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Keimbildung und Keimwachstum

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Einfuehrung in die Materialwissenschaft<br />

<strong>Keimbildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Keimwachstum</strong><br />

G<br />

!<br />

Δg<br />

g V " (S # $ S % )&T = &S&T<br />

α<br />

β<br />

GU = 4"r 2 # S $ 4"<br />

3 r3gV rkrit. = 2# S 1<br />

%S %T<br />

Ti Tm T<br />

D-kontroll-Prozesse 1<br />

Diffusionskontrollierte Umwandlungen, seien es aenderungen im Aggregatzustand<br />

!<br />

oder Phasenumwandlungen oder Strukturaenderungen im festen Zustand laufen in<br />

der Regel diffusionskontrolliert ab. Treibende Kraft ist natuerlich die freie Enthalpie.<br />

Werden durch statistische Fluktuationen lokal Atomarrangements der neuen Phase<br />

gebildet (Embryonen), so sind nur jene wachstumsfaehig, welche eine kritische<br />

Groesse ueberschreiten. Man erkennt sofort, dass ohne Unterkuehlung gar nicht<br />

laeuft bzw. dass mit zunehmender Unterkuehlung immer mehr Embryonen-Keime<br />

wachstumsfaehig werden.<br />

1


Einfuehrung in die Materialwissenschaft<br />

<strong>Keimbildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Keimwachstum</strong>-TTT Diagramm<br />

<strong>Keimbildung</strong>sgeschwindigkeit<br />

Umwandlungsgeschwindigkeit<br />

Zeit-Temperatur-Umwandlungsschaubild (ZTU)<br />

Time-Temperature-Transformation (TTT)<br />

Zeitachse ist invers zur<br />

Geschwindigkeitsachse<br />

D-kontroll-Prozesse 2<br />

Wir haben gesehen, dass die treibende Kraft fuer die Umwandlung mit sinkender<br />

Temperatur, d.h. zunehmender Unterkuehlung zunimmt. Damit sollte auch die<br />

<strong>Keimbildung</strong>srate steigen. Da jedoch die <strong>Keimbildung</strong> Atombewegungen erfordert,<br />

also diffusionskotrollierter Prozess ist, wird die <strong>Keimbildung</strong>sgeschwindigkeit dN/dt mit<br />

sinkender Temperatur wieder verzoegert. Gleiches gilt fuer die<br />

Wachstumsgeschwindigkeit dG/dt. Die Folge ist eine nasenfoermige Kurve sowohl<br />

fuer die Geschwindigkeit als auch - in inverser Form - fuer die Umwandlung auf der<br />

Zeitachse.<br />

2


Einfuehrung in die Materialwissenschaft<br />

Kinetik von Umwandlungsprozessen<br />

!<br />

X umgew. = 1" exp("kt n )<br />

X(t/t 0)<br />

Avrami-Funktionen<br />

für n=1,2,3<br />

Die zeitliche Abhaengigkeit von Vorgaengen, welche durch <strong>Keimbildung</strong><br />

<strong>und</strong> Wachstum gesteuert werden, z.B. Rekristallisation <strong>und</strong><br />

Phasenumwandlungen, wird oft folgendermassen dargestellt: X (t) = 1" exp"<br />

D-kontroll-Prozesse 3<br />

t<br />

n<br />

# &<br />

% (<br />

$ '<br />

Bei kurzen Zeiten ist im gesamten Volumen <strong>Keimbildung</strong> ! moeglich <strong>und</strong> die Keime<br />

wachsen ungestoert - die Umwandlung laeuft mit t4 . Wenn schon ein Teil<br />

umgewandelt ist, entstehen nicht mehr so viel Keime - die<br />

Umwandlungsgeschwindigkeit nimmt ab. Wenn schon ein wesentlicher Teil<br />

umgewandelt ist, behindern sich die Koerner in ihrem Wachstum - weitere Abnahme<br />

der Geschwindigkeit.<br />

t 0<br />

t/t 0<br />

3


Einfuehrung in die Materialwissenschaft<br />

Johnson-Mehl-Avrami<br />

!<br />

X u =1" exp("kt n )<br />

D-kontroll-Prozesse 4<br />

Aus der frueheren Darstellung koennen wir noch nicht entnehmen, wie viel sich von<br />

der neuen Phase gebildet hat. Die zeitliche Aenderung der Phasenanteile durch<br />

<strong>Keimbildung</strong> <strong>und</strong> Wachstum kann mit Hilfe der Avrami-Gleichung angegeben werden.<br />

