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Argumentieren und Erörtern im Fach Deutsch - Landesinstitut für ...

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Allgemein bildende Schulen<br />

Gymnasium<br />

<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong><br />

Einführung in den kompetenzorientierten<br />

Unterricht am Beispiel<br />

der dialektischen Erörterung<br />

Sek<strong>und</strong>arstufe 1<br />

Stuttgart 2012 NL - 09<br />

<strong>Landesinstitut</strong><br />

<strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

www.ls-bw.de<br />

best@ls.kv.bwl.de<br />

Qualitätsentwicklung<br />

<strong>und</strong> Evaluation<br />

Schulentwicklung<br />

<strong>und</strong> empirische<br />

Bildungsforschung<br />

Bildungspläne


Redaktionelle Bearbeitung<br />

Autor<br />

Layout<br />

Stand<br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

Druck <strong>und</strong> Vertrieb<br />

Urheberrecht<br />

Bernd Kretzschmar, LS Stuttgart<br />

Reinhard Urbanke, LS Stuttgart<br />

Mai 2012<br />

<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung (LS)<br />

Heilbronner Straße 172, 70191 Stuttgart<br />

Fon 0711-6642-0<br />

Web www.ls-bw.de<br />

<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung (LS)<br />

Heilbronner Straße 172, 70191 Stuttgart<br />

Fon 0711-66 42-1203 oder -1204<br />

Fax 0711-66 42-1099<br />

E-Mail best@ls.kv.bwl.de<br />

Inhalte dieses Heftes dürfen <strong>für</strong> unterrichtliche Zwecke in den Schulen<br />

<strong>und</strong> Hochschulen des Landes Baden-Württemberg vervielfältigt<br />

werden. Jede darüber hinausgehende fotomechanische oder anderweitig<br />

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Soweit die vorliegende Publikation Nachdrucke enthält, wurden<br />

da<strong>für</strong> nach bestem Wissen <strong>und</strong> Gewissen Lizenzen eingeholt. Die<br />

Urheberrechte der Copyrightinhaber werden ausdrücklich anerkannt.<br />

Sollten dennoch in einzelnen Fällen Urheberrechte nicht<br />

berücksichtigt worden sein, wenden Sie sich bitte an den Herausgeber.<br />

Bei weiteren Vervielfältigungen müssen die Rechte der Urheber<br />

beachtet bzw. deren Genehmigung eingeholt werden.<br />

© <strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung, Stuttgart 2012


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong>:<br />

Einführung in den kompetenzorientierten Unterricht<br />

am Beispiel der dialektischen Erörterung<br />

Sek<strong>und</strong>arstufe 1<br />

Beobachten<br />

Beschreiben<br />

Begleiten Bewerten


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Inhalt<br />

1 Merkmale des kompetenzorientierten Unterrichts ....................................5<br />

2 Diagnostizieren <strong>und</strong> innere Differenzierung ............................................15<br />

3 <strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> als Basiskompetenz ...................................27<br />

4 Die dialektische Erörterung in Klasse 9 ....................................................43<br />

4.1 Anregungen zur Eingangsdiagnostik ........................................................43<br />

4.2 Vorschläge <strong>für</strong> die Erarbeitungsphase ......................................................51<br />

4.3 Vorschlag zur Zwischendiagnostik ............................................................ 76<br />

4.4 Anregungen <strong>für</strong> die Trainingsphase ..........................................................79<br />

4.5 Lösungsvorschläge................................................................................... 106<br />

4.6 Vorschläge <strong>für</strong> die Lernzielkontrolle ........................................................126<br />

Anhang ................................................................................................................129<br />

Literaturliste ........................................................................................................137


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Ich weiß freilich nicht, ob es besser werden wird,<br />

wenn es anders wird, ich weiß aber,<br />

dass es anders werden muss, wenn es besser werden soll.<br />

Georg Christoph Lichtenberg<br />

1 Merkmale des kompetenzorientierten Unterrichts<br />

Der Kern des PISA-Schocks <strong>im</strong> Jahre 2000 bestand in der Erkenntnis, dass<br />

man gedacht hatte, die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler könnten die Aufgaben in<br />

den verschiedenen Bereichen lösen, <strong>und</strong> nun stellte sich heraus, dass viele es<br />

eben nicht konnten. Das gezeigte Niveau war enttäuschend <strong>und</strong> die Lehrkräfte<br />

mussten sich eingestehen, dass sie den tatsächlichen Leistungsstand der<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler falsch eingeschätzt hatten. Gr<strong>und</strong>sätzliche Zweifel<br />

an ihrer Beurteilungskompetenz entstanden. Spätestens seit den unbefriedigenden<br />

Resultaten der nationalen <strong>und</strong> internationalen Vergleichstests wird in<br />

der Öffentlichkeit intensiv darüber nachgedacht, warum viele Schülerinnen <strong>und</strong><br />

Schüler so wenig an Wissen, Fertigkeiten <strong>und</strong> Fähigkeiten mitbringen <strong>und</strong> warum<br />

die Lernergebnisse nach der Klassenarbeit weitgehend in Vergessenheit<br />

geraten, der Unterricht also anscheinend kaum eine nachhaltige Wirkung erzielt.<br />

Da überrascht es kaum, dass Gerhard Roth, der Präsident der Studienstiftung<br />

des deutschen Volkes <strong>und</strong> Direktor des Instituts <strong>für</strong> Hirnforschung an der<br />

Universität Bremen, in seinem neuesten Buch 1 darauf hinweist, dass bei Überprüfungen<br />

des Gelernten fünf Jahre nach Schulabschluss von den getesteten<br />

jungen Leuten kaum noch schulisches Wissen reaktiviert werden konnte.<br />

Aus diesem Problem speist sich eine Frustrationsquelle der Lehrkräfte <strong>und</strong><br />

zugleich stellt es auch eine ständige Herausforderung <strong>im</strong> Schulalltag dar. Der<br />

kompetenzorientierte Unterricht versucht da<strong>für</strong> einen Lösungsweg anzubieten.<br />

Gerhard Ziener 2 empfiehlt, vor der Planung einer neuen Unterrichtseinheit die<br />

Frage zu beantworten:<br />

Was sollen meine Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler durch die nächste Unterrichtseinheit<br />

lernen? Und <strong>für</strong> die Nachbereitung am Ende der Unterrichtseinheit<br />

schlägt er die Überlegung vor:<br />

Was können meine Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler jetzt, sodass ich darauf verlässlich<br />

zurückgreifen kann, <strong>und</strong> in welchem Grad?<br />

Mit diesen beiden gr<strong>und</strong>sätzlichen Fragen könnten vielleicht schon zwei<br />

Fehler vermieden werden, die relativ häufig zu beobachten sind: Einerseits<br />

werden Unterrichtseinheiten ohne genauere Vernetzung aneinandergereiht<br />

– die Leitlinie dabei ist ein Stoffplan, der akribisch abgehakt wird. Andererseits<br />

werden die einzelnen St<strong>und</strong>en mit unrealistisch vielen Zielen überfrachtet, was<br />

sich letzten Endes noch auf das Lernzielverfahren der siebziger <strong>und</strong> achtziger<br />

Jahre zurückführen lässt, als man davon ausging, die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

mit vielen gleichzeitigen Impulsen zum erfolgreichen Lernen st<strong>im</strong>ulieren zu<br />

können. Heute geht es dagegen weniger um Details, sondern die großen Linien<br />

stehen <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong>. Und die individuellen Voraussetzungen des Lernens<br />

sollen stärker beachtet werden. Das Konzept des kompetenzorientierten Unterrichts<br />

versucht dabei zu berücksichtigen, dass Wissen nie von außen eingepflanzt<br />

werden kann, sondern von jedem Lernenden <strong>im</strong>mer wieder neu rekonstruiert<br />

werden muss. 3 Gerhard Roth begründet den alten pädagogischen<br />

Leitsatz, dass weniger mehr ist, mit der begrenzten Kapazität unseres Arbeits-<br />

1 Gerhard Roth: Bildung braucht Persönlichkeit. Wie Lernen gelingt. Stuttgart 2011.<br />

2 Gerhard Ziener: Bildungsstandards in der Praxis: Kompetenzorientiert unterrichten.<br />

Seelze-Velber 2009.<br />

3 Eckard Klieme: Leitideen der Bildungsreform <strong>und</strong> der Bildungsforschung. In Pädagogik 5 (2009).<br />

PISA-Schock<br />

Zwei gr<strong>und</strong>sätzliche Fragen<br />

Zwei Fehler<br />

7


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

8<br />

Was ist guter Unterricht?<br />

Bedeutung der<br />

Lehrerpersönlichkeit<br />

Lebensbezug<br />

Aktive Beteiligung der<br />

Lernenden<br />

<strong>Fach</strong>kompetenz<br />

Klassenführung<br />

Unterrichtsplanung<br />

gedächtnisses. In der Regel könne es nur fünf Minuten lang neue Informationen<br />

aufnehmen. Danach brauche der Lernende eine Auszeit, um das Neue<br />

zu verarbeiten <strong>und</strong> mit dem Vorwissen zu verknüpfen. Da das Vorwissen aber<br />

individuell unterschiedlich ist <strong>und</strong> jeder Mensch auch seine ganz eigene Verarbeitungsfrequenz<br />

besitzt, verbietet sich an dieser Stelle ein Unterrichtsgang <strong>im</strong><br />

Gleichschritt aller Lernenden.<br />

Auf die Frage, was guten Unterricht ausmacht, werden viele Antworten zu<br />

ganz unterschiedlichen Bereichen gegeben. Auffallend ist aber, dass best<strong>im</strong>mte<br />

Merkmale <strong>im</strong>mer wieder genannt werden. Aus der Perspektive der ehemaligen<br />

Schülerin betont Vetter 4 die Bedeutung der Lehrerpersönlichkeit <strong>für</strong> die Unterrichtsqualität<br />

<strong>und</strong> bestätigt damit die Erfahrung, dass viele Schülerinnen <strong>und</strong><br />

Schüler in erster Linie durch <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Lehrkraft lernen. Darauf verwies übrigens<br />

schon Erasmus von Rotterdam, der die These aufstellte, dass der erste<br />

Schritt be<strong>im</strong> Lernen die Liebe zum Lehrer ist 5 . Die Lehrenden sollen aber nicht<br />

einfach nur nette Menschen sein, sondern auch eine Begeisterung <strong>für</strong> ihr <strong>Fach</strong><br />

ausstrahlen. Ihre Professionalität zeigt sich darin, den Unterrichtsstoff zu vermitteln,<br />

indem sie flexibel auf Unterbrechungen reagieren, einen methodisch<br />

abwechslungsreichen Stil pflegen <strong>und</strong> offen mit unerwarteten Fragestellungen<br />

umgehen. Die professionelle Lehrkraft fragt sich selbst, was man besser machen<br />

könnte, <strong>und</strong> sucht nicht die Schuld bei anderen Personen oder Faktoren.<br />

Dabei erwarten sich Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler die Vermittlung von Fähigkeiten,<br />

die ihnen helfen, ihr späteres Leben zu meistern, wobei offen bleibt, ob damit<br />

das spätere Berufsleben oder eine – ganz allgemein gedachte – sinnerfüllte<br />

Existenz angepeilt wird, ob also mehr der Ausbildungs- oder der Bildungsaspekt<br />

<strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong> stehen soll. Nicht überraschend ist die Forderung, seinen<br />

Lehrauftrag auch darin zu sehen, den Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern den Nutzen<br />

des Unterrichtsinhaltes begreiflich zu machen <strong>und</strong> ihnen das Gefühl zu geben,<br />

ernst genommen <strong>und</strong> in die Unterrichtsgestaltung einbezogen zu werden. Wer<br />

Vertrauen in die Leistungsbereitschaft <strong>und</strong> Leistungsfähigkeit seiner Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler setzt, der fördert auch ihre aktive Beteiligung am Unterricht.<br />

So gesehen ist die Lehrkraft wichtiger als der Stoff. Die Lehrerin oder der Lehrer<br />

fungiert als Gastgeber, ohne den die Lernparty nicht beginnen kann. Unter der<br />

Voraussetzung, dass die Lehrperson ihre Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler gut kennt,<br />

kann sie auch den Prozess der individuellen Verknüpfung des Neuen mit dem<br />

Vorwissen am besten organisieren.<br />

Von Seiten der <strong>Fach</strong>beraterinnen <strong>und</strong> <strong>Fach</strong>berater <strong>und</strong> den an den Studienseminaren<br />

tätigen Lehrkräften wird darüber hinaus die <strong>Fach</strong>kompetenz der<br />

Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer als zentrale Voraussetzung betont. Ein breites, solides<br />

Wissen bildet das F<strong>und</strong>ament jeder guten Unterrichtsst<strong>und</strong>e. Konsens besteht<br />

außerdem darin, dass der Lehrer bzw. die Lehrerin als authentische Persönlichkeit<br />

mit Hilfe eines effizienten Classroom-Managements (z. B. still gelernt,<br />

laut diskutiert) einen deutlichen, abgesicherten Lernfortschritt auf möglichst<br />

vielen Ebenen erreichen soll. Dazu muss der Unterricht sorgfältig geplant <strong>und</strong><br />

stringent aufgebaut sein. Die einzelne St<strong>und</strong>e sollte von einer altersgemäßen,<br />

problemorientierten Leitidee ausgehen <strong>und</strong> den Unterrichtsgegenstand nach<br />

einer sorgfältigen didaktischen Reduktion exemplarisch behandeln. Die Lehrerinnen<br />

<strong>und</strong> Lehrer sollten über ein reichhaltiges Methodenrepertoire verfügen,<br />

aber niemals eine Art Methodenzauber als Selbstzweck inszenieren. Schließlich<br />

soll nicht ausschließlich der Lehrplan <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong> stehen, sondern die<br />

Lernenden sind der wichtigste Anfangs- <strong>und</strong> Endpunkt der Unterrichtsplanung<br />

4 Dominika Vetter: Die Balance zwischen Lehren <strong>und</strong> Lernen. Was ist guter Unterricht aus<br />

Schülerperspektive? In Pädagogik 11 (2009).<br />

5 Michael Felten: Gerne Lehrer sein! In <strong>Deutsch</strong>magazin 1 (2011).


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

<strong>und</strong> -durchführung. Daraus lässt sich auch ableiten, dass eine konzentrierte Arbeitsatmosphäre<br />

mit großer Schülerbeteiligung herrschen soll. Zum guten Unterricht<br />

gehören also auch Anstrengungen <strong>und</strong> das oft verpönte Üben. Da aber<br />

jeder Lernende seine eigene Art der Informationsaufnahme <strong>und</strong> –verarbeitung<br />

hat, muss das Üben mit vielen Varianten angeboten werden, damit jeder auf<br />

dem <strong>für</strong> ihn am besten geeigneten Weg zum Ziel findet.<br />

Alle diese Merkmale guten Unterrichts finden sich auch in den Übersichten<br />

von Hilbert Meyer 6 , Andreas Helmke <strong>und</strong> Hans Haenisch 7 , die in den letzten<br />

Jahren die größte Resonanz bewirkten. Die drei Autoren betonen den Aspekt<br />

der Schülerorientierung <strong>und</strong> verweisen auf die Bedeutung der individuellen<br />

Förderung durch intelligente <strong>und</strong> variationsreiche Übungs- <strong>und</strong> Wiederholungsphasen.<br />

Weiterhin ist ihnen wichtig, dass das systematisch Gelernte in lebenspraktische<br />

Situationen eingeb<strong>und</strong>en wird, also auch <strong>im</strong> Sinne einer Handlungsorientierung<br />

angewendet werden kann.<br />

Der bekannte Göttinger Neurobiologe Gerald Hüther fasst seine Vorstellung<br />

von einer hochlernwirksamen Unterrichtsgestaltung mit nur drei Bedingungen<br />

zusammen 8 . Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist die Frage, wie man das<br />

Gehirn von älteren Menschen opt<strong>im</strong>al trainieren könne. Er verwirft die vielen<br />

angebotenen Gehirn-Jogging-Programme als ungeeignet, da sie von der veralteten<br />

Vorstellung ausgingen, dass das Gehirn eine Art Muskel sei, den man wie<br />

in einem Fitnessstudio am besten durch diverse Anspannungs<strong>im</strong>pulse stärken<br />

könne. Nach den letzten Forschungserkenntnissen sei das Gehirn ein perfekter<br />

Lösungsapparat <strong>für</strong> komplexe, neue Probleme. Und der Lerneffekt sei dann<br />

besonders groß, wenn die zu bewältigende Aufgabe mit einer starken emotionalen<br />

Betroffenheit verb<strong>und</strong>en sei, wenn einem das Problem sozusagen „unter<br />

die Haut“ gehe. Insofern sei die beste lernförderliche Anregung <strong>für</strong> ältere Menschen,<br />

wenn sie in regelmäßigen, aber wohldosierten Zeiten Kinder betreuten.<br />

Bei jeder Art von Problemen, mit denen wir uns konfrontiert sehen, sei es allerdings<br />

wichtig, dass man die Anforderungen bewältigen könne, sonst komme<br />

es zu keinem Erfolgserlebnis. Dazu müsse man mit einer entsprechenden inneren<br />

Einstellung auf die Probleme zugehen, denn wer sich der Herausforderung<br />

einer neuen Aufgabe nicht bewusst <strong>und</strong> offen stelle, der werde auch nichts<br />

lernen. In der psychologischen <strong>Fach</strong>literatur wird dieser Bereich der inneren<br />

Haltung der volitionale Aspekt genannt. In der Schule handelt es sich dabei um<br />

eine Variable, die die Lernenden weitgehend unabhängig vom Unterricht mitbringen<br />

<strong>und</strong> die höchstens langfristig durch viele kleine positive Erfahrungen<br />

<strong>im</strong> Verlaufe der Lernbiographie von der Schule als Institution beeinflusst werden<br />

kann.<br />

Auf die Schule bezogen nennt Hüther drei Gütemerkmale <strong>für</strong> lernwirksame<br />

Probleme: Verstehbarkeit, Sinnhaftigkeit <strong>und</strong> Gestaltbarkeit. Die gestellten Aufgaben<br />

müssen <strong>für</strong> die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler lösbar sein, d. h. sie müssen<br />

passgenau gestellt werden <strong>und</strong> dürfen weder über- noch unterfordern. Daraus<br />

lässt sich die Forderung nach einer Binnendifferenzierung ableiten. Die gestellten<br />

Aufgaben müssen <strong>für</strong> die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler sinnvoll sein. Damit wird<br />

der Aspekt der Motivation angesprochen. Insbesondere problemorientierte Aufgaben,<br />

die in einen größeren Kontext eingeb<strong>und</strong>en sind <strong>und</strong> ein entdeckendes<br />

Lernen ermöglichen, das sich an dem altersgemäßen Horizont der Lernenden<br />

orientiert, können diese Bedingung erfüllen. Zwar geht es be<strong>im</strong> lebensprak-<br />

6 Hilbert Meyer: Was ist guter Unterricht? Berlin 2008.<br />

7 Friedrich Jahresheft 2007: Guter Unterricht, S. 64.<br />

8 Hüther, Gerald: Wie man sein Gehirn opt<strong>im</strong>al nutzt. Vortrag auf dem Kongress „Die Kraft von<br />

Imaginationen <strong>und</strong> Visionen“ in Heidelberg. Mai 2008. Vgl. ebenfalls Gerald Hüther: Männer.<br />

Das schwache Geschlecht <strong>und</strong> sein Gehirn. Göttingen 2009, S. 59 <strong>und</strong> S. 64.<br />

Variantenreiches Üben<br />

Schüler- <strong>und</strong><br />

Handlungsorientierung<br />

Drei Lernbedingungen<br />

Passgenaue Aufgaben<br />

Problemorientierte<br />

Aufgaben<br />

9


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

Aufgaben mit<br />

Gestaltungsspielraum<br />

Perspektivwechsel<br />

Horizontaler <strong>und</strong> vertikaler<br />

Transfer<br />

10<br />

Vernetztes Wissen<br />

Metakognition<br />

tischen Bezug in der Schule in der Regel nicht um wirkliche Erfahrungen, aber<br />

sehr wohl um Eindrücke, die als persönlich bedeutsam wahrgenommen werden,<br />

insbesondere wenn man sie sich in handelnder Form aneignen kann. Zu<br />

diesem Ziel sollen die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler einen Gestaltungsspielraum<br />

erhalten. Damit ist nicht nur gemeint, dass ein phantasieloser, allzu kleinschrittiger<br />

Drill vermieden werden soll. Es gehört auch der Gr<strong>und</strong>satz dazu, dass<br />

die Konstruktion den Vorrang gegenüber der Instruktion erhalten soll, da man<br />

davon ausgeht, dass ein nachhaltiger Lerneffekt erst eintritt, wenn man neue<br />

Inhalte <strong>und</strong> Fertigkeiten individuell an das bereits vorhandene Wissen andocken<br />

kann, <strong>und</strong> zwar in einem möglichst aktiven <strong>und</strong> selbstständigen Übersetzungsprozess.<br />

Eigentlich handelt es sich bei Hüthers Merkmalsbest<strong>im</strong>mung<br />

um eine moderne Fassung des bekannten pädagogischen Gr<strong>und</strong>satzes „Lernen<br />

mit Kopf, Herz <strong>und</strong> Hand“.<br />

In diesem Zusammenhang zeichnet sich der Perspektivwechsel des kompetenzorientierten<br />

bzw. standardbasierten Unterrichtens bereits ab. „Es geht<br />

eben gerade nicht darum, dass Inhalte <strong>für</strong> eine Klassenarbeit gelernt <strong>und</strong> wieder<br />

vergessen werden, sondern dass übergreifende Kompetenzen in gr<strong>und</strong>legenden<br />

Bereichen aufgebaut werden <strong>und</strong> überprüfbar über einen längeren<br />

Zeitraum zur Verfügung stehen. Damit zielen Bildungsstandards auf das<br />

„kumulative Lernen“, bei dem Inhalte <strong>und</strong> Prozesse aufeinander aufbauen,<br />

systematisch vernetzt, <strong>im</strong>mer wieder angewandt <strong>und</strong> aktiv gehalten werden.“ 9<br />

Hilbert Meyer unterscheidet zwischen horizontalem <strong>und</strong> vertikalem Transfer 10 .<br />

Be<strong>im</strong> horizontalen Transfer wird das <strong>im</strong> aktuellen Unterricht Gelernte in neuen<br />

Kontexten wiederholt <strong>und</strong> geübt bzw. auf neue Themen angewendet. Be<strong>im</strong><br />

vertikalen Transfer wird das neue Wissen <strong>im</strong> schon Bekannten <strong>und</strong> Gekonnten<br />

verankert. In jedem Fall kommen solche Transferleistungen nicht von selbst,<br />

sondern müssen jeweils in aktiven Phasen individuell konstruiert werden. Nur<br />

durch eine systematische <strong>und</strong> aktivierende Vernetzung kann aus „trägem Wissen“<br />

„intelligentes Wissen“ entstehen. Der Lehr- <strong>und</strong> Lernprozess sollte also<br />

so gestaltet werden, dass sich die Lernenden Wissen <strong>und</strong> Kenntnisse nicht additiv,<br />

segmentiert <strong>und</strong> punktuell in Form eines Aneinanderreihens aneignen.<br />

Wissen kann dauerhaft nur in sinnstiftenden Zusammenhängen mit hoher<br />

Komplexität erworben werden. Be<strong>im</strong> additiv konstruierten Lernprozess eignen<br />

sich die Lernenden Wissen zwar abgestuft <strong>und</strong> aufeinander bezogen an,<br />

jedoch erscheinen die einzelnen Arbeitsbereiche, die sogenannten Domänen,<br />

weitgehend isoliert <strong>und</strong> ohne inneren Zusammenhang. Das Bestreben nach<br />

kumulativ konstruierten Lernprozessen vermeidet „Inselwissen“, weil das bereits<br />

vorhandene Wissen als Ausgang verwendet <strong>und</strong> neues Wissen daran angeknüpft<br />

wird <strong>und</strong> größere Zusammenhänge reflektiert werden. Verständnis<br />

<strong>und</strong> Problemlösungsfähigkeiten erfordern aber metakognitive Strukturen, was<br />

zur Konsequenz hat, dass die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler systematisch in die<br />

Steuerung des Lernprozesses einbezogen werden <strong>und</strong> Verantwortung <strong>für</strong> ihren<br />

jeweiligen Lernfortschritt übernehmen.<br />

Die Abbildung 1 auf der folgenden Seite versucht die entscheidenden Merkmale<br />

des kompetenzorientierten Unterrichts in einer übersichtlichen Darstellung<br />

zusammenzufassen:<br />

9 Eckhard Klieme, zitiert nach Gabriele Obst: Kompetenzorientiertes Lehren <strong>und</strong> Lernen <strong>im</strong><br />

Religionsunterricht. Göttingen 2009, S. 201.<br />

10 Hilbert Meyer: Was ist guter Unterricht? Berlin 2008, S. 60.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Merkmale des kompetenzorientierten Unterrichts<br />

Abbildung 1<br />

erweiterter<br />

Kompetenzbegriff<br />

vernetzte<br />

Jahresplanung<br />

Kooperation<br />

auf Schulebene<br />

individueller<br />

Kompetenzerwerb<br />

differenziertes Üben<br />

auf der Basis von<br />

Förderplänen<br />

professionelle<br />

Lehrerpersönlichkeit<br />

pädagogische<br />

Diagnostik<br />

Schüler als Experten<br />

<strong>für</strong> das eigene Lernen<br />

Allen das Gleiche oder jedem das Seine? Der kompetenzorientierte Unterricht<br />

beantwortet diese Frage <strong>im</strong> Sinne einer konsequenten Schülerorientierung.<br />

Deshalb bildet der individuelle Kompetenzerwerb das Zentrum dieses didaktischen<br />

Modells. „Stehe ich an der Ziellinie, halte die zu erreichenden Punktzahlen<br />

hoch <strong>und</strong> sehe zu, wie die Schüler so gut sie können angelaufen kommen<br />

– oder bin ich an ihrer Seite <strong>und</strong> helfe ihnen, die Fertigkeiten zu erwerben,<br />

die sie brauchen?“ 11 Die Lernprozesse sollen so organisiert werden, dass sie<br />

einen bleibenden Erfolg haben. Eine notwendige Voraussetzung da<strong>für</strong> ist eine<br />

entsprechende innere Haltung der Lehrkraft, die darin besteht, sich da<strong>für</strong> zu interessieren,<br />

was die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler bereits wissen <strong>und</strong> können <strong>und</strong><br />

was sie besonders bewegt.<br />

Dabei muss <strong>im</strong>mer das dialektische Verhältnis von Kompetenzen <strong>und</strong> Unterrichtsgegenstand<br />

berücksichtigt werden, das der sogenannten Kompetenzanalyse<br />

zugr<strong>und</strong>e liegt. Bei der Unterrichtsplanung kann man – wie gewohnt – von<br />

einem Inhalt ausgehen <strong>und</strong> sich aus dem Bildungsplan die geeigneten Standards<br />

suchen, die am Beispiel des Unterrichtsgegenstandes eingeführt bzw.<br />

11 Todd Withaker: Was gute Lehrer anders machen. 14 Dinge, auf die es wirklich ankommt.<br />

Weinhe<strong>im</strong> <strong>und</strong> Basel 2009.<br />

Individueller<br />

Kompetenzerwerb<br />

11


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

12<br />

Kompetenzanalyse<br />

Erweiterter<br />

Kompetenzbegriff<br />

wiederholt <strong>und</strong> vertieft werden sollen. Oder man wählt eine zentrale Kompetenz<br />

aus, ergänzt sie um die dazu gehörenden Teilkompetenzen <strong>und</strong> sucht sich<br />

einen dazu passenden Inhalt aus. Das erste Verfahren, also vom Inhalt ausgehend<br />

zu den Kompetenzen findend, bietet sich besonders in der Kursstufe an,<br />

weil hier ja oft schon durch die Pflichtthemen notwendige Inhalte vorgeschrieben<br />

werden. Das zweite Verfahren, von einer Kompetenz aus passende Inhalte<br />

zu ergänzen, kann besonders gut in der Sek<strong>und</strong>arstufe I angewendet werden.<br />

methodischstrategisch<br />

Abbildung 2<br />

Ausgangspunkt des kompetenzorientierten Unterrichts ist der erweiterte Kompetenzbegriff<br />

12 . In den Unterrichtseinheiten – <strong>im</strong> Idealfall sogar in der jeweiligen<br />

Doppelst<strong>und</strong>e – sollen alle vier Kompetenzbereiche (der fachlich-inhaltliche,<br />

der methodisch-strategische, der sozial-kommunikative <strong>und</strong> der persönliche<br />

Bereich) berücksichtigt werden. Eine Vernetzung fachlicher <strong>und</strong> überfachlicher<br />

Kompetenzen ist besonders unter dem Aspekt der Handlungsorientierung<br />

erfolgversprechend, was eigentlich nichts anderes bedeutet, als dass die zu<br />

lernenden Gegenstände in möglichst lebensnahen S<strong>im</strong>ulationen angewendet<br />

werden sollen. Die Schwerpunktverlagerung auf eine Methodenkultur führt allerdings<br />

in eine Sackgasse. Statt eines isolierten Trainings best<strong>im</strong>mter Methoden,<br />

wie es teilweise noch an sogenannten Methodentagen stattfindet, sollte<br />

auf eine regelmäßige Verknüpfung mit wichtigen fachlichen Inhalten <strong>im</strong> normalen<br />

Unterricht geachtet werden, um ein nachhaltiges Lernen zu ermöglichen.<br />

12 Vgl. Abbildung 2<br />

Kompetenzmodell<br />

fachlich-inhaltlich<br />

Lernleistung<br />

persönlich<br />

Handlungskompetenz<br />

sozialkommunikativ


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Bei dem zweiten Merkmal der pädagogischen Diagnostik 13 geht es um die<br />

kontinuierliche Reflexion der <strong>im</strong> Unterricht von den Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern<br />

gezeigten Leistungen. Im Idealfall wird klar, welchen Entwicklungsstand<br />

der einzelne Lernende erreicht hat <strong>und</strong> über welche Entwicklungspotentiale er<br />

verfügt. Diese Form von Diagnose findet allerdings begleitend <strong>im</strong> Zuge der<br />

Unterrichtsgestaltung ohne den Anspruch einer wissenschaftlichen Basis statt.<br />

Zur diagnostischen Kompetenz der Lehrpersonen gehört das Beobachten, Beschreiben<br />

<strong>und</strong> Bewerten der Unterrichtsergebnisse 14 . Im Sinne einer Prozessdiagnostik<br />

15 sollten sich die Beobachtungen nicht nur auf die Auswertung von<br />

Unterrichtsprodukten beschränken, sondern auch den Lernverlauf <strong>und</strong> seine<br />

künftigen Gestaltungsmöglichkeiten berücksichtigen.<br />

Bei dieser Einschätzung werden die Lehrpersonen außerdem auf die jeweilige<br />

Bezugsnorm achten, nämlich auf die soziale <strong>und</strong> individuelle Zusammensetzung<br />

ihrer Klasse sowie auf die <strong>im</strong> Zusammenhang der jeweiligen<br />

Unterrichtseinheit <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong> stehenden Kriterien. Im Unterschied zu<br />

Rückmeldungen, die von einer absoluten Bezugsnorm ausgehen, wie den Vergleichsarbeiten<br />

oder der zentralen Reifeprüfung, ist es <strong>für</strong> die einzelne Lehrkraft<br />

wichtig, bei ihrer Diagnostik die jeweilige soziale Zusammensetzung der Klasse<br />

zu berücksichtigen, also ob es sich um eine Klasse in einer kleinstädtischen Umgebung<br />

mit einer relativ geringen gymnasialen Übergangsquote oder um eine<br />

Klasse in einer Universitätsstadt oder Großstadt handelt. Weiterhin ist es <strong>für</strong><br />

die einzelne Lehrkraft wichtig, auch individuelle Rückmeldungen geben zu können,<br />

auch wenn dies <strong>im</strong> Extremfall bedeuten kann, dass trotz einer deutlichen<br />

relativen Leistungssteigerung sich dies noch nicht in einer Verbesserung der<br />

Note niederschlägt („Du hast nicht mehr 40 Zeichensetzungsfehler gemacht,<br />

sondern nur noch 20.“). Schließlich soll durch transparent aufgestellte Kriterien<br />

<strong>für</strong> den jeweiligen Kompetenzbereich eine Möglichkeit zur Selbst- oder auch<br />

Peer-Einschätzung angeboten werden, durch die der einzelne Lernende nicht<br />

nur sein momentan erreichtes Niveau erkennen, sondern <strong>im</strong> Idealfall auch zugleich<br />

Anregungen <strong>für</strong> eine weitere Verbesserung, Vertiefung oder Erweiterung<br />

erhalten kann.<br />

Von der pädagogischen Diagnostik ist die Unterrichtsdiagnostik zu unterscheiden,<br />

zu der die gegenseitige Hospitation <strong>im</strong> Unterricht, aber auch die Unterrichtsberatung<br />

bzw. -beurteilung bei Besuchen <strong>im</strong> Rahmen einer externen<br />

Evaluation gehören, sowie die pädagogisch-psychologische Diagnostik, bei der<br />

durch einen Psychologen oder eine andere ausgebildete <strong>Fach</strong>kraft mit Hilfe von<br />

auf empirischer Gr<strong>und</strong>lage erstellten Testverfahren bei einem einzelnen Kind<br />

ohne Zeitdruck mögliche Entwicklungsbeeinträchtigungen festgestellt werden,<br />

zum Beispiel eine Lese-Rechtschreib-Schwäche. Allerdings sollte auch die pädagogische<br />

Diagnostik nicht zufällig, sondern systematisch <strong>und</strong> kriterienorientiert<br />

vorgenommen werden. Da langfristige Lernprozesse sehr komplex sind, kann<br />

mit der Diagnostik <strong>im</strong> Alltagsunterricht <strong>im</strong>mer nur ein Teilbereich erfasst werden,<br />

<strong>und</strong> das in der Regel auch nicht exakt. Hinzu tritt noch eine gewisse Unschärfe<br />

durch subjektive Voreingenommenheit, dadurch dass man seine Klasse leicht<br />

über- oder auch unterschätzt. Jede Lehrkraft sollte sich diese Grenzen bewusst<br />

machen. Dann ist die Gefahr, sich einerseits zu überfordern <strong>und</strong> andererseits<br />

die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler durch zu enge Maßstäbe zu gängeln, weniger<br />

13 Der Begriff wird in der Verwaltungsvorschrift vom 22.08.2008 verbindlich eingeführt.<br />

14 Vgl. dazu Lernen <strong>im</strong> Fokus der Kompetenzorientierung – Individuelles Fördern in der Schule<br />

durch Beobachten – Beschreiben – Bewerten – Begleiten. <strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung.<br />

Stuttgart 2009, S. 15.<br />

15 Vgl. Marianne Horstkemper: Fördern heißt diagnostizieren. In: Friedrich Jahresheft 2006<br />

Diagnostizieren <strong>und</strong> Fördern, S. 4−7.<br />

Pädagogische Diagnostik<br />

Bezugsnormen<br />

13


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

14<br />

Differenzierendes Üben<br />

Binnendifferenzierung<br />

Experten <strong>für</strong> das<br />

eigene Lernen<br />

Vernetzte Jahresplanung<br />

wahrscheinlich. Auf der anderen Seite ist eine wissenschaftliche Genauigkeit<br />

<strong>für</strong> die Zwecke des schulischen Alltags auch gar nicht notwendig. Und wenn<br />

man bei der Diagnose nach Möglichkeit von den Stärken der Schülerinnen <strong>und</strong><br />

Schüler ausgeht <strong>und</strong> sie in Form von Selbst- oder Peereinschätzungen auch<br />

beteiligt, lassen sich die erwähnten Schwächen ein Stück weit kompensieren.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Diagnostik <strong>im</strong> Unterricht werden die unterschiedlichen Lernstände<br />

der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler mit Hilfe von Stufenmodellen erfasst <strong>und</strong><br />

führen zu individuellen Förderplänen, die ein differenzierendes Üben auf verschiedenen<br />

Niveaustufen ermöglichen, so dass einerseits möglichst viele Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler die Chance erhalten, wenigstens einen Mindeststandard<br />

zu erreichen, andererseits die Lernenden, die bereits auf dem Expertenstandard<br />

angekommen sind, auch noch mit <strong>für</strong> ihr Niveau geeigneten Aufgaben<br />

üben können. Im kompetenzorientierten Unterricht soll also dem individuellen<br />

Training von Kompetenzen mehr Zeit eingeräumt werden. Dabei besteht das<br />

Ziel nicht darin, irgendwann alle Lernenden auf ein gemeinsames Niveau zu<br />

bringen, sondern <strong>im</strong> Sinne des Fairnessgedankens möglichst jedem Schüler<br />

<strong>und</strong> jeder Schülerin die Chance zu eröffnen, einen individuellen Lernerfolg zu<br />

erleben. Für Hilbert Meyer ist dieser Aspekt der Binnendifferenzierung sogar<br />

ein Alleinstellungsmerkmal des kompetenzorientierten Unterrichts 16 .<br />

Die beste Diagnose <strong>und</strong> Förderung hilft nicht wesentlich weiter, wenn die<br />

betroffenen Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler sie nicht verstehen <strong>und</strong> sich nicht zu eigen<br />

machen können. Die Analyse <strong>und</strong> die Auseinandersetzung mit den Bef<strong>und</strong>en<br />

der Diagnose sollten als gemeinsame Sache von Lehrkraft <strong>und</strong> Lernenden<br />

angesehen werden. Die Lehrkraft erfährt <strong>im</strong> besten Fall, was <strong>und</strong> wie die Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler lernen können, die Lernenden entwickeln sich nach <strong>und</strong><br />

nach zu Experten <strong>für</strong> das eigene Lernen <strong>und</strong> erhalten ein Stück weit eine Kontrolle<br />

über den eigenen Lernprozess. Durch den systematischen Einbau von Reflexionsphasen<br />

wird der Unterricht auf der Ebene der Metakognition überprüft<br />

<strong>und</strong> feinjustiert. Sowohl <strong>im</strong> Bereich der Diagnostik – in Form von Selbst- <strong>und</strong><br />

Peerdiagnose – als auch in den Übungsphasen, wenn es um das selbstständige<br />

Arbeiten geht, spielt die Eigenverantwortung der Lernenden eine entscheidende<br />

Rolle. Wenn man seine Stärken <strong>und</strong> Schwächen kennt, kann man<br />

entsprechend gefordert <strong>und</strong> gefördert werden. Dann hat man auch viel bessere<br />

Chancen, den Anforderungen gerecht zu werden.<br />

Wenn das langfristige Ziel des kompetenzorientierten Unterrichts als ein<br />

systematischer Aufbau von gr<strong>und</strong>legenden Kompetenzen definiert wird, müssen<br />

die einzelnen Unterrichtseinheiten in eine vernetzte Jahresplanung münden.<br />

Nur unter dieser Bedingung kann letzten Endes ein kumulatives Lernen<br />

erfolgreich realisiert werden. Kumulatives Lernen bedeutet insbesondere, neu<br />

erworbenes Wissen in vorhandene Wissensstrukturen einzubetten <strong>und</strong> diese<br />

allmählich auszudifferenzieren, bestehendes Wissen zu reorganisieren <strong>und</strong> dabei<br />

eine neue Sichtweise zu erlangen, durch die aktive Konstruktion von Wissen<br />

einen bewussten Kompetenzzuwachs zu erfahren <strong>und</strong> erworbene Wissensstrukturen<br />

durch die Anwendung auf neue Situationen <strong>und</strong> Problemstellungen<br />

zu festigen.<br />

16 Was ist Kompetenzorientierung – Interview mit Hilbert Meyer.<br />

www.schulmanagement-online.de 6 (2010), S. 23 f.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Keines der erläuterten fünf Merkmale des kompetenzorientierten Unterrichts<br />

ist <strong>für</strong> sich wirklich neu. Jedes Merkmal hat schon in unterschiedlicher Ausprägung<br />

in den letzten Jahren Eingang in die Unterrichtsentwicklung gef<strong>und</strong>en.<br />

Es ist wohl nicht übertrieben festzustellen, dass zu einer professionellen Interpretation<br />

der Lehrerrolle schon <strong>im</strong>mer die Fokussierung auf das gehört, was<br />

bei Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern ankommt. Dass man <strong>im</strong> Unterrichtsgespräch<br />

oder auch in Stillarbeitsphasen seine jeweilige Lerngruppe mit ihren Stärken<br />

<strong>und</strong> Schwächen wahrn<strong>im</strong>mt oder Lernzielkontrollen zum Anlass eines Feedbacks,<br />

einer gemeinsamen Reflexion oder sogar Korrektur der Unterrichtsarbeit<br />

n<strong>im</strong>mt, gehört ebenfalls zur Routine der meisten Lehrkräfte. Spätestens<br />

seit Einführung der GFS haben auch offene <strong>und</strong> handlungsorientierte Methoden<br />

deutliche Spuren <strong>im</strong> Unterrichtsalltag hinterlassen. Und die in vielen<br />

Schulen bereits seit Jahren gepflegte Freiarbeit in der Orientierungsstufe stellt<br />

durchaus eine Variante des selbstständigen, differenzierten Übens dar. Als neu<br />

kann aber die systematische Vernetzung dieser Merkmale in einem Konzept<br />

angesehen werden, das konsequent die Umsetzung des standardbasierten Bildungsplanes<br />

von 2004 anstrebt. Man kann sich dies Neue vielleicht am besten<br />

klar machen, wenn man sich selbstkritisch fragt, wie weit man in seinem eigenen<br />

Unterricht <strong>und</strong> innerhalb der eigenen Schule bei jedem einzelnen Merkmal<br />

vorangeschritten ist <strong>und</strong> was noch denkbar oder möglich wäre, bisher aber<br />

nicht genutzt wurde. Diese Überlegung soll in keiner Weise mit irgendeinem<br />

vorwurfsvollen Unterton verknüpft werden, aber sie kann vielleicht den Blick<br />

<strong>für</strong> ein noch lange nicht ausgeschöpftes Potential <strong>im</strong> Unterrichtsalltag öffnen.<br />

Natürlich zählen gerade auch in der Schule vor allem die Menschen <strong>und</strong><br />

nicht Programme. Und deshalb gilt auch <strong>im</strong> kompetenzorientierten Unterricht,<br />

dass ohne professionelle Lehrerpersönlichkeiten kein guter Unterricht gelingen<br />

kann. Der Lehrer als Brückenbauer <strong>und</strong> Lockvogel bleibt weiterhin das F<strong>und</strong>ament<br />

eines gelungenen Unterrichts. In letzter Zeit wird verstärkt darauf hingewiesen,<br />

dass insbesondere Kinder aus bildungsfernen Milieus auf ihre Lehrerin<br />

bzw. ihren Lehrer als Vermittlungsinstanz angewiesen sind 17 . Sie brauchen die<br />

Lehrkraft, wenn es darum geht, den Unterrichtsgegenstand in einen größeren<br />

Sinnzusammenhang zu stellen, um sich motiviert damit auseinanderzusetzen.<br />

Außerdem brauchen sie eine Orientierungshilfe, um nicht hilflos halbverstandenes<br />

Wissen anzuhäufen. Allerdings haben die bisherigen Forschungen zu<br />

keinen klaren Ergebnissen geführt, welche Eigenschaften den guten Lehrer<br />

bzw. die gute Lehrerin auszeichnen, denn die Fähigkeit, auf andere Menschen<br />

einzugehen, psychische Belastbarkeit <strong>und</strong> gewissenhafte Pflichterfüllung sind<br />

Voraussetzungen <strong>für</strong> alle Berufsgruppen <strong>im</strong> Dienstleistungsbereich 18 .<br />

Die Unterrichtsgestaltung der einzelnen Lehrkraft <strong>und</strong> ihre Einbettung in die<br />

schulischen Rahmenbedingungen muss so organisiert werden, dass sich die<br />

beiden Bereiche der Unterrichts- <strong>und</strong> der inneren Schulentwicklung gegenseitig<br />

unterstützen. Kooperationen <strong>und</strong> Absprachen auf Schulebene werden bisher<br />

oft noch nicht opt<strong>im</strong>al genutzt, obwohl sich daraus mittelfristig ein großes<br />

Entlastungspotential <strong>für</strong> die einzelne Lehrkraft ergeben könnte. So wurde beispielsweise<br />

durch die Einführung des Doppelst<strong>und</strong>enmodells eine wesentliche<br />

Voraussetzung <strong>für</strong> kompetenzorientiertes Unterrichten geschaffen. Ohne entsprechende<br />

Rahmenbedingungen werden neue Unterrichtsakzente wohl <strong>im</strong><br />

Ansatz des Einzelkämpferstadiums stecken bleiben. Hier wären insbesondere<br />

die <strong>Fach</strong>schaften als der „schlafende Riese“ der Unterrichtsentwicklung noch<br />

17 Vgl. Hilbert Meyer/Andreas Feindt / Wolfgang Fichten: Was wissen wir über erfolgreiche<br />

Unterrichtsentwicklung? In Friedrich Jahreshaft 2007, S. 66 ff. sowie Michael Felten: Gerne<br />

Lehrer sein! In <strong>Deutsch</strong>magazin 1 (2011), S. 8 ff.<br />

18 Ewald Terhart: Was wissen wir über gute Lehrer? In Friedrich Jahresheft 2007, S. 20 ff.<br />

Worin besteht das Neue?<br />

Lehrer als Brückenbauer<br />

<strong>und</strong> Lockvogel<br />

Kooperationen <strong>und</strong><br />

Absprachen auf Schulebene<br />

15


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

16<br />

zu entdecken. Das Feld der möglichen Absprachen auf <strong>Fach</strong>schaftsebene ist<br />

weit, ohne dass dies mit einer stärkeren Einschränkung des individuellen pädagogischen<br />

Handlungsspielraums verb<strong>und</strong>en sein muss: eine Festlegung der<br />

Modalitäten <strong>für</strong> die Erstellung der Unterrichtsnote <strong>und</strong> <strong>für</strong> den Umgang mit<br />

Hausaufgaben, das Sammeln von gelungenen Diagnoseinstrumenten <strong>und</strong> abgestuften<br />

Trainingsaufgaben in einem digitalen Pool, eine gemeinsame vernetzte<br />

Jahresplanung, die verlässliche Behandlung von literarischen Werken, eine regelmäßige<br />

Überprüfung <strong>und</strong> Weiterentwicklung des internen Kern- <strong>und</strong> Schulcurriculums,<br />

die Planung einer kontinuierlichen schulnahen Fortbildungsarbeit<br />

in Zusammenarbeit mit den <strong>für</strong> den Sprengel zuständigen <strong>Fach</strong>beraterinnen<br />

<strong>und</strong> <strong>Fach</strong>beratern. Auch auf der Ebene der Schulentwicklung gibt es erfolgversprechende<br />

Kooperationsideen. Als Anregungen seien nur genannt: Überlegungen<br />

zum Raumkonzept der Schule 19 , die Gestaltung der Lernumgebung<br />

<strong>im</strong> Sinne eines schülerorientierten Unterrichts, eine st<strong>und</strong>enplantechnische<br />

Unterstützung von Parallelunterricht <strong>und</strong> zur Bildung von kleinen Lehrerteams<br />

<strong>für</strong> einzelne Klassen oder Jahrgänge, die Einführung eines Coaching-Systems<br />

<strong>für</strong> junge Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer in ihren ersten drei Berufsjahren.<br />

Bei allen außerunterrichtlichen Unterstützungssystemen gilt es Schritt <strong>für</strong><br />

Schritt vorzugehen <strong>und</strong> Reformen nicht nur <strong>für</strong> das Papier oder eine auf Außenwirkung<br />

bedachte Dokumentation zu beschließen, so dass einerseits be<strong>im</strong><br />

Kollegium nicht der Eindruck einer übermäßigen <strong>und</strong> überflüssigen zeitlichen<br />

Zusatzbelastung entsteht <strong>und</strong> andererseits wirklich eine mittelfristige Entlastung<br />

be<strong>im</strong> einzelnen Lehrenden erzielt werden kann.<br />

19 Viele Anregungen dazu finden sich in der Handreichung „Erfahrungen mit veränderten<br />

Schulraumkonzepten“. <strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung Stuttgart 2010.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

2 Diagnostizieren <strong>und</strong> innere Differenzierung<br />

Die euphorische St<strong>im</strong>mung, mit der selbstreguliertes Lernen oftmals propagiert<br />

wird, spiegelt sich in den Ergebnissen der bisherigen empirischen Forschungen<br />

allerdings nicht 1 . Einen eindeutigen Schlüssel <strong>für</strong> hohe Unterrichtsqualität<br />

gibt es offenbar nicht. Bestätigt hat sich nur, dass ein hoher Anteil an<br />

effektiver Lernzeit <strong>und</strong> eine klare Strukturierung des St<strong>und</strong>enverlaufs zu besseren<br />

Ergebnissen führen. Ansonsten hat guter Unterricht ein individuelles<br />

Profil. Dabei zeigt sich eine vielfältige Mischung von Unterrichtsformen <strong>und</strong><br />

unterschiedlichen Methoden einem Vorgehen nach einem einheitlichen Schema<br />

überlegen. „Eine Mischung von lehrerzentriertem <strong>und</strong> offenem Unterricht<br />

führt durchschnittlich zu besseren Lernergebnissen als die einseitige Fixierung<br />

auf eines der beiden Konzepte.“ 2<br />

Ein Unterricht, der größten Wert auf die selbstständige, eigenverantwortliche<br />

Arbeit der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler legt, riskiert die Überforderung der<br />

leistungsschwächeren Lernenden. Zu häufiger Methodenwechsel läuft Gefahr,<br />

dass die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler die inhaltlichen Hauptziele aus dem Blick<br />

verlieren. Ein solider Frontalunterricht mit einem schülergerechten <strong>und</strong> kognitiv<br />

anregenden Unterrichtsgespräch vermittelt effektiv den Stoff. Keine Unterrichtsmethode<br />

ist an sich besser als andere. Es kommt <strong>im</strong>mer darauf an, wie<br />

sie jeweils eingesetzt wird <strong>und</strong> welchem Zweck sie dient. Außerdem muss man<br />

<strong>im</strong>mer auch die Stärken <strong>und</strong> Schwächen der jeweiligen Lerngruppe berücksichtigen.<br />

Die bisherigen Forschungsergebnisse zeigen auch, dass es verkehrt wäre,<br />

die Elemente der überkommenen Unterrichtsroutine in Bausch <strong>und</strong> Bogen zu<br />

verdammen <strong>und</strong> einen völligen Neuanfang zu predigen. Andererseits bestärken<br />

sie aber auch einen Unterricht, der sich an den jeweiligen Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schülern orientiert <strong>und</strong> Angebote bereitstellt, die auf vielfältige Weise ein<br />

möglichst individuell angepasstes Förderprogramm enthalten. Da<strong>für</strong> aber ist<br />

es sinnvoll, die Voraussetzungen <strong>und</strong> den Bedarf der jeweiligen Lerngruppe als<br />

auch individuelle Trainingsschwerpunkte zu ermitteln, um die daraus abgeleiteten<br />

Maßnahmen der inneren Differenzierung möglichst effektiv zu organisieren.<br />

Die Ergebnisse der nationalen <strong>und</strong> internationalen Vergleichsarbeiten, die<br />

Beobachtung einer zunehmenden Heterogenität der Klassen <strong>im</strong> Zuge der sozialen<br />

Öffnung der Gymnasien auch <strong>für</strong> so genannte bildungsferne Milieus,<br />

aber auch als Folge eines deutlichen gesellschaftlichen Individualisierungstrends<br />

<strong>und</strong> schließlich die letzten Erkenntnisse der Neurobiologie 3 legen ein<br />

Unterrichtsmodell nahe, das eine Kombination von bewährten didaktischen<br />

<strong>und</strong> methodischen Bausteinen mit dem Konzept des kompetenzorientierten<br />

Unterrichts anstrebt.<br />

Das in dieser Handreichung vorgeschlagene Modell <strong>für</strong> eine kompetenzorientierte<br />

Unterrichtseinheit wurde von Angelika Schmitt-Kaufhold aus dem von<br />

Thorsten Bohl entwickelten Diagnosekreislauf 4 abgeleitet. Die Unterrichtseinheit<br />

(vergleiche Abbildung 3) veranschaulicht einerseits die <strong>im</strong> ersten Kapitel<br />

angesprochenen Merkmale des kompetenzorientierten Unterrichts, anderer-<br />

1 Vgl. Hilbert Meyer/Andreas Feindt / Wolfgang Fichten: Was wissen wir über erfolgreiche<br />

Unterrichtsentwicklung? In Friedrich Jahresheft 2007, S. 66–70.<br />

2 aaO S. 67.<br />

3 Manfred Spitzer: Lernen. Gehirnforschung <strong>und</strong> die Schule des Lebens. Heidelberg 2002/<br />

Gerhard Roth: Bildung braucht Persönlichkeit. Wie Lernen gelingt. Stuttgart 2011.<br />

4 Thorsten Bohl: Prüfen <strong>und</strong> Bewerten <strong>im</strong> Offenen Unterricht. Weinhe<strong>im</strong> <strong>und</strong> Basel 2005. S. 79.<br />

Empirische<br />

Forschungsergebnisse<br />

Konsequenzen<br />

Modell <strong>für</strong> eine<br />

kompetenzorientierte<br />

Unterrichtseinheit<br />

17


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

VII<br />

I<br />

18<br />

Eine kompetenzorientierte Unterrichtseinheit<br />

Klassenarbeit<br />

Nächste UE<br />

Unterrichtsplanung<br />

- Hauptkompetenzen der Unterrichtseinheit best<strong>im</strong>men<br />

- den Kompetenzen Inhalte zuordnen (oder umgekehrt)<br />

- Teilkompetenzen ermitteln<br />

- Arbeitstechniken festlegen<br />

Abbildung 3<br />

VI<br />

Trainingsaufgaben zu<br />

Teilkompetenzen<br />

(Individualisierung,<br />

Binnendifferenzierung)<br />

methodisch:<br />

Stationen, Lerntheke ...<br />

1 2 3 4 5 n<br />

Training der<br />

Teilkompetenzen<br />

(1−n)<br />

II<br />

V<br />

III<br />

IV<br />

Eingangsdiagnose<br />

Zwischendiagnose<br />

- Selbsteinschätzung<br />

- Fremdeinschätzung<br />

gemeinsamer Unterricht<br />

Phasen nach<br />

Teilkompetenzen<br />

Feinplanung der UE<br />

auf der Basis der<br />

Eingangsdiagnose<br />

- Bildungsplan<br />

- Schulcurriculum<br />

- Schulprofil


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

seits wird auch deutlich, wie der herkömmliche Unterricht durch die relativ<br />

neuen Elemente der Diagnose <strong>und</strong> der Binnendifferenzierung angereichert<br />

werden kann. Dies soll lediglich als Anregung dienen <strong>und</strong> ist keineswegs als<br />

