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Triesdorfer Gülletag

Neuste Gülletechnik: Gülle ausbringen ohne Dilemma

Arbeitsqualität beurteilen: Die vielen Praktiker wollten natürlich die diverse Gülletechnik im Praxiseinsatz sehen, wie ein Schleppschuhverteiler auf einer abgeernteten Feld .
Helmut Süß
Helmut Süß
am Dienstag, 30.05.2023 - 16:38

Beim Gülleausbringen soll der Landwirt auf viele Faktoren achten, die oft nicht unter einem Hut zu bringen sind – ein Dilemma. Beim Triesdorfer Gülletag wurde die neueste Gülletechnik und die Thematik organische Düngung in Vorträgen und Vorführungen eindrucksvoll gezeigt.

Gülle ist ein brisantes und immer noch aktuelles Themenfeld: Gülle stinkt. Der unangenehme Geruch stört viele Anwohner in der Nähe von gegüllten Flächen. Aber auch der Umwelt bzw. dem Klima „stinkts“. Denn die Gülle setzt vornehmlich vier mehr oder weniger stark klimaschädliche Gase frei: Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4), Ammoniak (NH3) und Schwefelwasserstoff (SH2). Aber die Pflanzen „lieben“ bzw. brauchen die in dem Wirtschaftsdünger enthaltene Nähstoffe. Damit diese Nährstoffe wie Stickstoff nicht in die Luft, sondern in den Boden an die Pflanzenwurzeln kommen, ist der Landwirt gesetzlich dazu verpflichtet, Gülle auf Ackerland schnell in den Boden einzuarbeiten oder direkt bei der Ausbringung in den Boden einzubringen.

Diverse Gülleprobleme im Grünland

Im Grünland schreibt die Düngeverordnung ab 2025 den Bauern die emissionsarmen bodennahen und streifenförmigen Techniken vor. Das „stinkt“ wieder vielen Landwirten vornehmlich im Allgäu und Oberland. Sie argumentieren, dass die teure Technik in kleinstrukturieren Gebieten nicht praktikabel sei und die sogenannten „Güllewürste“ das Futter verschmutzen, was wiederum den Kühen „stinkt“. Egal ob auf dem Feld oder Wiese bei der Ausbringung sollte auch „Güllewetter“ vorherrschen: Leichter Regen oder bedeckter Himmel, Temperatur nicht über 10 bis 15 Grad. Im besten Fall sorgen anschließende Niederschläge dafür, dass die Gülle in den Boden eingewaschen wird. Doch immer sollte auch auf Bodenschonung durch die schweren Verteilfahrzeuge geachtet werden, gerade bei nässeren Verhältnissen. Dabei hat der Landwirt ein immer engeres Zeitfenster zur Verfügung insbesondere im Frühjahr. Dann muss der Wirtschaftsdünger raus, auch wenn die Verhältnisse nicht optimal sind. Wie können diese vielschichtigen Dilemmas gelöst werden?

Neueste Forschung zum Thema Gülle wird in Triesdorf vorgestellt

Groß und klein: Bei der Technikvorführung in Triesdorf zur Ausbringung von Gülle und Gärrest kamen viele „rüsselartige“ Selbstfahrer mit diverser Schleppschuh- sowie Scheibenschlitztechnik zum Einsatz, aber auch „kleine Gülletechnik“.

Das Fachzentrum für Energie und Landtechnik Triesdorf hat sich in Sachen Gülle bzw. Gülleausbringung einen Namen weit über die Region hinaus gemacht. Nicht nur für Landwirte und Landtechnik-Hersteller hat sich der Triesdorfer Gülletag inzwischen als wichtiger Termin im Jahresverlauf etabliert. Denn seit über zehn Jahren versucht das Fachzentrum für Energie und Landtechnik Triesdorf mit ihrem Gülletagen mit einer Vielzahl von Fachvorträgen und anschaulichen Praxisdemonstrationen die Landwirte für dieses anrüchige Thema zu sensibilisieren und fachlich grundlegend zu informieren. Die Fachvorträge mit den Themen Forschung und Erprobung von NIRS-Technik sowie dem Projekt Säure+ oder auch welchen Einfluss haben Ausbringtechnik und Ansäuerung organischer Dünger folgen in einer der nächsten Wochenblattausgaben. Ebenso welche Perspektiven bietet die Trennung von Kot und Harn für Tierwohl, Emissionen und Nutzungseffizienz.