X=1-exp(-kt n )<br />

4


!<br />

Einfuehrung in die Materialwissenschaft<br />

Kinetik der Umwandlung - Avrami<br />

D-kontroll-Prozesse 5<br />

X=1-exp(-kt n )<br />

X u =1" exp("kt n )<br />

γ-Fe → α + Fe 3C<br />

In der Konstanten k stecken die Groessen Wachstumsgeschwindigkeit dG/dt (mit der<br />

3. Potenz) <strong>und</strong> <strong>Keimbildung</strong>sgeschwindigkeit dN/dt (linear) . Beide sind<br />

temperaturabhaengig (siehe letzte Folie), so dass sich fuer jede Temperatur eine<br />

andere sigmoidale Umwandlungskurve ergibt. Die Darstellung von Zeit-Temperatur-<br />

Umwandlungsdiagrammen ist dann die logische Konsequenz; siehe obiges Beispiel<br />

fuer eine eutektoide Umwandlung γ-Fe → α + Fe 3 C.<br />

5


Einfuehrung in die Materialwissenschaft<br />

Erholung <strong>und</strong> Rekristallisation<br />

Kaltverformtes Messing<br />

Erholung<br />

D-kontroll-Prozesse 6<br />

Mit zunehmender Verformung steigt die Versetzungsdichte, das Material wird haerter<br />

<strong>und</strong> ist naeher am endgueltigen Bruch. Falls wir die Vorgeschichte eines Stueckes<br />

Metall nicht kennen, haben wir also ein Problem - wir wissen nicht, ueber wie viel<br />

"Verformungsreserven" das Material noch verfuegt. Wir koennen natuerlich testen -mit<br />

einfachen Haertemessungen, oder mit aufwendigeren Methoden. Wir koennen das<br />

Material aber - im Prinzip - auch rekristallisieren. Dazu muessen wir es nur<br />

genuegend heiss machen. Defekt werden ausheilen, Koerner wachsen, das Material<br />

erholt sich. Zum Schluss werden wir uns dem moegliche Gleichgewicht - moeglichst<br />

wenig Defekte - wieder genaehert haben.<br />

6


Einfuehrung in die Materialwissenschaft<br />

Rekristallisation<br />

D-kontroll-Prozesse 7<br />

!<br />

Treibende Kräfte:<br />

p pr = g hart " g weich = Gb 2 #<br />

p kw = g kleinD " g D=$ = 3% KG<br />

D<br />

Was ist das Kriterium fuer Erholung oder Rekristallisation, wie hoch muss man mit der<br />

Temperatur gehen?<br />

Da gibt es ein einfaches Kriterium:<br />

Erholung oder Rekristallisation benoetigt mobile intrinsische atomare Fehlstellen, in<br />

Metallen also Leerstellen. Wir muessen also so weit aufheizen, dass nennenswerte<br />

Selbstdiffusion stattfinden kann, d.h. ueber etwa 0.4 T H .<br />

Was ist die treibende Kraft fuer die Rekristallisation:<br />

Hier muessen wir unterscheiden zwischen „Primaerer Rekristallisation“ <strong>und</strong><br />

„Normalem Kornwachstum“. Bei der primaeren Rexx ist es die Energie der hohen<br />

Versetzungsdichte ρ (E=Gb 2 ρ), beim Kornwachstum die Energie, die in den<br />

Korngrenzen sitzt (γ kg ≈ 0.5 J/m 2 ).<br />

7


Einfuehrung in die Materialwissenschaft<br />

Kinetik der Rekristallisation<br />

!<br />

X Rexx =1" exp("kt n )<br />

D-kontroll-Prozesse 8<br />

Wie bei Phasenumwandlungen wird die Kinetik von Rekristallisationsprozessen von<br />

<strong>Keimbildung</strong>s- <strong>und</strong> Wachstumsgeschwindigkeit bestimmt. Beide sind<br />

diffusionskontroliiert (in erster Linie Selbstdiffusion), so dass auch hier die Avrami-<br />

Abschaetzung Anwendung findet.<br />

8


Einfuehrung in die Materialwissenschaft<br />

Kristallisation von Polymeren<br />

!<br />

X Rexx =1" exp("kt n )<br />

D-kontroll-Prozesse 9<br />

Der Grad der Kristallinitaet bestimmt in hohem Masse die mechanischen <strong>und</strong><br />

thermischen Eigenschaften von Polymeren. Da die Kristallisation ein <strong>Keimbildung</strong>s-<br />

<strong>Keimwachstum</strong>sprozess ist, kann sie mit Hilfe von Avrami beschrieben werden.<br />

