Haushaltsdeal zu Lasten des Meeresschutzes

Die Bundesregierung hat Änderungen an ihrem Haushaltkompromiss angekündigt, über die heute im Haushaltsausschuss des Bundestags beraten wird. Insgesamt sollen über 785 Millionen Euro aus Auktionserlösen für Offshore-Windkraft-Lizenzen nicht wie geplant dafür eingesetzt werden, die negativen Auswirkungen des Ausbaus auf die Meeresumwelt abzumildern und die Fischerei umweltverträglicher zu machen. Der WWF kritisiert die nachträgliche Zweckentfremdung der Mittel scharf – neben den Kürzungen beim internationalen Klimaschutz und dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz.

Carla Langsenkamp, Expertin für Meeresschutz beim WWF Deutschland, sagt:

„Die Gelder aus den Offshore-Lizenz-Auktionen waren aus gutem Grund zweckgebunden: Sie sollten investiert werden, um der Klimakrise und die Biodiversitätskrise im Meer gleichzeitig entgegenzuwirken. Es ist nun fraglich, wie ernst die Regierung diese Absicht noch nimmt. Zusätzliche Offshore-Windenergie ist für die Energiewende nötig, verursacht aber über die nächsten Jahrzehnte Schäden an der Meeresumwelt. Nord- und Ostsee sind Lebensräume für unzählige Arten und als natürliche Kohlenstoffsenken entscheidend im Kampf gegen die Klimakrise. Doch den Meeren geht es schlecht. Die Gelder sind daher zwingend erforderlich, um den geplanten Ausbau der Windanlagen mit dem Meeresschutz zu vereinbaren und die zwingend erforderliche Transformation hin zu einer umweltschonenden Fischerei voranzutreiben. Diese Zweckentfremdung darf keinen Dammbruch darstellen: Wir erwarten, dass die Gelder aus den Offshore-Auktionen vollständig für ihren ursprünglichen Zweck eingesetzt werden. Sie müssen als Grundstein für viele Jahrzehnte Schadensausgleich im Meer dienen. Etwa um Lebensräume zu schützen und wiederherzustellen oder die Krabbenfischerei für fischereifreie Zonen in den Wattenmeer-Nationalparken zu entschädigen.“

Marianne Lotz, Klimaexpertin beim WWF Deutschland, ergänzt:

„Darüber hinaus sind milliardenschwere Kürzungen bei der Finanzierung des Klima- und Biodiversitätsschutzes im Kernhaushalt sowie im Klima- und Transformationsfonds vorgesehen. Bis 2027 summieren sich die Kürzungen auf mindestens 32 Milliarden Euro. Damit wird auch das Versprechen des Bundeskanzlers, jährlich 6 Milliarden für die internationale Klimafinanzierung bereitzustellen, in Frage gestellt - und damit die Glaubwürdigkeit Deutschlands auf dem internationalen Klimaschutzparkett. Schon vor dem Karlsruher Urteil und den Haushaltskürzungen reichten die jährlichen öffentlichen Mittel des Bundes nicht aus, um die Klimaziele 2030 zu erreichen. Statt übereilter Haushaltskürzungen wäre die Bundesregierung gut beraten, die Finanzierung von Klimaschutz und Transformation auf eine langfristig sichere und verlässliche Grundlage zu stellen. Dazu gehört eine klima- und naturverträgliche Ausrichtung des Bundeshaushalts - ebenso wie bei Steuern, Abgaben und Subventionen. Ausgaben für Klima- und Naturschutz sind keine Verfügungsmasse zur Haushaltskonsolidierung, sondern sie sichern unsere Lebensgrundlagen.“

Hintergrund:

Die geplanten Änderungen im Haushaltskompromiss sehen vor, statt bislang jeweils fünf Prozent der Erlöse aus Offshore-Lizenz-Auktionen 2023 nur noch ein Prozent an den Fischereisektor bzw. 3,125 Prozent an den Meeresschutz bereit zu stellen. Dies bedeutet, dass von den Erlösen aus 2023 für die nachhaltige Fischerei nur noch 20 Prozent der ursprünglichen 670 Millionen Euro zur Verfügung stehen (134 Millionen Euro ans BMEL) und für den Meeresnaturschutz noch knapp 62 Prozent oder 420 Millionen Euro ans BMUV gehen. Dafür muss das Windenergie-auf-See-Gesetz geändert werden.  Der WWF kritisiert auch die Kürzungen der Mittel für den Natürlichen Klimaschutz um rund 30 Prozent, die im Rahmen des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz beispielsweise in die Stärkung und Wiederherstellung von Wäldern, Mooren und Auen fließen sollen. Von ursprünglich bis 2027 vorgesehenen 5 Milliarden Euro stehen hierfür voraussichtlich nur noch 3,5 Milliarden zur Verfügung. Die internationale Klimafinanzierung soll um rund 800 Millionen Euro gekürzt werden.

Kontakt

Britta König

Pressesprecherin für Meeresschutz und Plastikmüll / Hamburg

  • Amur-Tiger © Ola Jennersten / WWF Schweden Bedrohte Arten

    Der Rückgang der biologischen Vielfalt wird maßgeblich durch menschliches Handeln verursacht. Der WWF setzt sich weltweit für den Schutz bedrohter Arten ein. Erfahren Sie mehr zum Artenschutz