Muster oder gar als Patentrezept gedacht. Besonders bei der Einführung einer<br />

neuen Aufsatzform, die dann auch als Klassenarbeit vorgesehen ist, könnte<br />

sich der vorgeschlagene Ablauf als hilfreich erweisen, um die Lehrkraft sowie<br />

die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler mit den Gr<strong>und</strong>sätzen des kompetenzorientierten<br />

Unterrichts vertraut zu machen. Ansonsten können auch nur einzelne Elemente<br />

in bereits bestehende Unterrichtseinheiten integriert werden, damit der Grad<br />

der Schülerorientierung verstärkt wird.<br />

Die Phasen I <strong>und</strong> II werden am besten schon einige Tage vor dem eigentlichen<br />

Beginn der neuen Unterrichtseinheit durchgeführt. In Phase I geht es<br />

um eine Grobplanung der Unterrichtseinheit, wie sie schon <strong>im</strong>mer notwendig<br />

war. Ausgehend vom Bildungsplan <strong>und</strong> unter Berücksichtigung des Schulcurriculums<br />

bzw. eventuell auch des Schulprofils wird der Unterrichtsgegenstand<br />

festgelegt, indem man entweder eine oder mehrere wesentliche Kompetenzen<br />

auswählt <strong>und</strong> ihnen entsprechende Inhalte zuordnet, an denen sich diese Kompetenzen<br />

exemplarisch erarbeiten lassen, oder indem man einen Unterrichtsgegenstand<br />

wählt – zum Beispiel ein Jugendbuch – <strong>und</strong> sich überlegt, welche<br />

Kompetenzen sich sinnvoller Weise innerhalb der Jahresplanung anhand dieses<br />

Inhaltes einführen, erweitern, vertiefen <strong>und</strong> üben lassen. Zur Grobplanung gehört<br />

weiterhin eine so genannte Kompetenzanalyse, durch die die festgelegte<br />

Hauptkompetenz elementarisiert wird, das heißt, die in der Kompetenz enthaltenen<br />

Teilkompetenzen werden ermittelt <strong>und</strong> in eine sinnvolle Reihenfolge gebracht,<br />

die dann die Gr<strong>und</strong>lage der einzelnen St<strong>und</strong>en der Unterrichtseinheit,<br />

insbesondere der Phase IV, der Erarbeitungsphase, bilden.<br />

Die zweite Phase entspricht einer Eingangsdiagnose, wodurch die Ausgangslage<br />

der Lerngruppe ermittelt werden soll. Hierbei geht es noch nicht pr<strong>im</strong>är<br />

um das Vorwissen <strong>und</strong> die Fähigkeiten des einzelnen Schülers oder der einzelnen<br />

Schülerin, sondern der Lernbedarf <strong>und</strong> die mögliche Motivation der zu<br />

unterrichtenden Klasse stehen <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong>, um anschließend in der Phase<br />

III mit den Ergebnissen der Eingangsdiagnose die Feinplanung der Unterrichtseinheit<br />

vorzunehmen, nämlich die Frage zu klären, auf welche Teilkompetenzen<br />

ein besonderer Schwerpunkt gelegt werden sollte.<br />

Im Idealfall beginnt einige Tage nach der Auswertung der Eingangsdiagnose<br />

<strong>und</strong> auf der Basis der daraus resultierenden Feinplanung der Unterricht (entspricht<br />

Phase IV). Nach <strong>und</strong> nach werden die einzelnen Teilkompetenzen erarbeitet.<br />

Dieser Teil entspricht weitgehend dem herkömmlichen, durchaus differenzierenden<br />

Unterricht, wenn man einmal davon absieht, dass er bei einer<br />

geglückten Eingangsdiagnose wesentlich schülerorientierter <strong>und</strong> somit zielführender<br />

stattfinden kann.<br />

Während bei einer traditionellen Planung sich danach oft schon die Leistungsmessung<br />

anschließt, setzt die kompetenzorientierte Unterrichtseinheit<br />

zunächst eine Zwischendiagnose (entspricht Phase V) an, mit der überprüft werden<br />

soll, inwieweit der einzelne Schüler bzw. die einzelne Schülerin die in Phase<br />

IV erarbeiteten Teilkompetenzen erworben hat. Wie schon bei der Eingangsdiagnose<br />

sollen die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler auch hier nach Möglichkeit eine<br />

Mitverantwortung übernehmen. Dies kann bei der Durchführung mit Hilfe einer<br />

Selbsteinschätzung oder einer Peereinschätzung (Diagnose durch Mitschüler<br />

<strong>und</strong> Mitschülerinnen) geschehen. Und auch bei der Besprechung <strong>und</strong> Auswertung<br />

der Ergebnisse können die Lernenden miteinbezogen werden, was sich<br />

als besonders hilfreich erweisen könnte, wenn es darum geht, den jeweiligen<br />

Grobplanung<br />

Kompetenzanalyse<br />

Eingangsdiagnose<br />

Feinplanung<br />

Erarbeitungsphase<br />

Zwischendiagnose<br />

Selbsteinschätzung<br />

Peereinschätzung<br />

19


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

VII<br />

I<br />

20<br />

Unterrichtseinheit zur Wiederholung <strong>und</strong> Vertiefung<br />

VI<br />

Klassenarbeit<br />

Reflexion<br />

Vergleich mit Lernstand<br />

am Anfang<br />

Nächste UE<br />

Training der<br />

Teilkompetenzen<br />

(1−n)<br />

Unterrichtsplanung<br />

- Hauptkompetenzen der Unterrichtseinheit best<strong>im</strong>men<br />

- den Kompetenzen Inhalte zuordnen (oder umgekehrt)<br />

- Teilkompetenzen ermitteln<br />

- Arbeitstechniken festlegen<br />

Abbildung 4<br />

II<br />

V<br />

3<br />

4<br />

Unterricht<br />

Anwendung, Vertiefung,<br />

Erweiterung<br />

2<br />

5<br />

1<br />

III<br />

n<br />

IV<br />

Eingangsdiagnose<br />

Nächste UE<br />

Zwischendiagnose<br />

- Selbsteinschätzung<br />

- Fremdeinschätzung<br />

Trainingsaufgaben zu<br />

Teilkompetenzen<br />

(Individualisierung,<br />

Binnendifferenzierung)<br />

methodisch:<br />

Stationen, Lerntheke ...<br />

- Bildungsplan<br />

- Schulcurriculum<br />

- Schulprofil


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Trainingsbedarf zu best<strong>im</strong>men. Denn <strong>im</strong> Vergleich zur Lernbedarfsdiagnose<br />

am Anfang der Unterrichtseinheit ist das Hauptziel der Zwischendiagnose, den<br />

Stand des einzelnen Lernenden herauszufinden, um daraus in Phase VI möglichst<br />

passgenaue Trainingsaufgaben <strong>im</strong> Sinne der Wiederholung, Erweiterung<br />

<strong>und</strong> Vertiefung abzuleiten.<br />

Bei den differenzierenden Aufgaben in der Trainingsphase wird von drei Niveaustufen<br />

<strong>für</strong> jede Teilkompetenz ausgegangen, so wie es auch bei den Niveaukonkretisierungen<br />

5 , die verbindlich den Bildungsplan ergänzen, der Fall<br />

ist. Dabei entspricht die Niveaustufe A dem Mindeststandard, also der Basis,<br />

die nach Möglichkeit jeder Lernende erreichen sollte. Die Stufe B entspricht<br />

dem Regelstandard, der in Baden-Württemberg die Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die Standarddefinitionen<br />

<strong>im</strong> Bildungsplan abgibt. Die Stufe C schließlich entspricht<br />

dem Expertenstandard <strong>und</strong> umfasst eine deutlich über dem Begabungs- <strong>und</strong><br />

Altersdurchschnitt liegende Realisierung der jeweiligen Teilkompetenz. Diese<br />

Einstufung orientiert sich am europäischen Referenzrahmen <strong>für</strong> den Fremdsprachenerwerb.<br />

Erst nach einer intensiven Trainingsphase schließt die kompetenzorientierte<br />

Unterrichtseinheit mit einer Klassenarbeit ab, deren Ergebnisse<br />

dann <strong>im</strong> Sinne einer vernetzten Jahresplanung <strong>und</strong> einer transparenten Evaluation<br />

in den nächsten Unterrichtseinheiten berücksichtigt <strong>und</strong> fortgeführt werden<br />

sollten.<br />

Bei der Eingangsdiagnose wäre auch der Bef<strong>und</strong> denkbar, dass die <strong>für</strong> die<br />

geplante Unterrichtseinheit zugr<strong>und</strong>e gelegten wesentlichen Teilkompetenzen<br />

in der Lerngruppe gar nicht oder nicht <strong>im</strong> notwendigen Maße beherrscht werden.<br />

Für diesen Fall müsste mit der Variante einer Unterrichtseinheit zur Wiederholung<br />

<strong>und</strong> Vertiefung operiert werden (vergleiche Abbildung 4). Dabei<br />

würde die Phase der Neueinführung zurückgestellt werden zugunsten eines<br />

intensiven Trainings der aufgr<strong>und</strong> der Eingangsdiagnose noch nicht genügend<br />

entwickelten Teilkompetenzen. Erst nach einer Zwischendiagnose, die überprüft,<br />

ob die notwendigen Teilkompetenzen von den meisten Schülerinnen <strong>und</strong><br />

Schülern wenigstens auf dem Niveau des Mindeststandards beherrscht werden,<br />

könnte man dann mit der neuen Einheit beginnen, also den Unterricht mit<br />

der Phase IV der kompetenzorientierten Unterrichtseinheit fortsetzen.<br />

Die beiden beschriebenen Unterrichtseinheiten versuchen auch die <strong>für</strong><br />

nachhaltiges Lernen notwendige „st<strong>im</strong>mige Balance zwischen Eigenzeit <strong>und</strong><br />

Systemzeit“ 6 herzustellen, indem die Lernenden während der Trainingsphasen<br />

gemäß ihrem individuellen Tempo üben können. Dies benötigt allerdings mehr<br />

Unterrichtszeit als der herkömmliche Unterricht, der die zu behandelnden Inhalte<br />

nach <strong>und</strong> nach abarbeitet. Aber bei einem rein inhaltlich orientierten Unterrichtskonzept<br />

besteht <strong>im</strong>mer die Gefahr, dass der Unterricht an einem Teil der<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler vorbei läuft. „Kriterium <strong>für</strong> eine sinnvolle Nutzung<br />

der Ressource Zeit sind nicht die vermittelten Wissensmengen, sondern die Art<br />

<strong>und</strong> Intensität der Lern- <strong>und</strong> Verstehensprozesse.“ 7 Wenn auch bei einem ganz<br />

bewusst schülerorientierten, also kompetenzorientierten Vorgehen keine Gewähr<br />

da<strong>für</strong> besteht, dass man alle Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler mitnehmen kann,<br />

weil dies ja auch von unterrichtsexternen Faktoren, insbesondere dem volitionalen<br />

Bereich abhängt, so darf man sich doch eine nachhaltigere Wirkung der<br />

Unterrichtsergebnisse erhoffen. Wenn dies so wäre, dann könnte man mittel-<br />

<strong>und</strong> langfristig die zunächst investierte Mehrzeit wieder einholen, insbesondere<br />

bei einer vernetzten Jahresplanung <strong>und</strong> Kooperationen auf <strong>Fach</strong>schafts- oder<br />

5 www.bildung-staerkt-menschen.de/service/downloads/Niveaukonkretisierung/<br />

6 Annemarie von der Groeben: Verschiedenheit nutzen. Besser lernen in heterogenen Gruppen.<br />

Berlin 2008, S. 33.<br />

7 Ebenda S. 34.<br />

Trainingsphase<br />

Mindeststandard<br />

Regelstandard<br />

Expertenstandard<br />

Unterrichtseinheit<br />

zur Wiederholung <strong>und</strong><br />

Vertiefung<br />

Üben gemäss dem<br />

individuellen Tempo<br />

21


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

Diagnoseaufgaben<br />

Gefahren der<br />

pädagogischen Diagnostik<br />

22<br />

Schulebene. Im Übrigen sei noch einmal daran erinnert, dass ja keineswegs<br />

davon ausgegangen wird, dass in Zukunft jede Unterrichtseinheit nach dem<br />

beschriebenen Schema ablaufen soll.<br />

Die Diagnoseaufgaben testen isolierte Kompetenzen <strong>und</strong> sollten deshalb<br />

möglichst passgenau auf die zu überprüfenden Teilkompetenzen abgest<strong>im</strong>mt<br />

sein. Auch wenn sie <strong>im</strong> Unterrichtsalltag den hohen Anspruch einer empirischen<br />

Objektivität mit möglichst eindeutiger Lösung wie in den Vergleichsarbeiten<br />

nicht erfüllen können <strong>und</strong> auch nicht erfüllen müssen, gilt es dennoch,<br />

Realisierungsmöglichkeiten zu entwickeln, die das angespannte Zeitbudget der<br />

Lehrenden nicht unnötig strapazieren. Aber man muss auch nicht alles neu erfinden<br />

<strong>und</strong> kann zunächst auf Vorhandenes <strong>und</strong> Bewährtes zurückgreifen. Bei<br />

den geschlossenen <strong>und</strong> halboffenen Aufgabenformaten finden sich zum Beispiel<br />

oft geeignete Teile in den Vergleichsarbeiten, die ja in jeder Schule gesammelt<br />

vorliegen. Auch die vorhandenen Schulbücher liefern Materialien, die<br />

unverändert oder leicht abgewandelt <strong>und</strong> ergänzt eingesetzt werden können.<br />

In der letzten Zeit lässt sich beobachten, dass auch binnendifferenzierende<br />

Aufgabenangebote auf den Schulbuchmarkt gelangen. Jede Lehrkraft verfügt<br />

auch nach einigen Jahren der Berufserfahrung über einen bewährten F<strong>und</strong>us<br />

an Lern- <strong>und</strong> Übungsaufgaben. Bei halboffenen Aufgaben ist es oft nützlich,<br />

von den Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern Begründungen ergänzen zu lassen. Bei<br />

den offenen Aufgaben müssen holistische Einschätzungen auf Gr<strong>und</strong>lage der<br />

üblichen Kriterien genügen. Im Bereich der Schreibkompetenz wird die Diagnose<br />

sicher aufwendiger, aber möglicherweise genügen auch Stichproben oder<br />

Teilaufsätze. Außerdem lassen sich auch die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler be<strong>im</strong><br />

Gegenlesen in vielfältiger Weise beteiligen, was zu einer wesentlichen Entlastung<br />

der Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer beitragen kann. Die Aufgaben sollten nach<br />

Möglichkeit unter dem Aspekt der Korrekturfre<strong>und</strong>lichkeit angelegt werden.<br />

Aufgaben mit grafischen, schnell erfassbaren Lösungen, zum Beispiel Strukturskizzen,<br />

Erzählbögen, Verbindungslinien zwischen Begriffen oder farbige Markierungen,<br />

können die Auswertungsarbeit deutlich erleichtern. Auch andere<br />

Formen der Diagnose sind möglich, zum Beispiel die Methode des Portfolios,<br />

szenische Formen oder auch die gezielte Beobachtung <strong>im</strong> Unterricht.<br />

Annemarie von der Groeben 8 weist zu Recht daraufhin, dass der Begriff der<br />

Diagnose in zweierlei Hinsicht eine gewisse Gefahr birgt: Erstens suggeriert<br />

das aus der Medizin entlehnte Wort, dass es Defizite zu finden gilt. Sinnvoller<br />

aber ist es <strong>im</strong> pädagogischen Bereich stärkenorientierte Bef<strong>und</strong>e zu sammeln.<br />

Zweitens könnte man in zu opt<strong>im</strong>istischer Weise annehmen, dass es relativ<br />

einfach ist, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, wenn man erst einmal die Fähigkeiten<br />

der Lernenden genau erfasst hat. Aber <strong>im</strong> laufenden Unterricht dürfte<br />

es wohl nur selten gelingen, wirklich verlässliche Beobachtungen zu sammeln.<br />

Und daraus absolut individuell passgenaue Trainingsaufgaben zu entwickeln,<br />

dürfte ebenfalls fast unmöglich sein. Man sollte sich also nicht täuschen lassen<br />

<strong>und</strong> dazu stehen, dass es <strong>im</strong>mer nur um Annäherungswerte gehen kann, die<br />

allerdings dennoch eine persönliche Rückmeldung ermöglichen, woraus sich<br />

wieder die Chance zu einem bewussten <strong>und</strong> sinnvollen individuellen Üben ableiten<br />

lässt. Letzten Endes geht es nicht darum, ein präzises <strong>und</strong> vollständiges<br />

Bild des gesamten Lernstandes jeder Schülerin <strong>und</strong> jedes Schülers zu gewinnen,<br />

sondern lediglich einen <strong>für</strong> die Opt<strong>im</strong>ierung des Lernprozesses aussagefähigen<br />

Ausschnitt auszuwählen <strong>und</strong> zu beleuchten.<br />

Ganz wichtig ist es, Diagnose <strong>und</strong> Trainingsbausteine als benotungsfreie<br />

Zeiten zu definieren. Denn nur unter dieser Voraussetzung kann es gelingen,<br />

8 Annemarie von der Groeben: Verschiedenheit nutzen. Berlin 2008. S. 80.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

dass Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler ihre Fehler als produktive Chance erkennen<br />

<strong>und</strong> sich auf der Ebene der Metakognition aktiv an der Auswertung der Unterrichtsergebnisse<br />

beteiligen. Wenn es tendenziell gelingen könnte, insbesondere<br />

auch Diagnoseaufgaben in Richtung einer Stärkenorientierung zu erstellen,<br />

ließe sich die Bereitschaft, Mitverantwortung <strong>für</strong> einen erfolgreichen Unterrichtsverlauf<br />

zu übernehmen, wahrscheinlich noch deutlich verbessern.<br />

Diagnose <strong>und</strong> daraus sich ergebende Übungsphasen bilden den Prozess der<br />

„4-B-Förderspirale“ 9 ab. Zur Diagnosephase zählen die drei Schritte des Beobachtens,<br />

Beschreibens <strong>und</strong> Bewertens. Da sich eine Kompetenz selber nicht<br />

direkt erkennen lässt, geht es be<strong>im</strong> Beobachten um die Wahrnehmung der Performanz.<br />

Zum Beschreiben gehört die Dokumentation der Performanz. Durch<br />

das Bewerten der Diagnoseergebnisse sollen der Lernstand der Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler analysiert werden, woraus sich dann möglichst passgenaue Zielbest<strong>im</strong>mungen<br />

<strong>für</strong> die anschließende Phase des differenzierenden Übens ergeben.<br />

Wie bereits erwähnt sollten die Lernenden bei der Auswertung aktiv<br />

einbezogen werden. Das Feedback sollte informierend <strong>und</strong> wertschätzend sein,<br />

auch wenn es um mögliche aufgedeckte Defizite geht. Nach der Erstellung eines<br />

geeigneten Angebots von Lernaufgaben steht <strong>für</strong> die Lehrkraft in der Phase des<br />

intensiven Trainings an den jeweiligen Teilkompetenzen vor allem das Begleiten<br />

<strong>und</strong> Unterstützen der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong>.<br />

Hochwirksame Lernaufgaben sollten intelligente Übungen 10 ohne Drillcharakter<br />

anbieten <strong>und</strong> das Interesse der Lernenden durch eine ansprechende kognitive<br />

Aktivierung wecken, <strong>und</strong> zwar auf allen Niveaustufen. Dazu gehört auch<br />

eine entsprechende Ergebnisoffenheit <strong>im</strong> Sinne von variablen <strong>und</strong> kreativen<br />

Lösungsmöglichkeiten. Die Aufgaben sollten den Erwerb <strong>und</strong> die Entwicklung<br />

von Teilkompetenzen zum Ziel haben. Um einen individuellen Lernfortschritt zu<br />

ermöglichen, müssen die Aufgaben auf unterschiedlichen Niveaus formuliert<br />

werden <strong>und</strong> sich an den Kompetenzstufen orientieren, über die die Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler verfügen, d. h. sie gehen von den jeweiligen Stärken aus<br />

<strong>und</strong> vermeiden Über- bzw. Unterforderung. So ist auch die Wahrscheinlichkeit<br />

eines Erfolgserlebnisses bei entsprechender vorauszusetzender individueller<br />

Einsatzbereitschaft relativ hoch. Durch die Aufgaben soll also nicht nur Wissen<br />

vermittelt werden. Es geht auch um Fähigkeiten <strong>und</strong> Einstellungen, die die<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler in die Lage versetzen, zukünftige Anforderungssituationen<br />

angemessen zu bewältigen.<br />

Um eine Individualisierung <strong>im</strong> Normalunterricht realisieren zu können,<br />

reicht es in der Regel aus, eine Differenzierung in drei Stufen vorzunehmen,<br />

so wie es die Niveaukonkretisierungen in Anlehnung an den europäischen Referenzrahmen<br />

<strong>für</strong> den Fremdsprachenerwerb vorschlagen. Dabei entsprechen<br />

das A-Niveau der niedrigsten <strong>und</strong> das C-Niveau der höchsten Performanzstufe<br />

des jeweiligen Standards. Hilbert Meyer definiert die drei Stufen mit ihrem<br />

jeweiligen intellektuellen Anspruchsniveau folgendermaßen 11 : Be<strong>im</strong> Mindeststandard<br />

(Stufe A) biete sich ein Denken <strong>und</strong> Handeln nach Vorschrift an, be<strong>im</strong><br />

Regelstandard (Stufe B) gehe es um ein Denken <strong>und</strong> Handeln nach Einsicht<br />

<strong>und</strong> be<strong>im</strong> Expertenstandard (Stufe C) dürfe man ein selbstreguliertes Handeln<br />

erwarten. Diese Beschreibung enthält bereits deutliche Anregungen, wie man<br />

eine einzelne Aufgabenidee ganz unterschiedlich der jeweiligen Niveaustufe<br />

entsprechend ausarbeiten kann. Für Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler auf der Stufe<br />

9 Lernen <strong>im</strong> Fokus der Kompetenzorientierung. Individuelles Fördern in der Schule durch<br />

Beobachten – Beschreiben – Bewerten – Begleiten. <strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Stuttgart 2009.<br />

10 Vgl. Annemarie von der Groeben: Verschiedenheit nutzen. Berlin 2008. S. 136.<br />

11 Meyer, Hilbert: Was ist Kompetenzorientierung. Interview in: Schulmanagement 6 (2010), S. 25.<br />

Benotungsfreie Zeiten<br />

4-B-Förderspirale<br />

Beobachten<br />

Beschreiben<br />

Bewerten<br />

Begleiten<br />

Kognitive Aktivierung<br />

Ergebnisoffenheit<br />

Keine Über- bzw.<br />

Unterforderung<br />

Individualisierung<br />

23


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

24<br />

Stufe A<br />

Stufe B<br />

Stufe C<br />

Kumulativer<br />

Kompetenzaufbau<br />

Produktive Fehlerkultur<br />

Möglichkeiten der<br />

Binnendifferenzierung<br />

A empfehlen sich demnach eher kleinschrittige Aufgaben, die konkrete Hilfestellungen<br />

<strong>für</strong> den Lösungsgang enthalten. Auf der Stufe B kann bereits von<br />

einer gewissen Regelsicherheit ausgegangen werden. Man könnte entweder<br />

die Aufgabe mit einem kurzen Regelhinweis kombinieren oder die angewandte<br />

Regel durch eine Aufforderung zu einer Erläuterung oder Begründung des Arbeitsergebnisses<br />

bewusst machen. Auf der Stufe C wären dann relativ offene<br />

Aufgabenstellungen sinnvoll, da davon ausgegangen werden kann, dass die<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler bereits über ausgeprägte Problemlösungsstrategien<br />

verfügen, so dass sie in der Lage sind, sich selbstständig eventuell fehlende<br />

Informationen zur Aufgabenlösung zu beschaffen.<br />

Schließlich sollten die Aufgaben an vorhandenes Wissen <strong>und</strong> Können anknüpfen<br />

<strong>und</strong> die Kompetenzen kumulativ aufbauen. Das bereits Gekonnte soll<br />

vertieft <strong>und</strong> erweitert werden, indem es mit anderen Kontexten, einem Problem<br />

von höherer Komplexität oder mit neuen Fragestellungen verknüpft wird.<br />

Auch die Verknüpfung mit bereits bekannten oder neuen Arbeitstechniken kann<br />

zu tieferem fachlichen Verstehen anregen. Der fördernde Charakter der Lernaufgaben<br />

kann zusätzlich verbessert werden, wenn es gelingt, das Bewusstsein<br />

der Lernenden <strong>für</strong> das, was sie bereits können, zu stärken. Wenn die Aufgaben<br />

in <strong>für</strong> die Lernenden sinnstiftende Kontexte eingebettet, also <strong>im</strong> weitesten<br />

Sinne als Anwendungsaufgaben konzipiert werden, unterstützt dies zusätzlich<br />

die Motivation. Eine wesentliche Voraussetzung ist, dass die Übungsphasen als<br />

benotungsfreie Zeiträume behandelt werden. Denn nur dann kann sich bei den<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern eine produktive Fehlerkultur entfalten. Insbesondere<br />

bei allen Aufgaben aus dem Bereich der Schreibkompetenz ist die Einsicht,<br />

aus Fehlern lernen zu können, eine gr<strong>und</strong>legende Bedingung da<strong>für</strong>, dass sich<br />

die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler auf die Überarbeitung ihrer Schreibprodukte <strong>im</strong><br />

Sinne einer prozessorientierten Aufsatzerziehung überhaupt einlassen.<br />

Wie Abbildung 5 auf der folgenden Seite zeigt, lässt sich eine Binnendifferenzierung<br />

unter vielfältigen Gesichtspunkten organisieren. In dieser Handreichung<br />

wird die Möglichkeit, nach Inhalten zu differenzieren, <strong>im</strong> Sinne eines<br />

horizontalen <strong>und</strong> vertikalen Transfers genutzt, ansonsten wird ein größerer<br />

Wert auf das Trainieren unterschiedlicher Teilkompetenzen gelegt. Bei der Unterscheidung<br />

nach der Aufgabenart kann vor allem mit den Kriterien des Aufgabenformates<br />

(geschlossen, halboffen <strong>und</strong> offen), des Schwierigkeitsniveaus<br />

<strong>und</strong> des Umfangs der Aufgabenstellung operiert werden. Die Lehrperson wird<br />

<strong>im</strong>mer entscheiden müssen, in welchen Sozialformen gearbeitet werden soll,<br />

<strong>und</strong> – falls eine Partner- oder Gruppenarbeit sinnvoll erscheint – nach welchem<br />

Prinzip sich die Teams finden sollen. Dabei dürften die Lernvoraussetzungen<br />

eine entscheidende Rolle spielen. Gr<strong>und</strong>sätzlich kann gesagt werden,<br />

dass man mit heterogenen Teams gute Erfahrungen machen kann, da dann<br />

die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler der Expertenstufe als Lehrassistenten eingesetzt<br />

werden können. Schwächere Lerner akzeptieren die Tipps von Mitschülerinnen<br />

<strong>und</strong> Mitschülern bereitwilliger, während sie sich gegenüber den Interventionen<br />

der Lehrkraft oft verschlossener verhalten, weil sie eine damit verb<strong>und</strong>ene negative<br />

Beurteilung be<strong>für</strong>chten. Gerade bei Erörterungsthemen kann auch eine<br />

geschlechtsspezifische Teambildung zu höherer Motivation beitragen. Die Differenzierungsmöglichkeit<br />

nach Medien könnte sich auch durch das Angebot<br />

unterschiedlicher Lösungswege realisieren lassen, wenn zum Beispiel nach der<br />

Behandlung einer Ballade verschiedene Produkte (eine Radioreportage, Bildergeschichte,<br />

ein Tagebucheintrag oder eine szenische Gestaltung) hergestellt<br />

werden.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Menge an Zeit<br />

Anzahl der Aufgaben<br />

unterschiedliche Schwerpunkte<br />

bei gleichem Thema<br />

nach Aufgabe<br />

Abbildung 5<br />

Anzahl der Wiederholungen<br />

nach Inhalten<br />

unterschiedliche Teilaspekte<br />

einer UE<br />

Komplexität der Aufgabe<br />

unterschiedliche<br />

Aufgabenstellungen<br />

GA nach der Sitzordnung<br />

Abzählprinzip<br />

nach Organisation<br />

<strong>und</strong> Zufall<br />

visuell (Bilder/Filme)<br />

Auslosen oder Auswählen<br />

Lernstrategien<br />

auditiv (Cassette/CD)<br />

Fre<strong>und</strong>schaftsgruppen<br />

Binnendifferenzierung<br />

haptisch (Gegenstände)<br />

nach Medien<br />

mündlich<br />

homogene Gruppen<br />

Präsentationstechniken<br />

schriftlich<br />

heterogene Gruppen<br />

(Helferprinzip)<br />

leistungsabhängig<br />

szenisch<br />

interessenbezogen<br />

nach<br />

Lernvoraussetzungen<br />

unterschiedliche Software<br />

geschlechtsspezifisch<br />

Gruppenarbeit<br />

multikulturelle Gruppen<br />

Sozialisation <strong>und</strong><br />

Integration<br />

nach Sozialformen<br />

Partnerarbeit<br />

bewusste Integration<br />

von Außenseitern<br />

Einzelarbeit<br />

25


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

26<br />

Kontrolle der<br />

Arbeitsergebnisse<br />

Vorbehalte gegen die<br />

Binnendifferenzierung<br />

Aufwändige<br />

Aufgabenerstellung<br />

Sowohl <strong>für</strong> die Lernenden als auch <strong>für</strong> die Lehrpersonen ist eine Kontrolle<br />

der Arbeitsergebnisse in der Regel wichtig <strong>und</strong> erwünscht. Da<strong>für</strong> bieten sich<br />

mehrere Möglichkeiten an. Falls es Lösungsblätter gibt, können die Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler schon während der Übungsphase ihre Teilergebnisse<br />

selbstständig überprüfen. Stattdessen wäre auch ein Gegenlesen mit entsprechendem<br />

Feedback durch geeignete Mitschülerinnen bzw. Mitschüler <strong>und</strong> natürlich<br />

auch durch die Lehrperson denkbar. Bei noch vorhandenen Unsicherheiten<br />

oder Unst<strong>im</strong>migkeiten mit den angebotenen Lösungsblättern kommt<br />

auch <strong>im</strong>mer ein klärendes Gespräch mit der Lehrperson in Frage, die ja während<br />

der Übungsphase <strong>im</strong> Sinne der Begleitung relativ viel Freiraum genießt.<br />

Aber auch eine Integration von Teilergebnissen in eine anschließende Plenumsphase<br />

kann sinnvoll <strong>und</strong> wünschenswert sein, schon um rein formal den Abschluss<br />

der Unterrichtseinheit zu signalisieren. Die gemeinsame Besprechung<br />

wird vermutlich auch den verbindlichen Charakter der Übungsaufgaben <strong>für</strong><br />

die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler verdeutlichen. Zusätzlich bietet sich die Chance,<br />

dass die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler durch den Vergleich ihrer Lösungen voneinander<br />

lernen können. Die Lehrkraft erhält einen genaueren Überblick über<br />

Fortschritte <strong>und</strong> Schwierigkeiten der Lerngruppe. Danach kann gemeinsam der<br />

Blick nach vorne gerichtet werden. Realistischerweise kann aber nicht erwartet<br />

werden, dass alle Förderaufgaben <strong>im</strong> Plenum ausgewertet oder von der<br />

Lehrkraft gegengelesen werden können. Die Besprechung kann also <strong>im</strong>mer nur<br />

stichprobenartig erfolgen, aber dennoch einen repräsentativen Eindruck vom<br />

Lernfortschritt der Klasse sowie einzelner Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler vermitteln.<br />

Um einen nachhaltigen Effekt der Lernprozesse <strong>im</strong> Sinne der Förderspirale zu<br />

erzielen, ist es notwendig, dass die gemeinsame Reflexion über das Erreichte<br />

<strong>und</strong> die sich daraus ergebenden Korrekturen <strong>und</strong> Fortsetzungsmöglichkeiten<br />

der Unterrichtsarbeit als permanenter Evaluationsprozess die einzelnen Unterrichtseinheiten<br />

miteinander verknüpft.<br />

Das Thema der Binnendifferenzierung stößt bei vielen Lehrkräften auf eine<br />

gewisse Skepsis, die sich vor allem auf der Ebene der praktischen Umsetzung<br />

äußert. Im Folgenden wird versucht, häufig formulierte Einwände <strong>und</strong> mögliche<br />

Antworten darauf zusammenzufassen, gerade auch unter der Zielsetzung einer<br />

alltagstauglichen Implementierung von individualisierenden Fördermaßnahmen.<br />

Dabei wird <strong>für</strong> die Seite der virtuellen Bedenkenträger die erste Person<br />

Singular verwendet, um anzudeuten, dass Vorbehalte auch oft von Lehrkräften<br />

erhoben werden, die prinzipiell den Sinn von Binnendifferenzierung gar nicht<br />

in Frage stellen wollen, sondern sich bereits aufgeschlossen mit Detailfragen<br />

auseinander gesetzt haben.<br />

•<br />

Ich kann mir doch nicht so viele Aufgaben ausdenken!<br />

Nicht alles muss neu erf<strong>und</strong>en werden. In den eingeführten Lehrwerken<br />

wird eine Fülle von prinzipiell geeigneten Aufgaben angeboten,<br />

die nach Möglichkeit zuerst ausgeschöpft werden sollten. Diese Aufgaben<br />

müssen vielleicht nur etwas abgewandelt oder leicht ergänzt<br />

werden. Sinnvoll wäre es auch, sich in einem Team von parallel unterrichtenden<br />

Lehrkräften die Aufgabenerstellung aufzuteilen. Der schnell<br />

wachsende Aufgabenpool könnte vielleicht in digitaler Form aufbewahrt<br />

<strong>und</strong> später auch anderen Lehrkräften zur Verfügung gestellt werden.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Ich kann doch meine Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler nicht stigmatisieren, indem<br />

ich sie in die A-, B- oder C-Schublade einsortiere!<br />

Tatsächlich gibt es die Stigmatisierungsfalle. Hier ist eine entsprechende<br />

Kommunikationspolitik der Lehrkräfte notwendig, die den Schülerinnen <strong>und</strong><br />

Schülern den Sinn der Binnendifferenzierung verdeutlicht. Dazu gehört auch<br />

der Hinweis, dass sie aufgr<strong>und</strong> einer konkreten Leistung in einer oder mehreren<br />

klar umrissenen Teilkompetenzen ein Ergebnis auf einer Niveaustufe<br />

erreicht haben. Das bedeutet aber keineswegs, dass sie nun <strong>für</strong> <strong>im</strong>mer <strong>und</strong><br />

ewig als A-, B- oder C-Schüler gelistet werden. Gerade <strong>im</strong> <strong>Deutsch</strong>unterricht<br />

mit seinem so reichhaltigen Repertoire von ganz unterschiedlichen Arbeitsbereichen<br />

ist es ja relativ unwahrscheinlich, dass eine Schülerin bzw. eine<br />

Schüler stets dieselbe Niveaustufe einn<strong>im</strong>mt. Durch die geschickte Integration<br />

von Selbst- <strong>und</strong> Peerdiagnosen kann eine Stigmatisierungsgefahr zusätzlich<br />

eingedämmt werden. Im übrigen ergeben sich ja aus der Diagnose entsprechende<br />

Übungsangebote, durch deren konsequente Nutzung ein motivierter<br />

<strong>und</strong> disziplinierter Lerner zu einem Erfolgserlebnis gelangen kann, das eine<br />

eventuelle vorangegangene Enttäuschung schnell kompensieren kann.<br />

Ich kann doch meinen Unterricht nicht wie ein Fitnessstudio betreiben!<br />

In der Tat wären kleinschrittige Drillübungen <strong>und</strong> ein engstirniger Paukstil<br />

nicht lernförderlich. Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler sind schließlich keine Lernroboter,<br />

sondern Menschen, deren natürliche Neugierde durch sinnvolle, also<br />

an die Lebenserfahrung der Jugendlichen anknüpfende Probleme <strong>und</strong> kognitiv<br />

anregende, also komplexere <strong>und</strong> anwendungsorientierte Aufgabenstellungen<br />

st<strong>im</strong>uliert werden soll. Besonders <strong>im</strong> Bereich der Schreibkompetenz<br />

gilt zudem, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Einzelteile,<br />

d. h. es muss den Lernenden transparent gemacht werden, welchen Stellenwert<br />

das Training an einer isolierten Teilkompetenz innerhalb des später<br />

angepeilten Gesamtprojektes einn<strong>im</strong>mt. Letzten Endes geht es darum, eine<br />

innere Haltung zu den Unterrichtsgegenständen auszubilden, die aufgr<strong>und</strong><br />

des Interesses, der Mitverantwortung <strong>und</strong> der aktiven Gestaltungsmöglichkeiten<br />

zu einem bewussteren <strong>und</strong> damit auch nachhaltigeren Lernen führt.<br />

Ich kann doch nicht alles den Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern überlassen, wenn<br />

ich <strong>im</strong>mer noch die Verantwortung <strong>für</strong> den Lernerfolg trage!<br />

Es wäre tatsächlich nicht fair, wenn die Lehrkräfte die Verantwortung <strong>für</strong> den<br />

Lernerfolg komplett auf die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler abwälzten. Einmal<br />

ganz abgesehen von ihrer Rolle als Vorbilder <strong>und</strong> Erzieher erfüllen die Lehrerinnen<br />

<strong>und</strong> Lehrer in den Phasen der Erarbeitung eines neuen Stoffgebietes<br />

weiterhin ihre traditionelle Vermittlungsfunktion. Hinzu kommt jetzt aber die<br />

Aufgabe, Unterrichtsprozesse <strong>im</strong> Rahmen der Förderdiagnostik zu organisieren<br />

sowie sich daraus ergebende Förderpläne <strong>für</strong> ein verstärktes individualisiertes<br />

Üben zu erstellen. Die damit verb<strong>und</strong>enen Tätigkeiten des Beobachtens,<br />

Beschreibens, Bewertens <strong>und</strong> Begleitens sind zwar nicht gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

neu, erfahren aber <strong>im</strong> Rahmen des kompetenzorientierten Unterrichts eine<br />

stärkere Gewichtung <strong>und</strong> Systematisierung. Damit eine nachhaltige Verbesserung<br />

der individuellen Lernfortschritte gelingt, sollen die Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler bewusster in die Planung <strong>und</strong> Durchführung der Lernprozesse<br />

eingeb<strong>und</strong>en werden <strong>und</strong> somit einen Teil der Verantwortung <strong>für</strong> ihren eigenen<br />

Lernerfolg <strong>und</strong> den ihrer Klasse mitübernehmen. Dies kann auch zu<br />

einer partiellen Entlastung der Lehrkräfte führen.<br />

Stigmatisierungsfalle<br />

Drillunterricht<br />

Verantwortung lässt sich<br />

nicht delegieren<br />

27


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

28<br />

Gleichheitsgr<strong>und</strong>satz ist<br />

nicht umsetzbar<br />

Opt<strong>im</strong>istischer<br />

Schlussgedanke<br />

•<br />

Ich kann doch nicht alle Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler auf ein einheitliches Niveau<br />

bringen!<br />

Diese Äußerung geht von einer aus den siebziger Jahren stammenden, allzu<br />

opt<strong>im</strong>istischen Gleichheitsprämisse aus. Es ist eine Illusion anzunehmen,<br />

dass es gelingen kann, alle Mitglieder einer heterogenen Gruppe auch nur<br />

in einer Teilkompetenz auf ein einheitlich hohes Niveau anzuheben, denn die<br />

besonders leistungsfähigen Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler profitieren von Förderangeboten<br />

oftmals überproportional. Allerdings beabsichtigt der kompetenzorientierte<br />

Unterricht auch gar nicht das Ziel, eine heterogene Gruppe so<br />

lange zu fördern, bis sie sich in eine homogene Gruppe verwandelt hat. Vielmehr<br />

geht es <strong>im</strong> Sinne des Fairnessgebots darum, möglichst jedem Schüler<br />

<strong>und</strong> jeder Schülerin die Chance <strong>für</strong> einen Lernfortschritt einzuräumen, das<br />

individuell Mögliche zu erreichen. Insbesondere sollen möglichst alle schwächeren<br />

Lerner wenigstens den Mindeststandard erreichen, allerdings so,<br />

dass die leistungsfähigeren Lerner sich nicht langweilen <strong>und</strong> innerlich aus<br />

dem Unterricht verabschieden, sondern ebenfalls die Gelegenheit erhalten,<br />

ihre individuellen Stärken noch weiter zu entfalten. Neu daran wäre auch,<br />

dass die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler nicht mehr durch ihre Position innerhalb<br />

der Lerngruppe eingestuft würden, obwohl sich das ständige Vergleichen<br />

untereinander aus der Mentalität der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler wohl nie<br />

ganz wird verbannen lassen. Aber die Lernenden bekommen beispielsweise<br />

durch einen Mitschüler über eine durch Kriterien abgestützte transparente<br />

Rückmeldung die Einstufung in das Niveau B <strong>und</strong> können nun selbstständig<br />

darüber entscheiden, ob ihnen das reicht, ob sie sich also darauf konzentrieren,<br />

dieses Niveau lediglich abzusichern, oder ob sie mehr wollen <strong>und</strong><br />

versuchen, die nächsthöhere Niveaustufe zu erreichen.<br />

Dies sind zugegebenermaßen äußerst ambitionierte Zielsetzungen, die<br />

auch einen gewissen Investitionsbedarf erfordern. Wenn sich der allgemeine<br />

Zug der Unterrichtsentwicklung allerdings schrittweise in die Richtung bewegt,<br />

allen Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern gerecht zu werden, damit niemand verloren<br />

geht, <strong>und</strong> den Jugendlichen bewusst wird, dass bei entsprechender Eigenleistung<br />

individuelle Lernfortschritte durchaus erreichbar sind, dann sollte sich<br />

auch eine Dividende in Form eines deutlich verbesserten Unterrichtskl<strong>im</strong>as <strong>und</strong><br />

entsprechend höherer Zufriedenheit bei Schüler- <strong>und</strong> Lehrerschaft einstellen.<br />

Und das dürfte den Umstellungsaufwand allemal rechtfertigen.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

3 <strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> als Basiskompetenz<br />

Die <strong>im</strong> Bildungsplan ausgewiesenen Kompetenzen <strong>für</strong> die einzelnen Zwei-Jahres-Stufen<br />

bilden innerhalb der einzelnen Arbeitsbereiche einen progressiven<br />

Aufbau, der ein kumulatives Lernen ermöglichen soll. Jede Kompetenz baut<br />

auf vorherigen Kompetenzen auf <strong>und</strong> erweitert <strong>und</strong> vertieft sie. Das dadurch<br />

anvisierte vernetzte Lernen lässt sich exemplarisch an einzelnen Basiskompetenzen<br />

nachvollziehen. Unter einer Basiskompetenz wird hier eine Fähigkeit<br />

verstanden, die sich wie ein roter Faden durch nahezu alle Jahrgangsstufen<br />

durchzieht. Insbesondere gehören dazu die gr<strong>und</strong>legenden Schreibformen,<br />

die sich dann auch in den entsprechenden Aufsatzarten widerspiegeln <strong>und</strong> die<br />

Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> Lernzielkontrollen bis hin zum Schriftlichen Abitur bilden. Tabelle<br />

1 soll diesen Gedanken am Beispiel des <strong>Erörtern</strong>s <strong>für</strong> die Sek<strong>und</strong>arstufe veranschaulichen.<br />

Vernetztes Lernen mit<br />

Basiskompetenzen<br />

29


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

Tabelle 1: Kompetenzaufbau „<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong>“<br />

Klasse Schwerpunkt Hauptkompetenzen Nebenkompetenzen Vorliegende Nikos 1<br />

6 Gespräche<br />

führen<br />

7 <strong>Argumentieren</strong><br />

<strong>und</strong> Diskutieren<br />

8 Lineare<br />

Erörterung<br />

9 Dialektische<br />

Erörterung<br />

10 Textgeb<strong>und</strong>ene<br />

Erörterung<br />

30<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

können<br />

• in einfachen<br />

Kommunikationssituationen<br />

argumentieren <strong>und</strong><br />

begründet Stellung<br />

beziehen.<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

können<br />

• eine Diskussion<br />

organisatorisch <strong>und</strong><br />

inhaltlich vorbereiten,<br />

• eine begründete<br />

Stellungnahme abgeben.<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

können<br />

• sich mit einem Sachverhalt<br />

in Form einer einfachen<br />

Erörterung auseinander<br />

setzen,<br />

• die eigenen Argumente<br />

sinnvoll strukturieren <strong>und</strong><br />

präzise darstellen.<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

können<br />

• Techniken <strong>und</strong> Formen<br />

des <strong>Argumentieren</strong>s <strong>und</strong><br />

<strong>Erörtern</strong>s anwenden<br />

(Thesen, Argumente,<br />

Belege, Beispiele,<br />

Schlussfolgerungen,<br />

Zitiertechniken),<br />

• Sachverhalte <strong>und</strong> Probleme<br />

in größere Zusammenhänge<br />

einordnen, eigene<br />

Standpunkte klar <strong>und</strong><br />

folgerichtig entwickeln<br />

<strong>und</strong> sich mit fremden<br />

Sichtweisen <strong>und</strong><br />

Argumentationen sachlich<br />

<strong>und</strong> fair auseinandersetzen.<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

können<br />

• auf die Argumente anderer<br />

eingehen <strong>und</strong> den eigenen<br />

Standpunkt angemessen<br />

vertreten,<br />

• Argumentationsstrategien<br />

erkennen, darauf<br />

reagieren <strong>und</strong> eigene<br />

Argumentationen entfalten.<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler können<br />

• aufmerksam zuhören …,<br />

• auf den Kommunikationspartner<br />

eingehen <strong>und</strong> Konflikte sprachlich<br />

lösen,<br />

• Gedanken, Wünsche <strong>und</strong> Meinungen<br />

angemessen <strong>und</strong> verständlich<br />

artikulieren.<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler können<br />

• verschiedene Formen der Diskussion<br />

unterscheiden <strong>und</strong> ihre Regeln<br />

anwenden,<br />

• wichtige Beiträge in Stichworten<br />

zusammenfassen <strong>und</strong> explizit auf<br />

andere Argumente <strong>und</strong> Meinungen<br />

eingehen,<br />

• sachlich <strong>und</strong> fair mit den Argumenten<br />

anderer umgehen.<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler können<br />

• über Sachverhalte schriftlich<br />

informieren,<br />

• Texte unter Berücksichtigung<br />

best<strong>im</strong>mter inhaltlicher <strong>und</strong> formaler<br />

Vorgaben planen, schreiben <strong>und</strong><br />

überarbeiten.<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler können<br />

• verschiedene Techniken der<br />

Gewinnung <strong>und</strong> Verarbeitung von<br />

Information<br />

anwenden, auch … <strong>im</strong> Internet,<br />

• die Informationen zielgerichtet<br />

prüfen, bewerten <strong>und</strong> auswählen,<br />

• Begriffe <strong>und</strong> Sachverhalte klären,<br />

• Texte planen <strong>und</strong><br />

überarbeiten, auch unter Benutzung<br />

des Computers.<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler können<br />

• Inhalt <strong>und</strong> Aussage eines Textes<br />

erfassen,<br />

• Texte zusammenfassen [<strong>und</strong>]<br />

analysieren …,<br />

• unterschiedliche Formen schriftlicher<br />

Erörterung beherrschen <strong>und</strong><br />

dabei einen situativen Kontext<br />

berücksichtigen,<br />

• Techniken des Zitierens <strong>und</strong> des<br />

referierenden Sprechens sinnvoll<br />

einsetzen.<br />

Eine begründete<br />

Stellungnahme<br />

abgeben<br />

Sich in Form<br />

einer einfachen<br />

Erörterung mit<br />

einem Sachverhalt<br />

auseinandersetzen<br />

Argumente sinnvoll<br />

strukturieren <strong>und</strong><br />

präzise darstellen<br />

Dialektische<br />

Erörterung<br />

Eine textgeb<strong>und</strong>ene<br />

Erörterung schreiben<br />

1 Für das <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> finden sich 50 Niveaukonkretisierungen („Nikos“) unter folgender Adresse:<br />

www.bildungstaerktmenschen.de (Service/Material zum Download/Niveaukonkretisierungen/<br />

Gymnasium)


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Zwar wird die Kompetenz 2 „<strong>Argumentieren</strong>“ schon in den Standards 5/6 <strong>im</strong><br />

Bereich „Gespräche führen“ erstmals genannt. Aber die begründete (mündliche)<br />

Stellungnahme eignet sich als Schwerpunkt, d. h. <strong>im</strong> Rahmen einer eigenen<br />

Unterrichtseinheit, besser <strong>für</strong> die 7. Klasse, wenn man auf der Einführung<br />

der wichtigsten Regeln der Gesprächsführung in den Klassen 5 <strong>und</strong> 6 aufbauen<br />

kann. Da<strong>für</strong> spricht auch, dass erst <strong>für</strong> den Standard 7/8 eine entsprechende<br />

Niveaukonkretisierung vorliegt. Deshalb wird in der 7. Klasse die begründete<br />

Stellungnahme noch einmal – wie schon in der 6. Klasse – als mögliche Hauptkompetenz<br />

ausgewählt.<br />

Der Begriff der Hauptkompetenz soll ausdrücken, dass diese Kompetenzen<br />

als besonders wichtig <strong>für</strong> die jeweilige Jahrgangsstufe ausgewählt wurden<br />

<strong>und</strong> <strong>im</strong> Zentrum der Unterrichtseinheit stehen. Als Nebenkompetenzen wurden<br />

diejenigen ausgesucht, die zwar keinen eigenen Schwerpunkt innerhalb einer<br />

ganzen Unterrichtseinheit rechtfertigen, aber eine wichtige dienende Funktion<br />

<strong>für</strong> das Erreichen der Hauptkompetenz einnehmen. Die Beherrschung der Nebenkompetenzen<br />

bildet also die Voraussetzung, damit die Schülerinnen <strong>und</strong><br />

Schüler auf der Ebene der Hauptkompetenzen zum Lernerfolg kommen können.<br />

Die Argumentationskompetenz wird zunächst auf der mündlichen Ebene<br />

eingeführt, in Klasse 6 <strong>im</strong> Rahmen einfacher Gespräche, in Klasse 7 in Form<br />

von Diskussionen, die bereits von den Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern sowohl inhaltlich<br />

als auch organisatorisch vorbereitet werden sollen. Ab Klasse 8 wird<br />

die Kompetenz auf der schriftlichen Ebene <strong>im</strong> Rahmen von Erörterungseinheiten<br />

erweitert <strong>und</strong> vertieft. Dies geschieht zunächst über sich <strong>im</strong> Grad ihrer<br />

Komplexität steigernde Aufsatzformen: in Klasse 8 die lineare Erörterung, in<br />

Klasse 9 die dialektische <strong>und</strong> in Klasse 10 die textgeb<strong>und</strong>ene Erörterung. Bei<br />

der linearen Erörterung geht es um die Auseinandersetzung mit einem vorgegebenen<br />

Sachverhalt in Form einer einfachen, steigernden Struktur. Bei der dialektischen<br />

Erörterung wird ein zweiteiliges Thema vorgelegt, das eine Einordnung<br />

in einen größeren Zusammenhang sowie die Fähigkeit verlangt, sich mit<br />

fremden Sichtweisen auseinander zu setzen <strong>und</strong> daraus ein eigenes sinnvolles<br />

Ergebnis abzuleiten. Während bei der linearen <strong>und</strong> dialektischen Erörterung die<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler nur eine Aufgabenstellung als Schreib<strong>im</strong>puls erhalten,<br />

müssen sie sich bei der textgeb<strong>und</strong>enen Erörterung mit einem längeren<br />

Text als Gr<strong>und</strong>lage der anschließenden Erörterung beschäftigen, so dass sie<br />

als Voraussetzung <strong>für</strong> die Auseinandersetzung mit einem fremden Standpunkt<br />

<strong>und</strong> der Erfassung der benutzten Argumentationsstrategie über eine angemessene<br />

Lesekompetenz mit entsprechenden Texterschließungsstrategien verfügen<br />

müssen.<br />

Sinnvoll ist auch eine Progression auf der inhaltlichen Ebene, damit sich die<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler stets auf die <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong> stehende Hauptkompetenz<br />

konzentrieren können <strong>und</strong> ihre Aktivitäten nicht auf mehrere Trainingsfelder<br />

gleichzeitig verteilen müssen. In Klasse 6 <strong>und</strong> 7 geht es zunächst darum,<br />

bei Gesprächs- <strong>und</strong> Diskussionssituationen, die sich am unmittelbaren Erfahrungshorizont<br />

der Lernenden orientieren, einfache Gr<strong>und</strong>lagen <strong>für</strong> ein gelingendes<br />

<strong>Argumentieren</strong> zu legen: die geregelte verbale Auseinandersetzung als<br />

Lösungsmittel <strong>für</strong> Meinungsverschiedenheiten erfahren, den eigenen Standpunkt<br />

angemessen <strong>und</strong> verständlich ausdrücken, auf den Gesprächspartnern<br />

eingehen. Auch be<strong>im</strong> schriftlichen <strong>Erörtern</strong> sollte zunächst noch von den aktuellen<br />

Problemen der Jugendlichen ausgegangen werden. Ab Klasse 9 werden<br />

2 Der Begriff der „Bildungsstandards“ bezieht sich auf die <strong>im</strong> Bildungsplan <strong>für</strong> jeweils zwei Jahre<br />

formulierten als Regelniveau anzustrebenden Normen. Der Begriff der „Kompetenz“ versteht<br />

sich als individuelle Lernstandsformulierung.<br />

Begründete Stellungnahme<br />

in Klasse 7<br />

Haupt- <strong>und</strong><br />

Nebenkompetenzen<br />

Aufbau der Kompetenz<br />

<strong>Erörtern</strong><br />

Inhaltliche Progression<br />

31


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

32<br />

Eingangs- <strong>und</strong><br />

Zwischendiagnose<br />

Teilkompetenzen<br />

dann die Inhalte in Richtung allgemein-gesellschaftlicher Themen ausgeweitet,<br />

die dann zunehmend komplexer <strong>und</strong> differenzierter werden. Bis zum Abituraufsatz<br />

gilt allerdings die Prämisse, dass sich nur angemessen <strong>und</strong> sinnvoll<br />

über Themen erörtern lässt, die man interessant findet <strong>und</strong> bei denen man ein<br />

gewisses Vorwissen mitbringt.<br />

Da die Hauptkompetenzen der vorhergehenden Klasse jeweils die Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> die Kompetenzen der nächsthöheren Klasse bilden, ist es naheliegend,<br />

den Grad ihrer Beherrschung in einer Eingangsdiagnose zu überprüfen, um daraus<br />