Keime werden gebildet indem kleine Bereiche von ungeordneten Molekuelen<br />

ausgerichtet <strong>und</strong> geordnet werden. Es bilden sich geordnete Schichten, die in<br />

lateraler Groesse zunehmen. Gleiches gilt auch fuer eine spaerolitische Ausbildung<br />

der kristallinen Bezirke.<br />

9


Einfuehrung in die Materialwissenschaft<br />

Kristallisation von keramischen Werkstoffen<br />

!<br />

X Rexx =1" exp("kt n )<br />

Kristallisation von Glas der<br />

Zusammensetzung CaO . Al 2 O 3 . 2SiO2 Temperaturfuehrung bei der<br />

Kristallisation von Glaskeramik<br />

D-kontroll-Prozesse 10<br />

Wie bei den Metallen finden wir auch bei Keramiken TTT (time-temperaturtransformation)-Diagramme.<br />

Ein interessantes Beispiel sind Glaskeramiken.<br />

Bestimmte Glaszusammensetzungen (beispielsweise Lithium Aluminosilikate)<br />

koennen voll entglast werden (das bedeutet uebergefuehrt vom glasigen in den<br />

kristallinen Zustand) durch eine spezielle Waermebehandlung. Aufgr<strong>und</strong> der hohen<br />

Gefuegequalitaet (feine Koerner <strong>und</strong> keine Poren) sind sie hochfest. Meist haben sie<br />

auch einen tiefen Waermeausdehnungskoeffizienten, so dass sie starke<br />

Temperaturschwankungen ertragen koennen.<br />

10


Einfuehrung in die Materialwissenschaft<br />

Alfred Wilm (1869-1937)<br />

Neubabelsberg 1906: Patent DRP244554 (AlCu4.5Mn1Mg1).<br />

Publikation: Metallurgie 8 (1911) 225.<br />

Dürener Metallwerke - DURALUMIN<br />

Passagierflugzeug Junkers F13 (1919)<br />

D-kontroll-Prozesse 11<br />

Um die vorletzte Jahrh<strong>und</strong>ertwende entdeckte Dr. Alfred Wilm<br />

(Chemiker, Göttinger Schule) die Aus(scheidungs)härtung von<br />

Aluminium in einem staatlichen Laboratorium in Neubabelsberg (berlin).<br />

Er wusste, dass geeignete Stähle zur Härtung ausreichend schnell<br />

abgekühlt werden müssen. So mischte er eine Vielzahl von<br />

Legierungen des Aluminiums <strong>und</strong> fand zu seiner Verzweiflung, dass<br />

diese durch Abschrecken eher weicher wurden. Die Saga der<br />

Entdeckung berichtet, dass er eines Samstagmorgens wieder viele<br />

Proben abgeschreckt hatte. Dann schien die Sonne durchs Fenster,<br />

<strong>und</strong> er vergaß sein preussisches Pflichtgefühl <strong>und</strong> ging für das restliche<br />

Wochenende zum Segeln hinaus auf die Havelseen. Als am<br />

Montagmorgen Härte <strong>und</strong> Zugfestigkeit gemessen wurden, waren die<br />

Werte teilweise auf mehr als das Doppelte angestiegen. Wilm glaubte<br />

erst einmal an einen Messfehler, wiederholte alsbald die Messungen<br />

systematisch <strong>und</strong> bestätigte die Ergebnisse. Schon bald danach war<br />

die Legierung Al+3.5-5.5%Cu+Mg, Mn zum Patent angemeldet<br />

(Handelsname der Dürener Metallwerke: DURALUMIN). Sie wird bis<br />

heute fast unverändert gebraucht.<br />

Dazu gehörte eine eigenwillige Persönlichkeit. Alfred Wilm beendete<br />

schon 1919 seine Forscherlaufbahn <strong>und</strong> lebte bis zu seinem Tode 1937<br />

glücklich - als Bauer. Und er wusste nicht, dass er die erste<br />

Nanotechnologie entdeckt hatte. Der erste, der Dural-Flugzeuge baute,<br />

war während des ersten Weltkriegs der deutsche Professor Dr. Hugo<br />

Junkers. Er konstruierte viele Serienmaschinen mit innovativen<br />

Lösungskonzepten auf der Basis freitragender Tiefdecker in<br />

Schalenbauweise, wobei die Außenhaut vollständdig aus Dural<br />

bestand. Das erste serienmäßig hergestellte Ganzmetallflugzeug der<br />

Welt war die Junkers F13 von 1919. Bald entwickelte Junkers zur<br />

zusätzlichen Versteifung eine wellblechartige Leichtmetallbeplankung,<br />

wie sie heute noch von der legänderen Ju 52 in Erinnerung ist.<br />

11


Einfuehrung in die Materialwissenschaft<br />

Ausscheidungshärtung<br />

Ab<br />

Abnehmende Loeslichkeit mit<br />

sinkender Temperatur !!<br />

D-kontroll-Prozesse 12<br />

Ausscheidungen sind, wie bereits behandelt, kleine Teilchen einer zweiten Phase, die<br />

