lienen/Glandorf, agieren können“, erklärt der Kitz-Retter im WN-Gespräch.

Sobald Marc Gerseker ein Rehkitz mithilfe der Drohne und der Wärmebildkamera gefunden hat, kann es von den Helfern in Sicherheit gebracht werden.
Sobald Marc Gerseker ein Rehkitz mithilfe der Drohne und der Wärmebildkamera gefunden hat, kann es von den Helfern in Sicherheit gebracht werden. Foto: Kitzrettung Tecklenburger Land

Warum lassen Rehmütter ihre Kitze allein zurück?

Um ihren Nachwuchs zu schützen, lassen Rehmütter ihre Jungen oft stundenlang im Gras allein zurück und schauen nur kurz vorbei, um es zu säugen. Was im ersten Moment komisch erscheinen mag, hat durchaus Sinn: So verhindern die Muttertiere instinktiv, dass mögliche Feinde auf das Kitz aufmerksam werden.

Von Natur aus ist ein Rehkitz mit seinem gefleckten Fell perfekt getarnt und hat keinen Eigengeruch, da die Ricke (das weibliche Reh) diesen nach der Geburt abschleckt. Wer ein Jungtier findet, sollte keinesfalls davon ausgehen, dass es verwaist ist. Viel wahrscheinlicher ist es, dass die Mutter in der Nähe ist und früher oder später zum Säugen vorbeischaut.

Rehkitz gefunden: Was ist zu tun?

Immer wieder kommt es vor, dass Passanten Kitze finden und sie aus Unwissenheit berühren. Doch Anfassen ist genau das, was man nicht tun sollte, weil die Jungtiere dann den Geruch annehmen und von ihren Müttern nicht mehr gesäugt werden. „Ich habe in der vergangenen Saison fünf Kitze in Auffangstationen bringen müssen, genau aus diesem Grund“, ärgert sich Marc Gerseker.

Wer ein Rehkitz entdeckt, ist gut beraten, es möglichst nur aus großer Entfernung zu beobachten. Um sich zu vergewissern, ob die Rehmutter noch in der Nähe ist, benötigt es viel Geduld. Kehrt die Mutter jedoch auch nach Stunden nicht zum Jungtier zurück, sollte man das zuständige Forstamt, den Jäger oder die nächste Wildtierstation informieren und um Hilfe bitten und keinesfalls auf eigene Faust handeln. Das gilt auch für den Fall, wenn man ein verletztes Tier finden sollte.

Im vergangenen Jahr haben Marc Gerseker und sein Team 35 Einsätze bestritten und 244 Tiere vor dem sicheren Tod bewahrt. Da die Einsätze nicht günstig sind – allein eine Drohne mit Wärmebildkamera kostet schon mehrere Tausend Euro – ist der Liener auf Spenden angewiesen. Unterstützt wird er unter anderem von den Stützpfeilern.