Rückschlüsse <strong>für</strong> die Feinplanung der anstehenden Unterrichtseinheit zu<br />

ziehen. Eine Ausnahme stellt Klasse 7 dar, da sich hier die Hauptkompetenz der<br />

begründeten Stellungnahme aus Klasse 6 wiederholt. Hier wäre es sinnvoller,<br />

auf eine der Nebenkompetenzen aus Klasse 6 zurückzugreifen, zum Beispiel<br />

„Gedanken, Meinungen <strong>und</strong> Wünsche angemessen <strong>und</strong> verständlich artikulieren“,<br />

da die Beherrschung dieser Nebenkompetenz eine gelingende Stellungnahme<br />

wesentlich erleichtert. Die Hauptkompetenzen in jeder Jahrgangsstufe<br />

bieten sich auch als erstes an, wenn es darum geht, eine Zwischendiagnose <strong>für</strong><br />

die entsprechende Unterrichtseinheit zu entwickeln. Die Nebenkompetenzen<br />

könnten dann als Ausgangspunkt <strong>für</strong> die Zusammenstellung von Materialien<br />

in der Trainingsphase genutzt werden.<br />

In Tabelle 2 auf Seite 32 werden mögliche Teilkompetenzen des <strong>Erörtern</strong>s<br />

von Klasse 7 bis 10 zusammengestellt. Diese Übersicht verdeutlicht noch etwas<br />

genauer die Möglichkeiten des kumulativen Lernprozesses <strong>und</strong> liefert auch Hinweise,<br />

welche Teilkompetenzen in der jeweiligen Jahrgangsstufe bei der Einführung<br />

von neuen oder zu vertiefenden Fähigkeiten besonders berücksichtigt<br />

werden könnten. Da die Zusammenstellung eine Hilfe <strong>für</strong> die jahrgangsübergreifende<br />

Grobplanung bieten soll, wurde ein Kompromiss zwischen Vollständigkeit<br />

<strong>und</strong> Übersichtlichkeit gewählt. Viele Teilkompetenzen sind so komplex,<br />

dass sie <strong>für</strong> die Feinplanung einer Unterrichtseinheit noch einmal analysiert<br />

<strong>und</strong> gegebenenfalls in weitere Elemente aufgefächert werden müssen.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Die Anordnung der Teilkompetenzen in den einzelnen Spalten folgt grob den<br />

Hauptschritten, die zur Erstellung des jeweiligen Produktes durchlaufen werden<br />

müssen 3 . Zunächst gilt es, die pragmatische D<strong>im</strong>ension zu klären, also die<br />

Frage zu beantworten, warum <strong>und</strong> <strong>für</strong> wen geschrieben bzw. ein Redebeitrag<br />

vorbereitet werden soll. Eine konkrete Situationsvorgabe ist hier sehr sinnvoll,<br />

um den möglichen Eindruck einer allzu künstlichen, rein schulischen Aufgabenstellung<br />

zu min<strong>im</strong>ieren. Dazu sollte der Anlass, der Adressatenkreis, das<br />

Kommunikationsziel der Argumentation, also ihr Zweck, <strong>und</strong> die Textsorte bzw.<br />

die Diskussionsform möglichst eindeutig geklärt werden. Anschließend muss<br />

recherchiert <strong>und</strong> zusammengestellt werden, welche inhaltlichen Aspekte <strong>für</strong><br />

das gestellte Thema relevant sind. Danach wird geplant, wie der Text bzw. der<br />

Redebeitrag strukturiert werden soll. Schließlich muss der Text bzw. der Redebeitrag<br />

ausformuliert werden. Die Phase der Überarbeitung ist <strong>für</strong> die Aufsatzerziehung<br />

besonders ergiebig. Sie wird deshalb schwerpunktmäßig in die<br />

Zwischendiagnosen (insbesondere als Gegenlesen <strong>und</strong> Feedbackmöglichkeit)<br />

bzw. in die Trainingsphasen (zum gezielten Üben an einzelnen Aufsatzteilen)<br />

ausgelagert.<br />

Die vier Phasen des Schreibprozesses<br />

1<br />

1<br />

Kommunikationssituation<br />

Kommunikationssituation<br />

Warum Warum <strong>und</strong> <strong>und</strong> <strong>für</strong> <strong>für</strong> wen wen schreibe<br />

schreibe<br />

ich?<br />

ich?<br />

2<br />

Vorbereitung<br />

Vorbereitung<br />

Wie Wie recherchiere recherchiere recherchiere ich? ich? Wie Wie baue<br />

baue<br />

ich ich den den Text Text auf?<br />

auf?<br />

3<br />

Produktion<br />

Wie schreibe ich?<br />

ich?<br />

4<br />

Überarbeitung<br />

Überarbeitung<br />

Was Was kann kann ich ich noch besser<br />

machen?<br />

3 Diese Einteilung folgt weitgehend dem Modell von Martin Fix: Texte schreiben. Schreibprozesse<br />

<strong>im</strong> <strong>Deutsch</strong>unterricht. Paderborn 2006.<br />

Hauptschritte des<br />

Schreibprozesses<br />

33


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

Tabelle 2: <strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> – Zusammenstellung möglicher Teilkompetenzen<br />

34<br />

Lineare Erörterung (Klasse 8) Dialektische Erörterung (Klasse 9) Textgeb<strong>und</strong>ene Erörterung (Klasse 10)<br />

Diskutieren <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong><br />

(Klasse 7)<br />

Das Thema erschließen Das Thema erschließen Das Thema erschließen Thesen eines Textes best<strong>im</strong>men<br />

Inhalt <strong>und</strong> Aussagen eines Textes erfassen<br />

Argumente sammeln Informationen recherchieren <strong>und</strong> sammeln Informationen recherchieren<br />

<strong>und</strong> sammeln<br />

Argumentationsgang des Textes<br />

analysieren<br />

Unterschiedliche Formen von<br />

Argumenten kennen <strong>und</strong> anwenden<br />

Unterschiedliche Formen von Argumenten<br />

kennen <strong>und</strong> anwenden<br />

Die Stoffsammlung auswerten Die Stoffsammlung auswerten Wirkungsabsicht des Textes<br />

berücksichtigen<br />

Thesen formulieren Thesen formulieren Themenfelder erschließen<br />

Argumente in eine sinnvolle Reihenfolge<br />

bringen<br />

Argumente in eine sinnvolle<br />

(dialektische) Reihenfolge bringen<br />

Argumente in eine sinnvolle (lineare)<br />

Reihenfolge bringen<br />

Argumente situationsgerecht<br />

auswählen<br />

Argumente entfalten Argumente entfalten Argumente entfalten Argumente entfalten<br />

Einen Schreibplan erstellen Einen Schreibplan erstellen Einen Schreibplan erstellen<br />

Sachliche <strong>und</strong> faire Auseinandersetzung mit<br />

anderen Sichtweisen<br />

Argumentation anderer verstehen Sachliche <strong>und</strong> faire Auseinandersetzung<br />

mit anderen Sichtweisen<br />

Zwischen eigenen <strong>und</strong> fremden<br />

Gedanken sprachlich unterscheiden<br />

Sich auf wechselnde Perspektiven<br />

einlassen<br />

Sich auf wechselnde Perspektiven<br />

einlassen<br />

Vom ersten zum zweiten Aufgabenteil sinnvoll<br />

überleiten<br />

Von der Pro- zur Kontra-Seite<br />

nachvollziehbar überleiten<br />

Mögliche Einwände in die Argumentation<br />

einbeziehen<br />

Den Bezug zu den Argumenten<br />

anderer herstellen<br />

Plausibilität der Argumente gewährleisten Plausibilität der Argumente gewährleisten Plausibilität der Argumente gewährleisten<br />

Plausibilität der Argumente<br />

gewährleisten<br />

Thematische Stringenz wahren Thematische Stringenz wahren Thematische Stringenz wahren Thematische Stringenz wahren<br />

Auf den Adressatenbezug achten Auf den Adressatenbezug achten Auf den Adressatenbezug achten<br />

Sach- <strong>und</strong> adressatenorientiert<br />

diskutieren


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Lineare Erörterung (Klasse 8) Dialektische Erörterung (Klasse 9) Textgeb<strong>und</strong>ene Erörterung (Klasse 10)<br />

Diskutieren <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong><br />

(Klasse 7)<br />

Argumente wirkungsvoll formulieren Argumente wirkungsvoll formulieren Argumente wirkungsvoll formulieren<br />

Argumente sprachlich<br />

wirkungsvoll unterstützen<br />

Argumente sinnvoll miteinander verknüpfen<br />

Argumente sinnvoll miteinander<br />

verknüpfen<br />

Argumente sinnvoll miteinander<br />

verknüpfen<br />

Problemorientierte <strong>und</strong> motivierende<br />

Einleitung verfassen<br />

Problemorientierte <strong>und</strong> motivierende<br />

Einleitung verfassen<br />

Sich eine eigene Meinung bilden Hinführende Einleitung <strong>und</strong><br />

zusammenfassenden Schluss verfassen<br />

Einen eigenen Standpunkt entwickeln <strong>und</strong><br />

nachvollziehbar erläutern<br />

Eine Meinung begründen Im Schlussteil einen eigenen,<br />

folgerichtigen Standpunkt entwickeln<br />

Eine Meinung vertreten<br />

Texte gezielt überarbeiten Texte gezielt überarbeiten Texte gezielt überarbeiten<br />

Eine Diskussion organisieren<br />

Eine Diskussion leiten<br />

Zwischen verschiedenen<br />

Standpunkten vermitteln<br />

35


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

36<br />

Schwerpunkt der<br />

Erarbeitung <strong>für</strong> Phase 1<br />

Schwerpunkt <strong>für</strong> Phase 2<br />

In Tabelle 2 ist deutlich zu erkennen, dass sich viele Teilkompetenzen in den<br />

jeweiligen Zeilen wiederholen, zum Beispiel die Entfaltung eines Argumentes,<br />

die Themenerschließung oder die Entwicklung eines eigenen, begründeten<br />

Standpunktes. Auch wenn diese einzelnen Teilkompetenzen auf jeder Klassenstufe<br />

erweitert <strong>und</strong> vertieft werden müssen, bietet es sich <strong>im</strong> Sinne eines<br />

nachhaltigen Lernens an, dass man jeweils auf die bereits vorhandenen Fähigkeiten<br />

der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler zurückgreift <strong>und</strong> – darauf aufbauend<br />

– diese systematisch weiterentwickelt, anstatt jedes Mal wieder eine komplette<br />

Neueinführung einzuplanen, wie es <strong>im</strong> Unterrichtsalltag oft geschieht, weil es<br />

keinen institutionalisierten Austausch zwischen den Lehrkräften gibt oder keine<br />

entsprechenden Eingangsdiagnosen stattfinden.<br />

Die fett gedruckten Teilkompetenzen sind als Vorschlag da<strong>für</strong> gedacht, welche<br />

Schwerpunkte sich <strong>im</strong> Rahmen der Einführungsphasen in den jeweiligen<br />

Klassenstufen eignen könnten. Im Bereich der Themenerschließung könnte<br />

man sich auf die Klassen 8 <strong>und</strong> 10 fokussieren. In Klasse 8 geht es erstmals um<br />

eine schriftliche Erörterung, so dass hier die Gefahr, das Thema zu verfehlen,<br />

besonders groß ist. In Klasse 10 ergibt sich die Problemstellung zum ersten<br />

Mal ausschließlich aus dem der Erörterung zugr<strong>und</strong>e gelegten Text. Da es sich<br />

gleichzeitig angesichts der inhaltlichen Progression in der Regel um Texte handeln<br />

wird, die deutlich über den unmittelbaren Lebens- <strong>und</strong> Erfahrungshorizont<br />

der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler hinausgehen, erscheint es angebracht, die Erschließung<br />

des Themas über die Best<strong>im</strong>mung der zentralen Thesen des Textes<br />

schwerpunktmäßig zu behandeln. Gerade bei der textgeb<strong>und</strong>enen Erörterung<br />

gilt es zu berücksichtigen, dass ohne ein abgesichertes Textverständnis keine<br />

erfolgreiche Erörterung über den Text verfasst werden kann. Deshalb sollte hier<br />

auch <strong>im</strong> Rahmen der Recherchephase die ausführliche Analyse des Argumentationsganges<br />

des Textes einen Schwerpunkt bilden. Voraussetzungen da<strong>für</strong><br />

wiederum sind die Fähigkeiten, Argumente als solche zu erkennen <strong>und</strong> zu sammeln<br />

(Schwerpunkt in Klasse 7), geeignete Informationen zu einem Thema zu<br />

finden (Schwerpunkt in Klasse 9, weil es hier darum geht, Argumente sowohl<br />

<strong>für</strong> als auch gegen eine Meinung zusammenzustellen) sowie unterschiedliche<br />

Formen von Argumenten zu erkennen <strong>und</strong> in ihrem Überzeugungswert einzuschätzen<br />

(angesichts des da<strong>für</strong> notwendigen Abstraktionsvermögens ebenfalls<br />

Schwerpunkt in Klasse 9).<br />

Die Planung stellt als zweite Phase des Schreibprozesses eine notwendige<br />

Voraussetzung <strong>für</strong> das Gelingen des Produktes dar <strong>und</strong> wird deshalb in allen<br />

Klassenstufen als ein Schwerpunkt ausgewählt, allerdings mit einem durch<br />

das Alter der Lernenden <strong>und</strong> die Schwierigkeit des Gegenstandes gebotenen<br />

unterschiedlichen Anspruchsniveau. In Klasse 7 geht es um die Fähigkeit der<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler, an einer mündlichen Diskussion teilzunehmen, die<br />

über das zusammenhanglose Aneinanderreihen von isolierten Behauptungen<br />

<strong>und</strong> Meinungen hinausgelangt. Dazu sollen sie lernen, wie einzelne Aussagen<br />

durch Erläuterungen, Begründungen <strong>und</strong> Beispiele entfaltet werden <strong>und</strong> wie<br />

wichtig es ist, die Argumentation anderer zu verstehen, um in den eigenen<br />

Beiträgen einen Bezug zu ihnen herstellen <strong>und</strong> damit an Überzeugungskraft<br />

gewinnen zu können. In Klasse 8 wird diese Fähigkeit erweitert, denn jetzt soll<br />

nicht nur ein einzelnes Argument zu einem überzeugenden Redebeitrag entfaltet<br />

werden, sondern mehrere Argumente müssen zu jeweils ausführlichen<br />

argumentativen Abschnitten ausgebaut <strong>und</strong> in eine sinnvolle Reihenfolge gebracht<br />

werden. „Sinnvoll“ bedeutet eine Struktur, die sich an den Vorgaben<br />

der Themenstellung <strong>und</strong> der linearen Aufsatzform orientiert. Dazu müssen die<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler lernen, wie man einen Schreibplan erstellt. In Klasse<br />

9 wird die Fähigkeit, einen Schreibplan zu erstellen, mit der Variante des


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

dialektischen Erörterungsaufsatzes angereichert. Dabei ist es besonders wichtig,<br />

dass sich die Lernenden ein gutes Stück weit von ihrer eigenen Sichtweise<br />

distanzieren <strong>und</strong> auf fremde <strong>und</strong> wechselnde Perspektiven einlassen können,<br />

denn sonst wird es ihnen nicht gelingen, sich sachlich <strong>und</strong> zugleich fair mit anderen<br />

Sichtweisen auseinander zu setzen. In Klasse 10 wird den Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schülern bei der Bearbeitung der zweiten Arbeitsanweisung, in der sie<br />

zum vorher untersuchten Text Stellung beziehen müssen, kein relativ enger<br />

Strukturrahmen mehr vorgeschrieben. Diese neue Freiheit ist allerdings mit<br />

der Notwendigkeit gekoppelt, einen eigenen individuellen Schreibplan zu erstellen,<br />

<strong>für</strong> den sie auf die Varianten aus Klasse 8 <strong>und</strong> 9 zurückgreifen können.<br />

Gleichzeitig müssen sie aber auch genau auf die jeweilige Aufgabenstellung<br />

<strong>und</strong> eine enge Verzahnung mit dem zugr<strong>und</strong>e liegenden Text achten. Dies ist<br />

eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, die bereits auf die Anforderungen in der<br />

Kursstufe verweist.<br />

Bei der dritten Phase des Schreibprozesses, dem Bereich der eigentlichen<br />

Schreibkompetenz, geht es in Klasse 7 darum, <strong>im</strong> mündlichen Bereich eine Basis<br />

<strong>für</strong> das spätere schriftliche <strong>Erörtern</strong> zu legen. Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

sollen eine best<strong>im</strong>mte Meinung in einer Diskussion <strong>im</strong> Begründungszusammenhang<br />

möglichst überzeugend vertreten. In Klasse 8 wird der Schwerpunkt<br />

auf die wirkungsvolle Formulierung, auf die logische Verknüpfung der einzelnen<br />

Sätze innerhalb eines argumentativen Abschnitts <strong>und</strong> auf die strukturierende<br />

Verknüpfung der einzelnen Abschnitte gelegt. Außerdem sollen die Lernenden<br />

die wichtigsten Prinzipien <strong>für</strong> das Verfassen einer Einleitung <strong>und</strong> eines<br />

Schlusses kennen lernen <strong>und</strong> erproben. Diese Aspekte aus der Schreibwerkstatt<br />

müssen sicherlich auch in Klasse 9 <strong>und</strong> 10 weiter geübt werden. In Klasse<br />

9 kämen die Aufgaben hinzu, eine nachvollziehbare Überleitung be<strong>im</strong> Übergang<br />

von der Pro- zur Kontra-Perspektive zu formulieren sowie <strong>im</strong> Schlussteil<br />

ein eigenes, folgerichtiges Ergebnis aus der Erörterung <strong>im</strong> Hauptteil abzuleiten.<br />

In Klasse 10 wird es <strong>für</strong> viele Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler erfahrungsgemäß ein<br />

großes Problem verursachen, zwischen eigenen <strong>und</strong> fremden Gedanken (also<br />

den Aussagen des vorgelegten Textes) zu unterscheiden <strong>und</strong> da<strong>für</strong> auch auf<br />

die indirekte Rede zurückzugreifen, obwohl diese spätestens in Klasse 8 <strong>im</strong><br />

Zusammenhang mit der Inhaltsangabe ausführlich eingeführt wurde. Da dieser<br />

Aspekt aber auch von der Lesekompetenz <strong>und</strong> der intellektuellen Reife abhängt<br />

<strong>und</strong> sich beide Bereiche individuell ganz unterschiedlich entwickeln, ist<br />

es durchaus angebracht, hier (<strong>und</strong> eventuell auch noch einmal in der Kursstufe)<br />

erneut einen Schwerpunkt zu setzen. Möglicherweise zum ersten Mal könnte<br />

in Klasse 10 das korrekte Zitieren als eine wichtige Variante be<strong>im</strong> Umgang mit<br />

Texten ausführlich behandelt werden.<br />

Die Organisation <strong>und</strong> Leitung einer Diskussion wird in Klasse 7 nur als<br />

Randthema notiert, da einerseits nicht davon ausgegangen werden kann, dass<br />

bei der ersten Trainingsmöglichkeit bereits alle Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler diese<br />

Fähigkeit tatsächlich erwerben können, <strong>und</strong> andererseits dieser Bereich <strong>für</strong> die<br />

Bewältigung der schriftlichen Erörterungsformen, die in dieser Handreichung<br />

<strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong> stehen, keine wesentliche Rolle spielt.<br />

Zusammenfassend sei noch einmal hervorgehoben, dass sich die Übersicht<br />

der möglichen Teilkompetenzen als Hilfe <strong>für</strong> die Grobplanung der einzelnen Erörterungseinheiten<br />

von Klasse 7 bis 10 eignet. Die fett gedruckten Teilkompetenzen<br />

könnten dabei die Schwerpunkte <strong>für</strong> die jeweilige Neueinführung bilden.<br />

Gleichzeitig erscheint es sinnvoll, in den Zwischendiagnosen zu überprüfen,<br />

inwieweit die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler die neu eingeführten Teilkompetenzen<br />

bereits beherrschen, <strong>und</strong> in den Trainingsphasen ergänzende Aufgaben zum<br />

Wiederholen <strong>und</strong> zum vertiefenden Üben von einzelnen Elementen dieser Teil-<br />

Schwerpunkt <strong>für</strong> Phase 3<br />

Zusammenfassung von<br />

Tabelle 2<br />

37


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

38<br />

kompetenzen anzubieten. Für die Eingangsdiagnosen kommen vor allem die <strong>im</strong><br />

Jahr zuvor neu eingeführten Teilkompetenzen in Frage, weil die Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler ohne diese Basis wahrscheinlich größere Schwierigkeiten hätten,<br />

von der Einführungsphase in gewünschtem Maße zu profitieren.<br />

Für die weitere Planung der jeweiligen Unterrichtseinheiten könnte auch<br />

ein vertikaler Blick <strong>im</strong> Sinne eines Spiralcurriculums hilfreich sein, um die Progression<br />

be<strong>im</strong> schrittweisen Aufbau der Basiskompetenz des <strong>Argumentieren</strong>s<br />

nachzuvollziehen. Diesem Ziel soll Tabelle 3 dienen. Hier wurde auf die Kompetenzformulierungen<br />

des Bildungsplanes 2004 zurückgegriffen. Die wenigen<br />

Ergänzungen <strong>im</strong> Bereich der Arbeitstechniken dienen der Konkretisierung <strong>und</strong><br />

stehen in eckigen Klammern.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Tabelle 3: Kompetenzaufbau „<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong>“ als Spiralcurriculum<br />

Arbeitstechniken<br />

Sprachbewusstsein<br />

entwickeln<br />

Sprechen Schreiben Lesen/Umgang mit Texten <strong>und</strong><br />

Medien<br />

Informieren<br />

- in einem Lexikon nachschlagen<br />

- Informationen aus der<br />

Bibliothek beschaffen<br />

- eine einfache Recherche mit<br />

dem Computer durchführen<br />

Umgang mit Texten<br />

Methoden der Texterschließung<br />

(Markieren, Gliedern [Abschnitte<br />

bilden, Überschriften<br />

formulieren] …)<br />

Kommunikation<br />

wesentliche Mittel<br />

unterscheiden,<br />

welche die mündliche<br />

Kommunikation<br />

beeinflussen (Gestik,<br />

M<strong>im</strong>ik, St<strong>im</strong>me)<br />

- gezielt Informationen aus<br />

Texten, Bildern, Tabellen <strong>und</strong><br />

Grafiken entnehmen <strong>und</strong> in<br />

eigenen Worten wiedergeben<br />

- über ihre Freizeitbeschäftigung<br />

mit Büchern, Filmen <strong>und</strong><br />

Fernsehsendungen sprechen<br />

<strong>und</strong> ihre Eindrücke <strong>und</strong><br />

Wertungen austauschen<br />

Informieren<br />

Informationen<br />

beschaffen <strong>und</strong><br />

adressatenbezogen<br />

weitergeben<br />

Klasse 6 Gespräche führen<br />

- aufmerksam zuhören, Sprechabsichten<br />

erkennen <strong>und</strong> sach-, situations- <strong>und</strong><br />

adressatenbezogen auf andere eingehen<br />

- Gedanken, Wünsche <strong>und</strong> Meinungen<br />

angemessen <strong>und</strong> verständlich<br />

artikulieren<br />

- in einfachen Kommunikationssituationen<br />

argumentieren <strong>und</strong> begründet Stellung<br />

beziehen<br />

[Informieren<br />

- Suchmaschinen anwenden<br />

- W-Fragen anwenden]<br />

Diskutieren <strong>und</strong> <strong>Argumentieren</strong><br />

- wichtige Beiträge in Stichworten<br />

´ zusammenfassen …<br />

Satzfolgen <strong>und</strong><br />

Satzgefüge<br />

Adverbialsätze nach ihrer<br />

inhaltlichen Bedeutung<br />

unterscheiden<br />

- Möglichkeiten der<br />

verschiedenen Medien<br />

als Mittel der Information,<br />

Kommunikation,<br />

Meinungsbildung, Werbung <strong>und</strong><br />

Unterhaltung nutzen<br />

- mit einfachen Hypertexten<br />

umgehen<br />

Klasse 7 Gespräche führen<br />

- aktiv zuhören <strong>und</strong> sich auf<br />

Gesprächsthema <strong>und</strong> -verlauf<br />

konzentrieren<br />

- sich themenbezogen in Gespräche<br />

einbringen <strong>und</strong> ihre eigene Aussage klar<br />

<strong>und</strong> verständlich formulieren<br />

- Kritik aufgreifen <strong>und</strong> konstruktiv Kritik<br />

üben<br />

- die Gesprächsleitung übernehmen<br />

Diskutieren <strong>und</strong> <strong>Argumentieren</strong><br />

- verschiedene Formen der Diskussion<br />

unterscheiden <strong>und</strong> ihre Regeln anwenden<br />

- eine [Podiums]diskussion [<strong>und</strong> eine<br />

Debatte] organisatorisch <strong>und</strong> inhaltlich<br />

vorbereiten<br />

- explizit auf andere Argumente <strong>und</strong><br />

Meinungen eingehen<br />

39


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

Sprachbewusstsein entwickeln Arbeitstechniken<br />

Sprechen Schreiben Lesen/Umgang mit Texten <strong>und</strong><br />

Medien<br />

40<br />

[Informieren<br />

Techniken der Stoffsammlung<br />

(z. B. BUWE-Schlüssel,<br />

Standpunkte ermitteln) <strong>und</strong><br />

Gliederung (z. B. Mindmap,<br />

Stichpunkteliste oder<br />

Thesenpapier) anwenden<br />

Schreibkompetenz<br />

die spezifischen<br />

Möglichkeiten des Computers<br />

nutzen (Textverarbeitung)<br />

Satzfolgen <strong>und</strong> Satzgefüge<br />

- Adverbialsätze <strong>und</strong> andere<br />

Formen adverbialer<br />

Best<strong>im</strong>mungen verwenden,<br />

um Zusammenhänge zu<br />

verdeutlichen<br />

- komplexe Satzgefüge<br />

übersichtlich konstruieren<br />

Modalität<br />

verschiedene Ausdrucksmöglichkeiten<br />

<strong>für</strong> Modalität (Modus,<br />

Modalverben, Modaladverbien)<br />

nutzen<br />

zwischen elementaren<br />

Formen der Nachrichten- <strong>und</strong><br />

Informationsvermittlung in<br />

R<strong>und</strong>funk, Zeitung, Fernsehen<br />

<strong>und</strong> Internet unterscheiden <strong>und</strong><br />

ihre Wirkung kritisch reflektieren<br />

Schreibkompetenz<br />

Texte unter Berücksichtigung<br />

best<strong>im</strong>mter inhaltlicher <strong>und</strong><br />

formaler Vorgaben planen,<br />

schreiben <strong>und</strong> überarbeiten<br />

Informieren<br />

über Sachverhalte schriftlich<br />

informieren<br />

<strong>Argumentieren</strong><br />

sich mit einem Sachverhalt<br />

in Form einer einfachen<br />

Erörterung auseinander setzen<br />

Klasse 8 Diskutieren <strong>und</strong><br />

<strong>Argumentieren</strong><br />

die eigenen Argumente<br />

sinnvoll strukturieren <strong>und</strong><br />

präzise darstellen<br />

Informieren<br />

- verschiedene Techniken<br />

der Gewinnung <strong>und</strong><br />

Verarbeitung von<br />

Information<br />

[z. B. Brainstorming <strong>und</strong><br />

Clustering] anwenden, auch<br />

von Informationsquellen <strong>im</strong><br />

Internet<br />

- die Informationen<br />

zielgerichtet prüfen,<br />

bewerten <strong>und</strong> auswählen<br />

Schreibprozess<br />

- Texte planen <strong>und</strong><br />

überarbeiten, dabei auch<br />

die Möglichkeiten des<br />

Computers nutzen [z. B.<br />

Überarbeitungsmodus]<br />

Medienkompetenz<br />

mit den verschiedenen Medien<br />

als Mittel der Information, …,<br />

Meinungsbildung, … sinnvoll<br />

umgehen [dazu gehört auch<br />

die Übertragung von einer<br />

Darstellungsform in eine andere,<br />

z. B. die „Übersetzung“ von einer<br />

Grafik in einen Fließtext]<br />

Klasse 9 <strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong><br />

Techniken <strong>und</strong> Formen<br />

des <strong>Argumentieren</strong>s <strong>und</strong><br />

<strong>Erörtern</strong>s anwenden (Thesen,<br />

Argumente, Belege, Beispiele,<br />

Schlussfolgerungen)


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Sprachbewusstsein entwickeln Arbeitstechniken<br />

Sprechen Schreiben Lesen/Umgang mit Texten <strong>und</strong><br />

Medien<br />

Informieren<br />

- Begriffe <strong>und</strong> Sachverhalte<br />

klären<br />

Beschreibung von Texten<br />

- Zitiertechniken<br />

abgeschlossenes Zitat,<br />

Einbettung in eigenen Satz,<br />

Paraphrase, Belegtechnik]<br />

kennen<br />

- Techniken des Zitierens <strong>und</strong><br />

des referierenden Sprechens<br />

sinnvoll einsetzen [geeignete<br />

Zitate auswählen <strong>und</strong> in<br />

sinnvollen Zusammenhang<br />

einbetten]<br />

<strong>Fach</strong>- <strong>und</strong> Gruppensprachen<br />

Den Inhalt einfacher <strong>Fach</strong>texte<br />

erschließen<br />

Formen der Argumentation<br />

- Mittel der Argumentation<br />

funktional deuten<br />

- Argumentationsstruktur<br />

<strong>und</strong> Argumentationsweise<br />

in Diskussionsbeiträgen,<br />

Statements <strong>und</strong><br />

problemerörternden Texten<br />

analysieren <strong>und</strong> beurteilen<br />

Modalität<br />

den Konjunktiv der indirekten<br />

Rede als Mittel der Distanzierung<br />

… benutzen [Standard Klasse 8]<br />

Lesekompetenz<br />

Inhalt <strong>und</strong> Aussage eines Textes<br />

erfassen<br />

Medienkompetenz<br />

- das Literatur- <strong>und</strong><br />

Medienangebot nutzen <strong>und</strong><br />

kritisch damit umgehen<br />

- Nutzungsmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> Rezeptionsweisen der<br />

Printmedien mit denen anderer<br />

Medien vergleichen<br />

<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong><br />

- Sachverhalte <strong>und</strong> Probleme<br />

in größere Zusammenhänge<br />

einordnen, eigene<br />

Standpunkte klar <strong>und</strong><br />

folgerichtig entwickeln <strong>und</strong><br />

sich mit fremden Sichtweisen<br />

<strong>und</strong> Argumentationen<br />

sachlich <strong>und</strong> fair auseinander<br />

setzen<br />

- Argumentationsstrategien<br />

erkennen, darauf reagieren<br />

<strong>und</strong> eigene Argumentationen<br />

entfalten<br />

- unterschiedliche Formen<br />

schriftlicher Erörterung<br />

beherrschen <strong>und</strong> dabei<br />

einen situativen Kontext<br />

berücksichtigen<br />

- Beschreibung von Texten:<br />

Texte zusammenfassen <strong>und</strong><br />

analysieren<br />

- Schreibprozess:die<br />

Schreibform Erörterung<br />

(freie <strong>und</strong> textgeb<strong>und</strong>ene<br />

Erörterung, auch literarische<br />

Erörterung) verwenden<br />

Klasse 10 Praktische Rhetorik<br />

auf die Argumente anderer<br />

eingehen <strong>und</strong> den eigenen<br />

Standpunkt angemessen<br />

vertreten<br />

41


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

Sprachbewusstsein entwickeln Arbeitstechniken<br />

Sprechen <strong>und</strong> Schreiben Lesen/Umgang mit Texten <strong>und</strong><br />

Medien<br />

42<br />

Informieren<br />

- Methoden der Beschaffung<br />

<strong>und</strong> Verarbeitung von<br />

Information zielgerichtet<br />

anwenden …<br />

- Methoden der Aufbereitung<br />

<strong>und</strong> Vermittlung von<br />

Information (Strukturierung<br />

<strong>und</strong> Visualisierung)<br />

anwenden<br />

- [ein Dossier erstellen<br />

(Material sammeln, lesen,<br />

bewerten <strong>und</strong> auswählen)]<br />

Texte wiedergeben<br />

Techniken des Zitierens <strong>und</strong><br />

des referierenden Sprechens<br />

sicher anwenden<br />

Sprachwissen <strong>und</strong><br />

Sprachkompetenz<br />

- ein Repertoire semantischer,<br />

syntaktischer <strong>und</strong> stilistischer<br />

Möglichkeiten situationsgerecht<br />

<strong>und</strong> funktional anwenden<br />

- sprachliche Mittel einsetzen,<br />

um Inhalte miteinander<br />

zu verknüpfen <strong>und</strong> den<br />

Textzusammenhang zu sichern<br />

- den logischen Zusammenhang<br />

von Satzgefügen erfassen<br />

- Sätze konstruieren, die<br />

einen Sachverhalt in seiner<br />

Komplexität deutlich machen<br />

- ihr Sprachwissen bei<br />

Sprachanalyse <strong>und</strong><br />

Sprachproduktion (auch<br />

Textüberarbeitung) anwenden<br />

Sprachbewusstsein <strong>und</strong><br />

kommunikative Kompetenz<br />

darstellen, dass die<br />

neuen Informations- <strong>und</strong><br />

Kommunikationstechnologien<br />

Wahrnehmung <strong>und</strong><br />

Kommunikation beeinflussen,<br />

<strong>und</strong> deren Auswirkungen auf die<br />

Sprache reflektieren<br />

Lesekompetenz<br />

- mit anspruchsvollen …<br />

nichtliterarischen Texten<br />

umgehen<br />

- sich mit dem in einem Text<br />

dargestellten Menschen- <strong>und</strong><br />

Weltbild auseinander setzen<br />

- auch geistes-, sozial<strong>und</strong><br />

kulturgeschichtliche<br />

Zusammenhänge<br />

berücksichtigen<br />

Medienkompetenz<br />

- die verschiedenen Medien<br />

als Mittel der Information,<br />

Meinungsbildung,<br />

Unterhaltung, Kommunikation<br />

<strong>und</strong> ästhetischen Gestaltung<br />

gezielt nutzen<br />

- spezifische Darstellungsmittel<br />

der traditionellen <strong>und</strong> neuen<br />

Medien, ihre spezifische<br />

Rezeptionsweise, Wirkung <strong>und</strong><br />

Problematik darstellen <strong>und</strong><br />

erläutern (auch Hypertexte,<br />

Hypermedien, virtuelle Welten)<br />

Kursstufe Praktische Rhetorik<br />

- einen Diskussions- <strong>und</strong> Redebeitrag vorbereiten, formulieren<br />

<strong>und</strong> vortragen<br />

- eine Diskussion vorbereiten, durchführen <strong>und</strong> auswerten<br />

- eigenes <strong>und</strong> fremdes Gesprächsverhalten kritisch<br />

beobachten <strong>und</strong> angemessen darauf reagieren<br />

- Leitungs- <strong>und</strong> Moderationsaufgaben vornehmen<br />

<strong>Argumentieren</strong><br />

- komplexe Fragestellungen erfassen <strong>und</strong> Problemfelder<br />

erschließen<br />

- eine präzise <strong>und</strong> adäquate Begrifflichkeit verwenden<br />

- mit Techniken <strong>und</strong> Formen des <strong>Argumentieren</strong>s selbstständig<br />

umgehen<br />

- Norm- <strong>und</strong> Wertvorstellungen reflektieren <strong>und</strong> sich ein<br />

begründetes Urteil bilden<br />

- erörternde Schreibformen verwenden (die nicht<br />

textgeb<strong>und</strong>ene Erörterung, die textgeb<strong>und</strong>ene Erörterung,<br />

auch produktionsorientiert, die literarische Erörterung)<br />

Texte wiedergeben<br />

das Wesentliche eines anspruchsvollen Textes mit eigenen<br />

Worten sachgerecht wiedergeben


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Auf der horizontalen Ebene lassen sich <strong>für</strong> jede Jahrgangsstufe Anregungen<br />

<strong>für</strong> eine mögliche Vernetzung der verschiedenen Arbeitsbereiche <strong>und</strong> somit <strong>für</strong><br />

eine domänenübergreifende Planung finden. In Klasse 6 <strong>und</strong> 7 liegt der Schwerpunkt<br />

eindeutig <strong>im</strong> Bereich des Sprechens. Der schriftliche Bereich hat lediglich<br />

eine unterstützende Funktion, indem die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler mit Hilfe der<br />

entsprechenden Arbeitstechniken üben, kurze Informationen als Vorbereitung<br />

<strong>für</strong> ihre Gesprächs- <strong>und</strong> Diskussionsbeiträge zu notieren. Ab Klasse 8 ist es dann<br />

eher umgekehrt. Teilkompetenzen aus dem Bereich der praktischen Rhetorik<br />

dienen als Ausgangspunkt <strong>und</strong> Vorbereitung <strong>für</strong> das anschließende schriftliche<br />

<strong>Erörtern</strong>. Im Bereich des Umgangs mit Texten <strong>und</strong> Medien stehen teilweise Hinweise<br />

<strong>für</strong> mögliche Inhaltsaspekte, wenn die Erörterungsgegenstände in den<br />

fachlichen Rahmen des <strong>Deutsch</strong>unterrichts <strong>im</strong> weiteren Sinne fallen sollen, was<br />

ja durchaus sinnvoll ist, weil sich auf diese Weise domänenübergreifende Synergien<br />

<strong>im</strong> Sinne eines nachhaltigen Unterrichts heben lassen. Außerdem könnte<br />

dies zu einer gewissen stofflichen Entlastung beitragen. In Klasse 6 bietet es<br />

sich also an, die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler über ihre Freizeitbeschäftigungen<br />

sprechen zu lassen, indem sie zum Beispiel begründen, warum ein Jugendbuch<br />

oder ein Film ihr Lieblingsbuch oder –film ist. In Klasse 7 könnte man das Diskussionstraining<br />

mit einfachen Informations- <strong>und</strong> Meinungssendungen sowie<br />

dem Thema Werbung verknüpfen. In Klasse 8 bieten sich die Informationsmöglichkeiten<br />

verschiedener Medien als mögliches Thema <strong>für</strong> eine lineare Erörterung<br />

an. Mit einem entsprechend höheren inhaltlichen Niveau können dann in<br />

Klasse 9 bis hinauf in die Kursstufe der sinnvolle Umgang mit den verschiedenen<br />

alten <strong>und</strong> neuen Medien <strong>und</strong> ihre jeweilige Wirkung auf die Rezipienten<br />

in Form einer dialektischen Erörterung oder auf der Basis eines anspruchsvollen<br />

nichtliterarischen Textes kritisch reflektiert werden. Besonders wichtig erscheint<br />

eine Verknüpfung der Arbeitsbereiche Sprechen <strong>und</strong> Schreiben mit der Reflexion<br />

über die Sprache. So sollten die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler in Klasse 6<br />

Gestik, M<strong>im</strong>ik <strong>und</strong> St<strong>im</strong>mführung bewusst einsetzen lernen, um sich besser artikulieren<br />

zu können. In Klasse 10 müssen die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler bei der<br />

Analyse des zugr<strong>und</strong>e gelegten Textes das Mittel der indirekten Rede, das bereits<br />

in Klasse 8 <strong>im</strong> Rahmen der Inhaltsangabe eingeführt wurde, sicher beherrschen,<br />

um zwischen eigenen <strong>und</strong> fremden Gedanken unterscheiden zu können.<br />

Ebenso ist in der Kursstufe die sichere Anwendung von Zitiertechniken vorauszusetzen.<br />

Auf der vertikalen Ebene lässt sich am Beispiel von <strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong><br />

gut ablesen, wie sich der kumulative Aufbau dieser Kompetenz in den<br />

einzelnen Bereichen vollziehen kann, da sich das Training dieser Fähigkeit wie<br />

ein roter Faden von Klasse 6 bis zur Kursstufe durch die einzelnen Jahrgänge<br />

zieht. Wie <strong>im</strong> vorigen Abschnitt schon dargelegt wurde, liegt der Schwerpunkt<br />

in Klasse 6 <strong>und</strong> 7 <strong>im</strong> Bereich des Sprechens, während in den Klassen 8 bis 10<br />

das Schreiben <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong> steht. In Klasse 6 findet dabei durch die Einführung<br />

der Teilkompetenz, seine Meinung in einfachen Gesprächssituationen<br />

angemessen zu vertreten, eine Vorbereitung auf die Teilnahme an einer Diskussion<br />

in Klasse 7 statt. Teilweise wird man einzelne Fähigkeiten, wie aufmerksam<br />

zuzuhören oder sich angemessen zu artikulieren, auch schon in Klasse 5 thematisieren.<br />

In der Kursstufe werden die Bereiche des Sprechens <strong>und</strong> Schreibens<br />

<strong>im</strong> Bildungsplan als eine enge Einheit dargestellt, die sich wechselseitig<br />

bedingen <strong>und</strong> fördern. Angesichts der Anforderungen des Schriftlichen Abiturs<br />

wird man die Bewältigung der schriftlichen Erörterungsformen, ab 2014 auch<br />

<strong>im</strong> Zusammenhang mit dem Essay, als pr<strong>im</strong>äres Ziel anpeilen. Aber unter dem<br />

Aspekt einer Vorbereitung auf die weitere Ausbildung <strong>und</strong> den beruflichen Werdegang<br />

sollte man auch den Bereich der praktischen Rhetorik als wichtigen<br />

Horizontale Vernetzung<br />

zwischen den<br />

Arbeitsbereichen<br />

Vertikale Vernetzung<br />

innerhalb der<br />

Arbeitsbereiche<br />

43


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

44<br />

Baustein berücksichtigen, zumal hier die enge Verflechtung von mündlichen<br />

Diskussions- bzw. Redebeiträgen <strong>und</strong> schriftlichem <strong>Argumentieren</strong> auf der<br />

Hand liegen. Während es <strong>im</strong> Bereich des Umgangs mit Texten <strong>und</strong> Medien zunächst<br />

um die gezielte Informationsentnahme aus einfachen Texten, Tabellen<br />

oder Grafiken geht, werden <strong>im</strong> weiteren Verlauf die zugr<strong>und</strong>e gelegten Texte<br />

<strong>im</strong>mer anspruchsvoller <strong>und</strong> komplexer, sowohl was die Überschreitung des<br />

Lebens- <strong>und</strong> Erfahrungshorizontes der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler als auch das<br />

sprachliche Niveau betrifft. Gleichzeitig entfaltet sich das gesamte Medienspektrum,<br />

dessen Nutzen <strong>und</strong> Wirkungspotential auch zunehmend kritisch beurteilt<br />

werden soll. Im Bereich des Sprachbewusstseins lässt sich vielleicht am besten<br />

nachvollziehen, wie gerade auch <strong>im</strong> <strong>Deutsch</strong>unterricht die einzelnen Elemente<br />

aufeinander aufbauen <strong>und</strong> die Bewältigung der sprachlichen Anforderungen in<br />

einer Jahrgangsstufe explizit die Beherrschung der entsprechenden, in früheren<br />

Jahren eingeführten Elemente voraussetzen, wenn man nicht Gefahr laufen<br />

will, dass die Schreibkompetenz stagniert, was ja leistungsmäßig sogar einen<br />

Abfall angesichts der ständig steigenden Erwartungen bedeuten würde. Besonderes<br />

Augenmerk kommt hier dem Repertoire sprachlicher Möglichkeiten<br />

zu, um auch komplexere Zusammenhänge adäquat <strong>und</strong> zugleich übersichtlich<br />

zu verdeutlichen. Diese Fähigkeit gilt es konsequent <strong>und</strong> schrittweise zu vertiefen<br />

<strong>und</strong> zu erweitern. Das Gleiche gilt <strong>für</strong> die Nutzung der verschiedenen<br />

Ausdrucksmöglichkeiten der Modalität, vom Einsatz der Modalverben bis hin<br />

zur sicheren Beherrschung aller Varianten zur distanzierten Wiedergabe der Gedanken<br />

einer dritten Person, wozu auch spätestens in der Kursstufe der sichere<br />

Umgang mit der Arbeitstechnik des Zitierens gehört. Sowohl bei der Recherche<br />

als auch bei der Verarbeitung von Informationen sollen die Schülerinnen <strong>und</strong><br />

Schüler von Jahrgangsstufe zu Jahrgangsstufe selbstständiger <strong>und</strong> quellenkritischer<br />

vorgehen. Be<strong>im</strong> Trainieren der Arbeitstechniken wäre es sehr hilfreich,<br />

wenn dies <strong>im</strong> Rahmen eines fächer- <strong>und</strong> jahrgangsübergreifenden Methodencurriculums<br />

erfolgen könnte.<br />

Im folgenden Kapitel soll es nun darum gehen, eine konkrete Unterrichtseinheit<br />

in ausführlicher Form anzubieten, um die in den ersten drei Kapiteln dargelegten<br />

allgemeinen Überlegungen beispielhaft zu verdeutlichen. Dazu wird<br />

in dieser Handreichung ein Vorschlag <strong>für</strong> die dialektische Erörterung in Klasse 9<br />

vorgelegt. In einem zweiten Teil sollen Anregungen zu Unterrichtseinheiten <strong>für</strong><br />

Klasse 7 (Diskutieren <strong>und</strong> <strong>Argumentieren</strong>), Klasse 8 (lineare Erörterung), Klasse<br />

10 (textgeb<strong>und</strong>ene Erörterung) <strong>und</strong> die Kursstufe (textgeb<strong>und</strong>ene Erörterung)<br />

folgen. Für Klasse 6 ist keine eigene Unterrichtseinheit geplant, da es hier nur<br />

um Vorformen des <strong>Argumentieren</strong>s geht <strong>und</strong> der Schwerpunkt der Handreichung<br />

auf die Entwicklung der Schreibkompetenz gelegt wird.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

4 Die dialektische Erörterung in Klasse 9<br />

4.1 Anregungen zur Eingangsdiagnostik<br />

Ausgangsüberlegungen<br />

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•<br />

Die Eingangsdiagnostik bildet die Phase II der kompetenzorientierten Einheit.<br />

Die UE zur dialektischen Erörterung passt gut an den Anfang des Schuljahres,<br />

so dass auf mehrere Teilkompetenzen <strong>im</strong> Laufe des Schuljahres bei anderen<br />

UE rekurriert werden könnte.<br />

Von Klasse 8 nach 9 findet oft ein Lehrkräftewechsel statt.<br />

Die kontinuierliche Eingangsdiagnostik soll helfen, die Ausgangslage der<br />

Klasse genauer zu best<strong>im</strong>men.<br />

Eine offenere <strong>und</strong> komplexer angelegte Form der Diagnostik bietet der (neuen)<br />

Lehrperson mehr Erkenntnisse über den Leistungsstand der Klasse.<br />

Ausgangspunkt ist die in Klasse 8 eingeführte einfache oder lineare Erörterung.<br />

Sehr viele Teilkompetenzen sind bei der linearen <strong>und</strong> dialektischen<br />

Erörterung identisch. Es wird in der UE also auch um Erweiterung <strong>und</strong> Vertiefung<br />

dieser bereits eingeführten Teilkompetenzen gehen. Dies spricht auch<br />

eher gegen eine kleinschrittige Diagnose.<br />

Neue Teilkompetenzen einer UE zur dialektischen Erörterung sind vor allem<br />

die Fähigkeiten, die Struktur einer dialektischen Erörterung zu beherrschen<br />

sowie sich respektvoll <strong>und</strong> zugleich kritisch mit einer anderen Position auseinanderzusetzen<br />

(vgl. Tabelle 1 in Kapitel 3).<br />

Bei dieser Eingangsdiagnostik geht es weniger um den Lernstand des einzelnen<br />

Lernenden (dieser Aspekt wird bei der Zwischendiagnostik <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong><br />

stehen), sondern mehr um den der Klasse.<br />

Die Diagnostik sollte sich möglichst in den fortlaufenden Unterricht integrieren<br />

lassen.<br />

Die Eingangsdiagnostik sollte <strong>im</strong> Sinne der Vorbereitung auf die neue UE<br />

auch schon einen Teil des Neuen beinhalten, hier könnte dies ein erster Einblick<br />

in die dialektische Struktur sein.<br />

Die Eingangsdiagnostik sollte als erster Baustein einer neuen UE <strong>für</strong> die<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler auch motivierend wirken. Dies lässt sich vor allem<br />

durch eine entsprechende schüleraktivierende Methode <strong>und</strong> einen altersgemäßen<br />

Inhalt erreichen. Dies gilt auch <strong>für</strong> die ganze UE: Die Inhalte müssen<br />

von den Lernenden als sinnvoll <strong>und</strong> hilfreich erachtet werden.<br />

Die Diagnostik dient der Analyse einer Hauptkompetenz sowohl der linearen<br />

als auch der dialektischen Erörterung, überprüft wird nämlich die Kompetenz<br />

„Argumente sinnvoll strukturieren <strong>und</strong> präzise darstellen“ (vgl. 1.13 <strong>im</strong> Bildungsstandard<br />

<strong>für</strong> Klasse 7/8).<br />

Die Auswertung sollte <strong>im</strong> Sinne der Förderung einer Feedbackkultur möglichst<br />

zusammen mit den Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern erfolgen. Auf diese<br />

Weise können die Lernenden auch Mitverantwortung übernehmen, indem<br />

gemeinsam Ziele <strong>für</strong> die geplante UE vereinbart werden.<br />

Außerdem sollte die Auswertung mit einem <strong>für</strong> die Lehrperson geringen Zusatzaufwand<br />

verb<strong>und</strong>en sein. Hier kommt vor allem die gezielte Beobachtung<br />

während einer offenen Unterrichtsphase in Frage.<br />

45


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

46<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Der Vorbereitungsaufwand kann <strong>für</strong> die Lehrkraft deutlich reduziert werden,<br />

indem ein Beobachtungsbogen auf der Gr<strong>und</strong>lage der entsprechenden bereits<br />

vorliegenden Niveaukonkretisierung erstellt wird.<br />

Um Stigmatisierungseffekte zu vermeiden, wird eine Auswertung vorgeschlagen,<br />

die wenigstens teilweise eine Schülerselbstbewertung beinhaltet.<br />

Denn alle Lernenden haben durch ihre Gruppenarbeit an den zu diagnostizierenden<br />

Ergebnissen mitgewirkt.<br />

Die Ergebnisse aus dieser Eingangsdiagnostik sollen bei der weiteren Gestaltung<br />

der UE berücksichtigt werden <strong>und</strong> zu einer entsprechenden Schwerpunktsetzung<br />

führen.<br />

Eine zeitsparende Alternative könnte ein Rückgriff auf die Items 34 bis 41 der<br />

Vergleichsarbeit 2008 <strong>für</strong> die Klassen 8 sein. Da mittlerweile viele gut geeignete<br />

Aufgaben aus den Vergleichsarbeiten der letzten Jahre in jeder Schule<br />

gesammelt vorliegen, sollte man dieses Material auch unter dem Gesichtspunkt<br />

der Arbeitsentlastung gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>für</strong> jede Art von Diagnostik in Erwägung<br />

ziehen. Allerdings entfiele <strong>im</strong> Vergleich zur vorgeschlagenen Methode<br />

das motivierende Moment, das gleichzeitig einen geschickten Übergang<br />

zur Erarbeitungsphase bieten würde. Die Lehrperson müsste die Schüleraufschriebe<br />

wahrscheinlich auch selbst korrigieren, wodurch allerdings bereits<br />

eine individuelle Rückmeldung erfolgen würde.<br />

Erläuterungen zur Darstellungsweise <strong>und</strong> zur Durchführung<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler sollen am Anfang über die Zielsetzung dieser<br />

Phase informiert werden: einerseits trainieren die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

ihre Fähigkeit, mit Diagnoseinstrumenten umzugehen, andererseits wird der<br />

Lernstand der Klasse in Bezug auf die Kompetenz „eine lineare Erörterung verfassen“<br />

ermittelt, um Hinweise <strong>für</strong> die Feinplanung der nachfolgenden Erarbeitungsphase<br />

zu gewinnen.<br />

Es wurde die Pingpong-Methode am Beispiel zweier Texte zum Thema „Begrenzung<br />

der Studienreisen“ gewählt. Die beiden Texte sollen mit dem Prinzip<br />

der wachsenden Gruppe erarbeitet <strong>und</strong> anschließend nach dem Zufallsprinzip<br />

(d. h. ausgewürfelt) von einem Gruppenmitglied vorgetragen werden (idealer<br />

Weise ausgehend von sechs Vierer-Gruppen).<br />

Ausgangspunkt sind zwei gegensätzliche Kommentare zur Frage: „Sollten<br />

die Studienreisen in der Kursstufe begrenzt werden?“<br />

Die Klasse wird in zwei gleichstarke Gruppen aufgeteilt. Jede Schülerin bzw.<br />

jeder Schüler erhält einen der beiden Texte mit der Aufgabenstellung:<br />

Arbeite die wesentlichen Argumente des Textes heraus <strong>und</strong> erläutere sie.<br />

Die Aufgabe wird mit genügend Zeit bearbeitet, zunächst in EA, dann vergleichen<br />

die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler ihre Ergebnisse in PA <strong>und</strong> setzen sich<br />

schließlich in einer Vierer-Gruppe zusammen. Für die Vierer-Gruppen lautet der<br />

Auftrag:<br />

Einigt euch auf die drei wichtigsten Argumente <strong>und</strong> erarbeitet Stichwortkarten<br />

<strong>für</strong> einen Vortrag eurer Ergebnisse nach dem Schema: Einleitung – Hauptteil<br />

(Entfaltung der Argumente) – Schluss.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Erst nach dieser Arbeit würfelt jede Gruppe aus, wer den Vortrag hält. Für die<br />

Erledigung dieses Arbeitsauftrags sollten nicht mehr als 45 Minuten benötigt<br />

werden.<br />

Die Gewinner der Würfelaktion verlassen <strong>für</strong> etwa 5 Minuten das Klassenz<strong>im</strong>mer,<br />

damit sie sich mit Hilfe ihrer Stichwortkarten auf ihren Vortrag konzentrieren<br />

können.<br />

In dieser Zeit erhalten die <strong>im</strong> Klassenz<strong>im</strong>mer verbliebenen Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler den Diagnosebogen <strong>und</strong> machen sich mit seiner Handhabung<br />

vertraut. Die Gruppen (<strong>im</strong> Idealfall sechs Dreiergruppen) bleiben erhalten <strong>und</strong><br />

konzentrieren sich auf nur ein Kriterium, das vom Lehrer vorgegeben wird (vgl.<br />

Tabelle auf S. 47). Die Kriterien Einleitung, Schluss <strong>und</strong> Adressatenbezug sind<br />

etwas einfacher zu beobachten <strong>und</strong> eignen sich daher <strong>für</strong> Schülerinnen <strong>und</strong><br />

Schüler mit einem schwächer ausgeprägten Potential. Die Schülerinnen <strong>und</strong><br />

Schüler sollen unbedingt vor den Vorträgen darüber informiert werden, welchen<br />

Stellenwert die Rückmeldungen haben <strong>und</strong> in welcher Form sie erfolgen<br />

sollen. Wichtig wäre außerdem der Hinweis, dass sie zusätzlich auch darauf<br />

achten können, inwieweit der Repräsentant ihrer Gruppe das Gruppenergebnis<br />

umgesetzt hat. Es könnte zum Beispiel der Fall eintreten, dass der betreffende<br />

