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Leichtathletik: Spitzensportförderung

Hürdenläuferin Nürnberger pflichtet WM-Starter Bühler bei

Lüdinghausen

Hürden-Sprinter Matthias Bühler hat sich bei der WM in London über die fehlende finanzielle Unterstützung beklagt. Die Lüdinghauserin Laura Nürnberger pflichtet dem Hinderniskollegen bei. Ihr Medizinstudium und das Laufen unter einen Hut zu bekommen, sei fast unmöglich.

Florian Levenig

Vor zwei Jahren erreichte Laura Nürnberger (l.) bei der U 20-Europameisterschaft den Endlauf. Die finanzielle Förderung sei trotzdem zu vernachlässigen, so die B-Kader-Athletin.
Vor zwei Jahren erreichte Laura Nürnberger (l.) bei der U 20-Europameisterschaft den Endlauf. Die finanzielle Förderung sei trotzdem zu vernachlässigen, so die B-Kader-Athletin. Foto: privat

Die Hürden, die Laura Nürnberger auf der Stadionrunde überwindet, messen 76,20 Zentimeter. Ungleich höher – ja, schier unüberwindlich – sind die Hindernisse für das Leichtathletik-Ass aus Lüdinghausen, wenn es um die finanzielle Förderung geht.

In London, bei den Weltmeisterschaften, hat ein Interview mit Matthias Bühler, Hürdensprinter wie Nürnberger, für Aufsehen gesorgt. Darin beklagte sich der Deutsche 110-Meter-Meister über fehlende Gelder von Seiten der Verbände und der Sporthilfe. „Unterirdisch“ sei dieses System im Vergleich mit dem in den USA, wo den Athleten die bestmögliche finanzielle Unterstützung zuteil werde. Während er nur mit Ach und Krach sowie großzügigen Eltern über die Runden komme. Bühlers düstere Prognose: Irgendwann würden die Sportler abspringen, dann gehe die Leichtathletik hierzulande völlig zugrunde.

Laura Nürnberger

Nürnberger kann die Aussagen des Hürdenkollegen nur unterstreichen: „Tatsächlich hatte ich nach der verpassten Quali für die U 23-EM kurz mit dem Gedanken gespielt, die Laufschuhe an den Nagel zu hängen.“ Aufwand und Ertrag passten einfach kaum zueinander. Die 21-Jährige studiert in Essen Medizin, derzeit büffelt sie fürs Physikum. Morgens trainiert die junge Frau, die bei Union Lüdinghausen ausgebildet wurde, bei ihrem aktuellen Verein TV Gladbeck, anschließend geht’s direkt weiter zur Uni. Die nennt sich zwar Partnerhochschule des Spitzensports. Klausuren zu verschieben oder gar ein Urlaubssemester vor großen internationalen Meisterschaften einzulegen, gehe in ihrem speziellen Studienfach aber leider nicht. Vom Geld ganz zu schweigen.

Auch die Finanzhilfen von Bund und Verband seien vernachlässigenswert, so die DLV-B-Kader-Athletin. Besser werde es auch im Zuge der geplanten Leistungssportreform nicht, fürchtet die Steverstädterin: „Die größten Talente werden künftig von klein auf unterstützt, Ältere fallen durchs Raster. Dabei gibt es auch bei uns genügend Spätstarter.“

Dass Nürnberger trotzdem ihre Karriere auf der Tartanbahn fortsetzt, liege einerseits daran, dass ihr die jüngsten DM-Auftritte einen Schub gegeben hätten. In Erfurt drückte sie die persönliche Bestmarke gleich zwei Mal auf jetzt 58,10 Sekunden und gewann bei ihrer ersten Senioren-Meisterschaftsteilnahme auf Anhieb Silber.

Auch die stimmungsvollen TV-Bilder aus London haben sie schwer beeindruckt: „Ein Mal bei so einem Event starten zu dürfen, wäre ein Traum.“ Das nächste große Highlight, die EM 2018 in Berlin, komme für sie aber wohl zu früh, so realistisch ist die Lüdinghauserin: „Dafür müsste ich mich binnen eines Jahres um weitere eineinhalb Sekunden steigern.“ Immerhin: Nach dem Physikum, das weiß sie von Kommilitonen, sei das Studium nicht mehr ganz so zeitraubend.

Info: Optimale Förderung nur bei der Truppe

Die Unterstützung hochklassiger Athleten krankt hierzulande nicht nur in der Leichtathletik. Auch die Badminton-Asse des SC Union Lüdinghausen können ein Lied davon singen. „Finanziell überleben kann man praktisch nur, wenn man bei der Bundeswehr oder der Polizei unterkommt“, erklärt Josche Zurwonne. Um sein Fernziel – Olympia 2020 in Tokio – nicht aus den Augen zu verlieren, ist der 28-jährige Nationalspieler, der nächste Woche bei der WM in Glasgow im Doppel startet, just zur Truppe zurückgekehrt: „Aktuell bin ich dort am besten aufgehoben.“ Auf die Zeit nach der Badminton-Karriere werde man aber auch dort nicht hinreichend vorbereitet. Insofern sei eine Reform der Spitzensportförderung in Deutschland dringend geboten, so der gebürtige Steverstädter. flo