Lage an den Märkten: Leere Getreidelager und steigende Stimmung
Die Finanz- und Rohstoffmärkte reagieren mäßig auf die zunehmenden Unruhen. Weltweit werden Vorräte abgebaut. Auch die Agrarmärkte tragen zur Stabilität bei.
Trotz der weltweiten Krisen sind die Finanz- und Rohstoffmärkte vergleichsweise stabil und die Verluste halten sich an den Märkten in Grenzen. Der Rohölmarkt stieg nur leicht an. Die Mehrheit der Marktteilnehmer beurteilen die Versorgungslage mit Nahrungsmittel in den kommenden Monaten als gesichert. Der Preisrückgang vom Getreide über Ölsaaten bis hin zur Milch in den vergangenen Monaten ließ die Lebensmittelpreise stabilisieren und verlangsamte somit die Inflation. Jedoch können an vielen Ackerbaustandorten durch den Preisrückgang die Kosten trotz rückläufiger Dünger- und Futtermittelpreise nicht mehr gedeckt werden. Es gibt erste Anzeichen dafür, dass der Rückgang der Agrarpreise sein Ende finden könnte.
Im Oktober kamen aus vielen Ländern positive Nachrichten aus der Wirtschaft. China, USA und der EU-27 melden steigende Einzelhandelsumsätze. Die positiven Signale spiegeln sich an den Agrarmärkten wider. So haben die chinesischen Kaufaktivitäten für Getreide und Ölsaaten zu genommen. China hat bereits einige Schiffsladungen von ukrainischen Mais geordert. Gleichzeitig haben Russland und China bei dem Besuch von Putin in Peking einen mehrjährigen Vertrag über Getreidelieferungen abgeschlossen. Damit macht China mit beiden Kriegsparteien Geschäfte. Es ist nicht zu erwarten, dass Russland die Schiffsladung aus der Ukraine für China behindern wird. Chinas Einkaufsverhalten ist damit auch eine Art Kriegsdiplomatie.
Stimmung an den Exportmärkten erholt sich
Insgesamt hat sich die Stimmung an den Exportmärkten gehoben, allerdings ist das noch nicht in den EU-Exportstatistiken sichtbar. Die Getreideexporte lagen bis zum 15. Oktober mit 12,7 Mio. t um 2,8 Mio. t hinter dem Vorjahr zurück, was in erster Linie auf Weizen mit 2,6 Mio. t zurückzuführen ist. Auch die Importe sind mit 9,2 Mio. t (ggü. Vj.: – 1,7 Mio. t) niedriger. Trotz des schwachen Exportstartes erwartet der internationale Getreiderat, IGC in seinem Bericht vom Mitte Oktober für die EU-27 weiterhin eine Getreideexportmenge von 50 Mio. t (Vj.: 49 Mio. t).
Weltweit fallen die Getreidevorräte
Für Ölsaaten, vor allem für die Sojabohne, wird nach dem Dürrejahr in Argentinien für das laufende Vermarktungsjahr ein Anstieg der Vorräte um knapp 12 Mio. t erwartet. Es ist aber zu beachten, dass die Analysten bereits die südamerikanische Produktion berücksichtigen, die gerade ausgesät wird. Letztendlich hängt die Preisentwicklung der Sojabohne und des Ölsaatenmarktes von der Vegetationsentwicklung in Südamerika ab.
Jede Tonne Raps wird gebraucht
Die Statistik der EU-Kommission weist Kanada als Käufer für EU-Raps aus. Kanadische Händler sollen 65 000 t im Baltikum gekauft haben. Das größte Exportland für Raps kauft beim größten weltweiten Importeur für Raps. Der Hintergrund für diesen ungewöhnlichen Warenstrom sind die Preisverhältnisse am Markt. Europäischer Raps ist durch den Zustrom der ukrainischen Ware und Ware aus der australischen Rekordernte 22 im Vergleich zur kanadischen Ware sehr günstig. Insbesondere die ukrainischen Landwirte haben sich in diesem Jahr zur Liquiditätssicherung frühzeitig von der Ware getrennt. Im Gegensatz zur Vergangenheit kam die Ware per LKW oder Ganzzug und nicht über das Schwarze Meer. Dies verstärkte den Preisdruck in Deutschland, da der Preis für ukrainische Ware unter dem für heimischen Raps lag.
Die Ölmühlen in Europa arbeiten derzeit auf Hochtouren. Der aktuelle Druck auf dem Novemberraps mit Kursen von unter 400 €/t ist durch das Auslaufen der Kontraktes technisch bedingt und kann daher ignoriert werden. Das USDA erwartet einen Anstieg des EU-Verbrauchs um 300 000 t auf 25,2 Mio. t. Es wird daher auch in diesem Jahr jede Tonne Raps gebraucht. Die niedrigeren Ernten in Kanada (–1,2 Mio. t) und Australien (–3 Mio. t) werden nicht durch die höheren Ernten in der Ukraine (+0,7 Mio. t) und der EU-27 (+0,3 Mio. t) ausgeglichen werden können.