Schüler auf der kognitiven Ebene alles richtig verstanden hat, aber trotzdem<br />

<strong>im</strong> Vortrag die erarbeiteten Inhalte nicht vollständig umsetzen konnte. Wenn<br />

die Gruppe von vorne herein weiß, dass es um das Gruppenergebnis geht <strong>und</strong><br />

nicht um die Einzelleistung, dann wird sie auch darauf achten.<br />

Die ausgewürfelten Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler tragen die Ergebnisse ihrer<br />

Gruppe nach der Pingpong-Methode (also <strong>im</strong> Pro-Kontra-Wechsel) vor. Durch<br />

die Betonung, dass sie ja nur die Gruppenergebnisse vortragen <strong>und</strong> ihr Vortrag<br />

nicht benotet wird, soll bei der Diagnostik die Gefahr einer Stigmatisierung<br />

reduziert werden. Die vortragenden Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler erhalten<br />

in der Reihenfolge ihres Auftritts einen Großbuchstaben von A bis F (bei sechs<br />

Gruppen) zugewiesen. Sie werden während ihres Vortrags von ihren Mitschülerinnen<br />

<strong>und</strong> Mitschülern hinsichtlich eines Kriteriums beobachtet <strong>und</strong> nach ihrem<br />

Vortrag von der Gruppe entsprechend eingestuft, indem sich die Gruppenmitglieder<br />

auf eine Kompetenzstufe einigen <strong>und</strong> das Ergebnis in den Bogen<br />

(siehe S. 48) schreiben. Sie tragen anschließend den entsprechenden Buchstaben<br />

in das entsprechende Feld ein. Da sich die sechs Gruppen jeweils mit<br />

einem anderen der sechs Kriterien beschäftigen, werden insgesamt alle sechs<br />

Kriterien des Bogens berücksichtigt.<br />

Am Ende – nach den Schülervorträgen – trägt jede Gruppe ihre Beobachtungen<br />

in einen leeren, auf DIN A 3 vergrößerten Diagnosebogen ein, indem<br />

die entsprechenden Buchstaben deutlich lesbar in die jeweiligen Felder übertragen<br />

werden. Als Alternative wäre auch eine Punkteabfrage denkbar, wodurch<br />

die Rückmeldung anonymer gestaltet werden könnte, was vielleicht in Klassen<br />

mit einer schlechter ausgeprägten Klassengemeinschaft die günstigere Variante<br />

wäre.<br />

Anschließend werden die Stärken <strong>und</strong> Schwächen der Klasse (nicht der<br />

einzelnen vortragenden Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler!) gemeinsam besprochen.<br />

Wenn genügend Zeit vorhanden ist, kann dem UG auch zunächst eine GA (in<br />

den bestehenden Gruppen) vorangestellt werden, mit der Aufgabe, Gründe <strong>für</strong><br />

offenk<strong>und</strong>ige Stärken oder Schwächen zu nennen.<br />

Die beobachteten Stärken <strong>und</strong> Schwächen sollen bewusst in die Planung<br />

der Erarbeitungsphase einfließen <strong>und</strong> während der UE <strong>im</strong> Klassenz<strong>im</strong>mer ausgehängt<br />

bleiben. Für diese Eingangsdiagnostik sollte insgesamt eine Doppelst<strong>und</strong>e<br />

ausreichen. Eventuell kann die Auswertung auch am Anfang der nächsten<br />

Doppelst<strong>und</strong>e erfolgen.<br />

47


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

48<br />

Bei dieser Form der Diagnostik muss einschränkend beachtet werden, dass sie<br />

wichtige Anhaltspunkte, aber keine Gewissheit über den Lernstand der Klasse<br />

liefern kann. Für den Zweck der Feinplanung der Erarbeitungsphase reichen<br />

allerdings die Anhaltspunkte (zusammen mit der Erfahrung der Lehrkraft aus<br />

den letzten Jahren) aus. Eine zeitnahe Wiederholung der Arbeit mit diesem Diagnosebogen<br />

in einer der nächsten Unterrichtseinheiten bietet sich an, da der<br />

inhaltsneutrale Bogen auch <strong>im</strong> Zusammenhang mit anderen Themen genutzt<br />

werden kann.<br />

Der Diagnosebogen kann also variabel eingesetzt werden. Die Kriterien sind<br />

<strong>für</strong> die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler gut erkennbar, wodurch sie in die Lage versetzt<br />

werden, andere Mitschüler <strong>und</strong> auch sich selbst zu bewerten. Der Bogen<br />

enthält auch schon die Beschreibung konkreter Verbesserungsmöglichkeiten,<br />

da der jeweilige Ausprägungsgrad eines Kriteriums genauer beschrieben wird.<br />

In der Kriterienspalte werden die einzelnen Aspekte als Substantive benannt<br />

<strong>und</strong> nicht als Teilkompetenzen formuliert (zum Beispiel „Schluss“ anstatt „einen<br />

Schluss wirkungsvoll verfassen“), da<strong>für</strong> wird der Ausprägungsgrad ausführlich<br />

berücksichtigt. Für die Zwischendiagnostik wurde eine alternative Darstellungsform<br />

gewählt, nämlich eine kompetenzorientierte Formulierung, bei<br />

der aber der Ausprägungsgrad offen bleibt.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Diagnosebogen<br />

Kriterium Nicht erfüllt Min<strong>im</strong>al erfüllt Durchschnittlich erfüllt Vorbildlich erfüllt<br />

Die Einleitung basiert auf einem<br />

originellen Einfall <strong>und</strong> führt direkt<br />

<strong>und</strong> lebendig zur Themenfrage.<br />

Die Einleitung orientiert sich an<br />

einem Muster (eigene Erfahrung,<br />

Beispiel, Aktualität) <strong>und</strong> führt danach<br />

zur Themenfrage.<br />

Die Einleitung besteht aus einem oder<br />

zwei sehr schematischen Sätzen. Es wird<br />

angedeutet, worum es geht.<br />

Einleitung Es gibt keine richtige Einleitung, so<br />

dass nicht von Anfang an klar wird,<br />

worum es eigentlich geht.<br />

Der Hauptteil weist eine klare<br />

Struktur auf. Alle Gründe/<br />

Argumente werden differenziert<br />

erläutert <strong>und</strong> mit treffenden<br />

Beispielen veranschaulicht.<br />

Die einzelnen argumentativen<br />

Abschnitte lassen sich klar<br />

voneinander unterscheiden.<br />

Die Gründe/Argumente werden<br />

unterschiedlich differenziert<br />

ausgeführt. Einige werden<br />

ausführlich erläutert <strong>und</strong><br />

veranschaulicht, andere knapp oder<br />

gar nicht.<br />

Der Hauptteil ist nicht klar untergliedert. Die<br />

Gründe/Argumente werden knapp dargestellt<br />

<strong>und</strong> mit kurzen Erläuterungen <strong>und</strong> Beispielen<br />

gestützt. Manchmal fehlen stützende<br />

Erläuterungen oder Beispiele auch. Die<br />

Gründe werden nicht <strong>im</strong>mer klar voneinander<br />

unterschieden, sondern gehen manchmal<br />

ineinander über.<br />

Hauptteil Der Inhalt des zu bearbeitenden<br />

Textes wurde nicht verstanden<br />

oder die Argumente werden<br />

ohne Erläuterung oder<br />

Beispiel zusammenhanglos<br />

aneinandergereiht.<br />

Die Gedankenführung ist<br />

durchgehend schlüssig <strong>und</strong><br />

folgt einem selbstständigen<br />

Gliederungskonzept. Die Argumente<br />

werden gewichtet, zum Beispiel nach<br />

dem steigernden Prinzip. Mögliche<br />

Einwände werden berücksichtigt,<br />

wenn es sinnvoll ist.<br />

Die Gedankenführung weist eine<br />

erkennbare Linie auf: Es gibt<br />

keine logischen Störungen. Der<br />

Darstellung liegt ein einfaches, aber<br />

sinnvolles Aufbauschema zu Gr<strong>und</strong>e.<br />

Die Argumente werden aneinandergereiht.<br />

Die Gedankenführung ist teilweise<br />

sprunghaft, die große Linie ist aber<br />

nachvollziehbar. Die Position ist klar<br />

erkennbar <strong>und</strong> wird mit wenigen, einfach<br />

formulierten Argumenten untermauert.<br />

Logik Die Gedankenführung ist sprunghaft.<br />

Weder ist ein roter Faden erkennbar,<br />

noch wird die Position deutlich.<br />

Mit dem Schluss wird ein wirksamer,<br />

origineller Akzent gesetzt.<br />

Durch einen passenden Schluss wird<br />

die Darstellung sinnvoll zu Ende<br />

geführt <strong>und</strong> abger<strong>und</strong>et.<br />

Schluss Es gibt keinen Schluss. Der Schluss ist schematisch <strong>und</strong> r<strong>und</strong>et die<br />

Darstellung nicht wirklich ab.<br />

Die Gedanken werden sicher<br />

<strong>und</strong> pointiert formuliert. Die<br />

Sätze werden abwechslungsreich<br />

konstruiert <strong>und</strong> differenziert<br />

miteinander verknüpft. Der<br />

Wortschatz entspricht der<br />

niveauvollen Argumentation.<br />

Die Sätze <strong>und</strong> Satzanfänge folgen<br />

unterschiedlichen Satzbaumustern.<br />

Die Sätze werden sinnvoll<br />

miteinander verknüpft, teilweise<br />

auch durch unterordnende<br />

Satzverbindungen.<br />

Einfache Hauptsätze dominieren eindeutig.<br />

Die Satzanfänge wiederholen sich teilweise.<br />

Der Wortschatz ist einfach. Es gibt vor allem<br />

nebenordnende Satzverbindungen. Die<br />

Aussagen sind verständlich <strong>und</strong> klar.<br />

Sprache Einige unvollständige Sätze. Sehr<br />

einfacher Wortschatz. Die Aussagen<br />

sind teilweise unverständlich, da<br />

die Sätze schlecht oder gar nicht<br />

verknüpft werden.<br />

Die Zuhörer fühlen sich während<br />

des gesamten Vortrags in lebendiger<br />

Weise angesprochen.<br />

Die Zuhörer fühlen sich während des<br />

gesamten Vortrags angesprochen<br />

<strong>und</strong> hören deshalb aufmerksam zu.<br />

Die Zuhörer fühlen sich teilweise einbezogen,<br />

ohne dass sie dadurch besonders motiviert<br />

werden, dem Vortrag zu folgen.<br />

Kein Adressatenbezug. Undeutliche<br />

Artikulation.<br />

Adressaten-<br />

bezug<br />

49


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

Leerer Diagnosebogen zur Ergebnissicherung<br />

50<br />

Kriterium Nicht erfüllt Min<strong>im</strong>al erfüllt Durchschnittlich erfüllt Vorbildlich erfüllt<br />

Einleitung<br />

Hauptteil .<br />

Logik .<br />

.<br />

Schluss<br />

Sprache .<br />

Adressaten-<br />

bezug


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Sollten die Studienreisen in der Kursstufe beschränkt werden? Unbedingt!<br />

Fahrten, die zu Fern- <strong>und</strong> Luxusreisen ausarten, sind unangemessen. Reisen<br />

zum „Teutonengrill“ nach R<strong>im</strong>ini oder Mallorca lassen sich wohl kaum noch<br />

mit dem geforderten Bildungswert einer Studienreise vereinbaren. Aufgeblähte<br />

Auslandsziele, die mit dem Vokabular aus der Werbebranche zu Projekten<br />

der Völkerverständigung aufgemotzt werden, bestehen größtenteils nur aus<br />

oberflächlichen Sightseeing-Touren, die als Alibi-Veranstaltung <strong>für</strong> nächtliche<br />

Fun-Aktionen herhalten müssen. Ebenso sind aufwendige Skireisen aus ökonomischen<br />

<strong>und</strong> ökologischen Gründen abzulehnen. Solche Angebote sind ein<br />

Spiegelbild der passiven Konsumhaltung der deutschen Wohlstandsgesellschaft<br />

<strong>und</strong> haben in der Schule überhaupt nichts verloren. Jugendliche sollen<br />

lernen, dass man sich einen best<strong>im</strong>mten Lebensstil verdienen muss, anstatt<br />

selbstverständlich zu konsumieren. Eine mühelose Erfüllung von Wünschen<br />

führt nur zu einer Anspruchshaltung, die sich <strong>im</strong> späteren Leben negativ auswirkt.<br />

Die Eltern sollten den Mut aufbringen, sich gegen den Wunsch <strong>und</strong> Willen<br />

des eigenen Kindes auszusprechen oder sich gegen wortgewaltige Miteltern<br />

durchzusetzen. Gehe<strong>im</strong>e Abst<strong>im</strong>mungen am Elternabend können da hilfreich<br />

sein. Teure Fahrten bergen die Gefahr sozialer Auslese, wenn Schülerinnen oder<br />

Schüler aus Kostengründen zu Hause bleiben müssen. Kinder aus finanziell<br />

schlechter gestellten Familien werden auf diese Weise ausgegrenzt. Dies fördert<br />

nicht das Solidaritätsgefühl unter den Schülern. Eine Zweiklassengesellschaft<br />

deutet sich an. Schulreisen sind nicht Nachwuchsförderung <strong>für</strong> Pauschaltourismus,<br />

sondern Bildungsveranstaltungen mit einem pädagogischen Auftrag, der<br />

sich viel besser in der näheren Umgebung in erschwinglichen Unterkünften<br />

erfüllen lässt, zum Beispiel in einer der über 600 deutschen Jugendherbergen<br />

oder den r<strong>und</strong> 500 Naturfre<strong>und</strong>ehäusern. Be<strong>im</strong> Wandern durch den Schwarzwald<br />

oder auf dem Elbe-Radweg abseits der bekannten Tourismus-Hochburgen<br />

lernen die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler nicht nur ihnen bisher verborgen gebliebene<br />

„Schätze der He<strong>im</strong>at“ kennen, sondern sie gewinnen auch genügend Zeit<br />

<strong>und</strong> Ruhe, um sich als Gruppe zu finden <strong>und</strong> zusammen mit ihren Lehrern ein<br />

Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln.<br />

51


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

52<br />

Sollten die Studienreisen in der Kursstufe beschränkt werden?<br />

Auf keinen Fall!<br />

Im Schulleben sind Studienfahrten ein Meilenstein <strong>für</strong> die Entwicklung der Jugendlichen.<br />

An ihre letzte Schulreise erinnern sich die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

ihr Leben lang. Diese Fahrten sind nicht nur eine wertvolle Ergänzung des<br />

Unterrichts als eine ganz andere Form der Wissensvermittlung, sondern sie fördern<br />

auch den Gemeinsinn <strong>und</strong> das gegenseitige Verstehen zwischen Lehrern<br />

<strong>und</strong> Schülern. Wenn man in Barcelona die einzigartige Jugendstilarchitektur<br />

von Gaudí kennenlernt oder zum ersten Mal in Wien ein Konzert besucht oder<br />

in Rom über das Forum Romanum schlendert, sind dies Bildungserlebnisse, die<br />

man nie vergisst. Die Schule wird zu einem fliegenden Klassenz<strong>im</strong>mer. Gerade<br />

<strong>für</strong> Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler aus den sogenannten bildungsfernen Schichten<br />

stellen solche Angebote eine einmalige Chance dar. Wer soll ihnen sonst den<br />

Weg in die Welt der Museen, Theater <strong>und</strong> Monumente weisen, wenn nicht die<br />

Schule? In einer modernen schülerorientierten Bildungslandschaft sollte es<br />

auch selbstverständlich sein, die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler bei der Auswahl<br />

der Reiseziele mitentscheiden zu lassen. Die Jugendlichen wünschen als Ziel<br />

<strong>für</strong> ihre Abschlussfahrten das Ausland. Dort wollen sie sich auch noch einmal<br />

intensiv als Gemeinschaft erfahren <strong>und</strong> bevorzugen deshalb Reisen mit Disco<br />

<strong>und</strong> anderen Spaßangeboten. Die Lehrer, die mit ihren Schülern wandern<br />

oder sie ins Museum führen, aber auch einmal eine Disco besuchen, haben auf<br />

Gr<strong>und</strong> der verbindenden Erlebnisse weniger Disziplinschwierigkeiten, was sich<br />

positiv auf den Lernwillen der Schüler auswirkt. Schließlich haben die Schüler<br />

gesehen, dass ihre Lehrer auch nur ganz normale Menschen sind, die genauso<br />

fröhlich feiern können. Das oft beklagte Problem, dass manche Eltern in finanzielle<br />

Engpässe geraten, lässt sich leicht lösen, wenn man bewusst mehrere,<br />

auch unterschiedlich teurere Reisen anbietet, so dass <strong>für</strong> jeden etwas zu finden<br />

ist. Und wenn es wirklich einmal ganz eng wird, stehen ja mittlerweile in allen<br />

Schulen Fördervereine bereit, um mit ihren Zuschüssen mögliche Benachteiligungen<br />

auszugleichen.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

4.2 Vorschläge <strong>für</strong> die Erarbeitungsphase<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Eingangsdiagnose sollte eine Feinplanung über die Gewichtung<br />

der als Schwerpunkte ausgewählten Teilkompetenzen stattfinden. Nahe liegt<br />

die Arbeit mit dem eingeführten Lehrwerk, (auch wenn in dieser Handreichung<br />

von eigens zusammengestellten Materialien ausgegangen wird, um keinem<br />

Lehrwerk einen Vorzug einzuräumen). Die Schulbücher folgen in der Regel dem<br />

Prozess der Aufsatzentstehung, also von der Stoffsammlung über die Gliederung<br />

bis zum Verfassen der einzelnen argumentativen Abschnitte sowie von<br />

Einleitung <strong>und</strong> Schluss.<br />

Als Ausgangspunkt der Stoffsammlung könnten Karikaturen <strong>und</strong> Statistiken<br />

dienen. Auch eine selbst erstellte <strong>und</strong> ausgewertete Umfrage wäre denkbar, sodass<br />

man sogar auf eigene Belege zurückgreifen könnte. Als zweite Möglichkeit<br />

bietet sich der Einsatz eines oder mehrerer provokanter Texte an. Dadurch lässt<br />

sich die Suche nach geeigneten Argumenten deutlich erleichtern <strong>und</strong> insbesondere<br />

auch eine inhaltliche Vertiefung des Themas fördern. Gleichzeitig werden<br />

die Lernenden angeregt, sich auf das inhaltliche Niveau der vorgelegten Texte<br />

einzulassen <strong>und</strong> Sprache <strong>und</strong> Stil des Ausgangstextes bei ihren eigenen schriftlichen<br />

Erörterungsversuchen unbewusst zu <strong>im</strong>itieren. Dies stellt auch bereits<br />

eine gute Vorbereitung auf die textgeb<strong>und</strong>ene Erörterung in Klasse 10 dar.<br />

Es soll aber auch ein Aspekt berücksichtigt werden, der in den Lehrwerken<br />

manchmal zu kurz kommt oder gar ganz außer Acht gelassen wird, nämlich die<br />

ausführliche Konstruktion von Schreibanlass <strong>und</strong> Schreibziel <strong>im</strong> Rahmen der<br />

konkreten Schreibaufgabe. Dadurch soll eine möglichst authentische <strong>und</strong> entsprechend<br />

motivierende Situation angepeilt <strong>und</strong> die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

gleichzeitig in Richtung eines konsequenten adressatenorientierten Schreibens<br />

gelenkt werden.<br />

Nach einer Einführung (Schritt 1) könnten folgende Schwerpunkte behandelt<br />

werden:<br />

• Schritt 2: die möglichst selbstständige Recherche sowie die Sichtung <strong>und</strong><br />

Ordnung des Materials,<br />

• Schritt 3: die Festsetzung einer dialektischen Schreibaufgabe <strong>und</strong> des Schreibziels,<br />

• Schritt 4: die sorgfältige Planung des Aufbaus,<br />

• Schritt 5: die Entfaltung der Argumente, insbesondere unter Einnahme einer<br />

fremden Perspektive,<br />

• Schritt 6: die sprachliche Verknüpfung der Argumente sowie die Überleitung<br />

von der Pro- zur Kontra-Seite (oder umgekehrt),<br />

• Schritt 7: das Verfassen eines folgerichtigen Schlusses mit einem klaren Ergebnis.<br />

In einem ersten Schritt soll eine gr<strong>und</strong>sätzliche Einführung der dialektischen<br />

Vorgehensweise <strong>und</strong> die Bedeutung des kommunikativen Kontextes der<br />

Schreibaufgabe vermittelt werden. Aus Motivationsgründen wird dabei zu zwei<br />

geschlechtsspezifischen Texten gegriffen, die sich an Jugendliche richten, die<br />

vielleicht zwei oder drei Jahre älter sind als Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler einer 9.<br />

Klasse, wovon man sich aber durchaus einen kleinen zusätzlichen Motivationsschub<br />

versprechen darf, ohne in die Falle eines biologischen Determinismus zu<br />

geraten. Dieser erste Schritt soll gleichzeitig das Ganze in den Blick nehmen,<br />

also die Frage beantworten, warum es sich lohnen könnte, einen dialektischen<br />

Erörterungsaufsatz zu verfassen (M 1 + 2).<br />

53


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

54<br />

Aus diesem Einstieg ergeben sich dann die folgenden Schritte, um das langfristige<br />

Ziel des fertigen Aufsatzes zu erreichen, d. h. die Komplexität des anspruchsvollen<br />

Gesamtziels soll reduziert werden, indem die Schülerinnen <strong>und</strong><br />

Schüler sich den Teilbereichen widmen, die sich <strong>im</strong> Rahmen einer prozess-orientierten<br />

Schreibdidaktik <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> einer jahrgangsvernetzten Planung als<br />

Schwerpunkte anbieten. Bei diesem zweiten Teil der Einführungsphase dürfen<br />

die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler zwischen vier verschiedenen Themen unterschiedlichen<br />

Schwierigkeitsgrades wählen. Dieses arbeitsteilige Verfahren ermöglicht<br />

einerseits eine gewisse Binnendifferenzierung nach Interessen <strong>und</strong><br />

Leistungsstand. Andererseits kann allein schon der Eindruck, dass man sich<br />

ein Ziel selbst gewählt hat <strong>und</strong> Verantwortung zu seiner Erreichung übern<strong>im</strong>mt,<br />

einen intrinsischen Motivationseffekt erzielen.<br />

Diese vier Themenfelder lauten: Zukunftsvorstellungen von Jugendlichen (M<br />

3 – 5), Familie (M 6 - 10), Suchtgefahren (M 11 - 14) <strong>und</strong> Geldanlagen (M 15 - 19).<br />

Die einzelnen Schritte werden nach einem einheitlichen Schema durchlaufen:<br />

nach einer eher lehrerzentrierten Einleitung erarbeiten sich die Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler in Dreiergruppen anhand ihres gewählten Themas weitgehend<br />

selbstständig den jeweiligen Arbeitsbereich. Anschließend gibt es Gelegenheit<br />

zur gegenseitigen Information <strong>und</strong> zum Austausch über die Gruppenergebnisse.<br />

Am Ende eines jeden Schwerpunktes bietet sich als Hausaufgabe die<br />

endgültige Verschriftlichung bzw. die Formulierung fehlender Zwischenteile,<br />

zum Beispiel der Einleitung, an. Auf diese Weise verfasst jeder Lernende nach<br />

<strong>und</strong> nach einen kompletten Erörterungsaufsatz, der dann als Gr<strong>und</strong>lage der<br />

Zwischendiagnose genutzt werden kann.<br />

Einleitung <strong>und</strong> Rückmeldephase können situationsabhängig von den Lehrenden<br />

organisiert werden. Deshalb wird <strong>im</strong> Folgenden der Schwerpunkt auf<br />

Vorschläge <strong>für</strong> die Arbeitsanweisungen zu den einzelnen Schritten gelegt.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

M 1: Der 14. Februar ist Valentinstag – Nur <strong>für</strong> Jungs 1<br />

Der Valentinstag, ein Tag, der von den Jungen in der heutigen Zeit gerne vergessen<br />

wird. Dieser Tag wurde nur von Geschäftsleuten erf<strong>und</strong>en, die sich dadurch<br />

Gewinne <strong>und</strong> volle Kassen versprechen. Das klappt auch meistens, da<br />

man von den Frauen schon Monate vorher darauf aufmerksam gemacht wird,<br />

dass ja „bald“ Valentinstag ist, <strong>und</strong> man hört tausend Dinge, die sie gern hätten<br />

<strong>und</strong> gerne machen würden. Natürlich hört Mann nicht so aufmerksam zu. Ein<br />

oder zwei Wochen vor diesem „Tag der Liebe“ fragt man dann seine Gefährtin,<br />

was sie denn gern hätte oder was sie machen möchte. Die Antwort ist fast <strong>im</strong>mer<br />

dieselbe: „Du weißt doch, du brauchst mir nichts zu schenken. Ich will nur<br />

dich!“ Gut, diesen Satz behält man dann <strong>im</strong> Gedächtnis <strong>und</strong> freut sich auf einen<br />

ruhigen Abend zu zweit.<br />

Doch wenn es so weit ist <strong>und</strong> man an der Tür steht, dann überrascht sie einen<br />

mit einem riesigen Geschenk <strong>und</strong> sieht einen mit erwartungsvollen Blicken<br />

an. Doch wegen des oben genannten Satzes hat man sich damit nicht weiter<br />

befasst <strong>und</strong> sich um andere Dinge des Lebens gekümmert. Und von da an hat<br />

man eine schmollende Fre<strong>und</strong>in <strong>und</strong> das mit dem ruhigen Abend ist auch gelaufen,<br />

da man bei dem Gemecker keinen klaren Kopf behalten kann.<br />

Heinrich B. – Städtisches Gymnasium Selm<br />

M 2: Der 14. Februar ist Valentinstag – Nur <strong>für</strong> Mädchen 2<br />

Der Valentinstag ist <strong>für</strong> uns Mädchen sicherlich einer der schönsten Tage <strong>im</strong><br />

Jahr. An diesem Tag zeigt man dem Menschen, den man liebt, was er einem<br />

bedeutet. Der Mensch, bei dem ich davon ausgehe, dass er mich liebt, ist wohl<br />

mein Fre<strong>und</strong>. Deswegen könnte man zum Valentinstag doch wohl eine kleine<br />

Aufmerksamkeit von ihm erwarten. Dabei kommt es auch gar nicht darauf an,<br />

dass wer weiß wie viel Geld ausgegeben wird. Nein, wir Mädchen erwarten<br />

viel mehr den guten Willen, uns eine richtige Freude zu machen. Auf die Idee<br />

kommt es an! Wenn man ehrlich ist, sind Rosen oder Pralinen nicht sehr einfallsreich.<br />

Auch diese Frage nach unseren Wünschen könnten sich die Männer<br />

sparen. Wir würden ihnen niemals verraten, was wir erwarten, obwohl wir ja <strong>im</strong><br />

Gr<strong>und</strong>e klare Vorstellungen haben. Wir wünschen uns aufmerksame Fre<strong>und</strong>e,<br />

die uns alle Wünsche von den Augen ablesen. Dann würden wir den 14. Februar<br />

wahrscheinlich nicht auf dem Sofa, sondern in einem schönen Restaurant<br />

verbringen. Und dann wären am 14. Februar auch mal nicht seine Kumpels bei<br />

jeder Unternehmung mit von der Partie.<br />

Marina G. – Städtisches Gymnasium Selm<br />

1 Süddeutsche Zeitung am 16. März 2002.<br />

2 ebenda<br />

55


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

56<br />

M 3: Mein Wunschberuf ist …<br />

Mein Wunschberuf ist ...<br />

So viel Prozent der 8- bis 19-Jährigen nannten als Wunschberuf<br />

(Mehrfachnennungen möglich)<br />

(Bank)Kauffrau<br />

Tierärztin<br />

Tierpflegerin<br />

Lehrerin<br />

Krankenpflegerin<br />

andere soziale,<br />

therapeutische Berufe<br />

Frisörin<br />

weiß noch nicht<br />

Musikerin, Sängerin<br />

Kindergärtnerin<br />

Mädchen Jungen<br />

9,4 % 9,7 %<br />

7,1<br />

6,5<br />

5,4<br />

5,3<br />

5,0<br />

4,6<br />

3,8<br />

3,4<br />

3,3<br />

Quelle: Eltern Family März 2008<br />

8,5<br />

7,8<br />

6,6<br />

6,3<br />

6,1<br />

5,3<br />

3,4<br />

3,3<br />

3,1<br />

M 4: Im Beruf ist mir besonders wichtig …<br />

Teamarbeit <strong>und</strong> gute Atmosphäre<br />

Sinn <strong>und</strong> Erfüllung<br />

Sicherer Arbeitsplatz<br />

Abwechslung<br />

Lernen, Weiterbildung<br />

Selbständigkeit, flache Hierarchien<br />

Geld<br />

Flexible Arbeitszeiten <strong>und</strong> -orte<br />

Umgang mit Menschen<br />

Kreativität, Selbstverwirklichung<br />

Verantwortung<br />

Karriere<br />

Freizeit/Urlaub, weniger Stress<br />

Internationales Arbeitsumfeld<br />

Kfz-Mechatroniker<br />

(Bank)Kaufmann<br />

handwerklicher Beruf<br />

Polizist<br />

Fußballprofi<br />

Ingenieur<br />

weiß noch nicht<br />

Forscher, Erfinder<br />

Informatiker<br />

Koch<br />

Im Beruf ist mir besonders wichtig ...<br />

Zust<strong>im</strong>mung der 16- bis 35-Jährigen in Prozent<br />

85 %<br />

81 %<br />

81 %<br />

77 %<br />

72 %<br />

71 %<br />

70 %<br />

64 %<br />

64 %<br />

59 %<br />

58 %<br />

51 %<br />

45 %<br />

39 %<br />

Quelle: Heidelberger Leben Trendmonitor 2011


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

M 5: Im Leben ist mir wichtig …<br />

Im Leben ist mir wichtig ...<br />

So viel Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren<br />

halten <strong>für</strong> besonders wichtig<br />

Familie, Partnerschaft 94 %<br />

sichere Zukunft<br />

finanzielle Unabhängigkeit<br />

Spaß <strong>und</strong> Freude<br />

schönes Zuhause<br />

gute (Berufs-)Ausbildung<br />

gute Bildung<br />

Arbeit, feste Anstellung<br />

sich etwas leisten können<br />

Erfolg <strong>im</strong> Beruf<br />

94 %<br />

94 %<br />

92 %<br />

90 %<br />

87 %<br />

87 %<br />

86 %<br />

86 %<br />

81 %<br />

M 6: Ein eigener Haushalt<br />

Quelle: VA 2008<br />

Ein eigener Haushalt<br />

Durchschnittsalter junger Frauen <strong>und</strong> Männer be<strong>im</strong> Verlassen<br />

des Elternhauses<br />

Frauen Männer<br />

27,7 Jahre<br />

29,8<br />

29,6<br />

29,3<br />

29,5<br />

27,1<br />

27,9<br />

28,4<br />

28,5<br />

27,6<br />

28,3<br />

27,8<br />

27,7<br />

27,0<br />

26,2<br />

26,0<br />

25,1<br />

25,4<br />

25,1<br />

23,9<br />

23,6<br />

23,1<br />

23,2<br />

22,0<br />

Bulgarien<br />

Slowakei<br />

Slowenien<br />

Malta<br />

Italien<br />

Rumänien<br />

Griechenland<br />

Polen<br />

Portugal<br />

Ungarn<br />

Spanien<br />

Litauen<br />

Lettland<br />

Tschechien<br />

Zypern<br />

Luxemburg<br />

Österreich<br />

Belgien<br />

Estland<br />

<strong>Deutsch</strong>land<br />

Großbritannien<br />

Frankreich<br />

Niederlande<br />

Finnland<br />

31,5 Jahre<br />

31,5<br />

31,5<br />

31,0<br />

30,9<br />

30,3<br />

30,0<br />

29,6<br />

29,5<br />

29,4<br />

29,3<br />

29,1<br />

28,8<br />

28,5<br />

28,0<br />

27,1<br />

26,9<br />

26,7<br />

26,0<br />

25,1<br />

24,6<br />

24,2<br />

24,2<br />

23,1<br />

<strong>für</strong> Dänemark, Irland <strong>und</strong> Schweden sind keine Daten verfügbar<br />

Quelle: Eurostat 2009, Stand 2007<br />

57


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

58<br />

M 7: Claudia N.: 3<br />

Seit meinem 17. Lebensjahr will ich ausziehen. Damals bestand mein Fre<strong>und</strong>eskreis<br />

aus Leuten, die in Wohngemeinschaften lebten. Mich faszinierte das<br />

uneingeschränkte Kommen <strong>und</strong> Gehen in den WGs. Bei viel Tee <strong>und</strong> selbstgedrehten<br />

Zigaretten wurde über Beziehungen <strong>und</strong> Politik diskutiert, <strong>und</strong> keiner<br />

war da, der sich durch zu viel Rauch in der Luft oder laute Musik gestört gefühlt<br />

hätte. Es wurden „Spontanfeten“ gefeiert, die manchmal auch die ganze Nacht<br />

dauerten.<br />

Mittlerweile bin ich volljährig. Ich muss zu keiner best<strong>im</strong>mten Zeit mehr<br />

zu Hause sein <strong>und</strong> kann Fre<strong>und</strong>e mitbringen, sooft ich Lust habe. Wie viel ich<br />

lerne, bleibt mir selbst überlassen. Ich erfülle gewisse Pflichten <strong>für</strong> die Familie,<br />

zum Beispiel ab <strong>und</strong> zu die Küche aufräumen, auf meine kleine Schwester<br />

aufpassen, mit dem H<strong>und</strong> spazieren gehen, <strong>und</strong> fühle mich dadurch best<strong>im</strong>mt<br />

nicht überanstrengt. Trotzdem strengt mich meine Familie an, denn ich habe<br />

kein Bedürfnis mehr nach Familienleben.<br />

Mein Wunschtraum wäre heute eine kleine Wohnung <strong>für</strong> mich zu haben. Allerdings<br />

würde ich aus finanziellen Gründen wohl doch mit einer, allerhöchstens<br />

zwei Personen zusammenziehen. In eine größere Wohngemeinschaft<br />

möchte ich nicht, da ich festgestellt habe, dass dort häufig familienähnliche<br />

Zustände <strong>und</strong> Probleme auftreten. Ich habe einen Fre<strong>und</strong>, mit dem ich gerne<br />

zusammenwohnen möchte …<br />

M 8: Ursula N.: 4<br />

Ich war verletzt, als Claudia uns vor zwei Jahren sagte, sie wolle in eine Wohngemeinschaft<br />

ziehen. Denn das hieß <strong>für</strong> mich: Bis jetzt habe ich euch ertragen,<br />

nun reicht`s mir. Tschüß.<br />

Wohngemeinschaften sind eine gute Einrichtung <strong>für</strong> selbstständige, fertige<br />

Menschen. Claudia selbst hat uns von den Schwierigkeiten erzählt, die Mitschüler<br />

in Wohngemeinschaften hatten. Zwei traten nicht mehr zum Abitur an,<br />

einer begann zu trinken, zwei andere sind wieder mehr oder weniger reumütig<br />

he<strong>im</strong>gekehrt.<br />

Unabhängig leben wollen heißt noch lange nicht, es auch zu können. Teetrinken,<br />

Joints rauchen, diskutieren <strong>und</strong> vom Lustprinzip träumen, ist sicher ganz<br />

schön. Aber in diesen Wohngemeinschaften treffen erfahrungsgemäß junge<br />

Leute zusammen, von denen jeder Einzelne noch viele Entwicklungsschwierigkeiten<br />

hat, die auch das W<strong>und</strong>erding „Gruppe“ nicht lösen kann.<br />

Es mag reaktionär klingen, aber ich stehe dazu: Einen Familienverband kann<br />

man erst dann kündigen, wenn man ohne ihn auskommt. Wir Eltern sagen<br />

auch nicht: Jetzt reicht`s uns, obwohl uns manchmal danach ist. Es ist nicht<br />

<strong>im</strong>mer angenehm, eine Tochter zu haben, die hauptsächlich aus Frust besteht:<br />

Schulfrust, politischer Frust, Familienfrust …, ein kurzes Hallo, <strong>und</strong> sie entschwindet<br />

in ihr Z<strong>im</strong>mer wie ein zahlender Gast <strong>im</strong> Hotel …<br />

3 Aus der Zeitschrift „Brigitte“ Nr. 17 (1980), S. 80 ff.<br />

4 ebenda


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

M 9: „Voll krass, Alter!“ – Jugendsprache <strong>im</strong> Familienkreis<br />

(erf<strong>und</strong>ene Chatbeiträge)<br />

Cooly:<br />

Als Jugendlicher benutze ich auch alle möglichen Vokabeln aus der Jugendsprache.<br />

Manche bezeichnen sie als Gossensprache, andere kennen sie gar<br />

nicht. Mir ist es persönlich ganz egal, was andere von mir denken, weil ich so<br />

spreche, wie ich sprechen will. Und ich denke nicht, dass man sich mit solch<br />

einer Sprache selbst disqualifiziert. Ich bin durchaus fähig zu differenzieren,<br />

wann ich welchen Sprachgebrauch zur Anwendung bringe. Es gibt doch tatsächlich<br />

Menschen, die das nicht checken.<br />

Barbara:<br />

Jugendsprache ist – wenn man sie überhaupt Sprache nennen kann – der<br />

Verfall der deutschen Sprache. Was da in vielen Familien passiert, ist eigentlich<br />

furchtbar. Bei uns zu Hause ist es allerdings noch nicht so schl<strong>im</strong>m. Meine<br />

beiden Söhne dürfen noch nicht einmal das Wort „geil“ benutzen. Da<strong>für</strong> kann<br />

man ja auf viele Wörter zurückgreifen, die dasselbe ausdrücken, aber nicht so<br />

proletenhaft klingen, wie super - klasse – spitze! Ich habe auch da<strong>für</strong> gesorgt,<br />

dass die „türkische Version“ des Liedes „Junge“ von den „Ärzten“ auf dem<br />

Handy gelöscht wurde.<br />

James Bond:<br />

Zum Thema der Fäkalsprache ist meine Meinung folgende:<br />

Im privaten Bereich ist das doch absolut okay, solange man niemanden gr<strong>und</strong>los<br />

beleidigt. Man sollte aber entscheiden können, wann so etwas angebracht<br />

ist <strong>und</strong> wann nicht.<br />

Ich finde es irgendwie komisch, wie sich Leute darüber aufregen können.<br />

Eigentlich zeigt das doch nur wieder, wie intolerant viele sind. Zum Beispiel<br />

würde ich ja auch nicht zu einem Bayern sagen, dass er vernünftig sprechen<br />

soll. Die sogenannte Jugendsprache ist <strong>für</strong> mich <strong>und</strong> meine Clique einfach nur<br />

ein Dialekt, den man benutzt oder auch nicht.<br />

Tom Jones:<br />

Wenn meine Kinder be<strong>im</strong> Abendessen solche Aussprüche benutzen, dann gebe<br />

ich einfach keine Antwort. Dann merken sie ganz von selbst, dass etwas nicht<br />

in Ordnung ist.<br />

Erwin:<br />

Ich habe selbst drei Kinder <strong>und</strong> bin auf jeden Fall der Meinung, dass man Grenzen<br />

setzen muss. Aber vielleicht sollte man auch mal überprüfen, was sich da<br />

so alles auf den offiziellen Websites tummelt. Da w<strong>im</strong>melt es von Anglizismen<br />

wie Kids <strong>und</strong> Adventures <strong>und</strong> lauter so unnötigen Formulierungen, die mir auf<br />

den Keks gehen. Wir Älteren gehen <strong>im</strong>mer als Beispiel voran!<br />

Charly66:<br />

Diese sogenannte Jugendsprache hat mit der normalen, auch in der Schule<br />

<strong>und</strong> <strong>im</strong> Arbeitsleben anzuwendenden Sprache nur sehr entfernt etwas zu tun.<br />

Jeder, der diesen Slang benutzt, disqualifiziert sich selbst. Das habe ich meinen<br />

Töchtern (jetzt 21 <strong>und</strong> 23 Jahre alt) damals erklärt <strong>und</strong> damit war das Thema<br />

erledigt, weil sie die Notwendigkeit eines korrekten Sprechens ihrer Muttersprache<br />

eingesehen haben. Zum Teil waren sie natürlich mit ihrer Redeweise<br />

Außenseiter, aber das hat ihnen nicht geschadet.<br />

59


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

60<br />

M 10: Jeden Donnerstag Fiesta 5<br />

Wie ein Ausgehverbot <strong>für</strong> Männer in einem spanischen Dorf wirkt<br />

Von Axel Veiel (Madrid)<br />

Alle Männer sind gleich? Von wegen. Javier Checa, der Bürgermeister des andalusischen<br />

Dörfchens Torredonj<strong>im</strong>eno, ist ganz anders. Da mögen seine Geschlechtsgenossen<br />

Abend <strong>für</strong> Abend He<strong>im</strong>, Herd, Weib <strong>und</strong> Kind verlassen, der<br />

nächsten Bar entgegenstreben, sich mit ihren Kollegen <strong>und</strong> Kumpels den Freuden<br />

des Alkohols überlassen. Javier Checa macht da nicht mit. Er fühlt sich<br />

den zu Hause gebliebenen Frauen verpflichtet, die abwaschen oder schreiende<br />

Kinder ins Bett bringen müssen, während das Familienoberhaupt draußen am<br />

Tresen womöglich noch über sie herzieht.<br />

Javier Checa ist aber nicht nur anders als andere Männer, sondern auch anders<br />

als andere Politiker. Er hat nicht viel hin- <strong>und</strong> her- <strong>und</strong> der Emanzipation<br />

das Wort geredet, sondern hat sie praktiziert. Am eigenen Leib sollten die Machos<br />

von Torredonj<strong>im</strong>eno spüren, was es heißt, zwischen dreckigem Geschirr<br />

<strong>und</strong> quengelnden Kindern zurückzubleiben, während der Partner auf die Sause<br />

geht. Ein Dekret hat Checa erlassen, dessen Wortlaut jedermann am schwarzen<br />

Brett des Rathauses nachlesen kann: Donnerstag von 21 Uhr bis Freitagfrüh<br />

2 Uhr Ausgehverbot <strong>für</strong> Männer; Zuwiderhandlungen werden mit einer Geldbuße<br />

von fünf Euro geahndet. Das Geld kommt misshandelten Frauen zu Gute.<br />

Die Männer gehen donnerstags allerdings noch <strong>im</strong>mer aus. Sie tun es jetzt<br />

demonstrativ. Die einen glauben den Kneipengang ihrer Männlichkeit schuldig<br />

zu sein. Mit einem verächtlichen Wir-lassen-uns-von-niemandem-was-sagen-<br />

Lächeln strecken sie den von Checa bestellten Bußgeld-Hostessen fünf Euro<br />

entgegen. Andere Nachschwärmer sehen sich als Demokraten in der Pflicht.<br />

Mit Plakaten demonstrieren sie <strong>für</strong> das Gr<strong>und</strong>recht der Bewegungsfreiheit <strong>und</strong><br />

gegen einen in ihren Augen nicht mehr ganz zurechnungsfähigen Bürgermeister.<br />

Anders als früher gehen donnerstags indes auch die Frauen auf die Straße.<br />

Und weil der Feldzug gegen den Machismus jenseits der Gemarkungsgrenzen<br />

ebenfalls von sich Reden gemacht hat, strömen Neugierige aus Nachbardörfern<br />

ebenfalls nach Torredonj<strong>im</strong>eno. Einen Menschenauflauf hat Checa so seiner<br />

Gemeinde beschert, wie er bunter <strong>und</strong> lebendiger kaum sein könnte.<br />

Der Bürgermeister kriegt von der allwöchentlichen Fiesta freilich nicht viel<br />

mit. Er pflegt den Hostessen donnerstags Punkt 21 Uhr einen Fünf-Euro-Schein<br />

zu überreichen <strong>und</strong> dann entschlossenen Schrittes der ehelichen Wohnung entgegenzustreben.<br />

5 Frankfurter R<strong>und</strong>schau vom 6.10.2003


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

M 11: Alkopops 6<br />

Was ist drin? Markt-Strategie Allgemeines Folgen<br />

L<strong>im</strong>onade, Säfte,<br />

Zuckersirup, Wodka,<br />

Rum, Tequila, Wein,<br />

Gin, Absinth, Koffein,<br />

Chinin, Farbstoffe,<br />

Konservierungsstoffe<br />

…<br />

200 kcal<br />

Pro Flasche 275 ml<br />

ca. 12 g Alkohol pro<br />

Flasche = 5–6 %.<br />

Das entspricht<br />

ungefähr zwei<br />

Gläsern Schnaps.<br />

Der typische Alkoholgeschmack<br />

wird<br />

mit Zucker überdeckt.<br />

Fruchtig<br />

Spritzig<br />

Süß<br />

Bunte Flaschen<br />

Flippige Namen<br />

Meist keine<br />

Inhaltsstoffe auf dem<br />

Etikett angegeben.<br />

Sieht aus <strong>und</strong><br />

schmeckt wie<br />

L<strong>im</strong>onade.<br />

M 12 a: Jugendliche Alkoholkonsumenten 7<br />

Bier<br />

Wein<br />

Alkoholmixgetränke<br />

Hochprozentige Getränke<br />

Die Hälfte der Alkopops wird<br />

an Jugendliche unter 16<br />

verkauft.<br />

Eine Umfrage ergab, dass 75%<br />

der befragten Jugendlichen<br />

schon mal Alkohol getrunken<br />

hat.<br />

Mädchen vertragen weniger<br />

Alkohol als Jungen.<br />

Alkopops machen den<br />

Jugendlichen Alkohol schon<br />

früh schmackhaft, da sie süß<br />

sind.<br />

Jugendliche Alkoholkonsumenten (in %)<br />

1<br />

2<br />

5<br />

6<br />

6<br />

7<br />

7<br />

10<br />

12<br />

Magenschle<strong>im</strong>hautentzündungen<br />

Lebererkrankung<br />

Entzündungen der Bauchspeicheldrüse<br />

Herz- <strong>und</strong> Gefäßerkrankungen<br />

Hirnschädigungen<br />

Persönlichkeitsveränderungen<br />

Wahnvorstellungen<br />

Immunsystem wird schwächer<br />

Allergiegefahr<br />

Beeinträchtigung der Konzentration<br />

Einschränkung des Reaktionsvermögens<br />

Übelkeit<br />

Alkoholvergiftung<br />

Unfallrisiko<br />

0 5 10 15 20 25 30<br />

6 Die Stichworte wurden aus verschiedenen Schülerplakaten entlehnt.<br />

7 Die Daten stammen von der B<strong>und</strong>eszentrale <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung 2004.<br />

24<br />

27<br />

29<br />

20 - 25 Jahre<br />

16 - 19 Jahre<br />

12 - 15 Jahre<br />

61


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

M 12 b: Gründe der Jugendlichen <strong>für</strong> Alkoholkonsum 8<br />

So viel Prozent der befragten Jugendlichen zwischen 12 <strong>und</strong> 25 st<strong>im</strong>men zu, dass …<br />

• Alkohol <strong>für</strong> gute St<strong>im</strong>mung sorgt, wenn man mit anderen zusammen ist 67 %<br />

• Alkohol in Maßen die Ges<strong>und</strong>heit fördert 34 %<br />

• man Alkohol trinken sollte, wenn man mehr aus sich herausgehen möchte 32 %<br />

• Alkohol dazugehört, wenn man das Leben genießen will 22 %<br />

• Alkohol hilft, wenn man depr<strong>im</strong>iert ist 13 %<br />

• Alkohol nach einem anstrengenden Tag die richtige Entspannung schafft 12 %<br />

• man mit Alkohol gut die Langeweile vertreiben kann, wenn man allein ist 3 %<br />

(Mehrfachnennungen waren möglich)<br />

62<br />

M 13: Süße Bomben 9<br />

Immer mehr Kinder <strong>und</strong> Jugendliche trinken bis zum Umfallen. Jetzt will das<br />

B<strong>und</strong>esges<strong>und</strong>heitsministerium mit einer Pilotstudie klären, warum das Koma-<br />

Saufen so zun<strong>im</strong>mt.<br />

Es sind die Wochenenden in der Kinderambulanz, die Schwester Julias Rangfolge<br />

bestätigen: Eierlikör vor Apfelkorn.<br />

Wenn die Sanitäter mal wieder einen Notfall einliefern, wenn so ein Kind<br />

den Inhalt seines Apfelkorn-Magens auf den PVC-Boden <strong>im</strong> Aufnahmez<strong>im</strong>mer<br />

erbricht, das stinkt, dass man denken könnte: nichts schl<strong>im</strong>mer als Apfelkorn.<br />

Außer eben Eierlikör, sagt Schwester Julia. Eierlikör ist das Schl<strong>im</strong>mste.<br />

Julia Heintz, 45, gehört nicht zu den Z<strong>im</strong>perlichen, seit 24 Jahren steht sie in<br />

der Ambulanz, robust, routiniert, resolut. Inzwischen aber gibt es zu viele Tage,<br />

an denen selbst ihr der Job als Kinderkrankenschwester <strong>im</strong> Kreiskrankenhaus<br />

Lörrach ziemlich stinkt.<br />

56 Vollrausch-Kinder hatten sie <strong>im</strong> vergangenen Jahr auf der braunen Plastikliege;<br />

in diesem Jahr waren es bis Ende September 30, auch das liegt <strong>im</strong> Monatsschnitt<br />

noch um das Zweieinhalbfache über den Zahlen von 1999. Schon<br />

12-Jährige saufen sich ins Koma, eine 13-Jährige hält den Jahresrekord in Lörrach,<br />

3,7 Promille, das war <strong>im</strong> Mai.<br />

Jugend trinkt – <strong>im</strong>mer früher, <strong>im</strong>mer öfter, <strong>im</strong>mer schneller bis zur Besinnungslosigkeit,<br />

<strong>und</strong> das nicht nur in Südbaden, an der Schweizer Grenze: Eine<br />

neue Studie der Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation WHO bestätigt in ihrem deutschen<br />

Teil den Trend, dass die heutige Generation härter schluckt als frühere.<br />

„Der Konsum steigt“, klagt Marion Caspers-Merk (SPD), die B<strong>und</strong>esdrogenbeauftragte.<br />

Und: „Besonders dramatisch n<strong>im</strong>mt das Rausch-Trinken zu, das<br />

Wett-Trinken bis zur Alkoholvergiftung.“<br />

Das Ges<strong>und</strong>heitsministerium finanziert deshalb seit Juni mit 95 000 Euro<br />

das Pilotprojekt „Hart am L<strong>im</strong>it“ („Halt“): Im Lörracher Suchtpräventionszentrum<br />

„Villa Schöpflin“ sollen Pädagogen mit Kinder- <strong>und</strong> Jugendpsychiatern<br />

8 Die Daten stammen von der B<strong>und</strong>eszentrale <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung 2004.<br />

9 DER SPIEGEL 42 (2003), S. 60−62 (leicht gekürzt)


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

bis Ende 2004 herausfinden, warum der Nachwuchs säuft bis zum Umfallen<br />

– <strong>und</strong> was man dagegen tun kann.<br />

Lörrach, 47 000 Einwohner, erste Erwähnung 1102, ansonsten keine besonderen<br />

Vorkommnisse, liegt in der Provinz; wenn Jugendliche hier am Wochenende<br />

sonst schon nichts losmachen können, dann wenigstens ein paar Flaschen<br />

Alk. Trotzdem spricht nichts da<strong>für</strong>, dass in Lörrach mehr getrunken wird als in<br />

anderen deutschen Landstrichen, <strong>und</strong> deshalb ist es auch Zufall, dass nun Thomas,<br />

17, als Forschungsobjekt in der Villa Schöpflin sitzt <strong>und</strong> erzählt: von einem<br />

Mittwoch <strong>im</strong> vergangenen Dezember; von drei St<strong>und</strong>en, die ausreichten, um<br />

ihn auf 2,6 Promille zu bringen <strong>und</strong> anschließend in die Kinderambulanz, auf<br />

Schwester Julias braune Plastikliege.<br />

Er war abends um zehn zu einem Mädchen <strong>im</strong> Nachbarhaus gegangen,<br />

das Geburtstag feierte, <strong>und</strong> wollte um halb eins wieder zurück sein. Aber dann<br />

hatten sie sturmfrei, hatten den Schlüssel <strong>für</strong> die Wohnz<strong>im</strong>mervitrine, hatten<br />

sich ausgemalt, wie der Hausherr gucken würde, wenn sein Vorrat geplündert<br />

wäre.<br />

Es ging los mit Kirschlikör, eine Flasche, zu fünft in der Küche. Ging dann<br />

weiter mit Kirschschnaps, 48 Prozent, zu zweit. Bis Thomas irgendwann nach<br />

draußen torkelte <strong>und</strong> nicht zurückkam. Als die anderen merkten, dass er fehlte,<br />

hatte er nur noch 33 Grad Körpertemperatur; eine halbe St<strong>und</strong>e später, <strong>und</strong> er<br />

wäre tot gewesen.<br />

Der Fall Thomas ist durchaus typisch, so viel wissen die „Halt“-Experten um<br />

die Projektleiterin Heidi Kuttler schon. Und das Typische ist, dass jeder denkt, er<br />

sei gar nicht typisch. „Unser Thomas doch nicht“, dachten die Eltern – Vater Beamter,<br />

Mutter Hausfrau -, die sich viele Gedanken über die Erziehung gemacht<br />

hatten. Über Freizügigkeit <strong>und</strong> Strenge <strong>und</strong> das richtige Maß zwischen beidem.<br />

„Ich doch nicht“, dachte auch Thomas, ein Junge mit Realschulabschluss <strong>und</strong><br />

Fernziel Abitur.<br />

Doch <strong>für</strong> den Leiter der Lörracher Kinderklinik, Michael Stahl, gehört Thomas<br />

nicht zu den Ausnahmen: „Die Zahlen steigen, das geht durch alle Schichten,<br />

durch alle Bildungsniveaus.“ Das sagt auch der <strong>Deutsch</strong>land-Teil der neuen<br />

WHO-Jugendges<strong>und</strong>heitsstudie. Jungen aus gutem Hause dröhnen sich sogar<br />

häufiger zu als Gleichaltrige, deren Eltern schlecht verdienen. (…)<br />

Bei fast allen Studien von 1973 an waren die Alkoholwerte der deutschen<br />

Jugend gesunken. Damit ist es offenbar vorbei. Und noch etwas lässt die Untersuchung<br />

ahnen, auch da<strong>für</strong> ist das Dezember-Delirium von Thomas ganz typisch:<br />

Der Anfang vom Koma ist süß.<br />

„Der Kirschlikör war wie Sirup“, erinnert er sich, <strong>und</strong> der Süße war das<br />