Dünngülle vermeidet „Güllewürste“ im Grünland

Franz Helmle vom Fachzentrum für Energie und Landtechnik Triesdorf, der auch für die Praxisvorführung zuständig ist, stellte aktuelle technische Neuerungen im Bereich organische Düngung vor z. B. wie man die „Güllewürste“ vermeiden oder zumindest verringern kann . Ein Großteil dieser „neuen Techniken“ kamen bei der Praxisdemonstrationen auch zum Einsatz.

Wie gut oder schlecht Gülle in den Boden eindringt bzw. ob Güllewürste überhaupt entstehen, hängt von der Gülleart und ihrem Trockensubstanzgehalt ab. Das Verdünnen der Gülle mit Wasser ist meist unwirtschaftlich, weil es mit höheren Transportmengen bzw. Kosten verbunden ist. Ein Alternative stellt das Separieren von Gülle dar. Solche sehr dünnflüssig Gülle kann dadurch viel schneller in den Boden eindringen und hinterlässt kaum TS-bedingte Güllewürste auf dem Boden bzw. an den Pflanzen. Auch die über eine Biogasanlage energetisch „veredelte“ Gülle, der ebenfalls dünnflüssigere Gärrest, lässt sich durch die Verteiltechniken besser bzw. leichter ausbringen (nicht so verstopfungsanfällig) und dringt besser in den Boden ein. Die aus Biogasanlagen stammende, vergorene Gülle hat im Vergleich zu Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft sehr viel weniger Geruch. Das liegt daran, dass die organischen Säuren und Gase während des Gärprozesses weitestgehend abgebaut werden.

Schleppschuhverteiler mit zwei Ausläufen

Gülle ausbringen: Zwei Schleppschuhverteiler im Einsatz am Feld

Aus dem ursprünglichen Schleppschlauch wurde der Schleppschuh speziell als bodennahe, streifenförmige Ausbringtechnik fürs Grünland entwickelt. Er sollte den mehr oder weniger kurzen Auswuchs zur Seite schieben und die Gülle direkt auf bzw. mit Kufen ausgestattet auch in die Grasnarbe bzw. den Boden einbringen. Doch bei dieser bodennahe Gülleausbringung argumentieren viel Grünlandbauern sie verursache Futterverschmutzung durch mithochwachsende „Güllewürsten“ im Grünland. Die Hersteller von Gülletechnik haben darauf reagiert und manche Hersteller wie Zunhammer und Fliegl bieten Schleppschuhverteiler mit zwei Ausgängen an (Duplex bzw. Duplo-Verteiler etc.), um die Gülleverteilung zu verbreitern bzw. Güllewürste zu verringen bzw. zu vermeiden.

Eine neu Art Gülle bodennah auszubringen

Gülle-bodennah-Güllewürste-Schleppfix_sü

Auch in der Schweiz waren Tüftler am Werk und haben ein einfaches, bedienungsfreundliches und verschleißarmes, bodennahes Gülleausbringsystem vor gut einem Jahr auf den Markt gebracht unter dem Markenname Schleppfix. Der Hauptunterschied zu den herkömmlichen Systemen auf dem Markt ist ein Gülleverteiler ohne Verteilkopf mit rotieren Bauteilen und ohne Ablaufschläuche. Ein weiterer großer Vorteil besteht in der hohen Ausbringleistung, die auch mit einem Vakuumkompressor erreicht wird. Diese bodennahe Gülleausbringung gibt es auch als Nachrüstlösungen für bestehende Technik. Schleppfix ist ohne die Ablaufschläuche, ohne rotierenden Verteilkopf ein neues bodennahes Ausbringungskonzept: Das weder ein klassischer Prallteller noch ein Schleppschuh im herkömmlichen Sinne ist. In der 9 m breiten Version wiegt der Verteiler rund 680 kg. Er wird mit einem pulverbeschichteten Anbaubock über ein Weiste-Dreieck am Güllefass montiert. Der Verteiler besteht aus zwei Teilen (drei Teile bei der 12 m Version), die sich über eine ausgeklügelte Kinematik für den Transport zur Seite klappen und auf dem Feld entsprechend ausfahren lassen. Der Verteiler selbst wird für den Transportmodus nach oben geklappt, sodass die Gülle ins System zurückfließen kann. Der Schleppfix Gülleverteiler wurde von der Brunner Spezialwerkstatt AG entwickelt und wird zu 100 % in der Schweiz gefertigt.