durch Agglomeration von Fremdatomen entstanden sind. Sie koennen also - je nach<br />

thermischer Behandlung <strong>und</strong> Phasendiagramm - wachsen <strong>und</strong> schrumpfen.<br />

Bedeutsam ist, dass sie als Hindernisse fuer die Versetzungsbewegung wirken <strong>und</strong><br />

so die Festigkeit der Werkstoffe erhoehen. In vielen Metallen werden solche<br />

Ausscheidungen bewusst zur Festigkeitssteigerung „gezuechtet“. Vorraussetzung<br />

dafuer ist ein System mit begrenzter <strong>und</strong> mit der Temperatur abnehmender<br />

Loeslichkeit, wie z.B. das System Al-Cu. Die Al-Legierungen sind auch die wichtigste<br />

Werkstoffgruppe, bei der Ausscheidungshaertung zum Einsatz kommt.<br />

12


Einfuehrung in die Materialwissenschaft<br />

Ausscheidungshärtung<br />

D-kontroll-Prozesse 13<br />

Wir nehmen Al mit 4.5 % Cu (Gewichtsprozent). Um das Cu komplett atomar zu<br />

verteilen, halten wir die Legierung einige Zeit bei T ≈ 550 °C. Das Phasendiagramm<br />

zeigt eindeutig, dass dann die Loeslichkeit hoeher liegt als 4.4 % <strong>und</strong> somit das ganze<br />

Cu in Loesung geht. Wenn wir nun langsam abkuehlen, wird CuAl 2 (Θ-Phase)<br />

ausgeschieden. Die <strong>Keimbildung</strong> erfolgt heterogen an Korngrenzen, die<br />

Ausscheidung wird wegen der langen Wachstumszeit grob.<br />

13


Einfuehrung in die Materialwissenschaft<br />

Ausscheidungshärtung - Prinzip<br />

D-kontroll-Prozesse 14<br />

Wenn wir die Probe jedoch abschrecken (engl. "to quench"), d.h. so schnell als<br />

moeglich abkuehlen, z.B indem man die Probe in kaltes Wasser oder oel fallen laesst,<br />

so frieren wir den homogenen Mischkristall ein, d.h. wir haben eine uebersaettigte<br />

feste Loesung. Diese moechte sich natuerlich in das Gleichgewicht, also den<br />

energieaermeren Zustand hin veraendern. Da dazu jedoch Atombewegungen<br />

notwendig sind, geht dies bei Raumtemperatur nur sehr langsam. Schneller geht‘s bei<br />

erhoehter Temperatur, z.B. bei 150°C.<br />

Wenn wir jetzt in regelmaessigen Zeitabstaenden die Festigkeit oder Haerte messen,<br />

so stellen wir eine markante Veraenderung fest.<br />

14


Einfuehrung in die Materialwissenschaft<br />

Guinier-Preston Zonen<br />

D-kontroll-Prozesse 15<br />

Die Ausscheidungsbildung erfolgt ueber verschiedene metastabile Zustaende,<br />

beginnend mit lokaler Ueberstruktur <strong>und</strong> Guinier-Preston Zonen (Cluster aus<br />

Wirtsgitter mit FA), teikohaerenter Ausscheidung hin zu inkohaerenter<br />

Gleichgewichtsphase.<br />

15


Einfuehrung in die Materialwissenschaft<br />

Ausscheidungshärtung<br />

D-kontroll-Prozesse 16<br />

Ausgehend vom uebersaettigten Mischkristall bildet sich bei der Auslagerung die<br />

Gleichgewichtsphase CuAl 2 nicht direkt, sondern ueber verschiedene metastabile<br />

Stufen, beginnend mit lokaler Ueberstruktur, gefolgt von kohaerenten Giunier-<br />