Schl<strong>im</strong>mste: Ohne den Likör vorweg hätte er sich hinterher mit dem 48-Prozenter<br />

schon be<strong>im</strong> ersten Schluck den Rachen so verbrannt, dass er keinen<br />

zweiten herunterbekommen hätte.<br />

Der Kirschlikör war ein Selbstangesetzter. Wenn die süßen Starter dagegen<br />

aus der Fabrik kommen, heißen sie heute „Rigo“, „Breezer“ oder „Smirnoff Ice“,<br />

sie enthalten ein Gemisch aus L<strong>im</strong>onade mit Wodka, Rum oder Tequila, deshalb<br />

sind sie auch erst frei ab 18. Die meisten Jugendlichen besorgen sie sich<br />

trotzdem. Und so legten die Fläschchen mit Süß-Stoff, Alcopops genannt, be<strong>im</strong><br />

Umsatz von 2001 auf 2002 um 74 Prozent zu. In einer Branche, die sich sonst <strong>im</strong><br />

einstelligen Prozentbereich bewegt, eine Bombe.<br />

Für eine Bombe halten allerdings auch Suchtforscher die Zuckerschnäpse.<br />

Mehr als 10 Prozent der Jungen, mehr als sechs Prozent der Mädchen, so die<br />

WHO-Studie, leeren mindestens einmal in der Woche die Püllchen, die es auf<br />

einen Alkoholgehalt um 5,5 Prozent bringen.<br />

63


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

64<br />

Der übliche Samstagabend mit fünf bis sechs Flaschen – an irgendetwas will<br />

man sich ja die ganze Zeit festhalten – endet also umgerechnet mit zehn bis<br />

zwölf Gläsern Schnaps.<br />

Für den Vize-Geschäftsführer der <strong>Deutsch</strong>en Hauptstelle <strong>für</strong> Suchtfragen in<br />

Hamm, Raphael Gassmann, sind die Alcopops damit der Treibstoff <strong>für</strong> die Trendwende<br />

in der Statistik, die Einstiegsdroge. Aus Sicht der „Halt“-Chefin Kuttler<br />

stellen sie zumindest die erste Brennstoffstufe dar, mit der sich Jugendliche auf<br />

Partys abschießen. „Den Elf- oder Zwölfjährigen schmecken die Schnäpse doch<br />

gar nicht, die trinken erst mal die Alcopops.“<br />

Und weil die B<strong>und</strong>esregierung das genauso sieht, denkt die Parlamentarische<br />

Staatssekretärin Caspers-Merk jetzt auch an eine Abschrecksteuer auf<br />

jede Flasche – so wie in der Schweiz. Das wäre die harte Tour, vielleicht muss<br />

sie aber schon deshalb hart sein, weil die süßen Verführer die Menschen dann<br />

zum Alkohol bringen, wenn sie besonders anfällig sind.<br />

Fängt nämlich ein 20-Jähriger mit dem Trinken an, dauert es, so der Direktor<br />

der Salus-Suchtklinik <strong>im</strong> hessischen Friedrichsdorf, Ralf Schneider, <strong>im</strong> Schnitt<br />

noch fünf Jahre, bis er an der Flasche hängt. „Bei 15-Jährigen genügen manchmal<br />

fünf bis sechs Monate, um aus ihnen regelrechte Alkoholiker zu machen.“<br />

Die Endstation heißt dann zum Beispiel Ahlhorn, Niedersachsen. „Der<br />

Trend zum Kamptrinken kommt hier schon an“, sagt Jürgen Schlieckau, pädagogischer<br />

Leiter der Dietrich-Bonhoeffer-Klinik, die sich als eine von wenigen<br />

Einrichtungen in <strong>Deutsch</strong>land auf junge Alkoholiker spezialisiert hat.<br />

Schlieckaus Süchtige sind Jungen wie Andreas G., 20, der mit neun Jahren<br />

wettete, dass er eine Flasche Weinbrand trinken könne, 20 Mark gewann – <strong>und</strong><br />

seine Zukunft verlor: „Der Alkohol hat mich kaputtgemacht, wenn ich so weitermache,<br />

werde ich keine 35“, sagt er.<br />

Oder Jungen wie Thomas S., 23, der so schüchtern war, wenn er nüchtern<br />

war, <strong>und</strong> deshalb jedes Wochenende mit der Clique durchsoff. Bis dann aus Wochenenden<br />

Wochen wurden <strong>und</strong> die Finger nur noch ruhig blieben, wenn sie<br />

sich jeden Tag an einer Flasche Korn <strong>und</strong> einem Sixpack Bier festhalten konnten.<br />

„Trotzdem hätte ich mich lieber umgebracht, als in eine Therapie zu gehen.“<br />

Der Versuch, sich Luft in die Vene zu spritzen, scheiterte.<br />

„Je früher einer mit dem Missbrauch anfängt, desto schlechter seine Prognose“,<br />

lautet Schlieckaus Gr<strong>und</strong>regel. Was er sieht, ist das Elend am Ende,<br />

was er riecht, die Fahne, wenn es mal wieder einer nicht geschafft hat <strong>und</strong><br />

rückfällig geworden ist. Es ist der Geruch verlorener Hoffnungen, <strong>und</strong> der ist<br />

der schl<strong>im</strong>mste. Noch schl<strong>im</strong>mer als Apfelkorn, noch schl<strong>im</strong>mer sogar als Eierlikör.<br />

Jürgen Dahlkamp


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

M 14: Essen gibt notwendige Energie – Fast-Food auch? 10<br />

Eine Ernährungsberaterin gibt Auskunft über den Zusammenhang von Kalorien,<br />

Alter, Gewicht <strong>und</strong> Stoffwechsel (von Alexander W. – Rahnschule Fürstenwalde)<br />

Jeder Mensch muss essen. Wir brauchen Energie, um alle lebenswichtigen<br />

Organfunktionen zu erhalten <strong>und</strong> um körperliche Aktivität zu ermöglichen. Diese<br />

Energie können wir aus den unterschiedlichsten Nahrungsmitteln beziehen.<br />

Die letzten 100 Jahre haben einen erheblichen Wandel der Arbeitsbedingungen<br />

gebracht. Durch den technischen Fortschritt ist heute in erster Linie geistige<br />

<strong>und</strong> damit bewegungsarme Tätigkeit gefordert. Schwere Muskelarbeit, die einen<br />

hohen Energieverbrauch bedingt, ist eher selten geworden. Der steigende<br />

Wohlstand <strong>und</strong> das <strong>im</strong>mer größer werdende Nahrungsmittelangebot haben<br />

zu einer Veränderung des Ernährungsverhaltens geführt. Früher war es noch<br />

üblich, in Ruhe seine Mahlzeit einzunehmen. Doch heute <strong>im</strong> 21. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

legen mehr <strong>und</strong> mehr Menschen Wert auf eine schnelle <strong>und</strong> unkomplizierte<br />

Nahrungsaufnahme. Dies haben viele Unternehmen erkannt. Ein Beispiel da<strong>für</strong><br />

ist das weltbekannte Fast-Food-Restaurant McDonald`s.<br />

Während unseres Besuches bei der Grünen Woche besuchten wir den<br />

McDonald`s-Stand, um auf viele Fragen vom <strong>Fach</strong>personal eine Antwort zu<br />

bekommen. Wir bekamen von der Ernährungsberaterin Sinje Stockrahm Auskunft.<br />

Als erstes wollten wir wissen, wie viel Kalorien ein Mensch pro Tag braucht.<br />

Wir erfuhren, dass eine Person zirka 2300 Kalorien am Tag einnehmen sollte<br />

<strong>und</strong> dass es auch auf andere Faktoren ankommt, wie zum Beispiel das Alter,<br />

die Größe, das Gewicht <strong>und</strong> das Geschlecht. Frauen haben einen niedrigeren<br />

Energieverbrauch pro Tag. Diese Punkte <strong>und</strong> der individuelle Stoffwechsel tragen<br />

dazu bei, dass die Best<strong>im</strong>mung einer exakten Kalorieneinnahme <strong>für</strong> jede<br />

Person genau zugeschnitten werden muss.<br />

Uns interessierte, ob man bei McDonald`s speisen kann, ohne auf wichtige<br />

Nährstoffe verzichten zu müssen. Wir bekamen als Antwort erst mal ein klares<br />

Ja, da <strong>im</strong> McDonald`s-Essen alle wichtigen Vitamine <strong>und</strong> Nährstoffe enthalten<br />

sind. Doch dann schränkte sie es ein wenig ein: „Es ist nicht unges<strong>und</strong>, wenn<br />

man einmal am Tag bei McDonald`s essen geht“. Sinje Stockrahm erklärte uns,<br />

dass es eine Ernährungspyramide gibt. Die Lebensmittelgruppen in dieser Pyramide<br />

schichten sich wie folgt. Der unterste Teil wird von Nudelprodukten <strong>und</strong><br />

Reisprodukten best<strong>im</strong>mt. Darüber stehen Obst <strong>und</strong> Gemüse <strong>und</strong> auf diesen<br />

Produkten bauen Milch <strong>und</strong> Fleisch auf. Eiweiße liefert die Natur in unzähligen<br />

Variationen. Sie sind die Bausteine <strong>für</strong> Muskeln <strong>und</strong> Organe, darum brauchen<br />

vor allem Kinder viel davon. Die Spitze wird durch Süßigkeiten <strong>und</strong> Fette dominiert.<br />

Auf Fette kann niemand verzichten. Nur in Kombination mit Fett können<br />

die fettlöslichen Vitamine A, D <strong>und</strong> E vom Körper verwertet werden. Der Körper<br />

besteht aus 60 Prozent Kohlenhydrate, 25 Prozent Fette <strong>und</strong> 15 Prozent Eiweiße.<br />

Unsere letzte Frage war: Was sollte man sich zum Frühstück bei McDonald`s<br />

bestellen, um den nötigen Nährstoffbedarf am Morgen zu decken? Frau Stockrahm<br />

empfahl uns die Gerichte Ham & Eggs, Rösti, McCroissant, Egg McMuffin<br />

<strong>und</strong> das Sweet Breakfast.<br />

Fast-Food-Essen ist also gar nicht so unges<strong>und</strong>, wie meist angenommen.<br />

Solange man es nicht maßlos übertreibt, kann es ges<strong>und</strong> sein, auch bei<br />

McDonald`s zu essen.<br />

10 Süddeutsche Zeitung vom 16.03.2002<br />

65


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

66<br />

M 15: Geisterbahn Börse 11<br />

M 16: Wie junge Menschen ihr Geld anlegen 12<br />

Eine Umfrage der <strong>Deutsch</strong>en Bank unter Schülern, Auszubildenden, Studenten<br />

<strong>und</strong> Berufstätigen <strong>im</strong> Alter zwischen 14 <strong>und</strong> 25 Jahren ergab unter anderem<br />

folgende Ergebnisse:<br />

Das durchschnittliche verfügbare Einkommen liegt bei 480 Euro.<br />

Davon werden etwas mehr als 20 Prozent gespart.<br />

Die durchschnittliche Sparquote der privaten Haushalte in <strong>Deutsch</strong>land lag<br />

2009 bei 11,3 Prozent.<br />

Die jungen Leute legen ihr erspartes Geld folgendermaßen an :<br />

• Sparbuch oder Ähnliches 66 %<br />

• Tagesgeldkonto 34 %<br />

• Bausparvertrag 25 %<br />

• Riester-Rente 15 %<br />

• Lebensversicherungen 11 %<br />

(Mehrfachnennungen möglich)<br />

11 Zeichnung von Joach<strong>im</strong> Böhringer, LS.<br />

12 Die Angaben wurden dem Handelsblatt vom 12. August 2010 entnommen


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

M 17: Vergleich einer Anlage in Aktien, Immobilien 13 <strong>und</strong> Anleihen 14<br />

15<br />

Kriterien Aktien Immobilien Anleihen<br />

Sicherheit Chance auf Kursgewinne Bei guter Lage <strong>und</strong> Ausstattung<br />

langfristige Wertsteigerungschance<br />

Risiko des Totalverlusts Risiko von unerwarteten<br />

Reparaturen;<br />

Risiko, Hypothekenzinsen<br />

nicht bedienen zu können<br />

(Arbeitslosigkeit);<br />

Risiko, dass geplante<br />

Mieteinnahmen ausfallen (bei<br />

Vermietung)<br />

Als Anteil an einem<br />

Unternehmen gewisser<br />

Schutz gegen Inflation<br />

Ertrag Viele Unternehmen schütten<br />

eine Dividende aus.<br />

Die Höhe der Dividende<br />

ist abhängig vom<br />

Unternehmensgewinn <strong>und</strong><br />

schlecht vorherzusagen.<br />

Etwa 1 % Gebühren bei Kauf<br />

<strong>und</strong> Verkauf. Dividenden<br />

müssen versteuert werden.<br />

Liquidität 15 Ein Verkauf ist jederzeit über<br />

die Börse möglich.<br />

Allerdings muss man<br />

zum aktuellen Tageskurs<br />

verkaufen, der deutlich<br />

höher oder niedriger als der<br />

Kaufkurs sein kann.<br />

Als Sachwert guter Schutz gegen<br />

Inflation<br />

Bei Eigennutzung spart man die<br />

Miete <strong>und</strong> ist unabhängig von<br />

Mietschwankungen.<br />

Bei Vermietung erhält man eine<br />

regelmäßige Miete <strong>und</strong> hat<br />

steuerliche Vorteile (Verluste<br />

senken zu versteuerndes<br />

Einkommen).<br />

Hohe Zusatzkosten (bis zu 10 %<br />

des Kaufpreises). Gewinne aus<br />

Vermietung müssen versteuert<br />

werden.<br />

Ein Verkauf dauert relativ lange,<br />

<strong>im</strong> Durchschnitt drei bis sechs<br />

Monate.<br />

Bei Eigennutzung muss man sich<br />

eine neue Wohnung suchen.<br />

Eine vermietete Immobilie verkauft<br />

sich nicht so gut wie eine leer<br />

stehende.<br />

13 Zum Beispiel ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung<br />

14 Staaten <strong>und</strong> Unternehmen bieten den Anlegern Wertpapiere mit in der Regel fester Laufzeit<br />

<strong>und</strong> festem Zinssatz an, zum Beispiel B<strong>und</strong>esschatzbriefe.<br />

15 Bedeutet die Möglichkeit, sein angelegtes Kapital in Bargeld zu transformieren, wieder flüssig<br />

(liquide) zu machen.<br />

Nur begrenzte Kursgewinnchancen<br />

(wenn es zu Zinssenkungen am<br />

Kapitalmarkt kommt)<br />

Geringes Kursrisiko;<br />

gar kein Kursrisiko, wenn die<br />

Anleihe bis zur Endfälligkeit<br />

gehalten wird;<br />

normalerweise geringes Risiko,<br />

dass Schuldner seine Schulden <strong>und</strong><br />

Zinsen nicht bezahlt.<br />

Als Geldwertpapier kein Schutz<br />

gegen Inflationsgefahren.<br />

Fester <strong>und</strong> vorhersagbarer<br />

Zinsertrag.<br />

Anleihezinsen sind in der Regel<br />

höher als Dividenden.<br />

Etwa 0,5 % Gebühren be<strong>im</strong> Kauf<br />

<strong>und</strong> be<strong>im</strong> vorzeitigen Verkauf.<br />

Zinsen müssen versteuert werden.<br />

Ein Verkauf ist jederzeit über die<br />

Börse möglich.<br />

Bei einem Verkauf vor Endfälligkeit<br />

muss man zum aktuellen Tageskurs<br />

verkaufen, der etwas höher oder<br />

niedriger als der Kaufkurs sein kann.<br />

67


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

68<br />

M 18: Klassische Anlageregeln<br />

Nicht alle Eier in einen Korb legen!<br />

Die Experten empfehlen, nicht das ganze Geld auf eine Karte zu setzen. Man<br />

sollte also nicht eine einzige Aktie kaufen, sondern mehrere verschiedene. Und<br />

man sollte auch versuchen, nicht nur eine Anlageform zu wählen, sondern<br />

mehrere. Hintergedanke ist, dass man so besser sein Risiko streuen kann.<br />

Mit höherem Alter die Aktienquote reduzieren!<br />

Mit dieser Regel kann man eine Orientierung da<strong>für</strong> erhalten, wie groß der Aktienanteil<br />

am Vermögen max<strong>im</strong>al sein darf. Dabei gilt: je älter man ist, desto<br />

weniger Aktien sollte man besitzen. Denn jüngere Anleger haben mehr Zeit,<br />

um mögliche schlechte Jahre „aussitzen“ zu können. Als mögliche Formel nennen<br />

die Anlageberater oft: „Aktienquote = 100 minus Lebensalter“. Wichtig ist<br />

natürlich dabei auch, was <strong>für</strong> ein individueller Risikotyp man ist.<br />

Gewinne laufen lassen <strong>und</strong> Verluste beschränken!<br />

Man sollte sich bereits be<strong>im</strong> Kauf einer Aktie überlegen, welchen max<strong>im</strong>alen<br />

Verlust man riskieren will. Wenn man zum Beispiel eine Aktie <strong>für</strong> 30 € erwirbt<br />

<strong>und</strong> nicht mehr als 10 % max<strong>im</strong>al verlieren möchte, sollte man so diszipliniert<br />

sein, sie zu verkaufen, wenn sie bis auf 27 € fällt.<br />

Umgekehrt sollte man nur solche Aktien zum Kauf auswählen, bei denen man<br />

sich deutlich höhere Gewinnchancen ausrechnet. Die Aktie, die man <strong>für</strong> 30 €<br />

kauft, sollte also das Potential haben, bis etwa 40 € zu steigen. Erreicht die Aktie<br />

tatsächlich dieses Niveau, sollte man sich überlegen, ob die Aktie wirklich noch<br />

weiter steigen kann. Im Zweifel ist es besser, seinen Gewinn zu realisieren <strong>und</strong><br />

die Aktie zu verkaufen.<br />

Auf Aktien mit hoher Dividende setzen!<br />

Aktien mit einer hohen Dividende sind in der Regel erfolgreiche Unternehmen<br />

<strong>und</strong> bieten die Chance, auch in schlechten Jahren nicht so stark zu fallen. Außerdem<br />

bietet eine sichere Dividende eine langfristige Ertragschance <strong>und</strong> kann<br />

einen fallenden Kurs teilweise abfedern. Interessant sind vor allem Aktien, die<br />

schon seit vielen Jahren eine regelmäßige Dividende an ihre Anleger ausschütten.<br />

M 19: www.anlage-coach.de<br />

Diese Website wurde 2009/2010 von einer Gruppe von 23 Auszubildenden <strong>für</strong><br />

den Beruf des Bankkaufmannes bzw. der Bankkauffrau aus zwei 12. Klassen erstellt.<br />

Dort bekommt man viele wertvolle Tipps, worauf man be<strong>im</strong> Geldanlegen<br />

achten muss oder wie man herausfinden kann, was <strong>für</strong> ein Anlegertyp man ist.<br />

Außerdem werden hier viele wichtige <strong>Fach</strong>begriffe einfach <strong>und</strong> verständlich<br />

erklärt.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Möglicher Unterrichtsverlauf<br />

Erster Schritt: Einführung in die dialektische Erörterung (M 1 + 2)<br />

Dieser Teil müsste innerhalb einer Doppelst<strong>und</strong>e zu leisten sein.<br />

In einer kurzen Einst<strong>im</strong>mungsphase sollen die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler zunächst<br />

ihre Meinung zu folgender Behauptung äußern: „Ein Geschenk sagt<br />

mehr als 1000 Worte.“ Dieser Impulssatz kann an die Tafel geschrieben werden.<br />

Die Beiträge könnten (ebenfalls an der Tafel) gesammelt werden, <strong>und</strong> zwar von<br />

zwei Lernenden, die jeweils die Meinungen der Schüler bzw. der Schülerinnen<br />

kurz zusammengefasst notieren.<br />

Anschließend werden gleichgeschlechtliche Paare gebildet, in der Regel<br />

werden das die Banknachbarn sein. Die Schülerinnen erhalten M 1 („Nur <strong>für</strong><br />

Jungs“), die Schüler M 2 („Nur <strong>für</strong> Mädchen“). Diese Zuordnung dürfte <strong>für</strong> eine<br />

gewisse Neugierde auf den Inhalt sorgen. Der Leseauftrag ist <strong>für</strong> alle gleich:<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Haltet die Gr<strong>und</strong>these des Textes in einem Satz fest. Markiert die Argumente,<br />

mit denen die These begründet wird.<br />

Verfasst auf der Vorderseite einen gut lesbaren Kommentar zum Text.<br />

Danach werden die Blätter eingesammelt. Jedes Paar erhält das Blatt eines<br />

anderen (gleichgeschlechtlichen) Teams mit der Aufforderung:<br />

Verfasst auf der Rückseite einen Kommentar zum Kommentar.<br />

Anschließend lesen die Teams die Gr<strong>und</strong>these sowie die beiden Kommentare<br />

(jeder Lernende liest einen Kommentar vor) auf dem zuletzt erhaltenden<br />

Blatt vor.<br />

Gemeinsam einigt man sich <strong>im</strong> Unterrichtsgespräch, welche These den beiden<br />

Texten zugr<strong>und</strong>e liegt. Die beiden Thesen können unter den Beiträgen aus der<br />

Einst<strong>im</strong>mungsphase an der Tafel notiert werden. Außerdem kann ermittelt werden,<br />

inwieweit sich die Kommentare der Schülerinnen bzw. Schüler auf einen<br />

gemeinsamen Nenner bringen lassen. Und schließlich können die Schülerkommentare<br />

mit den Beiträgen der Einst<strong>im</strong>mungsphase verglichen werden. Dabei<br />

kann auch überprüft werden, inwieweit sich die geschlechtsspezifisch unterschiedliche<br />

Perspektive der beiden Texte in den Kommentaren <strong>und</strong> Beiträgen<br />

der Klasse widerspiegelt.<br />

Danach werden Vierergruppen (idealer Weise bestehend aus jeweils zwei<br />

Mädchen <strong>und</strong> zwei Jungen) gebildet. Sie erhalten den Auftrag, eine Lösung<br />

<strong>für</strong> das in M 1 <strong>und</strong> M 2 dargelegte Problem zu finden, mit dem beide Seiten<br />

zufrieden sein könnten.<br />

Nach der Vorstellung dieser Kompromisse <strong>und</strong> ihrer Bewertung findet <strong>im</strong><br />

Unterrichtsgespräch eine Zusammenfassung <strong>und</strong> Sicherung statt, deren Ausgangspunkt<br />

die Frage sein könnte:<br />

Welche Kennzeichen hat eine dialektische Erörterung?<br />

Mögliche Antworten wären, dass bei einer dialektischen Erörterung ein Problem<br />

aus zwei unterschiedlichen Perspektiven betrachtet wird, vom Aufbau her<br />

ein Hintereinanderschalten der zwei Teile denkbar wäre, die zwei Teile jeweils<br />

ungefähr dem Hauptteil einer linearen Erörterung entsprechen <strong>und</strong> es wichtig<br />

ist, zum Schluss zu einer klaren <strong>und</strong> <strong>für</strong> den Leser nachvollziehbaren Lösung,<br />

zum Beispiel einem Kompromiss, zu gelangen.<br />

Zusätzlich lässt sich am Beispiel von M 1 <strong>und</strong> M 2 gut die Kommunikationssituation<br />

rekonstruieren: Schülerinnen bzw. Schüler erörtern in einer Zeitungsrubrik,<br />

die sich insbesondere an jugendliche Leser richtet, aus einer einseitig<br />

geschlechtsspezifischen Perspektive die Bedeutung des Valentintages, wobei<br />

neben einer gewissen Informationsabsicht vor allem auch eine unterhaltsamprovozierende<br />

Gr<strong>und</strong>haltung eingenommen wird.<br />

Partnerarbeit<br />

69


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

70<br />

Teamarbeit<br />

Dies führt zu einem Schreibstil, der über eine rein sachlich-orientierte Ebene<br />

hinausgeht. Belegen lässt sich dies zum Beispiel durch den Einsatz der direkten<br />

Rede oder durch den die Leser vereinnahmenden Gebrauch der ersten Person<br />

Plural. Angesichts des zugr<strong>und</strong>e liegenden kommunikativen Kontextes sind<br />

diese Stilmerkmale als Stärken, nicht als Schwächen zu bewerten. Allerdings<br />

müssten bei einem eher sachlich-orientierten Schreibauftrag die argumentativen<br />

Elemente deutlich mehr Gewicht erhalten.<br />

Für die nächsten Schritte sollen sich die Lernenden zu Dreier-Gruppen zusammenschließen.<br />

Sie können das nach Fre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> Neigung tun, um<br />

ein harmonisches Arbeitskl<strong>im</strong>a in einer längeren Phase zu garantieren. Es wäre<br />

allerdings sinnvoll, wenn jedes Team auf einen soliden Aufsatzschreiber zählen<br />

könnte.<br />

Zweiter Schritt: Recherche <strong>und</strong> Materialauswertung (M 3 – M 20)<br />

Einführung:<br />

Entweder erhält jedes Team ein Exemplar aller Materialien <strong>und</strong> entscheidet sich<br />

nach einem orientierenden Lesen <strong>für</strong> ein Themenfeld (danach bekommt jedes<br />

Teammitglied ein eigenes Exemplar mit den Materialien zum ausgewählten<br />

Themenfeld) oder die Lehrperson gibt einen groben Überblick über die Auswahlmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> die Teams entscheiden sich <strong>für</strong> ein Themenfeld vor der<br />

Materialdurchsicht. Eine größere zeitliche Effizienz <strong>und</strong> ein geringerer Fotokopieraufwand<br />

könnten <strong>für</strong> die zweite Variante sprechen. Bei der ersten Möglichkeit<br />

können sich die Lernenden ein genaueres Bild von den Themen machen,<br />

wodurch sie sich bewusster gemäß ihren Interessen entscheiden können<br />

<strong>und</strong> der Eindruck der ihnen ermöglichten Selbstständigkeit bei der Auswahl<br />

gestärkt wird. Es wäre wünschenswert, wenn möglichst viele der angebotenen<br />

Themen gewählt werden.<br />

Nach der Themenfeldwahl erhalten die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler ihre Arbeitsanweisungen<br />

<strong>für</strong> die Erarbeitungsphase:<br />

Zum Themenfeld „Zukunftsvorstellungen von Jugendlichen“ (M 3 – 5):<br />

• Konzentriert euch auf das Thema <strong>und</strong> schreibt (jeder <strong>für</strong> sich) möglichst<br />

schnell alles auf, was euch dazu einfällt (Brainstorming).<br />

• Vergleicht eure Ergebnisse nach möglichen Gemeinsamkeiten <strong>und</strong> Unterschieden.<br />

• Beschreibt arbeitsteilig die drei Grafiken (Thema, Darstellungsart, Quellenangaben).<br />

• Analysiert arbeitsteilig die Ergebnisse der drei Grafiken (interessanteste Informationen,<br />

Trends, möglicher Hintergr<strong>und</strong>), indem ihr die entsprechenden<br />

Angaben in Worte fasst.<br />

• Vergleicht eure Ergebnisse nach möglichen Übereinst<strong>im</strong>mungen <strong>und</strong> Unterschieden.<br />

Vergleicht die Ergebnisse auch mit eurem Brainstorming.<br />

• Entwerft eine eigene einfache Umfrage <strong>und</strong> gestaltet einen entsprechenden<br />

Fragebogen.<br />

• Führt nach Rücksprache mit dem Lehrer/der Lehrerin die Umfrage in eurer<br />

Klasse <strong>und</strong> in einer Parallelklasse/einer anderen Klassenstufe durch.<br />

• Analysiert die Ergebnisse eurer Umfrage.<br />

Zum Themenfeld „Familie“ – Von Zuhause ausziehen (M 6 – 8):<br />

•<br />

•<br />

Beschreibt die Grafik M 6 (Thema, Darstellungsart, Quellenangabe).<br />

Analysiert die Ergebnisse (interessanteste Informationen, mögliche Erklärungen).


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Schließt die Augen <strong>und</strong> stellt euch ein Bild zum Thema vor. Beschreibe deinen<br />

Mitschülern dein Bild.<br />

Markiert die Schlüsselstellen in den Texten von Claudia <strong>und</strong> Ursula N.<br />

Fasst alle Argumente der beiden in einem nicht zu langen Satz zusammen.<br />

Ergänzt mögliche weitere Argumente aus der Sicht von Eltern <strong>und</strong> Kindern.<br />

Dies können auch Argumente <strong>für</strong> das Zuhausewohnen aus der Sicht der<br />

Kinder bzw. <strong>für</strong> das Verlassen aus Sicht der Eltern sein.<br />

Zum Themenfeld „Familie“ – Jugendsprache <strong>im</strong> Familienkreis (M 9):<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Sammelt (eventuell <strong>im</strong> Internet) Beispiele <strong>für</strong> Jugendsprache.<br />

Ordnet die Beispiele nach ihrer Verwendungsmöglichkeit <strong>im</strong> Familienkreis.<br />

Markiert die Schlüsselstellen in den Chat-Beiträgen.<br />

Fasst die Argumente der Chatter in jeweils einem nicht zu langen Satz zusammen.<br />

Sammelt weitere Materialien, indem ihr einen Fragebogen entwerft <strong>und</strong><br />

(nach Gegenlesen durch euren Lehrer/eure Lehrerin) in eurer Klasse ausfüllen<br />

lasst.<br />

Wertet den Fragebogen aus <strong>und</strong> ergänzt mögliche neue Argumente.<br />

Zum Themenfeld „Familie“ – Ausgehen (M 10):<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Markiert die Schlüsselstellen <strong>im</strong> Text.<br />

Gebt jeden Abschnitt in einem Wort oder einem kurzen Satz als Randnotiz<br />

wieder.<br />

Nennt die verschiedenen Gruppen <strong>und</strong> ihre jeweilige Position.<br />

Fasst die Argumente dieser Gruppen in einem nicht zu langen Satz zusammen,<br />

sofern sie <strong>im</strong> Text stehen.<br />

Überlegt, inwieweit sich dieses Exper<strong>im</strong>ent auf deutsche Verhältnisse übertragen<br />

ließe <strong>und</strong> ergänzt in diesem Zusammenhang mögliche weitere Argumente.<br />

Zum Themenfeld „Suchtgefahren“ – Alkopops/Alkohol (M 11 – 13):<br />

• Schließt die Augen <strong>und</strong> stellt euch ein Bild zum Thema vor. Beschreibe deinen<br />

Mitschülern dein Bild.<br />

• Wählt die <strong>für</strong> euch wichtigsten Informationen aus M 11 + 12 aus. Vergleicht<br />

<strong>und</strong> begründet eure Auswahl.<br />

• Markiert die Schlüsselstellen in M 13.<br />

• Gebt jedem Abschnitt eine Überschrift. Kleinere Abschnitte können zusammengezogen<br />

werden.<br />

• Fasst eure Ergebnisse aus M 11 bis 13 in Argumenten zusammen, die aus<br />

jeweils einem nicht zu langen Satz bestehen.<br />

• Sehr gute Hintergr<strong>und</strong>informationen könnt ihr außerdem auf folgender Website<br />

erhalten: www.kenn-dein-l<strong>im</strong>it.info<br />

• (Zusatzinformation: Seit die 0,3-Liter-Alkopops-Flaschen aufgr<strong>und</strong> einer Extra-Steuer<br />

nicht mehr einen, sondern fast zwei Euro kosten, ist ihr Verkauf<br />

deutlich zurückgegangen. Man kann sagen, dass sie den Status eines Kultgetränkes<br />

verloren haben.)<br />

Zum Themenfeld „Suchtgefahren“ – Jugendliche <strong>und</strong> Ernährung (M 14):<br />

• Schließt die Augen <strong>und</strong> stellt euch ein Bild zum Thema vor. Beschreibe deinen<br />

Mitschülern dein Bild.<br />

• Markiert die Schlüsselstellen in M 14.<br />

• Gebt jedem Abschnitt eine Überschrift.<br />

71


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

72<br />

Teamarbeit<br />

Verschiedene<br />

Arbeitstechniken<br />

•<br />

•<br />

Recherchiert <strong>im</strong> Internet auf der Seite<br />

www.tk.de/tk/medizin-<strong>und</strong>-ges<strong>und</strong>heit/ernährung/37284<br />

das Thema „Ernährungsprobleme von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen“<br />

Fasst eure Ergebnisse in Argumenten zusammen, die aus jeweils einem<br />

nicht zu langen Satz bestehen.<br />

Zum Themenfeld „Geldanlagen“ (M 15 – 19):<br />

• Konzentriert euch auf das Thema <strong>und</strong> schreibt (jeder <strong>für</strong> sich) möglichst<br />

schnell alles auf, was euch dazu einfällt (Brainstorming).<br />

• Fasst die Aussage von M 16 in Worte <strong>und</strong> erläutert den „Witz“.<br />

• Markiert die wesentlichen Informationen in M 17 bis M 20 <strong>und</strong> ordnet sie<br />

möglichen Personenkreisen zu.<br />

• Fasst eure Ergebnisse in einer Mindmap zusammen.<br />

Falls die Lehrperson beobachtet, dass es innerhalb einer Gruppe zu Abst<strong>im</strong>mungsproblemen<br />

kommt, sollte sie beratend intervenieren. Die Aufgabenstellungen<br />

zu den Schritten 3 bis 7 können <strong>für</strong> alle Arbeitsgruppen einheitlich formuliert<br />

werden – unabhängig von den jeweils zugr<strong>und</strong>e gelegten Materialien.<br />

Allerdings kann sich die Lehrperson überlegen, ob sie je nach der Leistungsstärke<br />

der einzelnen Gruppen die Aufgabe in einem eher geschlossenen Format<br />

mit mehreren kleinschrittigen Anleitungen oder offen formuliert. Bei Schritt 5<br />

werden dazu Anregungen gegeben.<br />

Dritter Schritt: Festlegung von Schreibaufgabe <strong>und</strong> Schreibziel<br />

In der Einleitung sollten möglichst viele verschiedene Schreibanlässe erarbeitet<br />

<strong>und</strong> vorgestellt werden, zum Beispiel einen Artikel <strong>für</strong> die Schülerzeitung<br />

schreiben, ein Redemanuskript entwerfen oder einen Erörterungsaufsatz verfassen.<br />

Dabei sollte auch stets der mögliche Adressatenkreis mitbedacht werden.<br />

Für die anschließende Gruppenarbeit sollte noch einmal der dialektische<br />

Charakter des Schreibauftrages wiederholt werden.<br />

Arbeitsauftrag <strong>für</strong> die Gruppenphase:<br />

Formuliert <strong>für</strong> euer Thema eine genaue Schreibaufgabe, einen konkreten<br />

Schreibanlass sowie den voraussichtlichen Adressatenkreis.<br />

Anschließend werden die selbst erstellten Schreibaufträge <strong>im</strong> Plenum besprochen<br />

<strong>und</strong> eventuell präzisiert. Denkbar wäre auch ein Austausch zwischen den<br />

einzelnen Gruppen mit entsprechenden schriftlichen (ohne Unterrichtsgespräch)<br />

oder mündlichen Rückmeldungen (<strong>im</strong> Rahmen eines Unterrichtsgesprächs).<br />

Vierter Schritt: Planung des Aufbaus<br />

In der Einleitung sollten die gr<strong>und</strong>legenden Arbeitstechniken zur Ordnung der<br />

Stoffsammlung sowie die beiden gr<strong>und</strong>sätzlich denkbaren Gliederungsmöglichkeiten<br />

(blockartige Struktur nach dem Sanduhrprinzip oder Gegenüberstellung<br />

von je einem Pro- <strong>und</strong> Kontra-Argument nach übergeordneten Aspekten<br />

<strong>im</strong> Pingpong-Verfahren) mit ihren jeweiligen Vor- <strong>und</strong> Nachteilen wiederholt<br />

bzw. neu eingeführt werden. Bei der Gliederung sollte der Aspekt der unterschiedlichen<br />

Gewichtung der Argumente betont werden. Im eingeführten Lehrwerk<br />

finden sich da<strong>für</strong> in der Regel genügend Materialien <strong>und</strong> Hinweise.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Arbeitsaufträge <strong>für</strong> die Gruppenphase:<br />

Ordnet eure Stoffsammlung, indem ihr eine der folgenden zwei Möglichkeiten<br />

durchführt:<br />

1. Mindmap:<br />

1.1 Legt eine Mindmap mit den wichtigen Aspekten zu eurem Thema an.<br />

1.2 Sortiert die Aspekte danach, ob sie sich eher <strong>für</strong> ein Pro- oder ein Kontra-<br />

Argument eignen.<br />

1.3 Gewichtet eure Argumente danach, ob sie sehr wichtig oder wichtig sind.<br />

1.4 Erstellt eine Gliederung <strong>für</strong> den Hauptteil eures Textes nach dem Sanduhrprinzip.<br />

2. Tabelle:<br />

2.1 Legt eine Tabelle mit drei Spalten an.<br />

2.2 Stellt in der zweiten <strong>und</strong> dritten Spalte Gegensatzpaare gegenüber.<br />

2.3 Tragt in der ersten Spalte den übergeordneten Gesichtspunkt zu jedem<br />

Gegensatzpaar ein.<br />

2.4 Formt die Aspekte in Spalte 2 <strong>und</strong> 3 zu jeweils einem Argument um.<br />

2.5 Gliedert den Hauptteil eures Textes nach dem Pingpong-Prinzip.<br />

Fünfter Schritt: Entfaltung der Argumente<br />

Zur Entfaltung der Argumente gehören zwei Aspekte, nämlich der logisch st<strong>im</strong>mige<br />

<strong>und</strong> überzeugende Aufbau <strong>und</strong> die stilistisch angemessene <strong>und</strong> nachvollziehbare<br />

Verknüpfung der Gedanken. Im Sinne der didaktischen Reduktion<br />

empfiehlt es sich, die eigentlich zusammengehörenden Bereiche in der Erarbeitungsphase<br />

zu trennen. Deshalb sollen sich die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler <strong>im</strong><br />

fünften Schritt auf die Logik <strong>und</strong> <strong>im</strong> sechsten Schritt auf den Stil konzentrieren.<br />

Bei beiden Arbeitsbereichen darf die Lehrperson davon ausgehen, dass in<br />

Klasse 8 wichtige Gr<strong>und</strong>lagen <strong>im</strong> Zusammenhang mit der linearen Erörterung<br />

gelegt worden sind. Aber der Leistungsstand der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

dürfte ziemlich unterschiedlich ausfallen, so dass es sinnvoll sein könnte, in der<br />

Einführung alle notwendigen Begriffe zu wiederholen. Ansonsten sollte man<br />

gerade in Hinblick auf die schwächeren Lerner die Wichtigkeit einer ausführlichen<br />

Argumentation <strong>und</strong> die Teilkompetenz, die Plausibilität des Gedankengangs<br />

zu gewährleisten, in den Vordergr<strong>und</strong> stellen.<br />

Als Beispiel <strong>für</strong> die Anwendung der notwendigen Begriffe <strong>und</strong> <strong>für</strong> eine ausführliche<br />

Argumentation soll die folgende Tabelle dienen:<br />

16<br />

Argumentation<br />

These Argument [Erläuterung] Beleg Beispiel Folgerung<br />

Wir müssen in<br />

den nächsten<br />

Jahren mit<br />

einer Inflation<br />

rechnen.<br />

Im<br />

Immobilienbereich<br />

zeichnet sich<br />

eine deutliche<br />

Verteuerung ab.<br />

Viele Anleger<br />

flüchten in das<br />

ihnen sicher<br />

erscheinende<br />

„Betongold“.<br />

16 Laut Handelsblatt vom 26.05.2011<br />

Es gibt<br />

gewerbliche<br />

Immobilien <strong>und</strong><br />

Immobilien<br />

zum Wohnen.<br />

Hier geht es um<br />

Wohn<strong>im</strong>mobilien,<br />

die <strong>für</strong> den<br />

Eigenbedarf oder<br />

zur Vermietung<br />

genutzt werden.<br />

Insgesamt sinkt<br />

die Bevölkerung<br />

in <strong>Deutsch</strong>land.<br />

Aber die Preise<br />

ziehen vor<br />

allem in den<br />

Städten, wo die<br />

Menschen leben<br />

wollen, stark an.<br />

In Stuttgart-West<br />

bezahlt man bei einer<br />

Neubauwohnung<br />

bereits mehr<br />

als 4.200 € pro<br />

Quadratmeter <strong>und</strong> eine<br />

Altbauwohnung kostet<br />

ca. 11,50 € Miete pro<br />

Quadratmeter. 16<br />

Die Mieten<br />

werden<br />

aufgr<strong>und</strong> der<br />

Nachfrage<br />

steigen.<br />

Teilweise<br />

betragen sie<br />

schon 50 % der<br />

Lebenshal-<br />

tungskosten.<br />

73


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

74<br />

Selbstständiges Üben<br />

Bei dieser Terminologie entspricht die These der aus der Aufgabenstellung zu<br />

erschließenden Pro-Behauptung. Sie muss durch mehrere Begründungen, den<br />

Argumenten, sachlich gestützt werden. Damit auch ein skeptischer Leser das<br />

jeweilige Argument nachvollziehen kann, muss es in einem ausführlichen Abschnitt,<br />

der Argumentation, ausgebaut werden. Da das Argument in der Regel<br />

kurz <strong>und</strong> griffig formuliert wird, ist es oft sinnvoll, diesen Gedanken mit einer<br />

Begründung zusätzlich zu stützen bzw. zu erläutern, etwa indem man <strong>Fach</strong>begriffe<br />

erklärt oder den Gedanken in einen Kontext einbindet. Um den Leser zu<br />

überzeugen, ist es notwendig, das Argument mit einem Beleg zu verstärken<br />

<strong>und</strong>/oder mit einem Beispiel zu veranschaulichen. Belege <strong>und</strong> Beispiele müssen<br />

einer logischen Überprüfung standhalten <strong>und</strong> deshalb Ist-Aussagen mit<br />

Anspruch auf Allgemeingültigkeit entsprechen. Als Tatsachenverweise kommen<br />

in Frage:<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

statistische Daten (wie zum Beispiel in M 3 bis M 6 enthalten),<br />

Aussagen oder (wenn möglich) Zitate anerkannter Autoritäten aus dem öffentlichen<br />

Leben,<br />

der Bezug auf allgemein anerkannte Werte <strong>und</strong> Normen (zum Beispiel auf<br />

ein Gr<strong>und</strong>recht),<br />

logisch nachvollziehbare Denkmuster (zum Beispiel ein Analogieschema, ein<br />

Ursache-Wirkungs-Zusammenhang oder eine wissenschaftlich gesicherte<br />

Gesetzmäßigkeit).<br />

Als Beispiele bieten sich an:<br />

• eigene Erfahrungen oder Beobachtungen, die <strong>für</strong> den Leser generalisierbar<br />

sind,<br />

• Fallbeispiele, also überprüfbare Erfahrungen oder Erlebnisse anderer Menschen<br />

(zum Beispiel aus den Medien oder der Geschichte).<br />

Die Folgerung kann in Form einer Schlussfolgerung, als einer Art sachlicher<br />

Zusammenfassung, gezogen werden. Sie kann auch eine Forderung enthalten,<br />

die zum Handeln aufruft, wobei den Lernenden die Gefahr bewusst gemacht<br />

werden muss, dass solche Werturteile als subjektive Soll-Aussagen vielleicht<br />

nicht <strong>für</strong> alle Leser ohne weiteres nachvollziehbar sind.<br />

Die beiden gr<strong>und</strong>sätzlich denkbaren Formen, eine Argumentation aufzubauen,<br />

nämlich deduktiv bzw. induktiv, sollten bereits in Klasse 8 erarbeitet worden<br />

sein.<br />

Für das selbstständige Üben bieten sich sowohl geschlossene als auch halboffene<br />

Aufgabenformate an. Geschlossene Aufgaben könnten zum Beispiel Zuordnungsaufgaben<br />

sein, die eine schnelle Anwendung <strong>und</strong> Überprüfung insbesondere<br />

von Wissen ermöglichen. Halboffene Aufgaben könnten zum Beispiel<br />

Lückentexte oder Skizzen sein, die ergänzt werden müssen. Solche Aufgaben<br />

lassen mehr Raum <strong>für</strong> individuelle Antworten, konzentrieren sich aber dennoch<br />

auf das Wesentliche. Da es in den Arbeitsheften der Lehrwerke vielfältige<br />

Übungsangebote gibt, sollen hier nur gr<strong>und</strong>sätzliche Beispiele <strong>für</strong> entsprechende<br />

Arbeitsanweisungen gegeben werden, geordnet nach dem Prinzip der<br />

Steigerung des Schwierigkeitsgrades.<br />

Geschlossene Aufgaben:<br />

•<br />

•<br />

Markiere in den folgenden Argumentationen Erläuterung, Beleg <strong>und</strong> Beispiel.<br />

Ordne die folgenden Belege bzw. Beispiele der entsprechenden Kategorie<br />

zu (Statistik, Autorität, Wert oder Norm, logisches Muster, eigene Erfahrung,<br />

Fallbeispiel).


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Stelle die einzelnen Elemente der folgenden Argumentation in tabellarischer<br />

Form dar (Als Ergänzung bietet sich die fünfte halboffene Aufgabe an).<br />

Ergänze die folgende Argumentation mit einem Beispiel.<br />

Ergänze die folgende Argumentation mit einer Folgerung.<br />

Ergänze das folgende Argument mit einer Erläuterung.<br />

Ergänze die folgende Argumentation mit einem Beleg <strong>und</strong> schreibe in Klammern<br />

die entsprechende Kategorie dazu.<br />

Halboffene Aufgaben:<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Fertige <strong>für</strong> die folgende Argumentation eine Skizze als Pfeilschema an.<br />

Ordne die folgenden Aussagen zum Thema … dem entsprechenden Element<br />

innerhalb der Argumentation zu <strong>und</strong> ergänze entsprechende Aussagen <strong>für</strong><br />

die fehlenden Elemente.<br />

Verfasse aus dem folgenden Flussdiagramm eine Argumentation.<br />

Baue die folgenden Stichwörter zu einer schlüssigen Argumentation aus.<br />

(Im Anschluss an die obige dritte geschlossene Aufgabe) Formuliere zu der<br />

Argumentation eine Gegenargumentation, die alle Elemente enthält <strong>und</strong> die<br />

Gültigkeit des verwendeten Argumentes einschränkt oder bestreitet.<br />

Überprüfe die folgenden Argumentationen auf Vollständigkeit <strong>und</strong> logische<br />

St<strong>im</strong>migkeit.<br />

Gib den folgenden Argumentationen eine Note <strong>und</strong> begründe sie.<br />

Wenn die einzelnen Gruppen genügend Sicherheit gewonnen haben, können<br />

sie innerhalb ihres Themenbereichs ihre in Schritt 4 geplanten Argumente ausbauen.<br />

Dabei sollen sie die Argumentationen schon vollständig ausformulieren.<br />

Aber auf die Überleitungen zwischen den einzelnen Abschnitten, insbesondere<br />

auch zwischen dem Pro- <strong>und</strong> Kontra-Teil, brauchen sie noch nicht zu<br />

achten. Wichtig ist, dass die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler be<strong>im</strong> Schreiben sich auf<br />

einen Adressaten einstellen, der sich einerseits über das Thema informieren<br />

möchte, aber andererseits sich noch kein abschließendes Urteil gebildet hat.<br />

Inwieweit diese Annahme einer fremden Perspektive umgesetzt wurde, könnte<br />

ein Kriterium <strong>für</strong> die anschließende Besprechungsr<strong>und</strong>e sein.<br />

Sechster Schritt: Verknüpfung der Argumente<br />

Bei der Verknüpfung spielt ähnlich wie bei der Entfaltung der Argumente sowohl<br />

der Leserbezug, also die Fähigkeit, sich auf die Bedürfnisse einer fremden<br />

Perspektive einzulassen, als auch der Aspekt der logischen St<strong>im</strong>migkeit<br />

eine große Rolle. Einerseits sollen die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler einen gut lesbaren<br />

Text verfassen, andererseits ihre Gedanken logisch korrekt vernetzen. Im<br />

sechsten Schritt wird der Schwerpunkt auf die Verbesserung der stilistischen<br />

Fähigkeiten gelegt.<br />

Dabei muss zwischen der Verknüpfung innerhalb der einzelnen Argumentationen<br />

<strong>und</strong> der Überleitung von Abschnitt zu Abschnitt, insbesondere bei der<br />

Verbindung von Argumenten <strong>und</strong> Gegenargumenten unterschieden werden.<br />

Die erste Aufgabe, innerhalb der jeweiligen Argumentation die einzelnen Elemente<br />

leserfre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> logisch korrekt zu verknüpfen, sollte Schwerpunkt in<br />

der achten Klasse sein. Entsprechende Tipps wären:<br />

• sich klar <strong>und</strong> verständlich ausdrücken, d. h. schwammige Begriffe <strong>und</strong> überflüssige<br />

Fremdwörter vermeiden sowie notwendige <strong>Fach</strong>begriffe erläutern,<br />

• Schachtelsätze vermeiden,<br />

75


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

76<br />

Selbskontrolle<br />

Feedback<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Meinungen <strong>und</strong> Werturteile vorsichtig ausdrücken, zum Beispiel durch die<br />

Verwendung von Modalverben <strong>und</strong> Modaladverbien,<br />

Fragen, insbesondere rhetorische, vermeiden,<br />

auf korrekte logische Verknüpfung der Aussagen achten (Wiederholung der<br />

temporalen, kausalen, konzessiven bzw. adversativen, konditionalen, finalen<br />

<strong>und</strong> konsekutiven Verknüpfungslogik sowie der drei stilistischen Verknüpfungsarten<br />

Hauptsatz-Hauptsatz, Hauptsatz-Nebensatz <strong>und</strong> Einzelsatz mit<br />

Adverbiale).<br />

Nach einer Phase der kurzen Bewusstmachung <strong>und</strong> Übung könnten die Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler ihre bisher erstellten Texte in einer Art Screening-Verfahren<br />

daraufhin überprüfen, inwieweit sie diese Hinweise beachtet haben. Insbesondere<br />

sollten sie dabei auch ihre Interpunktion (Teilsätze durch Kommas trennen,<br />

vor Beginn eines neuen logischen Gedankens unbedingt einen Punkt setzen,<br />

Fragezeichen als Signale <strong>für</strong> unnötige Fragen wahrnehmen) <strong>und</strong> Zitate (Quelle<br />

möglichst genau angeben) kontrollieren. Schließlich sollten sie überprüfen, ob<br />

sie nach jeder Argumentation einen formalen Abschnitt gesetzt haben.<br />

Die Aufgabe der Überleitung zwischen den einzelnen Abschnitten<br />

müsste danach neu eingeführt werden. Bei der Struktur nach dem Sanduhrmodell<br />

sollten stilistische Möglichkeiten der Gewichtung innerhalb des<br />

Pro- bzw. des Kontra-Teils wiederholt <strong>und</strong> sodann besonderer Wert auf die<br />

Formulierung des Wendepunktes gelegt werden. Bei der schwierigeren Struktur<br />

nach dem Pingpong-Modell, der Verbindung eines Argumentes mit einem<br />

Gegenargument, gilt es, auf der logischen Ebene <strong>und</strong> von der Wichtigkeit her<br />

jeweils passende Argumente zuzuordnen <strong>und</strong> diese so zu formulieren <strong>und</strong> einander<br />

gegenüberzustellen, dass der Leser die Perspektive der jeweiligen Position<br />

gut nachvollziehen kann. Dies setzt voraus, dass sich der Schüler bzw. die<br />

Schülerin be<strong>im</strong> Verfassen auch gut in andere Perspektiven hineinversetzen <strong>und</strong><br />

gegenüber dem eigenen Text eine gewisse Distanz bewahren kann.<br />

Wie in Schritt 5 bietet es sich an, dass die einzelnen Gruppen während der<br />

Arbeitsphase zunächst durch kleinere Erarbeitungsaufgaben Sicherheit gewinnen,<br />

bevor sie das Gelernte bei ihrem Erörterungsaufsatz anwenden. Da es bei<br />

der Rückmeldung auf sprachliche Details ankommt, könnte bei diesem Schritt<br />

auf eine Besprechung <strong>im</strong> Plenum verzichtet werden <strong>und</strong> das Feedback in die<br />

Phase der Zwischendiagnostik ausgelagert werden.<br />

Mögliche Aufgabenstellungen <strong>für</strong> die Erarbeitung, geordnet nach ihrem Schwierigkeitsgrad,<br />

könnten sein:<br />

• Markiere in der folgenden Überleitung die Verknüpfungswörter.<br />

• Wähle aus dem folgenden Wortspeicher geeignete Wörter <strong>für</strong> die Verknüpfung<br />

von Argumenten innerhalb eines Pro-Teiles <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Verknüpfung<br />

von Argument <strong>und</strong> Gegenargument aus.<br />

• Die folgende Überleitung (Wendepunkt) ist zwar sachlich richtig, aber es fehlen<br />

die Verknüpfungen. Verbessere sie.<br />

• Verfasse (zu einer vorgegebenen Aufgabenstellung) einen Wendepunkt, der<br />

deutlich macht, dass du gerade das wichtigste Pro-Argument genannt hast<br />

<strong>und</strong> nun zum Kontra-Teil überleitest.<br />

• Ordne in der folgenden Liste Argumenten passende Gegenargumente zu.<br />

Achte darauf, dass die Kombinationen logisch <strong>und</strong> in der Wichtigkeit der Argumente<br />

zueinander passen.<br />

• Verfasse zu der folgenden Argumentation eine passende Gegenargumentation.<br />

• Wähle aus der folgenden Liste ein Argument <strong>und</strong> ein dazu passendes Gegenargument<br />

aus <strong>und</strong> verfasse die beiden Argumentationen.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Siebter Schritt: Verfassen des Schlussteils<br />

Der Schlussteil besteht aus der sog. Synthese, in der das Resultat aus der Gegenüberstellung<br />

der beiden Positionen dargestellt werden soll, <strong>und</strong> einem den<br />

Aufsatz abr<strong>und</strong>enden Gedanken, meist aus einem oder zwei Sätzen bestehend.<br />

Da<strong>für</strong> finden sich in den Lehrwerken genügend Anregungen.<br />

Die Abr<strong>und</strong>ung des Aufsatzes ist eine besondere Leistung, die von durchschnittlichen<br />

Aufsatzschreibern in der Klassenarbeit schon aus Zeitgründen<br />

selten erbracht werden kann. Zwar sollten alle Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler die<br />

verschiedenen Möglichkeiten zur Komplementierung des Textes wiederholen<br />

(falls in Klasse 8 bereits eingeführt) <strong>und</strong> übungsweise auch anwenden. Aber<br />

wichtiger erscheint doch die Vermittlung der Erkenntnis, dass das Hauptziel des<br />

Schlussteils sein muss, einen eigenen Standpunkt zur Aufgabenstellung einzunehmen.<br />

Dieses Urteil ergibt sich aus einer Gewichtung der Argumentationen<br />

des Hauptteils <strong>und</strong> muss <strong>für</strong> den Leser als in sich st<strong>im</strong>miges <strong>und</strong> widerspruchsfreies<br />

Ergebnis nachvollziehbar sein.<br />

Als erste Übung könnten die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler mehrere Schlussteile<br />

auf vorher erarbeitete Kriterien überprüfen. Danach sollten sie ihren eigenen<br />

