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“Belgisation” - Schweizer Artikel sorgt für Empörung

Auch 24 Stunden nach dem tragischen Busunglück in der Schweiz, bei dem 28 Menschen ums Leben kamen, wird nach den Ursachen gesucht. Die Schweizer Kolumnistin Regula Stämpfli scheint diese gefunden zu haben. In einer spontanen Reaktion schreibt sie auf news.ch, der Unfall sei “typisch” für ein Land wie Belgien und bringt ihn mit der belgischen Politik in Verbindung.

Foto: Sreenshot
Foto: Sreenshot 

Auch 24 Stunden nach dem tragischen Busunglück in der Schweiz, bei dem 28 Menschen ums Leben kamen, wird nach den Ursachen gesucht. Die Schweizer Kolumnistin Regula Stämpfli scheint diese gefunden zu haben. In einer spontanen Reaktion schreibt sie auf news.ch, der Unfall sei “typisch” für ein Land wie Belgien und bringt ihn mit der belgischen Politik in Verbindung.

Für die europäische Verkehrsinfrastruktur empfiehlt sie den Begriff “Belgisation”. In Belgien sorgt dieser populistisch gefärbte Artikel natürlich für Empörung. Politikern und einer ganzen Nation wird die Schuld an einem grauenhaften Verkehrsunfall gegeben, bei dem 22 Kinder den Tod fanden. Der Reisebus sei auf “Drittweltniveau” genauso wie “die Ausbildung, die Kontrolle, und die Ausstattung der Reisebusse in Belgien”.

Das ist schon starker Tobak, denn bislang berichteten die Sachverständigen, dass es sich um einen Bus der neuesten Generation handelte, in dem wie vorgeschrieben zwei Busfahrer ihren Dienst versahen und die Geschwindigkeit nicht überschritten wurde. Die Kinder waren auch vorschriftsmäßig angeschnallt. Wie kommt Regula Stämpfli, die übrigens in Brüssel wohnt, also darauf, nach solch einer Tragödie nachzutreten und mit den Gefühlen einer ganzen Nation zu spielen?

Beschwerde beim Presserat

Während die Betroffenen trauern und aus vielen europäischen Ländern echtes Mitleid zu spüren ist, veröffentlicht die Schweizer Webseite news.ch einen derart populistischen und schlecht recherchierten Kommentar. Denn was hat ein Verkehrsunfall mit einem Dioxin-Skandal, dem Dutroux-Prozess, einer Regierungskrise oder angeblicher Bau-Misswirtschaft in Brüssel zu tun? Diese Frage bleibt unbeantwortet im Raum stehen.Sind die belgischen Busfahrer einfach schlechter ausgebildet als anderswo?

Wohl kaum, und im Netz regt sich auch auf Schweizer Seite bereits der Widerstand gegen diese Art von Berichterstattung: “News.ch hatte nun genug Zeit diesen Artikel vom Netz zu nehmen. Der Artikel verstößt gegen die Pflichten der Journalisten/innen. Ich habe mir die Freiheit genommen eine Beschwerde beim Schweizer Presserat über den Artikel einzureichen”, schreibt ein Schweizer Leser als Kommentar zu diesem Artikel. Wie gesagt, bislang steht die Ursache für den schrecklichen Unfall nicht fest.

Menschliches Versagen oder ein Unwohlsein des Fahrers wird vermutet. 24 Stunden nach einer solchen Tragödie sollte man aber zumindest vorsichtig sein und besser auf solch zusammenhanglose Beschuldigungen und Vermutungen verzichten. Das gilt auch für die Schweizer Presse, die mit Ausnahme dieses Artikels aber durchweg sensibler reagierte.

  • Artikel auf news.ch - Belgisation: weshalb Unglücke auch politisch sind

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