Hagen. Unser Artikel „Deutschland braucht eine neue Leitkultur“ findet ein breites Echo. Hier stellen wir ausgewählte Reaktionen vor.

Unser Artikel „Verrohung und Wut. Deutschland braucht eine neue Leitkultur“ hat ein vielfältiges Leserecho zwischen Zustimmung und Kritik gefunden. Hier finden Sie eine Auswahl der Leserstimmen zur Debatte.

Verbotskultur ruft nur Aggression hervor

„Für Ihren Beitrag möchte ich mich sehr herzlich bedanken. Er spiegelt in sachorientierter, vermittelnder Rhetorik meine persönliche Sicht auf das Sujet eindrucksvoll wider und baut ungeahnte Analogien aus der Geschichte, Gesellschaft und Religion ein, die verdeutlichen, dass Verbotskultur, insbesondere unter dem Verlustiggang argumentativer Sauberkeit, lediglich Reaktanzen und Aggression hervorruft. Dies gilt natürlich nicht nur einseitig (Stichwort: Tannenbaum).“

Torben Holzhauer, Herdecke

Landwirtschaft und Leitkultur

„Ich komme selbst aus dem landwirtschaftlichen Umfeld, und was wir in den vergangenen Jahrzehnten so alles erleben durften - andere hätten dabei längst die „Forke ins Korn geworfen“. Dass das gesamte Thema ja viel umfassender ist als die derzeitigen hochgespielten Punkte um die Subventionen des Agrardiesels usw., müssen viele Menschen erst einmal begreifen. In den Medien bekommt man meist plakative Aussagen serviert, es ist zum Haareraufen - aber in der letzten Woche konnte man doch auch eine gewisse Lernkurve bei einigen Journalisten und Redakteuren erkennen. Vielen Dank also für ihre mutmachenden und unterstützenden Worte!

Auch mit Ihrem Artikel zur „neuen Leitkultur“ sprechen Sie uns einfach aus der Seele. Wie oft sagen wir in der Adventszeit: Schau dir diesen Rummel an, was hat das noch mit dem eigentlichen Thema zu tun? Mit Religion und Kirche haben die meisten Menschen nichts mehr am Hut, aber diesem kommerziellen Popanz wird alles untergeordnet. Wie kann es sein?

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Dieser von Ihnen beschriebene Kulturverlust und dieses diffuse Unbehagen, genau das können wir bestätigen. Etwas läuft falsch in dieser Veränderung und Weiterentwicklung des Lebens (was ja auch ganz natürlich ist), aber man kann es nicht so genau benennen. Auch den Hinweis auf die zehn Gebote - super! Jedem Teil des Artikels könnte ich ein zustimmendes Wort widmen - danke also dafür!

Katharina Steinrücke und Bernd Kettler, Ennepetal

Spricht mir aus der Seele

„Ihr Artikel spricht mir aus der Seele! Die Mehrheitsreligion heute heißt Kapitalismus und ihr Gott ist Konsum. Und es ist nicht leicht, sich dem zu entziehen. Die zehn Gebote, oder auch die daraus abgeleitete Goldene Regel (Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst), wirken meiner Meinung nach aber nur dann positiv für die Gesellschaft, wenn auch die wesentlichen Glaubensinhalte geglaubt werden: dass es einen liebenden Gott gibt, und dass wir auf der Basis dieser Liebe auch mit unseren Mitmenschen/unserer Umwelt liebevoll und wertschätzend umgehen können.

Dagegen: Die zehn Gebote propagieren, weil sie für die Gesellschaft nützlich sind, funktioniert nicht. Das sehen wir ja derzeit. Fragen Sie in der Fußgängerzone tausend Leute - die werden alle sagen, dass sie die zehn Gebote gut finden, aber ob sie sich selber daran halten? Das erwarten die meisten zuerst von allen anderen. Falls sich alle anderen daran halten, ja, dann!

Gisela Stettner, Kreuztal

Danke für den Artikel

„Danke für den mutigen Artikel, besonders den letzten Abschnitt. Der aufschlussreiche und sehr interessante Artikel von Monika Willer gibt zum Abschluss eine bemerkenswerte Antwort: „Im Prinzip haben die Gesellschaften des Abendlandes schon seit über 2000 Jahren eine Leitkultur, die vernünftig regelt, wie der Mensch mit dem Transzendenten und seinen Mitmenschen gut klarkommt. Diese Leitkultur heißt: ,Die zehn Gebote‘.“ Für uns persönlich schon über Jahrzehnte praxistauglich. Leider ist dies vielen Menschen nicht mehr bewusst, und nur wenige halten sich daran.

J. und B. Griesenbeck, Hagen

Teil der Leitkultur?

„Gehören Verrohung und Aggression nicht zu unserer Leitkultur? In Filmen und Videospielen sind sie omnipräsent (was wäre ein Sonntagabend ohne „Tatort“, was eine Videokonsole ohne Ego-Shooter?), ab und zu gewürzt durch Liveberichte vom Krieg. Tägliche eigene Gewaltwahrnehmungen im Straßenverkehr oder gegen Frauen und Kinder werden verdrängt. Besser gesagt: durch Harmoniefantasien überlagert. Teil dieser Strategie sind Diskussionen über Werte und Leitkultur. Kommt es darauf an, einen Weihnachtsbaum ins Wohnzimmer zu stellen und Böller in den Himmel zu jagen? Ich verzichte auf beides, so viel Unangepasstheit muss sein. Mit Monika Willer beunruhigt mich der Verfall von Zivilisation. Noch mehr: Dass er vermutlich auf der nachlassenden Kraft der Kirchen beruht, ihre Mitglieder zu disziplinieren. Ohne scheint es nicht zu gehen.

Heinrich Maiworm, Olpe

Im Sinne des Gemeinwohls

„Mit Ihrem Artikel „Verrohung und Aggressionen: Deutschland braucht eine neue Leitkultur“ ist Ihnen wieder ein Volltreffer gelungen. Jede Feststellung in dieser Analyse und Ihre Hinweise, wo und wie in unserer auseinanderdriftenden Gesellschaft eine „Leitkultur“ zu finden ist, kann ich nur unterstreichen. „Leider spielen auch die eigentliche (= überkommene?) Kultur sowie die christliche Prägung des viel beschworenen Abendlandes in diesem Zusammenhang fast keine Rolle mehr“. Das ist vor allem hinsichtlich der letzteren zu bedauern, da sie mit den zehn Geboten und auch dem Evangelium eine Grundlage bieten könnte.

Ich darf aus meiner fast achtundsiebzigjährigen Erfahrung noch den Hinweis geben, dass unsere Gesellschaft vor diesen christlichen Grundlagen noch zu einem Denken und Verhalten im Sinne des „Gemeinwohls“ geführt werden sollte, einem Begriff, den auch Sie in die Mitte Ihres Artikels gestellt haben.

Franz-Josef Spiekermann, Iserlohn