Schluss verfassen. Die Rückmeldung dazu könnte wieder in die Phase der<br />

Zwischendiagnostik geschoben werden.<br />

Eigener Standpunkt<br />

77


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

78<br />

4.3 Vorschlag zur Zwischendiagnostik<br />

Ausgangsüberlegungen:<br />

Für den hier vorgeschlagenen Rückmeldebogen ist eine schriftliche Gr<strong>und</strong>lage<br />

nötig. Deshalb sollen die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler auf ein eigenes Schreibprodukt<br />

(einen kompletten dialektischen Erörterungsaufsatz) zurückgreifen, den sie<br />

<strong>im</strong> Rahmen der Erarbeitungsphase Schritt <strong>für</strong> Schritt selbst verfasst haben. Alle<br />

Schülerproduktionen werden von zwei Mitschülern gegengelesen (<strong>und</strong> jede<br />

Schülerin/jeder Schüler liest <strong>und</strong> bewertet zwei Aufsätze von Mitschülern). Die<br />

Diagnose lässt sich also in Dreiergruppen organisieren. Der Bogen ermöglicht<br />

es, eine detaillierte <strong>und</strong> individuelle Rückmeldung zu geben, vermeidet aber,<br />

dass die Verfasser einseitig in Schablonen wie A-, B- oder C - Niveau gezwängt<br />

werden. Ein ähnlicher Bogen könnte auch zusammen mit den Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schülern in einer GA auf der Basis des Unterrichtsganges in der Erarbeitungsphase<br />

erstellt werden. Dies würde die Lehrperson entlasten, führt aber<br />

zu einem großen Zeitaufwand, den man wahrscheinlich lieber in die Trainingsphase<br />

investiert. Die Rückmeldung soll wieder durch die Lernenden selbst erfolgen,<br />

einerseits zur Entlastung der Lehrperson, andererseits weil die Autoren<br />

die Einschätzung durch ihre Mitschüler als Angebot zur Verbesserung in der<br />

Trainingsphase problemloser akzeptieren werden. Auch die Tatsache, dass jeder<br />

Lernende die Doppelrolle als Textlieferant <strong>und</strong> kritischer Leser erfüllt, dürfte<br />

die Akzeptanz erhöhen.<br />

Als Alternative sollte man in schwächeren oder in der Feedback-Technik ungeübten<br />

Klassen eine Spezialisierung der Lernenden be<strong>im</strong> Gegenlesen in Erwägung<br />

ziehen. In diesem Fall würde die Lehrperson am besten jedem Schüler<br />

bzw. jeder Schülerin nur zwei oder höchstens drei Kriterien zuordnen, je nach<br />

persönlicher Stärke oder Schwäche. Es müssten dann heterogene Arbeitsgruppen<br />

gebildet werden, in denen alle Kriterien berücksichtigt wären.<br />

Bei der vorgeschlagenen Zwischendiagnostik soll der individuelle Ausprägungsgrad<br />

der jeweiligen Teilkompetenzen festgestellt werden. Da<strong>für</strong> sollen<br />

stärkenorientierte Formulierungen verwendet werden, um die Lernenden nicht<br />

zu demotivieren, sondern ihnen ihr Potential bewusst zu machen. Hinter jeder<br />

Kategorie wurden einige Leerzeilen eingefügt, damit weitere Beobachtungen<br />

oder Tipps mitgeteilt werden können.<br />

Wichtig ist, dass die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler ihre Rückmeldungen selber<br />

auswerten <strong>und</strong> daraufhin ihre eigenen Schwerpunkte <strong>für</strong> die sich anschließende<br />

Trainingsphase festlegen, die als eine Art Lernatelier organisiert werden kann.<br />

Als zu überprüfende Aspekte bieten sich an:<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Einleitung<br />

Aufbau<br />

Themenerschließung<br />

Argumentation<br />

Gedankenführung<br />

Schluss<br />

Satzbau<br />

Wortwahl<br />

Sprachrichtigkeit<br />

Dieser Baustein soll als eine Umsetzungsmöglichkeit <strong>für</strong> die Phase V des in<br />

dieser Handreichung vorgestellten Modells einer kompetenzorientierten Unterrichtseinheit<br />

verstanden werden.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Eine dialektische Erörterung schreiben – Rückmeldebogen (Vorderseite)<br />

Thema: …………………………………………………………………………………………………………………….<br />

Autor: ………………………………………………. Gelesen von: …..................................................................<br />

Arbeitsauftrag: Lies den Aufsatz zuerst genau durch. Lies ihn dann ein zweites Mal <strong>und</strong> markiere am Rand mit den<br />

entsprechenden Korrekturzeichen, was dir auffällt. Kreuze parallel dazu die entsprechenden Zeilen <strong>im</strong> Rückmeldebogen an. In den<br />

Leerzeilen ist Platz <strong>für</strong> zusätzliche Bemerkungen. Tauscht am Ende der Korrekturphase die Ergebnisse in eurer Dreiergruppe aus.<br />

Kriterien ☺ <br />

1. Einleitung<br />

Du weckst das Interesse des Lesers.<br />

Du informierst den Leser über das Thema.<br />

2. Aufbau (Ab)<br />

Du hast deinen Aufsatz durch die richtige Zahl von Abschnitten leserfre<strong>und</strong>lich formatiert.<br />

Du hast deinen Aufsatz mit einem klaren Gliederungskonzept verfasst.<br />

Du wägst das Pro <strong>und</strong> Kontra ausführlich gegeneinander ab.<br />

3. Themenerschließung (I, Th)<br />

Du hast das Thema in seiner Zweiteiligkeit richtig erfasst.<br />

Du erschließt das Thema in vielfältiger <strong>und</strong> umfassender Weise.<br />

4. Argumentation (Log, Erl, Bg, Bsp, B)<br />

Du argumentierst ausführlich, indem du deine Aussagen erläuterst, begründest, mit Beispielen<br />

veranschaulichst <strong>und</strong> die entsprechenden Folgerungen ziehst.<br />

Du berücksichtigst verschiedene Seiten bzw. Gruppen.<br />

Du argumentierst durchgehend schlüssig <strong>und</strong> überzeugend.<br />

Du zeigst ein hohes Problembewusstsein <strong>und</strong> ein f<strong>und</strong>iertes Urteilsvermögen.<br />

5. Gedankenführung (V)<br />

Du verknüpfst deine Sätze in den einzelnen argumentativen Abschnitten logisch korrekt <strong>und</strong> stilistisch<br />

abwechslungsreich.<br />

Du achtest auf geschickte Übergänge zwischen den einzelnen Abschnitten.<br />

6. Schluss<br />

Du leitest ein klares, nachvollziehbares Ergebnis aus dem Argumentationsgang ab.<br />

Du endest mit einem überzeugenden Gedanken (z. B. einem Appell oder Ausblick).<br />

7. Satzbau (Sb, St)<br />

Deine Sätze haben genau die richtige Länge <strong>und</strong> sind leicht <strong>und</strong> flüssig zu lesen.<br />

Du benutzt abwechslungsreiche Satzmuster.<br />

Deine Sätze sind vollständig.<br />

8. Wortwahl (A, W, St)<br />

Du drückst dich präzise aus.<br />

Du schreibst auf einer angemessenen Stilebene.<br />

Du verfügst über einen großen Wortschatz.<br />

9. Sprachrichtigkeit (G, T, R, Z)<br />

Im Bereich der Konjugation <strong>und</strong> Deklination machst du kaum Fehler.<br />

Du bist sicher <strong>im</strong> Bereich der Groß- <strong>und</strong> Kleinschreibung.<br />

Ansonsten machst du keine schweren Rechtschreibfehler.<br />

Du bist sicher bei der Kommasetzung.<br />

79


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

80<br />

Eine dialektische Erörterung schreiben – Rückmeldebogen (Rückseite)<br />

Erklärung der Korrekturzeichen:<br />

Ab Überprüfe deine Absatzformatierung.<br />

I Hier st<strong>im</strong>mt etwas mit dem Inhalt nicht. In Klammern kann ein<br />

genauerer Hinweis stehen, zum Beispiel:<br />

I (Zhg) Der Zusammenhang der Aussage sollte geklärt werden.<br />

Th Überprüfe, ob diese Stelle noch zum Thema gehört.<br />

Log Du musst die Logik verbessern.<br />

Erl Setze eine Erläuterung ein oder verbessere sie.<br />

Bg Ergänze eine Begründung oder verbessere sie.<br />

Bsp Ergänze ein Beispiel oder verbessere es.<br />

B Der Leser versteht nicht, worauf sich das Wort oder die<br />

Aussage bezieht.<br />

V Du solltest die Satzverknüpfung verbessern.<br />

Sb Du solltest den Satzbau verbessern, weil zum Beispiel Subjekt<br />

<strong>und</strong> Prädikat nicht übereinst<strong>im</strong>men oder dein Satz unvoll-<br />

ständig ist.<br />

St Du solltest den Stil verbessern, weil du zum Beispiel zu viele<br />

Substantive gebrauchst oder einen Bandwurmsatz geschrie-<br />

ben hast.<br />

A Hier solltest du einen passenderen Ausdruck einsetzen.<br />

W Hier wiederholst du ein Wort oder eine inhaltliche Aussage.<br />

G Hier musst du die Grammatik beachten, weil du zum Beispiel<br />

bei einem Substantiv eine falsche Deklinationsendung benutzt<br />

hast.<br />

T Achte auf das richtige Tempus.<br />

R Welche Rechtschreibregel musst du beachten?<br />

Z Welche Zeichensetzungsregel musst du beachten?


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

4.4 Anregungen <strong>für</strong> die Trainingsphase<br />

Ausgangsüberlegungen:<br />

Dieser Baustein ist ein Realisierungsangebot <strong>für</strong> die Phase VI der kompetenzorientierten<br />

UE. Die sich aus der Zwischendiagnostik ergebenden Übungsanforderungen<br />

an die einzelne Schülerin oder an den einzelnen Schüler sollten klar<br />

formuliert <strong>und</strong> zeitlich begrenzt sein. Durch die Methode der Binnendifferenzierung<br />

wird versucht, sich dem Ziel einer individuellen Förderung zu nähern.<br />

Für die Lehrkraft empfiehlt es sich, zunächst das eingeführte Lehrwerk auf<br />

geeignete Lernaufgaben zu sichten. Die Schulbücher <strong>und</strong> vor allem die zusätzlich<br />

angebotenen Arbeitshefte enthalten Trainingsteile, auf die zurückzugreifen<br />

sich lohnt. Sie sind aber in der Regel noch nicht nach Niveaustufen differenziert.<br />

Nach der Besprechung der Ergebnisse aus der Zwischendiagnostik in Dreier-<br />

Gruppen sollte jeder Lernende mit Hilfe der ihm vorliegenden Rückmeldebögen<br />

seinen individuellen Trainingsbedarf festlegen. Dazu könnte folgender Arbeitsauftrag<br />

erteilt werden:<br />

Name:<br />

<br />

Werte jetzt <strong>für</strong> dich persönlich die Rückmeldebögen zu deinem Aufsatz aus,<br />

indem du <strong>für</strong> jedes Kriterium einen Buchstaben vergibst <strong>und</strong> neben der<br />

Überschrift einträgst: A, wenn du eher erhalten hast, B, wenn du mehr<br />

<strong>im</strong> Bereich von liegst, <strong>und</strong> C, wenn du besonders viele ☺ erhalten hast.<br />

Wähle anschließend drei Bereiche aus, in denen du trainieren willst (auch<br />

bei C kann es lohnend sein, noch einmal zu üben!), markiere sie auf deinem<br />

Bogen <strong>und</strong> komm nach vorne zur Lehrertheke, wo du dir entsprechende<br />

Trainingsaufgaben aussuchen kannst.<br />

A B C C*<br />

Einleitung X O<br />

Aufbau<br />

Thema erschließen<br />

<strong>Argumentieren</strong><br />

Gedanken verknüpfen<br />

Schluss<br />

Sätze konstruieren<br />

Wortschatz<br />

Sprachrichtigkeit<br />

<br />

Erklärung der Zeichen:<br />

X = Das ist mein Ausgangsniveau<br />

O = Zu diesem Niveau möchte ich kommen.<br />

= Du hast dieses Niveau erreicht (Bestätigung durch die Lehrerin/den Lehrer).<br />

81


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

82<br />

Dadurch, dass die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler nach vorne gehen, erhält die Lehrperson<br />

automatisch eine Rückmeldung über den individuellen Lernstand <strong>und</strong><br />

das gewählte Trainingsprogramm, ohne dass sich die Schülerin bzw. der Schüler<br />

vor der gesamten Klasse rechtfertigen muss. Gleichzeitig besteht <strong>für</strong> die<br />

Lehrperson die Möglichkeit zu einer beratenden Korrektur, falls man sich ein<br />

zu ambitioniertes oder ein zu niedriges Trainingsprogramm zusammengestellt<br />

hat.<br />

Derselbe Aufgabenbereich wird jeweils mit Arbeitsanweisungen kombiniert,<br />

die den drei Niveaustufen entsprechen (z. B. A: markieren, B: überarbeiten, C:<br />

selbstständig formulieren), <strong>und</strong> es wird darauf hingewiesen, dass es möglich<br />

<strong>und</strong> auch empfehlenswert ist, sich innerhalb eines Bereiches von A über B bis<br />

nach C hochzuarbeiten. Je nach Einstufung in der Zwischendiagnostik (wobei<br />

die Einstufung von Teilbereich zu Teilbereich unterschiedlich sein kann) fängt<br />

man von seinem festgestellten Niveau aus an. Viele C-Einstufungen könnten<br />

zu einem rascheren Abarbeiten führen. Diese Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler sollten<br />

dann eine Extra-Aufgabe bekommen, z. B. einen kompletten Aufsatz selbstständig<br />

als Probetext schreiben, der von der Lehrkraft gegengelesen wird, oder<br />

einen Einsatz als Lernassistent. Schließlich bietet sich auch <strong>im</strong>mer noch die<br />

Aufgabe an, Teile des gegengelesenen Aufsatzes mit Hilfe des Rückmeldebogens<br />

zu überarbeiten. Dies kann auch als langfristige Hausaufgabe aufgegeben<br />

werden.<br />

Alle Aufgaben könnten zu einem Leitthema erstellt werden. Hier wird <strong>im</strong>mer<br />

wieder auf den Schwerpunkt „Schule <strong>und</strong> Unterricht“ zurückgegriffen. Aber es<br />

werden auch andere Themen angeschnitten (z. B. Leben auf dem Lande oder<br />

in der Stadt? Legalisierung weicher Drogen?). Im Sinne eines horizontalen<br />

Lernens sollen dadurch die während der Erarbeitungsphase neu erworbenen<br />

Fähigkeiten auf andere Inhalte übertragen werden, so wie es ja auch in der<br />

Lernzielkontrolle verlangt wird.<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler sollten <strong>im</strong>mer nur ein Aufgabenblatt von der<br />

Lerntheke mitnehmen <strong>und</strong> eine Rückmeldung zu ihrem erreichten Ergebnis erhalten,<br />

bevor sie mit dem nächsten Blatt weiterarbeiten. Die Ergebnissicherung<br />

könnte durch den Lehrer, einen sehr guten Schüler, der als Lehrassistent fungiert,<br />

oder auch mit Hilfe von Blättern mit Lösungshinweisen (vgl. 4.5) erfolgen.<br />

Die Lösungsblätter bieten den Vorteil, dass die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

ähnlich wie bei der Freiarbeit ihre Ergebnisse weitgehend selbstständig kontrollieren<br />

können <strong>im</strong> Folgenden werden <strong>für</strong> die einzelnen Aspekte des Rückmeldebogens<br />

aus der Zwischendiagnostik exemplarische binnendifferenzierende<br />

Aufgaben vorgeschlagen, wobei der Bereich der Sprachrichtigkeit nicht berücksichtigt<br />

wird, da hier bereits sehr viel Übungsmaterial in der einschlägigen Literatur<br />

ohne größeren Aufwand zu finden ist.<br />

Am Ende der Trainingsphase empfiehlt sich ein Unterrichtsgespräch, um auf<br />

der Metaebene gemeinsam den Lernfortschritt zu besprechen <strong>und</strong> eventuell<br />

noch offen gebliebene Aspekte unmittelbar vor der anstehenden Lernzielkontrolle<br />

(= Phase VII der kompetenzorientierten UE) zu klären. Als Zeitaufwand<br />

sollte wenigstens eine Doppelst<strong>und</strong>e, die Hausaufgabe <strong>und</strong> eine weitere Doppelst<strong>und</strong>e<br />

bzw. Einzelst<strong>und</strong>e (<strong>für</strong> die gemeinsame Besprechung) eingeplant<br />

werden.<br />

Die Aufgaben wurden teilweise von Georg Merz (LS) überarbeitet <strong>und</strong> mit<br />

Lösungsvorschlägen (vgl. 4.5) ergänzt.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

1. Trainingsmöglichkeit: eine Einleitung verfassen<br />

A B<br />

1. Unsere Gesellschaft ist gespalten. Schon die Kinder lernen: „Trage ich Marke, dann bin ich.“ Outfit<br />

wird mit Persönlichkeit verwechselt. Die Marke <strong>und</strong> nur die Marke entscheidet über Anerkennung,<br />

Erfolg <strong>und</strong> Sozialprestige. Damit die damit verb<strong>und</strong>enen sozialen Spannungen wenigstens aus<br />

der Schule herausgehalten werden, wird in den Medien in letzter Zeit der Vorschlag diskutiert, eine<br />

einheitliche Schulkleidung einzuführen. Im Folgenden soll untersucht werden, welche möglichen<br />

Vor- bzw. Nachteile damit verb<strong>und</strong>en sein könnten.<br />

2. Das Thema der einheitlichen Schulkleidung ist mir zum ersten Mal begegnet, als ich als Fünfzehnjährige<br />

<strong>im</strong> Rahmen eines Schüleraustausches nach England in die Nähe von London reiste. Für<br />

den Besuch der Highschool musste ich meine Kleidung <strong>für</strong> vierzehn Tage der dortigen Schulkleidung<br />

anpassen: dunkelblauer knielanger Rock, weiße Bluse, dunkelblauer Pullover oder Jacke <strong>und</strong><br />

gleichfarbige Kniestrümpfe. Im Folgenden möchte ich untersuchen, welche möglichen Vor- bzw.<br />

Nachteile die Einführung einer einheitlichen Schulkleidung bei uns in <strong>Deutsch</strong>land haben könnte.<br />

3. Stell dir vor, in deiner Klasse sind alle gleich angezogen. Wäre das nicht der blanke Albtraum? Oder<br />

wären Einheitsklamotten gerechter? Im Folgenden möchte ich erörtern, welche Vor- bzw. Nachteile<br />

die Einführung einer Schuluniform hätte.<br />

4. Anscheinend wird in den Schulen häufig um die richtige Kleidung gestritten. Wer nicht die richtige<br />

Marke trägt, ist bei manchen Mitschülern schnell out. Eine einheitliche Schuluniform könnte das<br />

Problem lösen. Oder doch nicht? Das möchte ich nun erörtern.<br />

5. In Brandenburg wurde kürzlich diskutiert, ob man Springerstiefel <strong>und</strong> Bomberjacken in der Schule verbieten<br />

sollte. In Hamburg hat sich eine Schulklasse einheitliche grüne Pullis gekauft, um dem Marken-<br />

terror zu entgehen. Warum also nicht gleich deutschlandweit die Schuluniform einführen?<br />

6. Einheitliche Schulkleidung an deutschen Schulen – das war bis zum Jahr 2000 ein Tabu. Zu abschreckend<br />

wirkten bis dahin wohl noch die Erinnerungen an den uniformierten Drill in den Schulen<br />

Hitler-<strong>Deutsch</strong>lands. Doch dann führte eine Hamburger Haupt- <strong>und</strong> Realschule erstmals eine<br />

einheitliche Kleidung <strong>für</strong> ihre 5. Klassen ein, <strong>für</strong> die sie den Begriff „Schulkleidung“ prägte – <strong>und</strong><br />

löste damit b<strong>und</strong>esweite Diskussionen aus. Im Folgenden sollen die Vor- <strong>und</strong> Nachteile einer solchen<br />

einheitlichen Schulkleidung gegenübergestellt werden.<br />

Einleitungstypen<br />

Historisches Ereignis Aktualität des Themas zeigen<br />

Beispiel<br />

Zitat Thema erläutern<br />

a) Ordne den Einleitungen 1 bis 6 den Einleitungstyp zu, der am genauesten passt.<br />

b) Welche Einleitung erscheint dir besonders gelungen? Begründe deine Wahl.<br />

c) Schreibe eine weitere Einleitung zu deinem Aufsatz aus der Zwischendiagnostik.<br />

Orientiere dich dabei an dem Einleitungstyp, den du bei (b) ausgewählt hast.<br />

eigene Erfahrung<br />

Begriffsdefinition statistischer Beleg<br />

83


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

1. Trainingsmöglichkeit: eine Einleitung verfassen<br />

B C<br />

Wenn man von Schuluniformen spricht, denkt man dabei an eine einheitliche Kleidung <strong>für</strong> alle Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler. Doch inwieweit trägt eine solche Einheitskleidung tatsächlich dazu bei, Mobbing<br />

unter Schülern zu verhindern?<br />

a) Benenne die Strategie, mit der diese Einleitung den Leser an das Thema „Einheitliche Schuluniformen?“<br />

heranführt.<br />

b) Diese Einleitung zeigt Schwächen hinsichtlich<br />

- ihrer motivierenden Wirkung,<br />

- der Themabest<strong>im</strong>mung,<br />

- ihrer begrifflichen Klarheit.<br />

Erläutere diese Schwächen in jeweils einem Satz.<br />

c) Verfasse eine verbesserte Version dieser Einleitung.<br />

C C*<br />

Verfasse zwei unterschiedliche Einleitungen zu einem der folgenden Themen:<br />

1.<br />

2.<br />

3.<br />

4.<br />

Handyverbot in der Schule<br />

Abschaffung der Noten <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> Sport<br />

Schule ohne Klingel<br />

Getrennter Unterricht <strong>für</strong> Mädchen <strong>und</strong> Jungen<br />

Verwende dabei zwei unterschiedliche Einleitungsmöglichkeiten.<br />

(Historisches Ereignis – Zitat – Aktualität des Themas – Beispiel – Begriffsdefinition – eigene Erfahrung<br />

– statistischer Beleg – Erläuterung des Themas)<br />

84


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

2. Trainingsmöglichkeit: den Aufbau planen<br />

A B<br />

Im Folgenden findest du eine ungeordnete Stichwortsammlung zum Thema:<br />

Das Leben auf dem Land hat Vorteile, es bringt aber auch Nachteile:<br />

Nachbarschaftshilfe auf dem Land selbstverständlich<br />

Lange Fahrten zu den weiterführenden Schulen<br />

+ Auf dem Land lebt es sich gesünder<br />

Auf dem Land kennt jeder jeden<br />

Auf dem Land haben viele einen eigenen Garten<br />

+ Bessere Wohnverhältnisse auf dem Land<br />

Weite Wege zum nächsten Krankenhaus<br />

Wenig kulturelle Angebote<br />

Viele Sportmöglichkeiten in der Stadt<br />

Natur sozusagen vor der Haustür<br />

- Es gibt wenig Abwechslung.<br />

Gute Ärzte, vor allem <strong>Fach</strong>ärzte sind in der Regel nur in der Stadt<br />

Ruhigeres Wohnen<br />

Viele Möglichkeiten zum Ausgehen in der Stadt<br />

Kontakte zu den Mitmenschen auf dem Land intensiver<br />

Wenig Verkehr<br />

Weite Wege verteuern das Leben<br />

- Die Versorgung auf dem Land ist schlechter<br />

Weniger Luftverschmutzung<br />

Pendeln zum Arbeitsplatz<br />

Viele Einfamilienhäuser<br />

Große Entfernungen zu Einkaufs- oder Freizeitmöglichkeiten usw<br />

Einkaufsmöglichkeiten in der Stadt besser, Spezialgeschäfte<br />

Hier sollst du mögliche Argumente strukturieren, indem du die Stichwörter in geeigneter Weise gruppierst.<br />

a) Jeweils zwei Pro- <strong>und</strong> zwei Kontra-Argumente, die als übergeordnete Behauptungen in Frage kommen,<br />

sind schon unterstrichen. Markiere ebenso ein mögliches drittes Pro- <strong>und</strong> Kontra-Argument.<br />

b) Ordne die noch nicht benutzten Stichwörter den passenden Argumenten als Unterpunkte zu.<br />

Benutze da<strong>für</strong> unterschiedliche Farben oder Symbole.<br />

c) Entwirf in deinem Heft einen Schreibplan, indem du die Pro- <strong>und</strong> Kontra-Argumente nach dem<br />

Sanduhrmodell anordnest. Berücksichtige dabei auch, zu welcher Entscheidung du bei diesem<br />

Thema gelangen würdest.<br />

85


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

2. Trainingsmöglichkeit: den Aufbau planen<br />

B C<br />

Die Debatte über die Legalisierung 1 sogenannter weicher Drogen, insbesondere von Haschisch, beschäftigt<br />

Politiker <strong>und</strong> Bürger. Die Be<strong>für</strong>worter einer Legalisierung führen unter anderem folgende Argumente<br />

an:<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Haschisch ist keine echte Einstiegsdroge <strong>und</strong> weniger giftig als Koffein, Nikotin oder Alkohol.<br />

Es ist die Freiheit eines mündigen Menschen, sich <strong>für</strong> den Konsum von Drogen zu entscheiden.<br />

Das Verbot fördert einen illegalen Markt <strong>für</strong> weiche Drogen, der nicht kontrollierbar ist.<br />

Das Verbot verursacht hohe gesellschaftliche Kosten <strong>für</strong> seine Kontrolle <strong>und</strong> Durchsetzung.<br />

Das Verbot erhöht die Ges<strong>und</strong>heitsrisiken, z. B. durch Einnahme verunreinigter Drogen.<br />

Eine Legalisierung würde dem Staat analog zur Tabaksteuer zusätzliche Steuereinnahmen ermöglichen.<br />

Drogensucht ist keine Straftat, sondern eine Krankheit.<br />

Die Gegner führen demgegenüber folgende Argumente an:<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Ein Drogenabhängiger kann nicht frei <strong>und</strong> selbstbest<strong>im</strong>mt handeln.<br />

Der Staat hat die Pflicht, seine Bürger von ges<strong>und</strong>heitsschädlichen Verhaltensweisen abzuhalten.<br />

Eine Legalisierung könnte zu einem Drogenboom führen <strong>und</strong> somit den Einstieg in harte Drogen<br />

fördern.<br />

Sie gibt dem Süchtigen das Signal, dass sein Verhalten in Ordnung ist.<br />

Eine Legalisierung reduziert die Motivation, sich in eine Entzugstherapie zu begeben.<br />

Eine Legalisierung fördert die Zunahme von „Gelegenheitskiffern“, die sich der Eigenschaften <strong>und</strong><br />

Risiken auch weicher Drogen nicht bewusst sind.<br />

a) Wähle jeweils die drei <strong>für</strong> dich stärksten Argumente der Pro- <strong>und</strong> Kontra-Seite aus.<br />

b) Schreibe <strong>für</strong> beide Seiten die Argumente in steigernder Reihenfolge in dein Heft <strong>und</strong> erläutere<br />

das jeweilige Kriterium, nach dem du die Steigerung vorgenommen hast (Anzahl der Betroffenen,<br />

Auswirkungen <strong>für</strong> die Betroffenen, Erfolgsaussichten, Umsetzbarkeit usw.).<br />

c) Entwirf einen Schreibplan nach dem Sanduhr- oder dem Pingpongmodell. Berücksichtige dabei<br />

auch zu welcher Entscheidung du bei diesem Thema gelangen würdest.<br />

1 Aufhebung eines gesetzlichen Verbots<br />

86


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

2. Trainingsmöglichkeit: den Aufbau planen<br />

C C*<br />

Zur Bearbeitung dieser Aufgabe benötigst du als Textgr<strong>und</strong>lage ein Streitgespräch<br />

zwischen einem Jugendlichen <strong>und</strong> seinen Eltern bzw. einem Elternteil.<br />

Suche dir selber ein solches Streitgespräch in deinem <strong>Deutsch</strong>buch oder in der<br />

Schulbibliothek.<br />

a) Arbeite die Argumente aus dem Gespräch heraus <strong>und</strong> stelle sie in einer<br />

Tabelle gegenüber.<br />

b) Entwirf einen vollständigen Schreibplan mit triftigen Argumenten nach<br />

dem Sanduhr- oder dem Pingpong-Modell. Berücksichtige dabei auch,<br />

zu welcher Entscheidung du bei diesem Thema gelangen würdest.<br />

c) Lass dir den Aufsatz einer Mitschülerin/eines Mitschülers geben, den du<br />

noch nicht gelesen hast, rekonstruiere den zugr<strong>und</strong>eliegenden Schreibplan<br />

<strong>und</strong> entwickle gegebenenfalls einen verbesserten oder neuen<br />

Schreibplan.<br />

87


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

3. Trainingsmöglichkeit: das Thema erschließen<br />

A B<br />

a) Kreuze in der folgenden Tabelle an, ob es sich um eine Aufgabstellung <strong>für</strong> eine lineare oder eine<br />

dialektische Erörterung handelt.<br />

Aufsatzthemen linear dialektisch<br />

Frank Domanski, Vorsitzender der <strong>Deutsch</strong>en Polizeigewerkschaft<br />

Brandenburg, fordert ein Schulfach Verbrechensvorsorge. Erörtere, ob du<br />

dieser Forderung zust<strong>im</strong>men kannst.<br />

Sollte man die Hausaufgaben abschaffen?<br />

Manche Menschen sind der Mahnungen zum Schutz der Umwelt<br />

überdrüssig. Woran liegt das deiner Meinung nach <strong>und</strong> wie könnte man<br />

einer solchen Haltung entgegenwirken?<br />

Müssen es Eier von frei laufenden Hühnern sein? Oder sind Eier aus<br />

Bodenhaltung auch in Ordnung?<br />

Musik spielt <strong>für</strong> Jugendliche eine große Rolle. Zeige, was Musik <strong>für</strong><br />

Jugendliche bedeuten kann.<br />

„No risk, no fun!“ - Welche Gründe gibt es <strong>für</strong> diese Einstellung bei den<br />

Jugendlichen von heute?<br />

„Der Jugend ging es noch nie so gut wie heute!“ - Setzen Sie sich mit<br />

diesem weit verbreiteten Urteil von Erwachsenen über die Jugendlichen<br />

von heute auseinander.<br />

Jugendliche fühlen sich in der Umgebung Gleichaltriger häufig am<br />

wohlsten.<br />

Worin sehen Sie die Ursachen da<strong>für</strong>?<br />

Warum ist Mode <strong>im</strong> Leben junger Leute von heute so wichtig?<br />

Immer mehr Jugendliche wohnen heute <strong>im</strong>mer länger <strong>im</strong> Elternhaus.<br />

Warum n<strong>im</strong>mt das „Nesthocken“ junger Leute zu?<br />

Die Zahl straffälliger Jugendlicher steigt weiter an. Wie erklären Sie sich<br />

diese Tatsache, <strong>und</strong> was könnte man dagegen tun?<br />

„Ich will nicht nach Vorschrift <strong>und</strong> Plan leben, sondern tun, was mir gerade<br />

Spaß macht.“<br />

Setzen Sie sich mit dieser Aussage eines Jugendlichen auseinander.<br />

„Ich habe andere Sorgen als Politik“, äußern Jugendliche häufig, wenn sie<br />

nach ihrem Interesse an Politik befragt werden. Zeigen Sie auf, welche<br />

Gründe es <strong>für</strong> diese verbreitete Einstellung gibt.<br />

b) Wähle zwei Aufgabenstellungen <strong>für</strong> eine lineare Erörterung aus <strong>und</strong> verändere die Aufgabenstellungen<br />

so, dass eine dialektische Erörterung verlangt wird.<br />

c) Wähle aus der oberen Liste eine Aufgabenstellung <strong>für</strong> eine dialektische Erörterung aus <strong>und</strong> finde<br />

mit Hilfe der Arbeitstechnik der W-Fragen (wer, was, wo, womit, warum, wozu, wie, wann,<br />

wodurch, welche Folgen) möglichst viele zum Thema passende Aspekte. Fertige daraus eine<br />

Mindmap.<br />

88


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

3. Trainingsmöglichkeit: das Thema erschließen<br />

B C<br />

Superkurzer Minirock, bauchfreies T-Shirt, Ausschnitt knapp über dem Bauchnabel: Der Schulleiterin<br />

einer Schule bei Hannover wurde es zuviel. Knapp bekleidete Mädchen wurden nach Hause geschickt,<br />

in einem Brief wurden die Eltern um „angemessene Kleidung“ <strong>für</strong> ihre Töchter gebeten.<br />

Nach Ansicht des Erziehungswissenschaftlers Horst W. Opaschowski besitzen die Jugendlichen von<br />

heute keine Lebensidole mehr. Altruisten wie Mutter Teresa oder Albert Schweitzer, die jahrelang die<br />

Hitlisten der angeh<strong>im</strong>melten Personen anführten, hätten heute ausgedient. Denn den Jugendlichen<br />

sei die persönliche Freiheit wichtiger als soziale Verantwortung.<br />

a) Ergänze <strong>für</strong> die beiden Texte jeweils eine Aufgabenstellung <strong>für</strong> eine dialektische Erörterung.<br />

b) Wähle eine dialektische Erörterung aus <strong>und</strong> finde mit Hilfe der Arbeitstechnik der W-Fragen<br />

(wer, was, wo, womit, warum, wozu, wie, wann, wodurch, welche Folgen) möglichst viele zum<br />

Thema passende Aspekte.<br />

c) Sortiere die Aspekte mit Hilfe der Arbeitstechnik des BUWE-Schlüssels:<br />

Begriff: Erklärung des zentralen Begriffs des Themas durch Ober- <strong>und</strong> Unterbegriffe,<br />

Gegenbegriffe<br />

Ursache: Welche Ursachen gibt es <strong>für</strong>...?<br />

Wirkung: Welche Personen sind betroffen? Welche Interessen werden berührt?<br />

Ergebnis: Was würde sich dadurch ändern?<br />

C C*<br />

Trotz verlockender Fluten von Informationen in den neuen Medien ist die Zeitung <strong>für</strong> Jugendliche<br />

ein unverzichtbares Informationsmedium geblieben. Wie Karola Graf-Szczuka, Professorin <strong>für</strong> Medien<br />

<strong>und</strong> Psychologie an der Unternehmer-Hochschule BiTS in Iserlohn anhand aktueller Studien <strong>im</strong><br />

Jahre 2008 aufzeigt, lesen 44 Prozent der Jungen <strong>und</strong> 51 Prozent der Mädchen <strong>im</strong> Alter von zwölf<br />

bis 19 Jahren regelmäßig die Tageszeitung.<br />

Gutes nur um seiner selbst willen tut kaum einer der jungen engagierten Menschen mehr. Immer muss<br />

auch ein persönlicher Nutzen be<strong>im</strong> Gutes-Tun herauskommen. Der Münchner Sozialpsychologe Heiner<br />

Keupp hat beobachtet: „Die Jungen von heute kennen das Helfersyndrom nicht. Die Leute tun was,<br />

weil sie zusammen Spaß haben <strong>und</strong> feiern.“ Auch Karriere <strong>und</strong> Caritas sind keine Widersprüche mehr.<br />

a) Formuliere zu den beiden Texten jeweils eine Aufgabenstellung <strong>für</strong> eine dialektische Erörterung.<br />

b) Wähle eine der beiden Aufgabenstellungen aus <strong>und</strong> erschließe möglichst viele thematische Aspekte<br />

mit Hilfe der Arbeitstechnik der Mindmap. Versuche dabei bereits, zwischen Sachinformationen,<br />

Interessen <strong>und</strong> Positionen verschiedener Gruppen, Argumenten <strong>und</strong> Beispielen zu<br />

unterscheiden.<br />

89


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

4. Trainingsmöglichkeit: überzeugend argumentieren<br />

A B<br />

a) Klassifizierung der Argumentationsschritte: Untersuche die folgenden beiden Argumentationen<br />

2 , indem du eine Tabelle anlegst <strong>und</strong> die jeweiligen Argumentationsschritte einträgst.<br />

Die Freigabe der Ladenöffnung am Sonntag liegt nicht <strong>im</strong> langfristigen Interesse der Verbraucher.<br />

Öffnungszeiten am Sonntag sind nur <strong>für</strong> große Einkaufszentren personell durchführbar <strong>und</strong> rentabel.<br />

Kleinere Handelsunternehmen können dagegen dem Konkurrenzdruck nicht standhalten. Dadurch<br />

verschärft sich der Konzentrationsprozess <strong>im</strong> Handelsbereich. In meiner Stadt mussten allein<br />

<strong>im</strong> letzten Monat zwei kleinere Geschäfte in der Fußgängerzone schließen. Für den Verbraucher<br />

geht dadurch die Vielfalt an Einkaufsmöglichkeiten verloren. Zudem verlieren insbesondere ältere<br />

Menschen in kleineren Orten ihre Einkaufsmöglichkeiten, denn es ist <strong>für</strong> sie umständlich, oft sogar<br />

unmöglich, die großen Handelsketten am Stadtrand aufzusuchen. Durch eine Freigabe der Ladenöffnung<br />

am Sonntag würde sich dieser Prozess noch beschleunigen. Die Gewinner sind letztendlich<br />

nicht die Verbraucher, sondern einzelne große Handelsketten in städtischen Zentren <strong>und</strong> am Stadtrand<br />

auf der grünen Wiese.<br />

Mit der Freigabe der Ladenöffnung am Sonntag entfällt eine entscheidende Rahmenbedingung <strong>für</strong><br />

soziale Kontakte <strong>und</strong> ehrenamtliches Engagement. Für jede Gesellschaft sind gemeinsame Zeiten<br />

der Ruhe <strong>und</strong> Arbeit lebensnotwendig. Wenn alle Familienmitglieder aneinander vorbeiarbeiten <strong>und</strong><br />

vorbeikonsumieren, wird die Organisation eines gemeinsamen Familienlebens noch viel schwieriger.<br />

So ist es in der Regel unter der Woche kaum möglich, gemeinsame Mahlzeiten einzunehmen<br />

<strong>und</strong> sich über Erlebtes oder Bevorstehendes auszutauschen. Würde auch der Sonntag zu einem<br />

Arbeitstag, so würde man auch noch die letzten Momente eines familiären Innehaltens <strong>und</strong> Kommunizierens<br />

dem Konsumwahn opfern. Das gleiche gilt <strong>für</strong> alle gemeinschaftlichen Aktivitäten, vom<br />

geselligen Verein bis hin zum sozialen, politischen, kulturellen <strong>und</strong> religiösen Engagement. Auf das,<br />

was dabei entsteht, nämlich gemeinsame Rituale, gelebte Tugenden <strong>und</strong> Werte sowie Verantwortungsübernahme<br />

<strong>für</strong> andere, kann keine Gesellschaft verzichten. Wer daher von Bürgergesellschaft<br />

<strong>und</strong> Wertevermittlung in einer demokratischen Gesellschaft spricht, muss auch entsprechende Rahmenbedingungen<br />

<strong>und</strong> Zeiten gesetzlich festlegen, in denen dies gemeinsam gelebt <strong>und</strong> erfahren<br />

werden kann.<br />

2 Leicht verändert zitiert nach: http://www.dekanat-kronberg.de/sonntag/laden.php<br />

90


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

4. Trainingsmöglichkeit: überzeugend argumentieren<br />

A B<br />

b) Überprüfung einer Argumentation: Überprüfe die folgenden fünf Argumentationen auf ihre<br />

Überzeugungskraft <strong>und</strong> fasse jeweils schriftlich dein Ergebnis zusammen.<br />

1. Oskar ist ein Lügner. Deshalb darf man ihm nichts glauben.<br />

2. Das Wort „Demokratie“ heißt Volksherrschaft <strong>und</strong> kommt aus dem Griechischen. In Griechenland<br />

herrschte das Volk.<br />

3. Der Gastarbeiter aus dem Nachbarhaus ist heute nicht zur Arbeit gegangen. Der will<br />

wohl auch auf unsere Kosten leben.<br />

4. Frauen sind schlechte Autofahrer. Deshalb ist Erika gestern gegen einen Baum gefahren.<br />

5. Wer raucht, greift auch zu Alkohol.<br />

c) Entfaltung einer Argumentation: Wähle eine der beiden Stichwortsammlungen zum Thema<br />

„Das Leben auf dem Lande hat Vorteile – es bringt aber auch Nachteile“ <strong>und</strong> schreibe eine vollständige<br />

<strong>und</strong> überzeugende Argumentation.<br />

Bessere Wohnverhältnisse auf dem Land – Einfamilienhaus herrscht vor – geringe Wohndichte – billigere<br />

Erstellungskosten – billiger Baugr<strong>und</strong> – geringere Nachfrage – Beispiel(e) – größere <strong>und</strong> billigere<br />

Wohnungen<br />

Kontakte zu den Mitmenschen auf dem Land intensiver – Beispiel(e) – Gespräche über den Gartenzaun<br />

– überschaubare Gemeinschaft – jeder kennt jeden – Krankheitsfälle – Nachbarschaftshilfe<br />

– gemeinsame Feste<br />

Formuliere nun die Gegenargumentation zu dem von dir gewählten Argument.<br />

91


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

4. Trainingsmöglichkeit: überzeugend argumentieren<br />

B C<br />

a) Klassifizierung der Argumentationsschritte:<br />

Untersuche die folgenden beiden Argumentationen 3 , indem du die einzelnen Argumentationsschritte<br />

in Form einer Skizze darstellst.<br />

Die Freigabe der Ladenöffnung am Sonntag verschlechtert die Arbeitsbedingungen <strong>im</strong> Einzelhandel. Vor<br />

allem Frauen, die ca. 2/3 der Beschäftigten <strong>im</strong> Einzelhandel ausmachen <strong>und</strong> nach wie vor Erwerbsarbeit<br />

<strong>und</strong> Familienarbeit in Einklang bringen müssen, würden durch eine Freigabe der Ladenöffnung am Sonntag<br />

in überproportional hohem Maße betroffen. Die Sonntagsöffnung wird auf dem Rücken der Frauen<br />

<strong>und</strong> Mütter ausgetragen. Es ist unverantwortlich, mit dem Hinweis auf die Anforderungen einer Dienstleistungsgesellschaft<br />

sog. K<strong>und</strong>enwünsche gegen Interessen der Beschäftigten auszuspielen.<br />

Die Freigabe der Ladenöffnung am Sonntag führt zur Ökonomisierung aller Lebensbereiche. Im Bereich<br />

von Handel <strong>und</strong> Dienstleistungen ist die Sonntagsarbeit innerhalb von nur sieben Jahren um die Hälfte<br />

gestiegen. Die vielen Sonntage, an denen Geschäfte in Kur- <strong>und</strong> Erholungsorten geöffnet sein dürfen, die<br />

überzogene Anerkennung von Orten als Erholungsorte <strong>und</strong> Tourismusziele, die Entwicklung von Tankstellen<br />

zu Einkaufscentern <strong>und</strong> Getränkemärkten sind einzelne Stationen einer schleichenden Aushöhlung<br />

des Sonntagsschutzes. Wir sind auf dem Weg in eine „totale Dienstleistungsgesellschaft“, in der zu jeder<br />

Zeit jedem alles zur Verfügung stehen muss. Wo Konsum <strong>und</strong> Umsatz die zentralen Werte sind, die auch<br />

den Sonn- <strong>und</strong> Feiertag best<strong>im</strong>men, verkommt unsere Kultur zu einem „Tanz um das goldene Kalb“.<br />

b) Überprüfung einer Argumentation:<br />

Überprüfe die folgende Argumentation, die sinngemäß aus der Antike stammt, <strong>und</strong> erläutere<br />

schriftlich <strong>und</strong> ausführlich dein Ergebnis.<br />

1. Eine menschliche Gemeinschaft ist ein Gebilde, das sich aus vielen Individuen zusammensetzt.<br />

Entsprechend muss es dort Herrscher <strong>und</strong> Beherrschte geben.<br />

2. Wie <strong>im</strong> einzelnen Menschen die Seele über den Körper gebietet, so stößt man auch in den<br />

Beziehungen zwischen den Lebewesen auf best<strong>im</strong>mte natürliche Abhängigkeiten.<br />

3. Man denke in diesem Zusammenhang an die Herrschaft der Menschen über die Tiere sowie<br />

das Verhältnis zwischen den beiden Geschlechtern. Das Männliche ist besser, das Weibliche<br />

ist schlechter. Und so regiert das eine, während das andere regiert wird.<br />

4. Nicht alle Menschen sind fähig zur Vernunft; also müssen sie untergeordnete Arbeiten verrichten.<br />

Und eben das macht sie zu natürlichen Sklaven.<br />

5. Die Natur ist bestrebt, auch die Körper der Freien <strong>und</strong> der Sklaven unterschiedlich zu gestalten,<br />

die einen kräftig <strong>für</strong> die Beschaffung des Notwendigen, die anderen hoch aufgerichtet<br />

<strong>und</strong> ungeeignet <strong>für</strong> derartige Verrichtungen, doch brauchbar <strong>für</strong> das politische Leben.<br />

6. Der Mensch, der seiner Natur nach nicht sich selbst, sondern einem anderen gehört, ist von<br />

Natur aus ein Sklave.<br />

7. Die Herrschaft der Freien über die Sklaven bringt nicht nur den Herrschenden Vorteile, sie liegt<br />

ebenso <strong>im</strong> Interesse der Beherrschten selbst. So, wie es <strong>für</strong> alle zahmen Tiere am besten ist,<br />

von den Menschen regiert zu werden, weil nur das sie am Leben erhält, so ist es auch <strong>für</strong> die<br />

Sklaven von Natur besser, auf die entsprechende Art regiert zu werden.<br />

3 Leicht verändert zitiert nach: http://www.dekanat-kronberg.de/sonntag/laden.php<br />

92


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

4. Trainingsmöglichkeit: überzeugend argumentieren<br />

B C<br />

c) Entfaltung einer Argumentation:<br />

Schreibe eine überzeugende <strong>und</strong> vollständige Pro- <strong>und</strong> Kontra-Argumentation zum Thema<br />

„Sollte man den Stierkampf abschaffen?“. Die folgenden Aussagen von Jugendlichen können<br />

dir dabei vielleicht etwas helfen:<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Ich finde, dass der Stierkampf eine abscheuliche Tierquälerei ist.<br />

Mir gefällt der Stierkampf, weil er so gefährlich <strong>und</strong> männlich ist.<br />

Der Stierkampf ist langweilig, weil <strong>im</strong>mer wieder das gleiche passiert.<br />

Ich verstehe nicht, was man davon hat, einen Stier zu töten.<br />

Wer den Stierkampf nicht mag, braucht ja nicht hinzugehen.<br />

Ich kann solche Menschen nicht verstehen, die sich so blutige Stierkämpfe anschauen <strong>und</strong><br />

da<strong>für</strong> auch noch Geld bezahlen.<br />

Ich glaube, dass ein Autorennen oder ein Boxkampf genauso gefährlich wie ein Stierkampf<br />

ist.<br />

Da kann man nur sagen: Andere Länder, andere Sitten.<br />

Die Tierfre<strong>und</strong>e der ganzen Welt müssten sich vereinigen <strong>und</strong> gegen den Stierkampf etwas<br />

machen.<br />

Der Matador geht doch freiwillig in die Arena. Wenn ihm etwas zustößt, ist es seine eigene<br />

Schuld.<br />

93


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

4. Trainingsmöglichkeit: überzeugend argumentieren<br />

C C*<br />

a) Klassifizierung der Argumentationsschritte:<br />

Visualisiere die beiden Argumentationen <strong>im</strong> folgenden Gespräch.<br />

Eine Gruppe von Fre<strong>und</strong>innen sieht gemeinsam eine Folge der Serie „Germany`s Next Topmodel“.<br />

Eine der Fre<strong>und</strong>innen bemerkt: „Weil Heidi Klum w<strong>und</strong>erschön ist, wurde sie ein erfolgreiches Model.“<br />

Eine andere Fre<strong>und</strong>in ärgert sich <strong>und</strong> entgegnet: „Sie ist schön, weil sie ein erfolgreiches Model<br />

ist.“<br />

Ergänze die beiden Argumentationen mit weiteren Argumentationsschritten, damit die Auffassung der<br />

beiden deutlich wird. Schreibe die beiden Argumentationen ins Heft.<br />

b) Überprüfung einer Argumentation:<br />

Untersuche die folgenden beiden Argumentationen auf mögliche Schwachstellen, wähle eine<br />

aus <strong>und</strong> verbessere sie so, dass die Argumentation voll <strong>und</strong> ganz überzeugt.<br />

Witze auf Kosten anderer zu machen ist eine Abwertung solcher Personen, weil sie der Lächerlichkeit<br />

preisgegeben werden. Denn wer solche Witze auf Kosten anderer macht, hat meist eigene<br />

Probleme, von denen er ablenken will. So lenken Witze über Blondinen letzten Endes nur davon ab,<br />

dass die größten Dummheiten eigentlich <strong>im</strong>mer von Männern gemacht werden. Daher sollte man<br />

sich genauer überlegen, warum man eigentlich derartige Witze macht.<br />

Als Vorteil von Gruppenunterricht sehe ich, dass der Unterricht nicht so steif ist, denn man kann<br />

bzw. muss sich in seiner Gruppe unterhalten <strong>und</strong> nicht nur dem Lehrer zuhören. Auf der anderen<br />

Seite aber kann es sein, dass eine zu große Unruhe entsteht <strong>und</strong> keine Gruppe sich auf ihr Thema<br />

konzentrieren kann. Wiederum ein Vorteil ist es, dass nicht einer die ganze Arbeit hat, sondern dass<br />

sie aufgeteilt werden kann, was aber nicht so sein muss. Wenn nämlich in einer Gruppe Fre<strong>und</strong>e<br />

sind, haben die sicherlich anderes zu bereden als das Gruppenthema. Da fast alle gewohnt sind,<br />

alleine zu arbeiten, fällt es ihnen schwer, sich an Gruppenarbeiten zu gewöhnen, doch viele haben<br />

sich daran gewöhnt <strong>und</strong> arbeiten so gut wie vorher, bloß in einer Gruppe.<br />

c) Entfaltung einer Argumentation:<br />

Verfasse eine ausführliche Argumentation zu einem der folgenden Nonsens-Themen:<br />

Maikäfer sollen Unterhosen tragen.<br />

Lehrer mit M<strong>und</strong>geruch sollen 5,- € Strafe in die Klassenkasse einzahlen.<br />

Jeder Schüler <strong>und</strong> jede Schülerin sollte eine St<strong>und</strong>e pro Tag Wrestling ansehen.<br />

Man sollte jeden Tag eine Tafel Schokolade essen.<br />

Badeschlappen gehören verboten.<br />

Das Spicken in der Schule muss gestattet werden.<br />

Entfalte nun eine ausführliche Gegenargumentation zu einer der vier Argumentationen gegen die Freigabe<br />

der Ladenöffnung am Sonntag (vgl. A <strong>und</strong> B).<br />

94


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

5. Trainingsmöglichkeit: die Gedanken abwechslungsreich verknüpfen<br />

A B<br />

a) Suche in dem folgenden Schüleraufsatz nach Ausdrücken bzw. Verknüpfungen, welche den in<br />

der Tabelle angegebenen logischen Zusammenhang kennzeichnen. Übern<strong>im</strong>m dazu die Tabelle<br />

in dein Heft <strong>und</strong> ordne die Verknüpfungen entsprechend ein.<br />

ergänzen entgegensetzen verstärken differenzieren folgern begründen<br />

dennoch Auf jeden Fall vor allem<br />

Schulbildung ist auf jeden Fall ein Recht, das jedem zuteil werden sollte, doch nicht überall auf der Welt<br />

ist es selbstverständlich in die Schule gehen zu dürfen. Hier bei uns in <strong>Deutsch</strong>land wissen viele Schüler<br />

gar nicht mehr, warum sie in die Schule gehen sollen. Viele haben schlicht <strong>und</strong> einfach „keinen Bock“<br />

auf die Schule. In anderen Ländern, vor allem in den Entwicklungsländern, würden viele Jugendliche<br />

best<strong>im</strong>mt hochmotiviert in die Schule gehen, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten. Jedoch hängt es nicht<br />

nur von der Infrastruktur oder der Kultur eines Landes ab, ob Schüler gerne in die Schule gehen, sondern<br />

hauptsächlich, <strong>und</strong> das steht fest, hängt es auch von der Persönlichkeit des Lehrers ab. Doch was macht<br />

einen Lehrer zu einem guten Lehrer? Genau diese Frage möchte ich <strong>im</strong> Folgenden erörtern.<br />

Ein guter Lehrer sollte nicht völlig verständnislos den Jugendlichen <strong>und</strong> ihren Problemen gegenüber<br />

stehen. Er sollte also in der Lage sein, sich in seine Schüler hineinversetzen zu können, wenigstens teilweise<br />

erahnen können, was sie von ihm erwarten.<br />

Er sollte sich zudem <strong>im</strong> Klaren darüber sein, dass er seinen Schülern gegenüber, insbesondere den<br />

jüngeren, eine Vorbildfunktion einn<strong>im</strong>mt, da die Schule eine wichtige Sozialisationsinstanz darstellt, die<br />

die Schüler auf das Erwachsenwerden <strong>und</strong> das Berufsleben vorbereiten soll. Deswegen sollte er wichtige<br />

Werte vermitteln. Besonders wichtig scheint mir Fairness zu sein.<br />

Der Lehrer sollte außerdem sowohl pädagogisch als auch fachlich kompetent sein. Zur pädagogischen<br />

Kompetenz gehört auch ein gewisses Maß an Strenge, denn ohne Strenge kommt bei manchen Schülern<br />

selbst ein fachlich guter Lehrer nicht gut an. Aber er sollte diese Strenge <strong>im</strong>mer gut begründen.<br />

Ein guter Lehrer muss auch Privatleben <strong>und</strong> Schule trennen können, so dass er nicht seine privaten<br />

Launen an seinen Schülern auslässt. Ein besonders wichtiger Punkt der fachlichen Kompetenz ist meiner<br />

Meinung nach, dass der Lehrer seinen Schülern nicht alles vorsetzt, sondern die Schüler dazu bringt, dass<br />

sie sich ihr Wissen zum Teil selber erarbeiten müssen. Mit dieser Methode lernen die Schüler den Stoff<br />

einfacher <strong>und</strong> intensiver. Und zur pädagogischen Kompetenz gehört auch, dass der Lehrer mit allen Schülern,<br />

also sowohl den interessierten als den schwierigen Jugendlichen, zurecht kommt.<br />

Der Lehrer sollte die Schwächen <strong>und</strong> Stärken des einzelnen Schülers kennen <strong>und</strong> jeden individuell fördern,<br />

ihn also nicht nach einem einheitlichen Schema abhandeln. Denn das ist besonders wichtig, damit<br />

die Schüler motiviert bleiben. Einerseits sollte der Lehrer nicht zu viel verlangen, weil die Schüler dann<br />

oft rebellisch werden. Andererseits sollte er aber auch nicht zu wenig verlangen wegen der Gefahr der<br />

