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Veranstaltung

Pferdeherbst - Keine Angst vor großen Tieren

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Externer Autor
am Dienstag, 30.10.2018 - 15:31

Der Pferdeherbst in Tirol lockte wieder Hunderte Besucher nach Mils

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Mils/Tirol Große Augen machten vor allem die kleinen Besucher beim Pferdeherbst in Mils – und so etwas wie Angst vor den großen Tieren war beim Reiternachwuchs überhaupt nicht zu spüren. Im Gegenteil: Sie bedachten „ihre“ Lieblinge großzügig mit Streicheleinheiten, was wiederum süße Erinnerungsfotos abgab. Und die Kulisse mit den majestätischen Berggipfeln und dem malerischen Kirchturm im Hintergrund tat ein Übriges, um die prächtigen Rösser auf der grünen Wiese am Ortsrand in besonders schönem Licht erscheinen zu lassen.

Der dritte Pferdeherbst in Mils zeigte einmal mehr, dass die „Faszination Pferd“ auch in Zeiten sozialer Netzwerke kaum gelitten hat. Jedenfalls lockten Schauvorführungen wieder hunderte von Besuchern in die Region Hall-Wattens, in der sich zwei Tage lang alles ums Pferd drehte. Krönender Abschluss war der Festumzug, an dem zahlreiche Gespanne aus allen Teilen Tirols und ganz Österreich teilnahmen.

Handel verlagert sich ins Internet

Zu sehen gab es zum überwiegenden Teil Pferde der Rasse Noriker. Vor allem Freizeitreiter zeigten an den Tieren Interesse, denen ein ruhiges und ausgeglichenes Wesen attestiert wird. Der Norikerzuchtverband Tirol zählt über 600 Mitglieder, die in 13 Vereinen organisiert sind. Allerdings fand im heurigen Jahr kein Pferdehandel statt, die Darbietungen konzentrierten sich vielmehr auf den weitläufigen Parcours. Wie man aus Händlerkreisen hörte, würde ein Teil des Pferdehandels inzwischen über die sozialen Netzwerke abgewickelt – „mit schönen Pferdefotos und einer kleine Geschichte dazu.“

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Im Mittelpunkt des Programms am Pferdehof Tiefenthaler standen also die Tiroler Norikerpferde mit all ihren Einsatzmöglichkeiten. An einem der zahlreichen Stände war beispielsweise Lisa Grießer aus Tobadill (Bezirk Landeck) anzutreffen, die für die Jungzüchter Werbung machte. Sie sei mit den Pferden aufgewachsen, erzählt sie: „Pferde gehörten bei uns am Betrieb immer dazu“, so Lisa Grießer, die sich auch im Noriker Jungzüchterclub engagiert. Derzeit stehen in Tiroler Ställen rund 470 Zuchtstuten und 15 Deckhengste.

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Aufgrund des großen Interesses im Vorjahr gab es auch heuer wieder sportliche Bewerbe, die für Kutscher und Reiter einige Herausforderungen darstellten. Ebenso gab es am Festgelände wieder Schauvorführungen sowie eine Präsentation von Norikerzuchtpferden. Der traditionelle Festumzug, bei dem die herausgeputzten Tiere am Milser Dorfplatz vorgestellt wurden, hat seinen Ursprung in Brauchtumsveranstaltungen wie dem Martini-, Leonhardi- oder dem Brixentaler Antlassritt. Beim Pferdeherbstumzug am Sonntag gab es neben historischen Kutschen wie zum Beispiel der ehemaligen Feuerwehrleiter der Feuerwehr Hall in Tirol auch geschmückte Personenkutschen und Reiterformationen zu sehen. Egal, ob Haflinger, Noriker, Huzule, Friese, Araber, Quarter Horse, Shetlandpony oder Tinker – beim Umzug war beinahe die ganze Pallette an Pferderassen zu bewundern. Dabei kamen die Pferdehalter aus Tirol, Salzburg, Südtirol und auch aus dem benachbarten Bayern voll auf ihre Kosten.