Preston-Zonen, die mit zunehmender Groesse teilkohaerent <strong>und</strong> schliesslich<br />

inkohaerent werden. Damit verknuepft ist eine typische Veraenderung der<br />

mechanischen Eigenschaften.<br />

16


Einfuehrung in die Materialwissenschaft<br />

Ausscheidungshärtung<br />

http://aluminium.matter.org.uk<br />

D-kontroll-Prozesse 17<br />

R P sinkt erst deutlich, steigt dann in zwei "Wellen" an, um dann langsam wieder zu<br />

sinken (man beachte die logarithmische Zeitskala). Was geschieht?<br />

Das Phasendiagramm sagt uns, dass im thermodynamischen Gleichgewicht bei 150<br />

°C die Phase α (= Al + ca. 0,1 % Cu) <strong>und</strong> Q (= CuAl2) nebeneinander vorliegen. Da<br />

wir sehr viel mehr Al als Cu haben, erwarten wir CuAl 2 -Ausscheidungen in einer (Al +<br />

0,1 % Cu) Matrix. Wir starten aber mit atomar verteiltem Cu. Was wir an der R P (t)<br />

Kurve ablesen koennen, ist der Weg ins Gleichgewicht,die Kinetik der CuAl 2 -<br />

Ausscheidungsbildung <strong>und</strong> die Wirkung des sich aendernden Gefueges auf R P .<br />

Wir starten mit atomar geloesten Fremdatomen in relativ hoher Konzentration - wir<br />

erwarten damit ausgepraegte Mischkristallhaertung (engl."Solution hardening") <strong>und</strong><br />

damit ein erhebliches groeßeres R P als in reinem Al zu Beginn der Messung.<br />

Ausscheidungsbildung heisst unumstoesslich, daß Cu Atome durch das Al Gitter<br />

diff<strong>und</strong>ieren muessen, so dass sie sich gegenseitig finden koennen. Jede einzelne<br />

Ausscheidung beginnt als "Zweier-Cluster" von 2 Cu Atomen, wird zum Dreierpack -<br />

usw. Diese Kleinstagglomerate werden beim Versetzungspinning kaum wirkungsvoller<br />

sein koennen als einzelne Atome - aber ihre Konzentration ist nur die Haelfte bzw. 1/3<br />

der atomaren Cu Konzentration. R P wird dadurch zunaechst nur kleiner werden<br />

koennen. Mit langsam groesser werdenden Ausscheidungen kommt eine<br />

Trendwende. Die Ausscheidungen haben eine Groesse erreicht, mit der sie<br />

Versetzungen immer massiver behindern koennen, irgendwann sind sie trotz<br />

geringerer Dichte effektiver als die atomar geloesten Cu Atome - R P steigt wieder an.<br />

Warten wir zu lange, werden grosse Ausscheidungen auf Kosten der kleineren<br />

wachsen (man nennt das "Ostwald Reifung"). Dadurch verringert sich die Dichte, R P<br />

nimmt wieder ab <strong>und</strong> erreicht, falls wir lange genug warten, den intrinsichen Wert -<br />

das Cu ist jetzt voellig wirkungslos.<br />

.<br />

17


Einfuehrung in die Materialwissenschaft<br />

Merkpunkte<br />

1. Diffusionsgesteuerte Umwandlungen kaufen i.d.R. über den Mechanismus<br />

„<strong>Keimbildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Keimwachstum</strong>“. Treibende Kraft der Umwandlung ist der<br />

Unterschied in der freien Enthalpie zwischen den Gefügezuständen.<br />

2. Der zeitliche Verlauf der Umwandlung kann in einfacher Form mit der Johnson-Mehl-<br />

Avrami-Gleichung beschrieben werden.<br />

3. Bei den Prozessen Erholung <strong>und</strong> Rekristallisation erfolgt Reduktion der Dichte von<br />

Gitterfehlern (Energieverminderung) durch Annihilation bzw. Umordnung von<br />

Versetzungen (Erholung) oder durch Neubildung von defektarmen Körmern<br />

(Rekristallisation) durch Bildung <strong>und</strong> Wanderung von Grosswinkel-Korngrenzen.<br />

4. Eine der wichtigsten Härtungsmassnahmen bei metallischen Werkstoffen ist die<br />

Ausscheidungshärtung, die auf der Temperaturhabhändigkeit der Löslichkeit von<br />

Fremdatomen beruht. Der Prozess läuft über Lösungsglühung - forcierte Abkühlung -<br />

Auslagerung bei moderater Temperatur.<br />

5. Die bei der Ausscheidungshärtung gebildeten Zeitphasen wirken als Hindernisse für<br />

die Versetzungsbewegung (GP-Zonen - schneidbare kohärente Ausscheidungen -<br />

nicht schneidbare inkohärente Ausscheidungen .<br />

D-kontroll-Prozesse 18<br />

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