Langeweile. Daneben ist es ganz besonders wichtig, dass ein Lehrer Begeisterung <strong>für</strong> sein <strong>Fach</strong> mitbringt<br />

<strong>und</strong> somit Interesse bei seinen Schülern wecken kann. Ein Lehrer kann noch so viele Filme mitbringen,<br />

aber wenn er nicht richtig bei der Sache ist oder es ihm nicht wichtig ist, ob die Schüler interessiert sind,<br />

dann weckt er auch keine Begeisterung. Nur mit Begeisterung kann ein Lehrer die besten Resultate aus<br />

seinen Schülern herauskitzeln.<br />

Schließlich muss der Lehrer ein gutes menschliches Verhältnis zu seinen Schülern aufbauen können.<br />

Das kann er besonders gut schaffen, wenn er zum Beispiel einen schönen Ausflug organisiert. Aufgr<strong>und</strong><br />

seines außerschulischen Engagements merken die Schüler, dass ihr Lehrer besonders motiviert ist. So<br />

gewinnt er an Glaubwürdigkeit bei ihnen. Zudem sollte ein Lehrer die Meinung seiner Schüler akzeptieren,<br />

anstatt sie ständig zu anderen Menschen erziehen zu wollen.<br />

Es wäre natürlich schön, wenn es Lehrer gäbe, die alle diese Eigenschaften hätten. Aber Lehrer sind ja<br />

schließlich auch nur Menschen. Es würde deshalb vielleicht reichen, wenn die Lehrer versuchen würden,<br />

sich in dem einen oder anderen Punkt zu verbessern. Doch gleichzeitig müssen natürlich auch wir Schüler<br />

versuchen, den Lehrern entgegen zu kommen. Letztendlich würden wir ja alle davon profitieren.<br />

95


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

5. Trainingsmöglichkeit: die Gedanken abwechslungsreich verknüpfen<br />

A B<br />

b) Im Folgenden findest du ein Argument zum Thema „Schuluniformen statt Markenklamotten?“.<br />

Überarbeite das Argument, indem du die sprachliche Verknüpfung der Gedanken verbesserst.<br />

Eventuell kannst du auch einzelne Argumentationsschritte ergänzen.<br />

96<br />

Gegen eine Schuluniform spricht, dass die Entwicklung der Individualität eingeschränkt wird. Mit<br />

Uniform sehen alle gleich aus, <strong>und</strong> man sollte doch seinen eigenen Stil finden. In der Kleidung<br />

drückt sich etwas vom Charakter eines Menschen aus. Der eine mag es auffällig, der andere lieber<br />

zurückhaltend. Und in einem roten Pulli würde er sich nicht wohlfühlen. Im Extremfall wären seelische<br />

Probleme möglich. Gerade die <strong>Deutsch</strong>en sollten aus ihrer Vergangenheit gelernt haben. Die<br />

Schulen während des Nationalsozialismus haben gezeigt, wie man junge Menschen gleichschaltet<br />

<strong>und</strong> wohin das führen kann. Schuluniformen waren ein Teil des Systems. Es wirkt schon reichlich<br />

komisch, wenn einer wie der andere aussieht. Und mit dem Streit, wer die bessere Kleidung hat,<br />

wird es in der Freizeit dann doch weitergehen.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

5. Trainingsmöglichkeit: die Gedanken abwechslungsreich verknüpfen<br />

B C<br />

a) Zum Thema „Schuluniformen statt Markenklamotten?“ findest du <strong>im</strong> Folgenden vier Meinungsäußerungen.<br />

Ordne sie <strong>und</strong> entwickle daraus eine Pro- <strong>und</strong> eine Kontra-Argumentation. Verbessere<br />

dabei die sprachliche Verknüpfung der Gedanken (eventuell kannst du auch einzelne Argumentati-<br />

onsschritte ergänzen) <strong>und</strong> achte auf eine gute Überleitung be<strong>im</strong> Übergang vom Kontra- zum<br />

Pro-Teil.<br />

Das fände ich nicht gut. Jeder sollte auch weiterhin das anziehen können, was ihm gefällt, was ihm<br />

am besten steht <strong>und</strong> zu nichts anderem gezwungen werden. In meinem Bekanntenkreis gibt es das<br />

auch kaum, dass man einen anderen um seine Klamotten beneidet oder ihn deswegen verachtet.<br />

Mit Uniform sehen alle gleich aus, <strong>und</strong> man sollte doch seinen eigenen Stil finden. Außerdem sieht<br />

es reichlich komisch aus, wenn einer wie der andere aussieht. Und mit dem Streit, wer die bessere<br />

Kleidung hat, wird es in der Freizeit dann doch weitergehen. Obwohl ich sagen muss, dass es das<br />

bei uns kaum gibt.<br />

Das fände ich wirklich nicht gut. Man geht in die Schule, um zu lernen. Und durch eine Schuluniform<br />

lerne ich nicht mehr oder weniger <strong>und</strong> auch nicht schneller oder besser. Darum ist sie auch unnötig.<br />

Außerdem möchte ich doch selbst aussuchen, was ich anziehe, <strong>und</strong> mich würde es auch stören,<br />

wenn alle gleich aussehen.<br />

Ich fände das cool. So einen richtigen Anzug mit Hemd, Krawatte oder Fliege. Und jede Schule hätte<br />

eine etwas andere Uniform. Man wüsste auch sofort, wer von welcher Schule kommt. Außerdem<br />

würde es keinen Neid mehr geben, weil sich die einen die teuren Markenklamotten leisten können<br />

<strong>und</strong> die anderen nicht.<br />

b) Im Folgenden findest du acht Argumente <strong>für</strong> das Thema „Das Leben auf dem Land hat Vorteile<br />

– es bringt aber auch Nachteile“. Wähle zwei Pro- <strong>und</strong> zwei Kontra-Argumente aus <strong>und</strong> entfalte<br />

sie jeweils zu einer ausführlichen Argumentation, indem du besonders auf die sprachliche Verknüpfung<br />

innerhalb der Argumentationen <strong>und</strong> auf gute Überleitungen achtest.<br />

C C*<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Bessere Wohnverhältnisse auf dem Land<br />

Auf dem Land sind die Kontakte zu den Mitmenschen intensiver.<br />

Auf dem Land hat man eine größere Nähe zur Natur.<br />

Das Leben auf dem Land ist gesünder.<br />

Weite Wege verteuern das Leben auf dem Land.<br />

In der Stadt gibt es vielfältige Kontaktmöglichkeiten.<br />

Auf dem Land gibt es wenig Abwechslung.<br />

Auf dem Land ist die medizinische Versorgung schlechter.<br />

Suche je zwei Argumente <strong>für</strong> <strong>und</strong> zwei Argumente gegen Gruppenarbeit als Unterrichtsform. Entfalte<br />

sie jeweils zu einer ausführlichen Argumentation, indem du besonders auf die sprachliche Verknüpfung<br />

innerhalb der Argumentationen <strong>und</strong> auf gute Überleitungen achtest, insbesondere auch be<strong>im</strong> Wechsel<br />

vom Pro- zum Kontra-Teil bzw. umgekehrt.<br />

97


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

6. Trainingsmöglichkeit: den Schluss formulieren<br />

A B<br />

Information:<br />

Durch den Schluss sollen die möglichen Leser zum Weiterdenken oder zum Handeln angeregt werden.<br />

Dazu dienen zwei Teile, deren Reihenfolge nicht zwingend festgelegt ist:<br />

A. Entscheidungsfindung B. Schlussgedanke<br />

1. Zust<strong>im</strong>mung zur Pro-Position 1. Ausblick auf die Zukunft/mögliche Auswirkungen<br />

2. Zust<strong>im</strong>mung zur Kontra-Position der vorgeschlagenen Lösung<br />

3. Zust<strong>im</strong>mung zur Pro- oder Kontra- 2. persönlicher Wunsch oder Appell<br />

Position mit Einschränkungen 3. Ausweitung des Themas durch Einbettung<br />

4. Kompromisslösung durch in einen größeren Zusammenhang<br />

Bündelung der Argumente 4. Anknüpfung an die Einleitung<br />

a) Ordne die folgenden Schlüsse zum Thema „Schuluniformen statt Markenklamotten“ den verschiedenen<br />

Formen zu, z. B. A1/B4 (falls ein Schlussgedanke vorhanden).<br />

1. Auch die Haupt- <strong>und</strong> Realschüler in ... bei Berlin tragen inzwischen alle gleich grüne Pullis<br />

mit dem Schulemblem drauf. Die Folge: „Alle sind gelassener“, wie der Direktor bestätigt.<br />

Auch hätten die Schüler dieses Exper<strong>im</strong>ent freiwillig angefangen <strong>und</strong> bisher habe noch keiner<br />

gemurrt. Ob eine Schuluniform einfach so verordnet werden kann, steht auf einem anderen<br />

Blatt. Dadurch würde in die persönlichen Freiheitsrechte eingegriffen, was nicht geht.<br />

Es müsste da<strong>für</strong> ein Gesetz geschaffen werden. Da<strong>für</strong> aber stehen die Chancen schlecht.<br />

2. So möge sich jeder die Idee noch mal durch den Kopf gehen lassen. Vielleicht findet sich<br />

eine Entscheidung, mit der jeder leben kann. Es müssen ja nicht gleich Faltenrock, Kniestrümpfe<br />

<strong>und</strong> Buntfaltenhosen mit weißen Hemden sein, aber eine Veränderung wäre auf<br />

jeden Fall zu begrüßen. Und zwar lieber heute als morgen.<br />

3. Wird nach dem Abitur etwa der Label-Terror erst richtig beginnen, oder wäre es nicht auch<br />

konsequent, eine, haha, Uni-Form zu tragen? Okay, wir sehen es ein, Schuluniformen sind<br />

vielleicht doch eine doofe Idee. Vor allem <strong>für</strong> Mädchen.<br />

4. Nun ist es in unserer Gesellschaft nicht ganz leicht, neue Wege zu gehen. In Bezug auf die<br />

Schulkleidung haben jedoch alle Schulen, die sie eingeführt haben, gute Erfahrungen gemacht.<br />

Sie wird gern angenommen. Sehr viel schwieriger ist es, einen zuverlässigen <strong>und</strong><br />

langjährigen Schulkleidungshersteller zu finden, der in der Lage ist, zu einem ausgewogenen<br />

Preis-Leistungs-Verhältnis gleich bleibend gute <strong>und</strong> langlebige Ware zu liefern.<br />

5. Lassen wir den Versuch zu. Dann werden wir sehen, ob sich die Erfahrungen von kalifornischen<br />

Schulen auf <strong>Deutsch</strong>land übertragen lassen. Dort gingen die Gewaltdelikte um 50<br />

Prozent zurück, seitdem Jungen <strong>und</strong> Mädchen Schuluniformen tragen. Die gesellschaftlichen<br />

Folgekosten der Jugenddelinquenz sind auf jeden Fall um ein Vielfaches höher als<br />

das einheitliche Sweatshirt, das an amerikanischen Highschools neuerdings <strong>im</strong>mer häufiger<br />

getragen wird.<br />

b) Überarbeite den dritten Schluss sprachlich.<br />

98


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

6. Trainingsmöglichkeit: den Schluss formulieren<br />

B C<br />

Information:<br />

Durch den Schluss sollen die möglichen Leser zum Weiterdenken oder zum Handeln angeregt werden.<br />

Dazu dienen zwei Teile, deren Reihenfolge nicht zwingend festgelegt ist:<br />

A. Entscheidungsfindung B. Schlussgedanke<br />

1. Zust<strong>im</strong>mung zur Pro-Position 1. Ausblick auf die Zukunft/mögliche Auswirkungen<br />

2. Zust<strong>im</strong>mung zur Kontra-Position der vorgeschlagenen Lösung<br />

3. Zust<strong>im</strong>mung zur Pro- oder Kontra- 2. persönlicher Wunsch oder Appell<br />

Position mit Einschränkungen 3. Ausweitung des Themas durch Einbettung<br />

4. Kompromisslösung durch in einen größeren Zusammenhang<br />

Bündelung der Argumente 4. Anknüpfung an die Einleitung<br />

a) Ordne die folgenden Schlüsse zum Thema „Schuluniformen statt Markenklamotten“ den verschiedenen<br />

Formen zu, z. B. A1/B4 (falls ein Schlussgedanke vorhanden).<br />

1. Auch die Haupt- <strong>und</strong> Realschüler in ... bei Berlin tragen inzwischen alle gleich grüne Pullis<br />

mit dem Schulemblem drauf. Die Folge: „Alle sind gelassener“, wie der Direktor bestätigt.<br />

Auch hätten die Schüler dieses Exper<strong>im</strong>ent freiwillig angefangen <strong>und</strong> bisher habe noch keiner<br />

gemurrt. Ob eine Schuluniform einfach so verordnet werden kann, steht auf einem anderen<br />

Blatt. Dadurch würde in die persönlichen Freiheitsrechte eingegriffen, was nicht geht.<br />

Es müsste da<strong>für</strong> ein Gesetz geschaffen werden. Da<strong>für</strong> aber stehen die Chancen schlecht.<br />

2. So möge sich jeder die Idee noch mal durch den Kopf gehen lassen. Vielleicht findet sich<br />

eine Entscheidung, mit der jeder leben kann. Es müssen ja nicht gleich Faltenrock, Kniestrümpfe<br />

<strong>und</strong> Buntfaltenhosen mit weißen Hemden sein, aber eine Veränderung wäre auf<br />

jeden Fall zu begrüßen. Und zwar lieber heute als morgen.<br />

3. Wird nach dem Abitur etwa der Label-Terror erst richtig beginnen, oder wäre es nicht auch<br />

konsequent, eine, haha, Uni-Form zu tragen? Okay, wir sehen es ein, Schuluniformen sind<br />

vielleicht doch eine doofe Idee. Vor allem <strong>für</strong> Mädchen.<br />

4. Nun ist es in unserer Gesellschaft nicht ganz leicht, neue Wege zu gehen. In Bezug auf die<br />

Schulkleidung haben jedoch alle Schulen, die sie eingeführt haben, gute Erfahrungen gemacht.<br />

Sie wird gern angenommen. Sehr viel schwieriger ist es, einen zuverlässigen <strong>und</strong><br />

langjährigen Schulkleidungshersteller zu finden, der in der Lage ist, zu einem ausgewogenen<br />

Preis-Leistungs-Verhältnis gleich bleibend gute <strong>und</strong> langlebige Ware zu liefern.<br />

5. Lassen wir den Versuch zu. Dann werden wir sehen, ob sich die Erfahrungen von kalifornischen<br />

Schulen auf <strong>Deutsch</strong>land übertragen lassen. Dort gingen die Gewaltdelikte um 50<br />

Prozent zurück, seitdem Jungen <strong>und</strong> Mädchen Schuluniformen tragen. Die gesellschaftlichen<br />

Folgekosten der Jugenddelinquenz sind auf jeden Fall um ein Vielfaches höher als<br />

das einheitliche Sweatshirt, das an amerikanischen Highschools neuerdings <strong>im</strong>mer häufiger<br />

getragen wird.<br />

b) Verfasse einen weiteren Schluss zu diesem Thema. Verwende dabei eine Variante/Kombination,<br />

die in den Beispielen 1 bis 5 noch nicht vorkommt.<br />

99


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

6. Trainingsmöglichkeit: den Schluss formulieren<br />

C C*<br />

Information:<br />

Durch den Schluss sollen die möglichen Leser zum Weiterdenken oder zum Handeln angeregt werden.<br />

Dazu dienen zwei Teile, deren Reihenfolge nicht zwingend festgelegt ist:<br />

A. Entscheidungsfindung B. Schlussgedanke<br />

1. Zust<strong>im</strong>mung zur Pro-Position 1. Ausblick auf die Zukunft/mögliche Auswirkungen<br />

2. Zust<strong>im</strong>mung zur Kontra-Position der vorgeschlagenen Lösung<br />

3. Zust<strong>im</strong>mung zur Pro- oder Kontra- 2. persönlicher Wunsch oder Appell<br />

Position mit Einschränkungen 3. Ausweitung des Themas durch Einbettung<br />

4. Kompromisslösung durch in einen größeren Zusammenhang<br />

Bündelung der Argumente 4. Anknüpfung an die Einleitung<br />

Verfasse jeweils einen Schluss zu zwei unterschiedlichen Erörterungsthemen, mit denen du dich <strong>im</strong><br />

Rahmen dieser Trainingsmaterialien beschäftigt hast. Verwende dabei zwei unterschiedliche Schlussvarianten<br />

mit Hilfe der Anregungen, die du oben bei A findest (z. B. Varianten A2/B4 oder A3/B3).<br />

100


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

7. Trainingsmöglichkeit: gut lesbare Sätzen konstruieren<br />

A B<br />

a) Verknüpfe die folgenden Hauptsätze zum Thema „Das Leben auf dem Land hat Vorteile, es bringt<br />

aber auch Nachteile“ zu einem Satzgefüge mit Haupt- <strong>und</strong> Nebensatz unter Beachtung des vorgegebenen<br />

logischen Zusammenhangs:<br />

1. Auf dem Land gibt es größere <strong>und</strong> preiswertere Wohnungen. Die Bodenpreise sind niedrig. Die<br />

Nachfrage ist gering. KAUSAL<br />

2. Es gibt kaum Smog. Es gibt wenige oder gar keine Industrieabgase. KONSEKUTIV<br />

3. Auf dem Land ist es leicht, menschliche Kontakte anzuknüpfen. In der Stadt herrscht nicht nur<br />

Anonymität. KONZESSIV<br />

4. Man ist auf dem Land ernsthaft krank. In der Stadt findet man die besseren Ärzte, vor allem <strong>Fach</strong>-<br />

ärzte. KONDITIONAL<br />

5. Viele Großstadtbewohner verwirklichen ihren Traum von einem ges<strong>und</strong>en, naturnahen Leben.<br />

Sie ziehen um in ein Einfamilienhaus mit großem Garten auf dem Land.<br />

MODAL <strong>und</strong> FINAL<br />

6. Die Immobilienpreise sind auf dem Land günstiger als in der Stadt. Die weiten Wege zur Arbeit<br />

verteuern die Lebensführung. ADVERSATIV<br />

b) Edm<strong>und</strong> Stoiber, der ehemalige bayerische Ministerpräsident, ist berühmt-berüchtigt <strong>für</strong> seiner<br />

holprigen Stotterreden. Im folgenden Mitschnitt aus dem Jahre 2006 versucht er seinen Zuhörern<br />

die Vorteile einer Transrapid-Strecke vom Münchener Hauptbahnhof zum Flughafen zu<br />

erläutern. Verbessere seine Rede, indem du auf vollständige Sätze <strong>und</strong> logische Verknüpfungen<br />

achtest.<br />

„Wenn Sie vom Hauptbahnhof in München … mit zehn Minuten, ohne dass Sie am Flughafen noch<br />

einchecken müssen, dann starten Sie <strong>im</strong> Gr<strong>und</strong>e genommen am Flughafen … am … am Hauptbahnhof<br />

in München starten Sie Ihren Flug. Zehn Minuten. Schauen Sie sich mal die großen Flughäfen<br />

an, wenn Sie in Heathrow in London oder sonst wo, meine sehr … äh, Charles de Gaulle in Frankreich<br />

oder in … in … in … in Rom. Wenn Sie sich mal die Entfernungen ansehen, wenn Sie Frankfurt<br />

sich ansehen, dann werden Sie feststellen, dass zehn Minuten Sie jederzeit locker in Frankfurt brauchen,<br />

um Ihr Gate zu finden. Wenn Sie vom Flug … vom … vom Hauptbahnhof starten – Sie steigen<br />

in den Hauptbahnhof ein, Sie fahren mit dem Transrapid in zehn Minuten an den Flughafen in … an<br />

den Flughafen Franz Josef Strauß. Dann starten Sie praktisch hier am Hauptbahnhof in München.<br />

Das bedeutet natürlich, dass der Hauptbahnhof <strong>im</strong> Gr<strong>und</strong>e genommen näher an Bayern … an die<br />

bayerischen Städte heranwächst, weil das ja klar ist, weil auf dem Hauptbahnhof viele Linien aus<br />

Bayern zusammenlaufen.“<br />

101


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

7. Trainingsmöglichkeit: gut lesbare Sätzen konstruieren<br />

B C<br />

a) Verknüpfe die Sachverhalte 1 bis 6 unter A jeweils in einem Einzelsatz mit einem präpositionalen<br />

Ausdruck unter Beachtung des vorgegebenen logischen Zusammenhangs.<br />

b) Der Chef-Gebäudemanager in … hat sich leider schon <strong>im</strong>mer mit dem Verfassen von Schriftstücken<br />

schwer getan. Auch sein letzter K<strong>und</strong>enbrief macht da keine Ausnahme. Deshalb bittet<br />

er euch, diesen Brief so zu überarbeiten, dass die Gedanken gut miteinander verknüpft werden<br />

<strong>und</strong> die Aussagen leicht lesbar sind. Vorsicht: er hat auch mal wieder vergessen, die Überprüfung<br />

der Sprachrichtigkeit durch das Schreibprogramm vornehmen zu lassen, <strong>und</strong> an die Absatzgestaltung<br />

hat er noch nie einen Gedanken verschwendet.<br />

Sehr geehrter K<strong>und</strong>e,<br />

mit diesem Schreiben wollen wir uns, der Hausmeister-Service vorstellen, <strong>und</strong> <strong>für</strong> Ihr seitheriges<br />

Vertrauen bei Ihnen uns bedanken.<br />

Unser Anliegen an Sie besteht aus folgendem Gr<strong>und</strong>:<br />

Sie besitzen eine Eigentumswohnung, oder sind Mieter in der Wohnanlage. Wir, der Hausmeister-<br />

Service betreut das Gebäude <strong>und</strong> wir sind bestrebt unsere Dienstleistung <strong>für</strong> jeden Betroffenen<br />

sorgfältig <strong>und</strong> zufriedenstellend zu erledigen.<br />

Dies ist nur möglich, wenn wir den persönlichen Kontakt mit den Hausbewohnern suchen.<br />

Wir sprechen Sie heute mit diesem Schreiben persönlich an.<br />

Mit der Bitte:<br />

Wenn Sie irgendwelche Fragen, Wünsche, oder Probleme haben in Ihrer Wohnanlage dann sprechen<br />

Sie uns an.<br />

Dazu sind wir da <strong>und</strong> auch gerne bereit Ihnen jederzeit bei irgentwelchen anliegen weiter zu helfen.<br />

Sie können uns erreichen<br />

Adresse<br />

Telefonisch<br />

Sollten wir persönlich nicht erreichbar sein, steht Ihnen unser Tefefonantwortrufbeantworter zur<br />

Verfügung.<br />

Sie sollten be<strong>im</strong> Einschalten des Gerätes nicht auflegen, sondern warten bis Sie aufgefordert werden<br />

zu sprechen, es besteht genügend zeit zur Verfügung um Ihre Adresse, namen <strong>und</strong> Telefonnummer<br />

zu Hinterlassen, damit wir Sie nach abhorchen von unserem Telefonanrufbeantworter zurückrufen<br />

können, um mit Ihnen plaudern zu können.<br />

Und nun erhoffen wir uns noch eine bessere Zusammenarbeit als seither <strong>und</strong> bitten um Ihre Weiterempfehlung.<br />

Ihr<br />

Hausmeister-Service<br />

c) Verbessere jetzt noch deine Satzbau-Fehler (Sb) <strong>im</strong> Aufsatz der Zwischendiagnose.<br />

102


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

7. Trainingsmöglichkeit: gut lesbare Sätzen konstruieren<br />

C C*<br />

a) Fasse die folgenden Sachverhalte zum Thema „Das Leben auf dem Land hat Vorteile, es bringt<br />

aber auch Nachteile“ in einem Satzgefüge zusammen. Achte auf logische St<strong>im</strong>migkeit <strong>und</strong> gute<br />

Lesbarkeit.<br />

1. Auf dem Land gibt es größere <strong>und</strong> billigere Wohnungen. Die Herstellungskosten sind<br />

preiswerter. Die Nachfrage ist geringer. Einfamilienhäuser herrschen vor. Die Bodenpreise<br />

sind niedriger. Die Wohndichte ist geringer.<br />

2. Die Kontakte zu den Mitmenschen sind intensiver. Es ist eine überschaubare Gemeinschaft.<br />

Jeder kennt jeden. Gespräche über den Gartenzaun sind selbstverständlich.<br />

Nachbarschaftshilfe ist ganz normal.<br />

3. Das Leben auf dem Land ist gesünder. Das Wohnen ist ruhiger als in der Stadt. Es gibt<br />

weniger Verkehr. Es gibt kaum Industrie. Die Umweltbelastungen sind geringer.<br />

4. In der Stadt hat man mehr Auswahl bei den Einkaufsmöglichkeiten. Die Spezialgeschäfte<br />

finden sich in der Stadt. Weite Wege in die Stadt verteuern das Leben auf dem Land.<br />

Man pendelt über weite Strecken zur Arbeit. Die weiterführenden Schulen liegen weit<br />

entfernt.<br />

5. Auf dem Land gibt es kein oder nur ein sehr geringes kulturelles Angebot. Auf dem Land<br />

gibt es wenig Abwechslung. Die sportlichen Möglichkeiten auf dem Land sind begrenzt.<br />

Zum Ausgehen ist die Stadt attraktiver.<br />

6. Die Ärzte, vor allem die <strong>Fach</strong>ärzte, sind eher in der Stadt. In der Stadt gibt es an jeder<br />

Ecke eine Apotheke. Auf dem Land ist die medizinische Versorgung schlechter. Die guten<br />

Krankenhäuser sind in der Stadt.<br />

b) Forme die beiden folgenden „Monstersätze“ so um, dass eine lesbare <strong>und</strong> logisch gut verknüpfte<br />

Syntax entsteht.<br />

Dadurch, dass derjenige, der vom Angeklagten, der ein Geständnis, das von Zeugen, die unter Eid,<br />

auf dessen Bedeutung sie unter Hinweis auf etwaige Folgen aufmerksam gemacht wurden, aussagten,<br />

bekräftigt worden ist, ablegte, tätlich angegriffen wurde, an der Streitursache nicht ganz<br />

schuldlos war, kann die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden.<br />

36 Prozent der 15-jährigen Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler gaben an, Gewalt erlitten zu haben, jeder dritte<br />

Hamburger Neuntklässler hat nach einer Untersuchung des Kr<strong>im</strong>inologen Christian Pfeiffer Angst<br />

vor dem Abziehen, wieder melden die Statistiken steigende Kr<strong>im</strong>inalität bei Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen,<br />

die Öffentlichkeit ist empört, ein knappes Viertel wurde entweder beraubt oder erpresst,<br />

während mehr oder weniger sinnvolle Maßnahmen, die debattiert werden, wie die Einführung der<br />

Schuluniformen, <strong>und</strong> weiterhin gilt: Schule ist Laufsteg <strong>und</strong> Tatort zugleich, <strong>und</strong> deshalb sollte man<br />

sich fragen: Warum verbieten wir nicht die Markenkleidung an den Schulen?<br />

103


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

8. Trainingsmöglichkeit: einen angemessenen Wortschatz benutzen<br />

A B<br />

a) Bei den folgenden Fußball-Kommentaren ist leider mancher Patzer passiert. Verbessere die Komentare,<br />

indem du dich angemessen <strong>und</strong> logisch richtig ausdrückst.<br />

1.<br />

2.<br />

3.<br />

4.<br />

5.<br />

6.<br />

7.<br />

8.<br />

9.<br />

10.<br />

11.<br />

12.<br />

13.<br />

14.<br />

Liebe Zuschauer, meine Kollegen haben gschaffd wie die Bronnebutzer, um Ihnen diesen<br />

Bericht noch zeigen zu können!<br />

Hertha war keineswegs nur auf die Gefährdung des eigenen Tores bedacht.<br />

Auswärts sind die Greuther stärker als in der Fremde.<br />

Die Stadt ist schwarz voller Menschen in Orange.<br />

Gomez wurde noch eingewechselt, aber das interessierte nur noch die Statisten.<br />

Bisher ziehen sich die Bayern toll aus der Atmosphäre.<br />

Die Schweden sind keine Holländer – das hat man ganz genau gesehen.<br />

Er hatte in seiner Karriere vielleicht nicht ähnliche Momente, aber ungefähr die gleichen.<br />

Der Beifall gilt Podolski, der sich jetzt auszieht.<br />

Die Borussia hat ihre Transferausgaben um ein Drittel gesenkt, die Hertha sogar um ein Siebtel.<br />

Die Achillesferse von Klose ist die rechte Schulter.<br />

Ich hoffe, dass die deutsche Mannschaft auch in der 2. Halbzeit eine r<strong>und</strong>e Leistung zeigt,das<br />

würde die Leistung abr<strong>und</strong>en!<br />

Schuld am schlechten Spiel der Stuttgarter ist die schlechte Präzisität.<br />

Ribery <strong>und</strong> Müller befruchten sich gegenseitig.<br />

b) Im folgenden Text 4 erzählt eine junge Gewohnheitsraucherin, warum sie mit dem Rauchen angefangen<br />

hat. Verallgemeinere ihre Aussagen, indem du mit zwei oder drei Abschnitten in gutem<br />

Aufsatzdeutsch ausführlich erläuterst, warum Jugendliche zum Nikotin greifen.<br />

Zuerst habe ich so mit 11 oder 12 he<strong>im</strong>lich probiert. Ich wollte einfach mal wissen, was an der Sache<br />

dran ist. War `ne schöne Enttäuschung. Hat scheußlich geschmeckt <strong>und</strong> hinterher war mir speiübel.<br />

Ich hätte nie wieder eine Zigarette angefasst. Aber, na ja, man weiß ja, wie das so geht. In unserer<br />

Clique war ein unhe<strong>im</strong>lich cooler Typ. Der hat schon auf Lunge geraucht <strong>und</strong> so, <strong>und</strong> der hielt <strong>im</strong>mer<br />

die Zigarette so elegant. Heute würde ich sagen, das war ein unhe<strong>im</strong>licher Angeber, aber damals habe<br />

ich den echt bew<strong>und</strong>ert. Und als er mir eine anbot, habe ich mir gedacht: Jetzt musst du das bringen.<br />

Und da hab ich mich überw<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> mit einemmal, da ging`s. Da gehörte ich erst richtig dazu.<br />

Ich kam mir richtig erwachsen vor. Zu Hause durfte ich mich natürlich nicht erwischen lassen. Meine<br />

Eltern haben zwar beide kräftig geraucht. Aber wehe, die haben in meinem Z<strong>im</strong>mer was gerochen,<br />

dann gab es Ärger. In der Schule, die Lehrer, die haben natürlich auch rumgemotzt gegen das Rauchen<br />

<strong>und</strong> so. Aber <strong>im</strong> Lehrerz<strong>im</strong>mer war <strong>im</strong>mer ein Qualm, dass einem die Augen tränten. … Wenn wir mit<br />

der Clique irgendwohin gingen, da gehörte das Rauchen eigentlich <strong>im</strong>mer dazu. Selbst wenn ich gar<br />

keinen Bock drauf hatte, wollte ich nicht nein sagen, wenn irgend so ein Typ mir `ne Zigarette anbot.<br />

Aber richtig angefangen habe ich eigentlich erst in der Ausbildung <strong>im</strong> Betrieb. Da brauchte ich in den<br />

Pausen die Zigarette zum Entspannen. Auch abends nach Feierabend habe ich die erste Zigarette so<br />

richtig genossen. Als es dann mit Jürgen, meinem Fre<strong>und</strong>, nicht mehr so lief wie am Anfang, da war<br />

ich manchmal ganz schön sauer. Und in solchen Situationen, wenn wir uns gestritten haben, habe ich<br />

dann in meiner Bude gesessen <strong>und</strong> eine nach der anderen geraucht, einfach bloß, weil ich wütend <strong>und</strong><br />

enttäuscht war. Dann kam die Prüfung. Das war ein ganz schöner Stress. Um mich be<strong>im</strong> Lernen besser<br />

konzentrieren zu können, habe ich manchmal an einem Abend eine ganze Schachtel geraucht. Ich hab<br />

auch schon daran gedacht, dass Rauchen schädlich ist. Das lief ja auch unhe<strong>im</strong>lich ins Geld. … Aber<br />

wenn dann die letzte Zigarette verqualmt war, konnte ich keinen klaren Gedanken mehr fassen, da bin<br />

ich dann doch die Treppen runtergelaufen <strong>und</strong> habe mir welche aus dem Automaten gezogen. …<br />

c) Verbessere jetzt noch deine A-, W- <strong>und</strong> St-Fehler <strong>im</strong> Aufsatz der Zwischendiagnose.<br />

4 B<strong>und</strong>eszentrale <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung (Hrsg.): Sucht- <strong>und</strong> Drogenprävention – Materialien <strong>für</strong> das 5.– 10. Schuljahr,<br />

Köln 1994.<br />

104


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

8. Trainingsmöglichkeit: einen angemessenen Wortschatz benutzen<br />

B C<br />

a) Manche Banker drücken sich ziemlich unangemessen aus, wenn sie in einer inoffiziellen Situation<br />

kommunizieren. Ein Beispiel da<strong>für</strong> sind die folgenden Auszüge zwischen Jérôme Kerviel (JK), einem<br />

Aktienhändler der französischen Großbank Société Générale, der mit nicht genehmigten hochspe-<br />

kulativen Methoden seine Bank beinahe ruinierte, <strong>und</strong> seinem Fre<strong>und</strong> Moussa Bakir (MB), dem Mak-<br />

ler eines Brokerhauses 5 . Forme das Gespräch so um, dass sich die beiden in gutem Aufsatzdeutsch<br />

unterhalten.<br />

MB: Du musst erklären, wie sie (die Vorgesetzten von JK) das sehen sollen.<br />

Man sagt, die Netto-Position ist falsch.<br />

JK: Ja, aber ich hab` kein` Bock, meine Position bei 250 000 zu killen.<br />

MB: Du musst dringend Ferien machen.<br />

JK: Da geh` ich in den Knast.<br />

MB: Quatsch. Was hast du schon Schl<strong>im</strong>mes gemacht. Du hast niemanden bestohlen.<br />

Du hast nichts Illegales <strong>im</strong> Sinne des Gesetzes getan.<br />

JK: Hab`n Haufen Kohle gemacht. Das ist alles.<br />

MB: Ich würde gerne in den Knast da<strong>für</strong> gehen, wenn ich das Geld legal gemacht hätte.<br />

JK: Halt`s Maul.<br />

MB: Schlampe.<br />

JK: Das wird zeigen, was Kerviel-Power ist.<br />

MB: Einfacher <strong>und</strong> diskreter Junge. Verzieht keine Miene. Macht`n Haufen Kohle.<br />

Und wird da<strong>für</strong> nicht entsprechend geschätzt. (Ironie!)<br />

(Am Tag, als die Führung der Bank die Betrugsgeschäfte von Kerviel entdeckt hat):<br />

JK: Mein letzter Tag hier.<br />

MB: Hör auf: Es geht wieder rauf Richtung 4180 (der Index des Dow Jones an der Börse<br />

in New York).<br />

JK: Super. Ich bin tot.<br />

(wenige St<strong>und</strong>en später)<br />

JK: Ich stecke in der Scheiße.<br />

MB: Warum?<br />

JK: In 30 Minuten bin ich gefeuert.<br />

MB: Du hast ein Meeting. Mit wem?<br />

JK: Martial <strong>und</strong> Baboulin (die wichtigsten Manager der Bank).<br />

MB: Ruf mich nachher an.<br />

JK: Echt, hab keine Lust.<br />

b) Verfasse − vom Text der jungen Gewohnheitsraucherin bei A ausgehend − zwei ausführliche<br />

Abschnitte in gutem Aufsatzdeutsch, in denen du erläuterst, was man zur Verhinderung des<br />

Rauchens von Jugendlichen unternehmen könnte.<br />

5 Handelsblatt vom 12.02.2008.<br />

105


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

8. Trainingsmöglichkeit: einen angemessenen Wortschatz benutzen<br />

C C*<br />

a) Normale Leser werden sich be<strong>im</strong> Lesen des folgenden <strong>Fach</strong>textes überfordert fühlen.<br />

Gestalte den Text verständlicher, indem du einen angemessenen Wortschatz benutzt. An der Lehr-<br />

rertheke kannst du dir ein Fremdwörterbuch holen. Achte auch darauf, dass die Sätze nicht unnötig<br />

lang konstruiert werden.<br />

Inhaltsangabe zu einem wissenschaftlichen Aufsatz:<br />

Der Text beschreibt ein Mehrebenenmodell des sozialen Wandels durch Modernisierung. Der soziale<br />

Wandel zeichnet sich auf der systemischen Ebene durch eine funktionale Differenzierung aus, auf<br />

der Ebene der Lebensweise durch Individualisierung <strong>und</strong> auf der Mentalitätsebene durch einen Wertewandel<br />

von Akzeptanz zur Selbstentfaltung. Bei der Situation heute wird der Fokus auf das Spannungsfeld<br />

der durch die Globalisierung gefährdeten sozialstaatlich gestützten Modernisierung <strong>und</strong><br />

das amerikanische Modell des Wirtschaftsliberalismus gelegt. Als erste Signale <strong>für</strong> ein mentales<br />

Umschwenken <strong>Deutsch</strong>lands auf die amerikanische Variante wird die Expansion des so genannten<br />

Hedomaterialismus <strong>und</strong> einer damit parallel sich entwickelnden neuen Kontroverse von Looser-<br />

<strong>und</strong> Winnerattitüden unter jungen Leuten gedeutet. Für die Gesamtbevölkerung wird <strong>im</strong> Augenblick<br />

noch ein bewusstseinsmäßiges Opponieren bei partieller Ass<strong>im</strong>ilation konstatiert.<br />

b) Manche Beziehung leidet <strong>im</strong> Auto. Das wird in den folgenden zwei Dialogen 6 deutlich. Am nächsten<br />

Tag versuchen die beiden Partner, ihrem Paarpsychologen zu erklären, welche Probleme sie be<strong>im</strong> Au-<br />

tofahren mit ihrem Partner haben. In dieser Situation möchten sie sich natürlich angemessener aus-<br />

drücken, als in der angespannten Situation der gemeinsamen Autofahrt. Verfasse die beiden Darstel-<br />

lungen ausführlich.<br />

Erster Dialog:<br />

Autobahn, sie fährt, er sitzt daneben. Vor ihnen auf der rechten Spur fährt ein LKW.<br />

Er: Es ist schon 14 Uhr.<br />

Sie: Guck dir an, wie diese Irren rasen.<br />

Er: Jetzt kannst du überholen.<br />

Sie: Ach, zu spät. O Gott! Hast du gesehen, wie der da eben rübergezogen ist?<br />

Er: Okay, jetzt aber – schnell.<br />

Sie: Da kommt aber gleich der Berg.<br />

Er: Na toll, jetzt fahren wir 85.<br />

Sie: Ich kann`s nicht ändern. Wir kommen doch auch so voran.<br />

Er: Gleich stehen wir. Jetzt ist frei, auf!<br />

Sie: Na gut… au Mist.<br />

Er: Mensch, drück doch aufs Gas.<br />

Sie: Tu ich doch.<br />

Er: Du musst zurückschalten! H<strong>im</strong>mel! Er bremst. Was`n Glück.<br />

Sie: Das war knapp. Hast du gesehen, wie dicht der auf mich drauf ist?<br />

Er: Sei froh, dass der mitdenkt. Sonst hingen wir jetzt in den Leitplanken. Lass ihn wenigstens<br />

irgendwann mal vorbei.<br />

Sie: Dir kann man`s wirklich nie recht machen.<br />

Er: (schüttelt den Kopf <strong>und</strong> seufzt): Gleich zehn nach zwo!<br />

Sie: Du bist manchmal so ein Arsch, weißt du das?<br />

Er: Wenn du meinst. Helfe ich dir halt nicht mehr.<br />

6 Zitiert nach Mark Obert: „Fährst du oder ich?“. Frankfurter R<strong>und</strong>schau vom 6. September 2003.<br />

106


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

8. Trainingsmöglichkeit: einen angemessenen Wortschatz benutzen<br />

C C*<br />

Zweiter Dialog:<br />

Er fährt, sie sitzt daneben. Sie suchen einen Parkplatz.<br />

Er: Verdammt, alles voll.<br />

Sie: Da war einer.<br />

Er: Wo?<br />

Sie: Du bist eben dran vorbei gefahren.<br />

Er: Da war keiner.<br />

Sie: Na dann.<br />

Er: Na dann, na dann. Wenn da einer gewesen sein sollte, hättest du`s ja mal rechtzeitig sagen<br />

können.<br />

Sie: Du siehst doch alles. Da vorne ist übrigens wieder einer.<br />

Er: Wo jetzt? Ach Mist, hier ist vielleicht ein Betrieb.<br />

Sie: Jetzt bist du dran vorbei.<br />

Er: Die Lücke da? Da wär ich nie reingekommen.<br />

Sie: Wie du meinst. Von mir aus können wir auch noch ein bisschen rumgurken.<br />

Er: Verdammt, hast du das gesehen, der wär mir eben fast draufgefahren. Depp.<br />

Sie: Der da drüben wäre auch gegangen.<br />

Er: Wo? Da drüben? Wie soll ich denn bei dem Chaos da rüber… - herrjeh, sieh dir den an.<br />

Biegt einfach ohne zu blinken ab.<br />

Sie: Da in der Einfahrt hättest du wenden können.<br />

Er: Ja ja. Gott, was <strong>für</strong>n Stress.<br />

Sie: Nur die Ruhe.<br />

Er: Du hast gut reden. Ich stelle die Scheiß-Karre gleich irgendwo hin. Dann habe ich meine Ruhe.<br />

Sie: Lass mich aber vorher raus. Ich habe keine Lust, wegen dir Ärger zu kriegen.<br />

Er: Gute Idee, steig doch aus.<br />

107


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

4.5 Lösungsvorschläge<br />

Lösungen zu 1. − eine Einleitung verfassen<br />

A B<br />

Einleitungstyp<br />

Einleitung 1 Thema erläutern/Aktualität des Themas zeigen<br />

Einleitung 2 Eigene Erfahrung<br />

Einleitung 3 Beispiel<br />

Einleitung 4 Aktualität des Themas zeigen<br />

Einleitung 5 Aktuelle Beispiele<br />

Einleitung 6 Historisches Ereignis<br />

b) + c) individuelle Lösung<br />

B C<br />

a) Begriffsdefinition<br />

b) Ein zum Weiterlesen motivierender bzw. anschaulicher Einstieg fehlt.<br />

Die Themabest<strong>im</strong>mung ist unscharf, denn das mögliche Verhindern von Mobbing durch Schul-<br />

kleidung ist nur ein Teilaspekt des Themas.<br />

Der Begriff „Mobbing“ müsste <strong>im</strong> Zusammenhang mit Schulkleidung erklärt werden.<br />

c) Lösungsbeispiel:<br />

Bei der Forderung nach einer einheitlichen Schulkleidung muss man nicht zwangsläufig an Schuluniformen<br />

denken, wie man sie von englischen oder japanischen Schulen her kennt. Denkbar<br />

wären auch ein flottes T-Shirt mit einem schulbezogenen Aufdruck <strong>und</strong> eine bequeme Jeans-<br />

Hose. Entscheidend ist, dass alle Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler das Gleiche tragen. Im Folgenden<br />

soll untersucht werden, welche Vor- <strong>und</strong> Nachteile eine solche einheitliche Kleidung hätte.<br />

C C*<br />

Individuelle Lösungen<br />

108


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Lösungen zu 2. − den Aufbau planen<br />

A B<br />

+ Kontakte zu den Mitmenschen auf dem Land intensiver<br />

Nachbarschaftshilfe auf dem Land selbstverständlich<br />

Auf dem Land kennt jeder jeden<br />

+ Bessere Wohnverhältnisse auf dem Land<br />

Auf dem Land haben viele einen eigenen Garten<br />

Viele Einfamilienhäuser<br />

Ruhigeres Wohnen<br />

+ Auf dem Land lebt es sich gesünder<br />

Wenig Verkehr<br />

Weniger Luftverschmutzung<br />

Natur sozusagen vor der Haustür<br />

- Es gibt wenig Abwechslung<br />

Wenig kulturelle Angebote<br />

Viele Sportmöglichkeiten in der Stadt<br />

Viele Möglichkeiten zum Ausgehen in der Stadt<br />

- Weite Wege verteuern das Leben<br />

Pendeln zum Arbeitsplatz<br />

Lange Fahrten zu den weiterführenden Schulen<br />

Große Entfernungen zu Einkaufs- <strong>und</strong> Freizeitmöglichkeiten<br />

- Die Versorgung auf dem Land ist schlechter<br />

Einkaufsmöglichkeiten in der Stadt besser, Spezialgeschäfte<br />

Gute Ärzte, vor allem <strong>Fach</strong>ärzte in der Regel nur in der Stadt<br />

Weite Wege zum nächsten Krankenhaus<br />

+ bessere Wohnverhältnisse auf dem Land<br />

+ Auf dem Land lebt es sich gesünder<br />

+ Kontakte zu den Mitmenschen auf dem Land intensiver<br />

- die Versorgung auf dem Land ist schlechter<br />

- weite Wege verteuern das Leben<br />

- es gibt wenig Abwechslung<br />

109


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

Lösungen zu 2. − den Aufbau planen<br />

B C<br />

Lösungsbeispiel zu b):<br />

Pro Legalisierung<br />

1. Haschisch ist keine echte Einstiegsdroge <strong>und</strong> weniger giftig als Koffein, Nikotin oder Alkohol.<br />

2. Das Verbot erhöht die Ges<strong>und</strong>heitsrisiken, z. B. durch Einnahme verunreinigter Drogen.<br />

3. Das Verbot fördert einen illegalen Markt <strong>für</strong> weiche Drogen, der nicht kontrollierbar ist.<br />

Kriterien: 1. ist eher schwach, weil die Behauptung nicht unumstritten ist.<br />

2. <strong>und</strong> 3. verdeutlichen die zunehmende Bedeutsamkeit der Auswirkungen <strong>für</strong> die<br />

Betroffenen<br />

Kontra Legalisierung<br />

1. Eine Legalisierung gibt dem Süchtigen das Signal, dass sein Verhalten in Ordnung ist.<br />

2. Eine Legalisierung reduziert die Motivation, sich in eine Entzugstherapie zu begeben.<br />

3. Eine Legalisierung könnte zu einem Drogenboom führen <strong>und</strong> somit den Einstieg in harte Drogen<br />

fördern.<br />

Kriterien:<br />

1. ist eher schwach, weil mehr theoretisch gültig.<br />

2. <strong>und</strong> 3. verdeutlichen die zunehmende Bedeutsamkeit der Auswirkungen <strong>für</strong> die Betroffenen.<br />

c) individuelle Lösungen.<br />

C C*<br />

Lösungsbeispiel zu a) [zum Gespräch <strong>im</strong> <strong>Deutsch</strong>buch 5, Cornelsen Verlag, S. 85 f.]:<br />

<strong>für</strong> ein längeres Ausgehen am Abend gegen ein längeres Ausgehen am Abend<br />

Der Vater hat gar kein Argument, sucht nur einen Anlass, um<br />

zu kommandieren (Eva).<br />

Eine Fünfzehnjährige ist kein kleines Kind mehr (Eva).<br />

Eine Fünfzehnjährige muss ihre Jugend genießen können<br />

(Mutter).<br />

b) <strong>und</strong> c) individuelle Lösungen<br />

110<br />

Be<strong>für</strong>chtung, dass sich die Tochter irgendwo herumtreibt.<br />

Gefahr, dass die Tochter schwanger werden könnte.<br />

Eltern sind noch <strong>im</strong>mer verantwortlich <strong>für</strong> ihre Tochter.<br />

Be<strong>für</strong>chtung, dass der Tochter ein Unfall passieren könnte.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Lösungen zu 3. − das Thema erschließen<br />

A B<br />

a)<br />

Aufsatzhemen lineare Erörterung dialektische Erörterung<br />

Frank Domanski, Vorsitzender der <strong>Deutsch</strong>en Polizeigewerkschaft<br />

Brandenburg, fordert ein Schulfach Verbrechensvorsorge. Erörtere, ob du<br />

dieser Forderung zust<strong>im</strong>men kannst.<br />

x<br />

Sollte man die Hausaufgaben abschaffen? x<br />

Manche Menschen sind der Mahnungen zum Schutz der Umwelt überdrüssig. x<br />

Woran liegt das deiner Meinung nach <strong>und</strong> wie könnte man einer solchen<br />

Haltung entgegenwirken?<br />

Müssen es Eier von frei laufenden Hühnern sein? Oder sind Eier aus<br />

Bodenhaltung auch in Ordnung?<br />

Musik spielt <strong>für</strong> Jugendliche eine große Rolle. Zeige, was Musik <strong>für</strong><br />

Jugendliche bedeuten kann.<br />

„No risk, no fun!“ – Welche Gründe gibt es <strong>für</strong> diese Einstellung bei den<br />

Jugendlichen von heute?<br />

„Der Jugend ging es noch nie so gut wie heute!“ – Setzen Sie sich mit diesem<br />

weit verbreiteten Urteil von Erwachsenen über die Jugendlichen von heute<br />

auseinander.<br />

Jugendliche fühlen sich in der Umgebung Gleichaltriger häufig am wohlsten. x<br />

Worin sehen Sie die Ursachen da<strong>für</strong>?<br />

Warum ist Mode <strong>im</strong> Leben junger Leute von heute so wichtig? x<br />

Immer mehr Jugendliche wohnen heute <strong>im</strong>mer länger <strong>im</strong> Elternhaus. Warum x<br />

n<strong>im</strong>mt das „Nesthocken“ junger Leute zu?<br />

Die Zahl straffälliger Jugendlicher steigt weiter an. Wie erklären Sie sich diese x<br />

Tatsache, <strong>und</strong> was könnte man dagegen tun?<br />

„Ich will nicht nach Vorschrift <strong>und</strong> Plan leben, sondern tun, was mir gerade<br />

Spaß macht.“Setzen Sie sich mit dieser Aussage eines Jugendlichen<br />

auseinander.<br />

„Ich habe andere Sorgen als Politik“, äußern Jugendliche häufig, wenn sie<br />

nach ihrem Interesse an Politik befragt werden. Zeigen Sie auf, welche Gründe<br />

es <strong>für</strong> diese verbreitete Einstellung gibt.<br />

b) Lösungsbeispiele: Jugendliche fühlen sich in der Umgebung Gleichaltriger häufig am wohlsten.<br />

Worin sehen Sie die Ursachen da<strong>für</strong>? (linear)<br />

Viele Jugendliche beklagen sich darüber, dass sie <strong>im</strong>mer wieder an best<strong>im</strong>mten Aktivitäten mit<br />

Erwachsenen teilnehmen müssen. <strong>Erörtern</strong> Sie, inwieweit es <strong>für</strong> Jugendliche sinnvoll sein kann,<br />

an Aktivitäten zusammen mit Erwachsenen teilzunehmen. (dialektisch)<br />

Immer mehr Jugendliche wohnen heute <strong>im</strong>mer länger <strong>im</strong> Elternhaus. Warum n<strong>im</strong>mt das<br />

„Nesthocken“ junger Leute zu? (linear)<br />

Sollte man nach dem Abitur aus dem Elternhaus ausziehen? (dialektisch)<br />

c) individuelle Lösung<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

111


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

Lösungen zu 3. − das Thema erschließen<br />

B C<br />

a) Lösungsbeispiele:<br />

Sollte an deutschen Schulen eine einheitliche Schulkleidung eingeführt werden?<br />

„Den Jugendlichen von heute ist die persönliche Freiheit wichtiger als soziale Verantwortung.“<br />

Erörtere, ob du dieser Aussage zust<strong>im</strong>men kannst.<br />

b) individuelle Lösung<br />

c) Lösungsbeispiel:<br />

112


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

C C*<br />

a) Lösungsbeispiele:<br />

„Trotz verlockender Fluten von Informationen in den neuen Medien ist die Zeitung <strong>für</strong> Jugendliche<br />

ein unverzichtbares Informationsmedium geblieben.“ Erörtere, inwieweit diese Aussage zutrifft.<br />

„Gutes nur um seiner selbst willen tut kaum einer der jungen engagierten Menschen mehr. Immer<br />

muss auch ein persönlicher Nutzen be<strong>im</strong> Gutes-Tun herauskommen.“ Erörtere, inwieweit diese<br />

Aussage st<strong>im</strong>mt.<br />

b) Beispiel:<br />

113


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

Lösungen zu 4. − überzeugend argumentieren<br />

A B<br />

a)<br />

Die Freigabe der Ladenöffnung am Sonntag liegt nicht <strong>im</strong> langfristigen<br />

Interesse der Verbraucher. Öffnungszeiten am Sonntag sind<br />

nur <strong>für</strong> große Einkaufszentren personell durchführbar <strong>und</strong> rentabel.<br />

Kleinere Handelsunternehmen können dagegen dem Konkurrenzdruck<br />

nicht standhalten. Dadurch verschärft sich der Konzentrationsprozess<br />

<strong>im</strong> Handelsbereich. In meiner Stadt mussten allein <strong>im</strong><br />

letzten Monat zwei kleinere Geschäfte in der Fußgängerzone schließen.<br />

Für den Verbraucher geht dadurch die Vielfalt an Einkaufsmöglichkeiten<br />

verloren. Zudem verlieren insbesondere ältere Menschen<br />

in kleineren Orten ihre Einkaufsmöglichkeiten, denn es ist <strong>für</strong> sie<br />

umständlich, oft sogar unmöglich, die großen Handelsketten am<br />

Stadtrand aufzusuchen. Durch eine Freigabe der Ladenöffnung am<br />

Sonntag würde sich dieser Prozess noch beschleunigen. Die Gewinner<br />

sind letztendlich nicht die Verbraucher, sondern einzelne große<br />

Handelsketten in städtischen Zentren <strong>und</strong> am Stadtrand auf der<br />

grünen Wiese.<br />

Mit der Freigabe der Ladenöffnung am Sonntag entfällt eine entscheidende<br />

Rahmenbedingung <strong>für</strong> soziale Kontakte <strong>und</strong> ehrenamtliches<br />

Engagement. Für jede Gesellschaft sind gemeinsame Zeiten<br />

der Ruhe <strong>und</strong> Arbeit lebensnotwendig. Wenn alle Familienmitglieder<br />

aneinander vorbeiarbeiten <strong>und</strong> vorbeikonsumieren, wird<br />

die Organisation eines gemeinsamen Familienlebens noch viel<br />

schwieriger. So ist es in der Regel unter der Woche kaum möglich,<br />

gemeinsame Mahlzeiten einzunehmen <strong>und</strong> sich über Erlebtes oder<br />