Mit der Hacke, Gülle im wachsenden Maisbestand ausbringen

Triesdorfer-Gülletag-Rohrverteiler

Und Gülle im wachsenden (Mais-)Bestand? Hier gibt es zwei Varianten: Gülle vorher bodennah ausbringen und später mit einer klassischen Hacke sowohl das Unkraut bekämpfen als auch den organischen Dünger einarbeiten. Es gibt allerdings schon Techniklösungen, die das in einem Gerät kombinieren. Ein sogenannte Gülle-Hacke leitet den organischen Dünger vom Fass zu den Hackelementen. So wird in einem Arbeitsgang Unkraut gehackt und die Gülle eingearbeitet.

Für Aufsehen bei den Besuchern und Ausstellern sorgte auch der ganz neue Rohrverteiler aus dem Allgäu.

Mit Ansäuerung die Emission drastisch reduzieren

Mit Ansäuerung die Emission drastisch reduzieren: Mit der Sondervorführung wurde die Ansäuerungstechnik demonstriert. Die im Fronttank befindliche Schwefelsäure wird in den auszubringenden Güllestrom zudosiert.

Auch die Sondervorführung bzw. Demonstration von Ansäuerungstechnik mit Messung von Ammoniakkonzentrationen in Echtzeit zuerst im Forum und dann auch auf dem Grünland war sehr eindrucksvoll. Durch die Zugabe von Säure sinkt der pH-Wert und mindert nachweislich Ammoniakemissionen. Mehr zu dem bundesweite Projekt MuD-SäurePlus, in dem auch die Triesdorfer Lehranstalten eingebunden sind in einer der nächsten Wochenblattausgaben.

Fazit vom Triesdorfer Gülletag

Seit 2010 treffen sich hier Hersteller sowie Experten aus Bayern und ganz Deutschland, sogar aus manchen Nachbarländern, um die aktuellen Themen und Entwicklungen sowie Techniken zur effizienten Verwertung organischer Dünger in die Praxis zu bringen. Dementsprechend groß war auch dieses Jahr wieder der Besucherandrang. Die Teilnehmerzahl musste aufgrund der räumlichen Kapazität des Forums auf rund 370 Fachbesucher begrenzt werden. Die vielen Praktiker wollten natürlich die diverse Gülletechnik im Praxiseinsatz sehen und selbst die Arbeitsqualität beurteilen.

Ein großes Maschinenaufgebot stand im Ausstellungsbereich und bei der Technikvorführung zur bodennahen Ausbringung von Gülle bzw. Gärrest mit Hilfe von Schleppschuh oder Scheibenschlitztechnik zur Verfügung. Dabei wurden neben bewährter Technik auch interessante Detaillösungen sowie Neuerungen vorgestellt. Im Praxiseinsatz waren diverse Schleppschuhverteiler, Gülle-Schlitz-Geräte sowie Verfahren zur gleichzeitigen Ausbringung und Einarbeitung der Gülle auf dem Acker. Ebenfalls gut angenommen wurde die Kontaktbörse in der Energiehalle mit verschiedenen Herstellern u. a. von Selbstfahrern, Fässern mit Schleppschuh, Lkw-Zubringern, Tankanhängern und Festmiststreuern sowie von Technik zur Gülleaufbereitung, z. B. Gülle-Separatoren. Der Triesdorfer Gülletag hat als Fachinformationsquelle sowie als Vorführ- und Fachausstellung das Thema organische Düngung sehr gut umgesetzt. Gülle effizient und emissionsarm auszubringen ist nicht nur technisch, sondern auch kostenaufwendig.

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