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Explosion der Energiepreise

Energiekosten: Bundesregierung zeigt Bauern die kalte Schulter

Stickstoff
Ulrich Graf
Ulrich Graf
am Mittwoch, 21.09.2022 - 16:54

Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber zeigt sich entsetzt darüber, dass die Bundesregierung die Landwirtschaft im Energiekostendämpfungsprogramm (EKDP) nicht berücksichtigt.

Gemüseanbau

Das Lebensmittelhandwerk muss von Energiepreisdämpfung profitieren, hieß es letzte Woche aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium. Ins Gespräch brachte Özedmir aber bislang nur Bäckereien, Metzgereien und Brauereien.

Von Land- und Forstwirtschaft sowie Gartenbau war bislang nicht die Rede. Auf Nachfragen aus der Wochenblatt-Redaktion verhielt sich das Bundeslandwirtschaftsministerium bislang ausweichend. Die einzige Schlussfolgerung, die sich daraus ableiten lässt ist, dass man den Agrarsektor nicht in das Energiedämpfungsprogramm aufnehmen will.

Auch auf der heutigen Regierungsbefragung im Bundestag (21.9.) wich der Bundeslandwirtschaftsminister Fragen zu diesem Thema aus. Er verwies dabei auf die unbürokratische Auszahlung der Anpassungshilfe von über 130 Mio. €. Insgesamt stehen hier 180 Mio. € zur Verfügung. Was Özdemir unter den Tisch fallen ließ: Milchviehhalter bekommen von dem Geld nichts ab. 

Kaniber fordert, Versorgungsketten nicht aufs Spiel zu setzen

Kaniber vor Mikro

Auf der Klausurtagung der CSU in Kloster Banz zeigte sich Kaniber entsetzt über die Absage der Bundesregierung. Wenn sie Landwirtschaft und Gartenbau nicht in das Energiekostendämpfungsprogramm aufnehme, so begehe die Bundesregierung einen fatalen Fehler. In der Pandemie seien die Landwirte noch als systemrelevant eingestuft worden, nun lasse die Ampelregierung in Berlin die Bauern bei der Bewältigung der Energiekrise allein. Das Wort des Bundeskanzlers ‚You’ll never walk alone“ gelte wohl für viele, aber nicht für Landwirte und Gartenbaubetriebe, die schließlich auch von stark gestiegenen Produktionskosten betroffen seien.

Vor allem der energieintensive Unterglas-Gartenbau stehe wegen der explodierenden Energie- und Rohstoffpreise wirtschaftlich enorm unter Druck. Gerade die kleinen und mittleren gärtnerischen Unternehmen stünden an der Grenze ihrer Belastbarkeit. „In der Corona-Krise waren sie noch Partner in der regionalen Versorgung und nun riskiert die Bundesregierung Betriebsaufgaben und den Verlust der regionalen Selbstversorgung", äußert sich Kaniber. Mit dieser Politik werde Deutschland auch bei Lebensmitteln von Importen abhängig und lande am Ende genau da, wo Deutschland im Energiebereich gerade leidvolle Erfahrungen machen müsse, so die bayerische Landwirtschaftsministerin.

Landwirtschaftsministerin stellt Urteilsvermögen des Bundes in Frage

Schon bei der Beurteilung einer möglichen Gasmangellage habe der Bund völlig falsche Schlüsse gezogen. Dass der Gartenbausektor nur gering betroffen sei, die Bevölkerung mit Obst- und Gemüse ja auch aus dem benachbarten Ausland versorgt werden könne, seien unverständliche Annahmen. „Offensichtlich sieht die Ampelkoalition die Zukunft der deutschen Nahrungsmittelversorgung in einer wachsenden Abhängigkeit von ausländischen Erzeugern, in weiten Lieferwegen und dem Import von Nahrungsmitteln", wirft sie der Regierung vor. Und setzt noch eins ober drauf: "Wenn die Gartenbau-Betriebe Ihre Gewächshäuser schließen müssen, dann machen Sie nie mehr auf! Denn wenn Gewächshäuser im nächsten Winter nicht geheizt werden können, dann drohen Schäden an den Konstruktionen und der Zusammenbruch der gesamten Anbauflächen.“ Und davon betroffen wären nicht nur die wärmebedürftigen Kulturen im Gewächshaus, sondern auch der Freilandanbau. Denn auch der Salat, der im Frühjahr auf den Feldern wächst, wird vorher in einem Gewächshaus vorgezogen.

Die Ampel müsse deshalb ihren Kurs dringend ändern. Sie müsse schleunigst bei weiteren Entlastungspaketen auch die Belange der Erzeuger unserer regionalen Lebensmittel berücksichtigens so die Forderung der Agrarministerin.