Die Nachfrage nach Norikern ist hoch

Christian Wild ist Obmann des Norikerzuchtverbandes Tirol und nach eigenen Worten ein leidenschaftlicher Pferdezüchter. Rund 40 Rösser hat er im Stall stehen, über mangelnde Nachfrage kann sich der Pferdeliebhaber nicht beschweren. Sehr viele seiner „ausgebildeten“ Vierbeiner gehen nach Deutschland. Gefragt seien im Prinzip alle Farben, wenngleich Tiger und Mohrenkopf eher selten seien und daher auch Spitzenpreise erzielten. Wild freut sich über das große Interesse am Pferdeherbst in Mils, der vom Team des gastgebenden Norikerzuchtvereins Innsbruck mit Außerfern auf die Beine gestellt wurde. Damit eine solche Veranstaltung gelingen kann, bedarf es „Pferdenarren“, wie sie unter vielen Landwirten zu finden sind.

Noriker zeichnen sich durch Ruhe aus

Eine der viel geschätzten Eigenschaften der Noriker-Rasse ist seine ausstrahlende Ruhe – selbst die Anwesenheit zappeliger Kinder macht die Pferde kaum nervös. Denn gerade in der Arbeit mit Kindern würden Grundeigenschaften der Kaltblut-Rasse zum Tragen kommen: Gutmütigkeit, Nervenstärke und Ausdauer. „Da kann ein Haflinger nicht mithalten“, wie ausgebildete Reitpädagogen versichern. Alles in allem sei der Noriker sehr anspruchslos. Er braucht nur einfaches Futter, und wenn er einige Tage nicht geritten wird, ist das auch kein Problem. Die Tierarztkosten würden sich angesichts einer so robusten Rasse in Grenzen halten, so der Geschäftsführer des Norikerverbandes Johannes Fitsch. Durch den vermehrten Einsatz im Sport- und Freizeitbereich habe der Noriker wieder neu an Bedeutung gewonnen. Dank der ländlichen Reitergruppen sei die Rasse nicht ausgestorben.
Die Entwicklung des Noriker vom Arbeits- zum Freizeitpferd lässt sich auch daran erkennen, dass die einst stämmigen, fast gedrungen wirkenden Pferde größer und länger geworden sind: Die „neuen“ Noriker weisen ein Stockmaß von 158 bis 164 cm auf (früher 155 cm) – bei weniger Gewicht. Bislang brachten die stämmigen Vierbeiner zwischen 600 und 800 kg auf die Waage. Der Großteil der rund 2000 Noriker in Tirol entspreche diesem neuen, sportlichen Typ, lässt Fitsch verlauten. Gute Zuchtergebnisse seien aber nicht das einzige Ziel, das die Züchter verfolgen sollten. Vielmehr sollten sie die Fohlen auch zum Reiten und Fahren ausbilden, „weil Freizeitreiter meist nur solche Tiere wollen.“ Für ein Norikerfohlen muss man ab 1200 € auf den Tisch legen. Für ein ausgebildetes Tier 3000 bis 5000 €.
Der Noriker entstand übrigens aus den schweren Warmblutpferden der römischen Legionäre und den in den Alpen heimischen Rassen der Provinz Noricum (200 v. Chr. bis 400 n. Chr.). Vor etwa 50 Jahren wurden in Österreich noch rund 35 000 Noriker gezählt. Salzburg war und bleibt die Hochburg der Norikerzucht.
Eine Besonderheit des Norikers liegt in der Vielfalt der vorkommenden Farben, neben den am stärksten vertretenen Rappen, Braunen und Füchsen sind die Mohrenköpfe, Tiger und Plattschecken immer wieder ein Blickfang. Österreich ist mit 4700 eingetragenen Zuchtstuten und 200 Hengsten das größte geschlossene Norikerzuchtgebiet Europas.
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