Bevorstehendes auszutauschen. Würde auch der Sonntag zu einem<br />

Arbeitstag, so würde man auch noch die letzten Momente eines<br />

familiären Innehaltens <strong>und</strong> Kommunizierens dem Konsumwahn<br />

opfern. Das gleiche gilt <strong>für</strong> alle gemeinschaftlichen Aktivitäten, vom<br />

geselligen Verein bis hin zum sozialen, politischen, kulturellen <strong>und</strong><br />

religiösen Engagement. Auf das, was dabei entsteht, nämlich gemeinsame<br />

Rituale, gelebte Tugenden <strong>und</strong> Werte sowie Verantwortungsübernahme<br />

<strong>für</strong> andere, kann keine Gesellschaft verzichten.<br />

Wer daher von Bürgergesellschaft <strong>und</strong> Wertevermittlung in einer<br />

demokratischen Gesellschaft spricht, muss auch entsprechende<br />

Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Zeiten gesetzlich festlegen, in denen<br />

dies gemeinsam gelebt <strong>und</strong> erfahren werden kann.<br />

114<br />

Argument<br />

Begründung bzw.<br />

Erläuterung<br />

Beispiel (eigene Beobachtung)<br />

Folgerungen<br />

Argument<br />

Erläuterung<br />

Beispiel I<br />

Beispiel II<br />

Folgerung


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Lösungen zu 4. − überzeugend argumentieren<br />

A B<br />

b) Argumentation 1: Zirkelschluss (Die Folgerung ist bereits <strong>im</strong> Argument enthalten <strong>und</strong> bringt<br />

nichts Neues. Es fehlt ein Beweis da<strong>für</strong>, dass Oskar <strong>im</strong>mer wieder in der Ver-<br />

gangenheit gelogen hat.)<br />

Argumentation 2: Trugschluss (Aus der Übersetzung des griechischen Wortes wird abgeleitet,<br />

dass es <strong>im</strong> antiken Griechenland ähnliche Verhältnisse gab, wie sie den heu-<br />

tigen demokratischen Vorstellungen entsprechen, was aber nicht haltbar ist, da<br />

man zunächst den Begriff „Volk“ definieren <strong>und</strong> dann untersuchen müsste, wie<br />

weit dessen Mitspracherechte in den griechischen Stadtstaaten reichten.)<br />

Argumentation 3: Falsche Verallgemeinerung (Ohne nach dem Gr<strong>und</strong> zu fragen, warum der<br />

Nachbar nicht zur Arbeit gehen konnte, wird er als Beispiel <strong>für</strong> ein Vorurteil<br />

missbraucht.)<br />

Argumentation 4: Rückgriff auf ein Vorurteil (Die Begründung entspricht einem noch <strong>im</strong>mer weit<br />

verbreiteten Vorurteil, das durch die Unfall-Statistiken regelmäßig widerlegt<br />

wird. Außerdem wird überhaupt nicht nachgefragt, was die Ursache <strong>für</strong> Erikas<br />

Unfall war.)<br />

Argumentation 5: Falscher Analogieschluss (Die Analogie zwischen Nikotin- <strong>und</strong> Alkoholsucht ist<br />

zwar nachvollziehbar, weil beide Gewohnheiten einem ähnlichen Gr<strong>und</strong>bedürf-<br />

nis entsprechen. Aber der Zusammenhang ist trotzdem nicht zwingend. Denn<br />

nicht jeder, der regelmäßig raucht, ist auch automatisch alkoholsüchtig.)<br />

c) Lösungsbeispiele:<br />

Auf dem Land findet man bessere Wohnverhältnisse vor. Im Unterschied zur Stadt dominiert der<br />

Typ des Einfamilien- oder des kleinen Mehrfamilienhauses. Da die Nachfrage nach Wohnungen<br />

deutlich niedriger als in der Stadt ist <strong>und</strong> zusätzlich genügend Land zur Verfügung steht, sind die<br />

Gr<strong>und</strong>stückspreise günstiger <strong>und</strong> die Herstellungskosten insgesamt billiger. Bei einem Spaziergang<br />

durch mein Dorf fällt einem gleich auf, dass es sehr viele Häuser <strong>für</strong> eine oder wenige Familien<br />

mit großzügigen Gr<strong>und</strong>stücken gibt. Die Wohndichte ist also viel geringer als in den Städten.<br />

So genießen die Menschen auf dem Land das Privileg, in größeren <strong>und</strong> billigeren Wohnungen<br />

leben zu können.<br />

Die Kontakte zu den Mitmenschen sind auf dem Land intensiver als in den Städten. Da die Kinder<br />

unserer Nachbarn ungefähr <strong>im</strong> gleichen Alter wie meine Schwester <strong>und</strong> ich sind, war es früher, als<br />

wir noch klein waren, <strong>für</strong> unsere Eltern selbstverständlich, sich gegenseitig als Babysitter zu helfen,<br />

wenn man mal einen Termin hatte oder abends ausgehen wollte. Natürlich ist eine solche Art<br />

von Nachbarschaftshilfe gr<strong>und</strong>sätzlich auch in der Stadt denkbar, aber in den überschaubaren Gemeinschaften<br />

des Dorfes sind die Rahmenbedingungen da<strong>für</strong> einfach günstiger. Gespräche über<br />

den Gartenzaun, gemeinsame Feste oder Hilfe in Krankheitsfällen sind fast selbstverständlich. So<br />

kennt jeder jeden <strong>und</strong> die in den Städten weitverbreitete Anonymität oder Einsamkeit tritt nur ganz<br />

selten auf.<br />

Individuelle Lösungen <strong>für</strong> die Gegenargumentation.<br />

115


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

Lösungen zu 4. − überzeugend argumentieren<br />

B C<br />

a) Argument -> Fallbeispiel -> Folgerung -> Werturteil<br />

b)<br />

Argument -> Beleg -> Beispiele -> Folgerung -> Werturteil<br />

Satz 1 besteht aus einer nachvollziehbaren Begründung <strong>und</strong> einer – aus der Sicht der heutigen westlichen<br />

Demokratien – nicht daraus ableitbaren Folgerung, da die politische Macht durch Wahlen zeitlich<br />

begrenzt <strong>und</strong> damit kontrolliert werden kann. Außerdem beinhaltet die Folgerung eine nicht haltbare<br />

Verallgemeinerung der Aufteilung in Herrscher <strong>und</strong> Beherrschte auf alle Lebensbereiche.<br />

Satz 2 ist ein falscher Analogieschluss. Die Herrschaft der Seele über den Körper ist zudem eine unbewiesene<br />

Behauptung.<br />

Satz 3 nennt zwei Beispiele, von denen vor allem das zweite Beispiel <strong>für</strong> den heutigen Leser nicht akzeptabel<br />

ist, da es den Gleichheitsgr<strong>und</strong>satz verletzt.<br />

Satz 4 ist an zwei Stellen unlogisch. Zum einen ist Intelligenz nicht nur eine Frage der natürlichen<br />

Voraussetzungen (Vererbung), sondern auch bedingt durch eine Vielzahl von Umwelteinflüssen (z. B.<br />

Erziehung, frühkindliche Förderung). Zum anderen hat auch ein Mensch, der weniger intelligent erscheint,<br />

ein Recht auf Freiheit.<br />

Satz 5 arbeitet mit einer nicht haltbaren Polarisierung zwischen „Kopf- <strong>und</strong> Handarbeitern“. Auch ein Büromensch<br />

kann sich <strong>im</strong> Fitnessstudio einen muskulösen Körper antrainieren <strong>und</strong> ein eher schmächtig<br />

gebauter Mensch kann dennoch ein ausdauernder Handwerker sein.<br />

Satz 6 ist ein Zirkelschluss. Das Wort „Natur“ wird sowohl in der Begründung als auch in der Folgerung<br />

benutzt.<br />

Satz 7 ist ein arroganter falscher Analogieschluss, der Sklaven <strong>und</strong> Tiere auf dieselbe Stufe stellt. Außerdem<br />

müsste die Behauptung kritisch geprüft werden, ob es <strong>für</strong> die Tiere nicht besser wäre, frei <strong>und</strong><br />

unabhängig von der Herrschaft des Menschen zu leben.<br />

c) individuelle Lösungen<br />

116


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Lösungen zu 4. − überzeugend argumentieren<br />

C C*<br />

a) Lösungsbeispiel:<br />

Fre<strong>und</strong>in 1: Schönheit (Begründung) -> Erfolg (Folgerung)<br />

Fre<strong>und</strong>in 2: Erfolg (Begründung) -> Schönheit (Folgerung)<br />

Fre<strong>und</strong>in 1:<br />

Schönheit ist gerade <strong>im</strong> Zeitalter der visuellen Medien eine besonders geschätzte Eigenschaft. Die meisten<br />

Männer sehnen sich nach einer schönen Frau, die meisten Frauen möchten begehrenswert schön<br />

aussehen. Deshalb sehen sie gerne schöne Menschen in Zeitschriften <strong>und</strong> Filmen. Heidi Klum entspricht<br />

dem Schönheitsideal in besonderer Weise. Deshalb konnte sie eine so erfolgreiche Karriere als<br />

Model realisieren.<br />

Fre<strong>und</strong>in 2:<br />

Erfolgreiche Menschen sind in unserer Leistungsgesellschaft besonders angesehen. Deshalb gelten sie<br />

als besonders attraktiv <strong>und</strong> können auch viel Geld verdienen. Dadurch können sie sich entsprechend<br />

kleiden <strong>und</strong> ihr Aussehen pflegen. Da sich die Menschen an diesen Leitfiguren orientieren, prägen sie<br />

auch ihre Vorstellung von Schönheit. Deshalb gilt das erfolgreiche Model Heidi Klum automatisch als<br />

schön.<br />

b) Schwachstellen be<strong>im</strong> Thema „Vor- <strong>und</strong> Nachteile von Gruppenunterricht“:<br />

Argumente werden nicht klar <strong>und</strong> pointiert genug formuliert.<br />

Die Beispiele werden zu wenig ausgeführt.<br />

Die einzelnen Argumentationen sind insgesamt zu wenig entfaltet.<br />

Das letzte Argument wird nicht entfaltet, sondern sofort widerlegt, so dass es zu einem Gedankensprung<br />

kommt, den der Leser nicht nachvollziehen kann.<br />

117


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

Lösungen zu 4. − überzeugend argumentieren<br />

C C*<br />

Verbesserungsvorschlag (Ergänzungen sind unterstrichen):<br />

Als Vorteil von Gruppenunterricht sehe ich, dass der Unterricht motivierender ist, denn man kann bzw.<br />

muss sich in seiner Gruppe unterhalten <strong>und</strong> nicht nur dem Lehrer zuhören. Allein schon durch diesen<br />

methodischen Wechsel wirkt der Unterricht anregender. Hinzu kommt, dass man sich in der Gruppe<br />

weniger scheut, seine Meinung zu sagen, als wenn man sie gleich vor der ganzen Klasse vertreten<br />

muss. So beteiligen sich auch Schüler am Gespräch, die ansonsten bei der mündlichen Mitarbeit eher<br />

zurückhaltend sind. Auch ist man nicht gleich gezwungen, den Ansichten des Lehrers zu folgen, sondern<br />

kann sich erst einmal unter Gleichaltrigen eine Meinung bilden <strong>und</strong> ausprobieren, wie weit man bei der<br />

Lösung der Aufgabe ohne fremde Hilfe kommt. Alles das spornt einen an, sich mehr einzubringen, <strong>und</strong><br />

macht dadurch den Unterricht interessanter.<br />

Auf der anderen Seite aber kann es sein, dass eine zu große Unruhe entsteht <strong>und</strong> keine Gruppe sich<br />

auf ihr Thema konzentrieren kann. Das liegt oft daran, dass Schüler die Gr<strong>und</strong>regeln <strong>für</strong> ein Zusammenarbeiten<br />

in Gruppen nicht eingeübt haben. Statt einander ausreden zu lassen <strong>und</strong> nach einer gemeinsamen<br />

Lösung zu suchen, artet die Arbeit in einen Wettstreit darüber aus, wer sich besser in der<br />

Gruppe durchsetzen kann. Dann tauscht man keine Sachargumente mehr aus <strong>und</strong> hört sich nicht mehr<br />

gegenseitig zu, sondern versucht nur noch, die anderen durch Lautstärke zu übertreffen. Greift dieses<br />

Verhalten auf mehrere Gruppen über, dann steigt der Lärmpegel <strong>im</strong> Klassenz<strong>im</strong>mer <strong>im</strong>mer stärker an,<br />

denn man muss <strong>im</strong>mer lauter reden, um sich innerhalb der Gruppe noch verständigen zu können. In<br />

einer solchen Atmosphäre ist natürlich kein konzentriertes Arbeiten mehr möglich.<br />

Ein Vorteil hingegen ist es, dass nicht einer die ganze Arbeit allein hat, sondern dass sie aufgeteilt werden<br />

kann. Somit kann man in der gleichen Zeit mehr leisten. Beispielsweise können innerhalb einer Gruppe<br />

mehrere unterschiedliche Texte zu einem Thema verteilt <strong>und</strong> gelesen werden, <strong>und</strong> anschließend stellen<br />

die Gruppenmitglieder den Inhalt ihrer Texte kurz den anderen vor. Dann werden die unterschiedlichen<br />

Informationen z. B. in Form einer Mindmap verarbeitet <strong>und</strong> strukturiert. Ein einzelner Schüler hätte <strong>für</strong><br />

die gleiche Arbeit mit Sicherheit ein Vielfaches an Zeit benötigt. Zudem kann man Aufgaben innerhalb<br />

einer Gruppe auch oft so verteilen, dass die einzelnen Mitglieder ihre Vorlieben <strong>und</strong> Stärken individuell<br />

einbringen können. So beschriftet beispielsweise der Schüler mit der schönsten Schrift das Plakat, während<br />

andere Schüler nach passenden Bildern <strong>und</strong> Texten suchen. Am Ende kommt dann ein opt<strong>im</strong>ales<br />

Ergebnis heraus.<br />

Allerdings besteht auch die Gefahr, dass Gruppen weniger effektiv arbeiten als erwartet. Wenn nämlich<br />

in einer Gruppe Fre<strong>und</strong>e sind, haben die sicherlich anderes zu bereden als das Gruppenthema.<br />

c) individuelle Lösungen<br />

118


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Lösungen zu 5. − Gedanken abwechslungsreich verknüpfen<br />

A B<br />

a) Verknüpfungen in die Tabelle einordnen:<br />

ergänzen entgegensetzen verstärken differenzieren folgern begründen<br />

zudem<br />

außerdem<br />

auch<br />

daneben<br />

schließlich<br />

dennoch<br />

doch<br />

jedoch<br />

aber<br />

einerseits...,<br />

andererseits<br />

anstatt<br />

Auf jeden Fall<br />

schlicht <strong>und</strong><br />

einfach<br />

best<strong>im</strong>mt<br />

das steht fest<br />

genau<br />

Das ist<br />

besonders<br />

wichtig<br />

Am wichtigsten<br />

ist aber<br />

b) Lösungsbeispiel (Ergänzungen sind unterstrichen):<br />

vor allem<br />

Hier bei uns<br />

In anderen Ländern,<br />

vor allem in den<br />

Entwicklungsländern<br />

hauptsächlich<br />

wenigstens teilweise<br />

insbesondere<br />

zum Teil<br />

also sowohl... als auch<br />

Nur mit...<br />

zum Beispiel<br />

so dass<br />

damit<br />

somit<br />

wenn..., dann<br />

so<br />

da<br />

deswegen<br />

denn<br />

weil<br />

wegen<br />

aufgr<strong>und</strong><br />

Gegen eine Schuluniform spricht, dass dadurch die Entwicklung von Individualität eingeschränkt wird.<br />

Denn mit Uniform sehen alle gleich aus, wohingegen man doch gerade als Jugendlicher seinen eigenen<br />

Stil finden sollte. Es ist allgemein bekannt, dass sich in der Kleidung etwas vom Charakter eines Menschen<br />

ausdrückt: Der eine mag es auffällig, der andere lieber zurückhaltend. Der Letztere würde sich beispielsweise<br />

in einem roten Pulli niemals wohlfühlen. So könnten <strong>im</strong> Extremfall seelische Probleme die<br />

Folge sein. Außerdem ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass gerade die <strong>Deutsch</strong>en aus ihrer<br />

Vergangenheit gelernt haben sollten. Denn die Schulen haben während des Nationalsozialismus gezeigt,<br />

wie man junge Menschen gleichschaltet <strong>und</strong> wohin das führen kann. Nicht zuletzt Schuluniformen<br />

waren ein Teil des Systems der Manipulation <strong>und</strong> Unterdrückung <strong>und</strong> bereiteten die Schüler schon früh<br />

auf das Dasein als Soldaten vor. So würde es heute schon reichlich komisch wirken, wenn wieder einer<br />

wie der andere aussähe. Soll dann vielleicht auch wieder eine einheitliche Frisur eingeführt werden: ein<br />

pflegeleichter Kurzhaarschnitt <strong>für</strong> die „Jungs“ <strong>und</strong> lange Zöpfe <strong>für</strong> die „Mädels?“ Man kann nur hoffen,<br />

dass diese Zeiten in unserem Land endgültig vorüber sind. Übrigens würde sich nach Schulschluss mit<br />

Sicherheit schnell zeigen, wie stark der Drang nach Freiheit ist: Dann würde der Streit, wer die bessere<br />

Kleidung hat, umso heftiger entbrennen.<br />

119


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

Lösungen zu 5. − Gedanken abwechslungsreich verknüpfen<br />

B C<br />

a) Lösungsbeispiel (Verknüpfungen sind unterstrichen):<br />

Möglichkeit 1 (Sanduhr-Modell: Zwei Kontra-Argumentationen <strong>und</strong> eine Pro-Argumentation):<br />

Viele Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler würden die Einführung einer Schuluniform sicherlich als Zwangsmaßnahme ablehnen.<br />

Die heutigen Jugendlichen sind es nämlich gewohnt, in nahezu allen Lebensbereichen ihre eigenen Entscheidungen<br />

zu treffen. Deshalb sollte auch weiterhin jeder das anziehen dürfen, was ihm gefällt <strong>und</strong> was ihm am<br />

besten steht. Zum Beispiel würde ein Mädchen mit dicken Beinen sicherlich darunter leiden, wenn es täglich mit<br />

einem Rock <strong>und</strong> Kniestrümpfen, wie es in englischen Privatschulen üblich ist, erscheinen müsste. Wenn sich andere<br />

dann über solche unvorteilhaft gekleideten Mitschüler lustig machen würden, könnte eine Schuluniform sogar zu<br />

einer Diskr<strong>im</strong>inierung beitragen. Man hätte also genau das Gegenteil des eigentlichen Ziels erreicht.<br />

Außerdem sollte doch jeder seinen eigenen Stil finden dürfen. Schließlich befinden sich Jugendliche noch auf der<br />

Suche nach ihrer Identität. Die Möglichkeit, das eine oder andere Outfit <strong>im</strong> Spiegel der Reaktionen der Mitschüler<br />

auszuprobieren, kann dabei durchaus eine Orientierungshilfe geben. Das muss auch nicht unbedingt in einem<br />

Wettbewerb ausarten, wer die angesagtesten Klamotten trägt, weil Marke <strong>und</strong> Individualität nicht gleichzusetzen<br />

sind. Wer beispielsweise nur teure Markenware trägt, zeigt zwar, dass er viel Geld <strong>für</strong> Bekleidung ausgegeben hat.<br />

Er hat dadurch aber noch lange nicht einen originellen Stil entwickelt, der als Ausdruck einer selbstständigen Persönlichkeit<br />

wahrgenommen wird.<br />

Wenn es also zutrifft, dass zum eigenen Stil viel mehr als teure Markenkleidung gehört, dann sollte es aber auch<br />

kein großes Problem sein, wenn Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler sich mit einem einheitlichen Erscheinungsbild in ihrer<br />

Schule präsentieren. Im Folgenden soll gezeigt werden, dass mit der Einführung einer Schuluniform sogar mehrere<br />

Vorteile verb<strong>und</strong>en sein können, die den Kontra-Argumenten gegenübergestellt werden müssen.<br />

Zunächst einmal könnte durch eine gemeinsame Schuluniform die Identifikation mit der eigenen Schule deutlich<br />

gestärkt werden. So fänden es einige Jungen aus meiner Klasse ganz „cool“, mit einem richtigen Anzug mit Hemd,<br />

Krawatte oder Fliege herumzulaufen. So weit muss man natürlich nicht gehen, falls einige eine solche Regelung<br />

als „overdressed“ empfinden sollten. Schon ein schickes Polo-Hemd mit dem Logo der Schule <strong>und</strong> eine bequeme<br />

Hose in einer einheitlichen dezenten Farbe könnte den Stolz der Schüler auf ihre Schule fördern. Denn durch das<br />

einheitliche Outfit wüsste man sofort, wer von welcher Schule kommt. Auf diese Weise würde es auch keinen Neid<br />

mehr geben, weil sich die einen die teuren Markenklamotten leisten können <strong>und</strong> die anderen nicht. Diese Neiddebatte<br />

lässt sich ja zumindest in einigen Großstadtschulen beobachten <strong>und</strong> ist dort ein echtes Problem.<br />

Möglichkeit 2 (Pingpong-Modell: eine Kontra- <strong>und</strong> eine Pro-Argumentation):<br />

Jeder sollte doch seinen eigenen Stil finden dürfen. Schließlich befinden sich Jugendliche noch auf der<br />

Suche nach ihrer Identität. Die Möglichkeit, das eine oder andere Outfit <strong>im</strong> Spiegel der Reaktionen der<br />

Mitschüler auszuprobieren, kann dabei durchaus eine Orientierungshilfe geben. Das muss auch nicht<br />

unbedingt in einem Wettbewerb ausarten, wer die angesagtesten Klamotten trägt, weil Marke <strong>und</strong><br />

Individualität nicht gleichzusetzen sind. Wer beispielsweise nur teure Markenware trägt, zeigt zwar, dass<br />

er viel Geld <strong>für</strong> Bekleidung ausgegeben hat. Er hat dadurch aber noch lange nicht einen originellen Stil<br />

entwickelt, der als Ausdruck einer selbstständigen Persönlichkeit wahrgenommen wird.<br />

Für die Identitätssuche ist es allerdings besonders hilfreich, wenn man sich nicht als einsamer Außenseiter<br />

fühlt, sondern die Sicherheit hat, als akzeptiertes Mitglied in einer größeren Gemeinschaft<br />

integriert zu sein. In diesem Sinne könnte die Einführung einer gemeinsamen Schuluniform eine sinnvolle<br />

Maßnahme sein, denn dadurch könnte die Identifikation mit der eigenen Schule deutlich gestärkt<br />

werden. So … (vgl. oben).<br />

b) individuelle Lösungen<br />

C C*<br />

individuelle Lösungen<br />

120


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Lösungen zu 6. − den Schluss formulieren<br />

A B<br />

a) 1. A 3/B 1<br />

2. A 3/B 2<br />

3. A 2 B 1<br />

4. A 1/B 1 oder 3<br />

5. A 1/B 3<br />

b) Verbesserungsvorschlag:<br />

Soll also nach dem Abitur der Label-Terror nicht erst richtig losgehen, dann wäre es konsequent, auch<br />

<strong>im</strong> Studium eine Uni-Form (!) einzuführen. Spätestens hier wird sichtbar, dass die Idee einer Schuluniform<br />

absurd ist. Welche modebewusste erwachsene Frau würde sich schon ihre Kleidung vorschreiben<br />

lassen?<br />

B C<br />

a) 1. A 3/B 1<br />

2. A 3/B 2<br />

3. A 2/B 1<br />

4. A 1/B 1 oder 3<br />

5. A 1/B 3<br />

b) individuelle Lösung<br />

C C*<br />

Individuelle Lösungen<br />

121


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

Lösungen zu 7. – gut lesbare Sätze konstruieren<br />

A B<br />

a) Lösungsvorschläge:<br />

1. Auf dem Land gibt es größere <strong>und</strong> preiswertere Wohnungen, weil die Bodenpreise niedrig sind<br />

<strong>und</strong> die Nachfrage gering ist.<br />

2. Es gibt wenige oder gar keine Industrieabgase, so dass es wenig Smog gibt.<br />

3. Obwohl in der Stadt nicht nur Anonymität herrscht, ist es auf dem Land leichter, menschliche Kon-<br />

takte anzuknüpfen.<br />

Oder: Auf dem Land ist es leicht, menschliche Kontakte anzuknüpfen, obwohl in der Stadt auch<br />

nicht nur Anonymität herrscht.<br />

4. Falls man ernsthaft krank ist, findet man in der Stadt die besseren Ärzte, vor allem <strong>Fach</strong>ärzte.<br />

5. Viele Großstadtbewohner verwirklichen ihren Traum von einem ges<strong>und</strong>en, naturnahen Leben, in-<br />

dem sie in ein Einfamilienhaus mit großem Garten auf dem Land umziehen. (modal)<br />

Viele Großstadtbewohner ziehen in ein Einfamilienhaus mit großem Garten auf dem Land um, da-<br />

mit sie sich ihren Traum von einem ges<strong>und</strong>en, naturnahen Leben verwirklichen können/um sich<br />

ihren Traum zu verwirklichen. (final)<br />

6. Während die Immobilienpreise auf dem Land günstiger als in der Stadt sind, verteuern die weiten<br />

Wege zur Arbeit die Lebensführung.<br />

b) Lösungsvorschlag:<br />

Wenn Sie am Hauptbahnhof in München mit ihrem Gepäck eingecheckt haben, dann kommen sie in<br />

nur 10 Minuten mit dem Transrapid zum Flughafen. Zehn Minuten – das ist eine ausgesprochen kurze<br />

Zeit, wenn Sie einmal vergleichen, wie viel Zeit Sie zu anderen großen Flughäfen brauchen, wie<br />

zum Beispiel Heathrow in London oder Charles de Gaulle in Paris. Wenn Sie außerdem an die großen<br />

Entfernungen auf diesen Flughäfen denken, dann werden Sie mir zust<strong>im</strong>men, dass Sie zum Beispiel<br />

in Frankfurt schon alleine mindestens 10 Minuten benötigen, nur um Ihr Gate zu finden. Mit dem geplanten<br />

Transrapid starten Sie Ihre Flugreise praktisch gesehen bereits am Hauptbahnhof München.<br />

Und da am Hauptbahnhof München alle wichtigen Eisenbahnlinien aus Bayern zusammenlaufen, bedeutet<br />

der Transrapid auch einen großen Vorteil <strong>für</strong> die Reisenden, die aus anderen bayerischen Städten<br />

kommen.<br />

122


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Lösungen zu 7. – gut lesbare Sätze konstruieren<br />

B C<br />

a) Lösungsvorschläge:<br />

1. Wegen der niedrigen Bodenpreise <strong>und</strong> der geringen Nachfrage gibt es auf dem Land größere<br />

<strong>und</strong> preiswertere Wohnungen.<br />

2. Durch wenige oder gar keine Industrieabgase gibt es kaum Smog.<br />

3. Trotz der besseren Möglichkeiten auf dem Land, menschliche Kontakte anzuknüpfen, herrscht in<br />

der Stadt nicht nur Anonymität.<br />

4. Im Falle einer ernsthaften Erkrankung findet man in der Stadt die besseren Ärzte, vor allem <strong>Fach</strong>-<br />

ärzte.<br />

5. Durch einen Umzug in ein Einfamilienhaus mit großem Garten auf dem Land verwirklichen<br />

viele Großstadtbewohner ihren Traum von einem ges<strong>und</strong>en, naturnahen Leben. (modal)<br />

Zur Verwirklichung ihres Traumes von einem ges<strong>und</strong>en, naturnahen Leben ziehen viele Groß-<br />

stadtbewohner in ein Einfamilienhaus mit großem Garten auf dem Land um. (final)<br />

6. Im Gegensatz zu den günstigeren Immobilienpreisen auf dem Land verteuern die weiten<br />

Wege zur Arbeit die Lebensführung.<br />

b) Lösungsvorschlag:<br />

Sehr geehrte K<strong>und</strong>in, sehr geehrter K<strong>und</strong>e,<br />

mit diesem Schreiben wollen wir Ihnen unseren Hausmeister-Service vorstellen, falls Sie uns noch nicht<br />

kennen sollten. Gleichzeitig möchten wir uns <strong>für</strong> Ihr seitheriges Vertrauen bedanken.<br />

Unser Ziel ist es, unsere Dienstleistungen <strong>für</strong> Sie als Mieter bzw. Eigentümer der Wohnanlage … zu<br />

Ihrer vollsten Zufriedenheit zu erledigen. (Beispiele <strong>für</strong> diese Dienstleistungen) Der persönliche Kontakt<br />

zu Ihnen kann uns unsere Aufgabe wesentlich erleichtern. Deshalb bitten wir Sie, sich jederzeit direkt an<br />

uns zu wenden, wenn Sie Fragen, Wünsche oder Probleme haben.<br />

Sie erreichen uns schriftlich über die Adresse … oder auch telefonisch (Nr. …). Sollte gerade niemand<br />

von uns Ihren Anruf entgegennehmen können, hinterlassen Sie bitte über den Anrufbeantworter Ihren<br />

Namen, Ihre Nummer <strong>und</strong> Ihr Anliegen. Wir werden Sie dann umgehend zurückrufen.<br />

Wir hoffen, dass wir unsere Zusammenarbeit auf diese Weise noch weiter verbessern können, <strong>und</strong> verbleiben<br />

mit herzlichen Grüßen,<br />

Ihr Hausmeister-Service<br />

c) individuelle Lösungen<br />

123


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

Lösungen zu 7. – gut lesbare Sätze konstruieren<br />

C C*<br />

a) Lösungsvorschläge:<br />

1. Wegen der niedrigeren Nachfrage sind die Bodenpreise <strong>und</strong> die Herstellungskosten auf dem Land<br />

günstiger, so dass Einfamilienhäuser vorherrschen <strong>und</strong> die Wohndichte geringer als in der Stadt<br />

ist.<br />

2. Auf dem Land findet sich eine überschaubare Gemeinschaft, bei der jeder jeden kennt, denn ein<br />

Gespräch über den Gartenzaun oder Nachbarschaftshilfe ist selbstverständlich, so dass die Kon-<br />

takte zu den Mitmenschen viel intensiver sind.<br />

3. Dadurch, dass es weniger Verkehr <strong>und</strong> Industrie gibt, wohnt man auf dem Land ruhiger <strong>und</strong> die<br />

Umweltbelastungen sind geringer, so dass man auch gesünder lebt.<br />

4. Während man in der Stadt eine große Auswahl an Einkaufsmöglichkeiten hat, zum Beispiel finden<br />

sich dort viele Spezialgeschäfte, verteuern große Entfernungen zur Arbeit oder zu den weiterfüh-<br />

renden Schulen das Leben auf dem Land.<br />

5. Während es auf dem Land wegen der begrenzten sportlichen oder kulturellen Angebote wenig<br />

Abwechslung gibt, ist das Leben in der Stadt wesentlich attraktiver, was die Ausgehmöglichkeiten<br />

betrifft.<br />

6. Die Ärzteauswahl, vor allem bei den <strong>Fach</strong>ärzten, ist in der Stadt deutlich besser, Apotheken finden<br />

sich an jeder Ecke <strong>und</strong> auch die guten Krankenhäuser sind alle in den Städten, wohingegen es bei<br />

der medizinischen Versorgung auf dem Land wesentlich schlechter aussieht.<br />

b) Lösungsvorschläge:<br />

Die Strafe kann zur Bewährung ausgesetzt werden. Denn der Geschädigte, der vom Angeklagten tätlich<br />

angegriffen wurde, war am Streit der beiden nicht ganz schuldlos. Außerdem wirkt sich das Geständnis<br />

des Angeklagten mildernd aus, denn dieses Geständnis wurde außerdem von mehreren Zeugen unter<br />

Eid bestätigt.<br />

Schule ist Laufsteg <strong>und</strong> Tatort zugleich. Zum Beweis reicht ein Blick in die Statistiken, die steigende<br />

Kr<strong>im</strong>inalitätsraten bei Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen melden. So gaben 36 Prozent der 15-jährigen Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler an, schon einmal Opfer einer Gewaltanwendung gewesen zu sein. Jeder dritte<br />

Hamburger Neuntklässler hat nach einer Untersuchung des Kr<strong>im</strong>inologen Christian Pfeiffer Angst<br />

vor dem Abziehen <strong>und</strong> jeder vierte wurde schon tatsächlich beraubt oder erpresst. Unter „Abziehen“<br />

versteht man die neue Lieblingsbeschäftigung von kr<strong>im</strong>inellen Jugendlichen, anderen Jugendlichen<br />

durch Gewaltanwendung wertvolle Kleidungsstücke wegzunehmen. Da ist es kein W<strong>und</strong>er, wenn in<br />

der empörten Öffentlichkeit die Frage debattiert wird, ob man nicht die Markenkleidung an den Schulen<br />

verbieten sollte.<br />

124


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Lösungen zu 8. − einen angemessenen Wortschatz benutzen<br />

A B<br />

a) Lösungsvorschläge:<br />

1. Liebe Zuschauerinnen <strong>und</strong> Zuschauer, unsere Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen haben einige Überstun-<br />

den leisten müssen, um Ihnen diesen Bericht noch zeigen zu können!<br />

2. Hertha war keineswegs nur auf die Verteidigung des eigenen Tores bedacht.<br />

3. Auswärts sind die Greuther stärker als vor he<strong>im</strong>ischem Publikum.<br />

4. In der Stadt tummelten sich vor dem Spiel die Massen holländischer Fans.<br />

5. Gomez wurde noch gegen Ende des Spiels eingewechselt, aber das interessierte nur noch<br />

die Statistiker.<br />

6. Bisher lösen die Bayern ihre schwere Aufgabe ganz toll.<br />

Bisher ziehen sich die Bayern ganz toll aus der Bredouille.<br />

7. Die schwedische Mannschaft spielt längst nicht so erfolgreich wie das holländische Team – das hat<br />

man ganz genau gesehen.<br />

8. (Vermutung:) Er hatte in seiner Karriere vielleicht schon ähnlich entscheidende Momente erlebt,<br />

aber noch nie eine so hochemotionale Situation.<br />

9. Der Beifall gilt Podolski, der jetzt seinen Trainingsanzug auszieht, um sich warmzulaufen.<br />

10. Die Borussia hat ihre Transferausgaben um ein Drittel gesenkt, die Hertha gibt sogar nur<br />

noch ein Siebtel <strong>für</strong> neue Spieler aus.<br />

11. An der rechten Schulter ist Klose besonders verletzungsanfällig.<br />

12. Ich hoffe, dass die deutsche Mannschaft auch in der zweiten Halbzeit eine so gute Leistung abgibt<br />

wie in der ersten Hälfte. Denn das würde den guten Eindruck, den sie bisher hinterlassen hat, ab-<br />

r<strong>und</strong>en.<br />

13. Die Ursache <strong>für</strong> das schlechte Spiel der Stuttgarter ist die fehlende Präzision.<br />

14. Ribery <strong>und</strong> Müller inspirieren sich gegenseitig.<br />

b) Vorschlag <strong>für</strong> eine Argumentation:<br />

Bei vielen Jugendlichen spielt die Neugierde eine große Rolle. Sie orientieren sich an etwas älteren<br />

Jugendlichen, die schon rauchen <strong>und</strong> ihnen besonders cool vorkommen. Das Eigenartige ist, dass sie<br />

oft auch weiterrauchen, obwohl die Zigarette scheußlich geschmeckt hat oder ihnen sogar schlecht<br />

geworden ist. Aber der Gruppenzwang innerhalb der Clique spielt in diesem Alter eine so große Rolle,<br />

dass man gegen alle Vernunft mit dem Rauchen weitermacht, weil der Cliquenchef es so vorlebt. Dieses<br />

Verhalten betrifft vor allem Jugendliche mit einem schwach ausgeprägten Selbstbewusstsein, die auf<br />

diese Weise eine Bestätigung suchen. Am Beispiel der jungen Gewohnheitsraucherin, die bereits mit 11<br />

Jahren erste Erfahrungen mit Rauchen gesammelt hat, wird dieser Zusammenhang deutlich. Sie griff<br />

zur Zigarette <strong>und</strong> blieb dann auch dabei, weil sie den rauchenden Anführer der Gruppe als besonders<br />

coolen Typen bew<strong>und</strong>erte. Erst viel später erkannte sie, dass dieser Junge einfach nur ein Angeber war.<br />

Aber durch ihre Rolle als Mitläuferin oder Mitraucherin fühlte sie sich damals schon wie eine Erwachsene,<br />

wodurch sie ihr geringes Selbstbewusstsein stärken konnte.<br />

c) individuelle Lösungen<br />

125


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

Lösungen zu 8. − einen angemessenen Wortschatz benutzen<br />

B C<br />

a) Lösungsvorschläge:<br />

MB: Du musst deinen Vorgesetzten das Risiko erklären, dass du mit deinen Geldanlagen eingegangen<br />

bist. Ich habe gehört, dass du <strong>im</strong> Augenblick hohe Verluste eingefahren hast.<br />

JK: Das ist richtig, aber ich kann doch meine Position nicht bei 250 000 verkaufen. Da mache ich doch<br />

einen Riesenverlust.<br />

MB: Das ist sicher ein ganz schöner Stress <strong>für</strong> dich <strong>im</strong> Augenblick. Vielleicht solltest du dir mal Ferien<br />

gönnen.<br />

JK: Ich kann <strong>im</strong> Augenblick nicht Ferien nehmen. Wenn ich meine Probleme nicht lösen kann, lande ich<br />

<strong>im</strong> Gefängnis.<br />

MB: Du übertreibst. Was hast du schon Schl<strong>im</strong>mes gemacht? Du hast doch niemanden bestohlen. Im<br />

Sinne des Gesetzes hast du überhaupt nichts Illegales gemacht.<br />

JK: Du hast Recht. Ich habe <strong>für</strong> meine Bank viel Geld verdient.<br />

MB: Ich hätte in deinem Fall kein Problem damit, ins Gefängnis zu gehen, wenn ich legal viel Geld ver-<br />

dient hätte.<br />

JK: Jetzt übertreibst du aber.<br />

MB: Vergessen wir es.<br />

JK: Das sind so Situationen, in denen man sich wirklich beweisen muss.<br />

MB: Das ist die richtige Einstellung. Du bist ein einfacher <strong>und</strong> diskreter Angestellter deiner Bank. Du<br />

verdienst <strong>für</strong> deinen Arbeitgeber sehr viel Geld. Und niemand dankt es dir.<br />

(Am Tag, als die Bankgeschäfte entdeckt wurden):<br />

JK: Heute ist mein letzter Arbeitstag in der Bank.<br />

MB: Gib die Hoffnung nicht auf. Der DOW JONES steigt heute wieder kräftig. Er peilt die Marke von<br />

4180 Punkten an.<br />

JK: Das nützt mir leider gar nichts mehr. Meine Geschäfte sind aufgeflogen.<br />

(Wenige St<strong>und</strong>en später)<br />

JK: Jetzt stecke ich richtig <strong>im</strong> Schlamassel.<br />

MB: Warum?<br />

JK: In 30 Minuten werde ich entlassen.<br />

MB: Sie haben dich zu einem Gespräch gebeten? Mit wem triffst du dich?<br />

JK: Ich treffe mich mit den beiden wichtigsten Managern meiner Bank.<br />

MB: Ruf mich bitte nach dem Gespräch an.<br />

JK: Ich will eigentlich gar nicht darüber sprechen.<br />

126


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Lösungen zu 8. − einen angemessenen Wortschatz benutzen<br />

B C<br />

b) Vorschlag <strong>für</strong> eine Argumentation (Bezug nehmend auf Lösungsvorschlag S. 17 b):<br />

Da das Rauchen bei Jugendlichen sehr oft aufgr<strong>und</strong> einer psychischen Abhängigkeit beginnt, könnte<br />

man daraus eine Strategie ableiten, die sich eine konsequente Stärkung des Selbstbewusstseins zum<br />

Ziel setzt. Wie man am Beispiel der jungen Gewohnheitsraucherin erkennen kann, orientieren sich viele<br />

Jugendliche mit einem schwach ausgeprägten Selbstbewusstsein am Leader ihrer Clique. Um dieser<br />

Gefahr vorzubeugen, müsste man zunächst in der Familie, der wichtigsten Sozialisationsinstanz, versuchen,<br />

durch ausreichende liebevolle Zuwendung die Selbstwertgefühle des Kindes zu stärken. Das<br />

sollte natürlich nicht so weit gehen, dass man das Kind nur noch lobt, egal was es gemacht hat. Vielmehr<br />

geht es darum, dass die Eltern ihrem Kind zeigen, dass sie ihm gr<strong>und</strong>sätzlich vertrauen, <strong>und</strong><br />

<strong>im</strong>mer dann, wenn das Kind etwas gut gemacht hat, ihm ein positives Feedback geben. Unabhängig<br />

davon bleibt es Aufgabe der Eltern, ihrem Kind auch seine Grenzen aufzuzeigen. Eine wichtige Grenze<br />

ist ja auch, dass man nicht zu Drogen greifen sollte. Da die Kinder sich aber spätestens be<strong>im</strong> Eintritt in<br />

die Pubertät sehr stark an den Gruppen ihrer Altersgenossen orientieren, sollten die Eltern auch darauf<br />

achten, dass ihre Kinder sich Gruppen anschließen, in denen sie gut aufgehoben sind. Das könnten zum<br />

Beispiel Sportvereine sein. Wenn die Jugendlichen sich in einer Mannschaft integrieren, können sie sich<br />

sowohl physisch durch ihre sportliche Leistung als auch psychisch durch das Gemeinschaftsgefühl beweisen,<br />

so dass ihr Selbstbewusstsein automatisch gestärkt wird. Dadurch ließe sich die Gefahr, falsche<br />

Vorbilder <strong>im</strong>itieren zu müssen, wahrscheinlich deutlich reduzieren.<br />

C C*<br />

a) Lösungsvorschlag:<br />

In diesem Artikel wird der soziale Wandel durch den Modernisierungsprozess auf mehreren Ebenen beschrieben.<br />

… Auf der gesellschaftlichen Ebene geht es dabei um eine Differenzierung der Schichten aufgr<strong>und</strong><br />

ihrer Funktion. (Hier wäre ein Beispiel <strong>für</strong> den Leser sehr hilfreich, um zu verstehen, um welche<br />

Funktionen es sich dabei handeln könnte.) Auf der Ebene der Lebensweise verstärkt der Modernisierungsprozess<br />

die Individualisierung der Menschen. Auf der Ebene der Mentalitäten kommt es zu einer<br />

Schwerpunktverlagerung: Anstatt wie früher sich gr<strong>und</strong>sätzlich an die gesellschaftlichen Verhältnisse<br />

anzupassen, sie also unhinterfragt zu akzeptieren, dominiert nun der Wunsch zur Selbstentfaltung. Heute<br />

stehen sich das Modell des Sozialstaates <strong>und</strong> das amerikanische Modell gegenüber. Die Idee des<br />

Sozialstaates wird dabei durch die Globalisierung in Frage gestellt. Als ein erstes Anzeichen <strong>für</strong> einen<br />

Wertewandel in <strong>Deutsch</strong>land vom Sozialstaatsmodell zum amerikanischen Modell könnte man die Ausbreitung<br />

des sogenannten Hedomaterialismus (Streben nach egoistischer Befriedigung der eigenen<br />

Bedürfnisse, ohne sich um die Mitmenschen zu kümmern) sehen. Außerdem lässt sich bei jungen Leuten<br />

die Einstellung beobachten, sich entweder zu den Gewinnern oder den Verlierern des gesellschaftlichen<br />

Wandels zu zählen. Für die Gesamtbevölkerung kann man feststellen, dass sie einerseits die sich<br />

abzeichnende neue Situation ablehnt <strong>und</strong> sich andererseits teilweise daran anzupassen versucht.<br />

b) individuelle Lösungen<br />

127


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

128<br />

Vorstufen der<br />

Lernzielkontrolle<br />

Transparenz <strong>und</strong><br />

diagnostische Chancen<br />

Themen<br />

4.6 Vorschläge <strong>für</strong> die Lernzielkontrolle<br />

Günter Graf <strong>und</strong> Winfried Harst 1 weisen zu Recht darauf hin, dass die Behandlung<br />

der Erörterung als ein längerer Reflexions- <strong>und</strong> Schreibprozess angelegt<br />

sein sollte, weil bei dieser Aufsatzform in noch größerem Maße als bei anderen<br />

Schreibformen heuristische <strong>und</strong> zugleich kommunikative Elemente berücksichtigt<br />

werden müssen, heuristisch <strong>im</strong> Sinne eines Meinungsbildungsprozesses<br />

<strong>im</strong> Kopf des Schreibenden analog zu Kleists Darlegung der Entwicklung des<br />

Gedankenflusses parallel zum Redeverlauf, kommunikativ <strong>im</strong> Sinne eines<br />

ständigen Leserbezugs. Da bei vielen Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern die <strong>für</strong> die<br />

Beachtung des kommunikativen Aspektes notwendige Distanz zum eigenen<br />

Schreibprodukt nicht von Anfang an vorausgesetzt werden kann, eben weil<br />

die Ordnung der eigenen Gedanken <strong>und</strong> das möglicherweise daraus sich ergebende<br />

Ergebnis zunächst <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong> stehen, plädieren Graf <strong>und</strong> Harst<br />

<strong>für</strong> vielfältige Vorstufen vor der eigentlichen Lernzielkontrolle, wie zum Beispiel<br />

eine ausführliche Schreibwerkstatt mit mehrfachen Überarbeitungsschleifen<br />

oder die Abfassung von Teilschritten unter Verzicht etwa der Einleitung oder<br />

eines ergebnisorientierten Schlusses.<br />

In dieser Handreichung war es ein zentrales Anliegen zu zeigen, dass solche<br />

Trainingselemente einen wesentlichen Bestandteil des kompetenzorientierten<br />

Unterrichts darstellen. Außerdem sollte am Beispiel der dialektischen Erörterung<br />

in Klasse 9 ein Modell vorgestellt werden, das diese Übungsphasen <strong>und</strong><br />

ihre Reflexion bewusst <strong>und</strong> systematisch in den Unterrichtsgang integriert. Eigentlich<br />

wäre die logische Konsequenz aus der mit dem kompetenzorientierten<br />

Unterricht verb<strong>und</strong>enen größeren Individualisierung, dass jeder Lernende<br />

dann seine Klassenarbeit schreibt, wenn er selber glaubt, sich darauf genügend<br />

vorbereitet zu haben. Aber <strong>im</strong> aktuellen Schulsystem mit seinem engen Zeitkorsett<br />

<strong>und</strong> seinen auch stark vom juristischen Aspekt der Gleichbehandlung<br />

geprägten Rahmenbedingungen ist ein solches Vorgehen bis auf weiteres nur<br />

schwer vorstellbar. Trotzdem sollte man aber bei der von allen Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schülern am Ende der UE zu schreibenden Klassenarbeit nicht darauf verzichten,<br />

<strong>für</strong> eine möglichst hohe Transparenz der Bewertungskriterien <strong>und</strong> der<br />

Korrekturweise zu sorgen, um den Aufsatz nicht nur <strong>für</strong> die Benotung zu nutzen,<br />

sondern auch als diagnostische Chance, aus der sich praktische Konsequenzen<br />

<strong>für</strong> die nachfolgenden Unterrichtseinheiten ergeben, <strong>für</strong> den Lehrenden als Anregung<br />

<strong>für</strong> weitere, insbesondere auch binnendifferenzierende Übungsformen<br />

- auch <strong>im</strong> Rahmen von anderen Unterrichtsinhalten -, <strong>für</strong> die Lernenden als<br />

Rückmeldung, auf welchen Stärken sie inzwischen aufbauen können <strong>und</strong> welche<br />

Übungsangebote sie <strong>für</strong> sich auswählen sollten.<br />

Themenstellungen liegen in den Lehrwerken mehr als genug vor. Eine reichhaltige<br />

Auswahl findet sich auch in den Zentralen Klassenarbeiten <strong>für</strong> Klasse<br />

10, die in der Regel an jeder Schule vorliegen sollten.<br />

1 Günter Graf / Winfried Harst: Zur Didaktik <strong>und</strong> Methodik der Erörterung. Stuttgart 2006. S. 31 f.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Interessant ist, dass in den Realschulen, die ja weiterhin ihre zentralen Abschlussarbeiten<br />

schreiben, bei den Erörterungsthemen inzwischen der kommunikative<br />

Aspekt in die Aufgabenstellungen integriert wird, sodass es sich auch<br />

<strong>für</strong> die Gymnasiallehrer lohnen sollte, aus dieser Quelle zu schöpfen. 2<br />

Angesichts dieser ergiebigen Materiallage soll an dieser Stelle nur eine beispielhafte<br />

Klassenarbeit mit einem Bewertungsbogen angefügt werden, der einerseits<br />

die wünschenswerte Transparenz gewährleistet <strong>und</strong> andererseits auch<br />

durch die einzelnen Kriterien einige Anhaltspunkte <strong>für</strong> eine anschließende Analyse<br />

anbietet. Die Gesamtnote lässt sich durch eine einfache Division durch den<br />

Teiler „zehn“ errechnen. Für eine Erklärung der Korrekturzeichen sei auf den<br />

Rückmeldebogen aus der Zwischendiagnostik in 4.3 verwiesen.<br />

2 Im Stark-Verlag werden die Aufgaben der Jahre 2005 bis 2011 der Abschlussprüfung <strong>für</strong> die<br />

Realschule in Baden-Württemberg <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> mit ausgearbeiteten Lösungsvorschlägen<br />

angeboten.<br />

129


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

Klassenarbeit <strong>Deutsch</strong> Klasse 9 – Dialektische Erörterung<br />

Wähle ein Thema aus den folgenden sechs Angeboten aus, markiere <strong>und</strong> bearbeite es.<br />

1. Wäre die Einführung einer Kleiderordnung <strong>für</strong> Lehrende sinnvoll?<br />

2. Sollte man die Noten <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> Sport abschaffen?<br />

3. „Familie oder Karriere – da muss man sich entscheiden!“ Inwieweit kannst du dieser Aussage<br />

eines Berufsberaters zust<strong>im</strong>men?<br />

4. Erörtere, ob es sinnvoller ist, <strong>für</strong> ein kostenloses Studium zu sorgen oder eine kostenlose Infrastruktur<br />

<strong>für</strong> die Kleinkinderbetreuung aufzubauen.<br />

5. „Sich gut verkaufen zu können, ist der Schlüssel zum Erfolg <strong>im</strong> Leben!“<br />

Erörtere, inwieweit du diesem Motto zust<strong>im</strong>men kannst.<br />

6. In einigen B<strong>und</strong>esländern wird „Ben<strong>im</strong>m-Unterricht“ als Schulfach eingeführt, um das soziale<br />

Miteinander zu fördern. Prüfe die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme.<br />

Bewertung:<br />

NAME:<br />

Sauberkeit/Abschnitte<br />

(Ab)<br />

Sprachrichtigkeit<br />

(G, T, R, Z)<br />

Ausdrucksvermögen<br />

(A, W, St)<br />

Verknüpfungen<br />

(V, Sb)<br />

Einleitung<br />

Hauptteil (zählt doppelt)<br />

(I, Erl, Bg, Bsp)<br />

Logik (zählt doppelt)<br />

(Log, B, Bg, Th)<br />

Schluss<br />

Gesamtnote:<br />

130


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Anhang<br />

Als Hilfe <strong>für</strong> die Erstellung von eigenen Diagnoseaufgaben <strong>und</strong> an den Teilkompetenzen<br />

orientierten Übungen werden <strong>im</strong> Folgenden die fünf Niveaukonkretisierungen,<br />

die sich auf den Erörterungsbereich beziehen, in der praktischen<br />

Tabellenform aufgeführt 1 .<br />

1. Eine begründete (mündliche) Stellungnahme abgeben (Klasse 8)<br />

Kriterium A B C<br />

Einleitung Die Stellungnahme beginnt<br />

ohne Hinweis auf den<br />

Problemzusammenhang.<br />

Gedankenführung Die Stellungnahme basiert<br />

auf persönlichen Erfahrungen<br />

<strong>und</strong> Vorlieben. Die Position<br />

ist klar erkennbar <strong>und</strong><br />

wird mit wenigen, einfach<br />

formulierten Argumenten<br />

untermauert. Beispiele fehlen<br />

oder stehen <strong>im</strong> Zentrum der<br />

Darstellung.<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

führen zur eigentlichen<br />

Stellungnahme hin, indem<br />

sie auf die Problemlage<br />

hinweisen.<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

stützen ihre Aussage mit<br />

mehreren Argumenten <strong>und</strong><br />

beziehen auch Beispiele ein.<br />

Der Darstellung liegt ein<br />

einfaches, aber sinnvolles<br />

Aufbauschema zu Gr<strong>und</strong>e.<br />

Ein einleitender Satz situiert<br />

den Beitrag.<br />

Die Einleitung führt zu<br />

einer differenzierten<br />

Stellungnahme, bei<br />

der die Argumente<br />

<strong>und</strong> Beispiele in einen<br />

sachlogisch strukturierten<br />

<strong>und</strong> schlüssigen Argumentationszusammenhang<br />

gebracht werden. Dabei<br />

werden die Argumente<br />

gewichtet <strong>und</strong> mögliche<br />

Einwände einbezogen.<br />

Schluss - fehlt - - fehlt - Die Argumentation wird<br />

mit einer Schlussfolgerung,<br />

einem Ausblick oder einer<br />

Synthese beendet.<br />

Sprache Wortschatz, Satzbau <strong>und</strong><br />

Satzverbindung sind einfach,<br />

die Aussage insgesamt<br />

ist verständlich <strong>und</strong> klar<br />

artikuliert.<br />

1 Die Überführung in die Tabellenform erfolgte durch Jan-Arne Sohns (LS).<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

artikulieren deutlich <strong>und</strong><br />

sprechen adressatenbezogen.<br />

Wortschatz, Satzbau<br />

<strong>und</strong> Satzverbindungen<br />

entsprechen der Komplexität<br />

der Argumentation. Der<br />

Vortrag ist lebendig <strong>und</strong><br />

flüssig; eine deutliche<br />

Aussprache <strong>und</strong> eine<br />

lebendige Intonation<br />

erleichtern das Verständnis.<br />

131


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

2. Argumente sinnvoll strukturieren <strong>und</strong> präzise darstellen (Klasse 8)<br />

Kriterium A B C<br />

Position Die Position ist oft erst <strong>im</strong> Verlauf der<br />

Argumentation erkennbar, weil sie<br />

sprachlich nicht präzise zum Ausdruck<br />

gebracht wird. (Ich bin da<strong>für</strong>/dagegen,<br />

weil … Ich finde es gut, weil ….)<br />

Gedankenführung/<br />

Aufbau der<br />

Argumentation<br />

Formulierung von<br />

Argumenten<br />

Absicherung von<br />

Argumenten<br />

Sprache (v.a.<br />

Indikatoren)<br />

132<br />

Die Argumentation folgt starr einem<br />

Schema oder Modell, wobei die<br />

Aussagen nicht <strong>im</strong>mer funktional <strong>und</strong><br />

logisch in gedanklichem Zusammenhang<br />

stehen (Ich bin <strong>für</strong> absolutes<br />

Rauchverbot, weil Rauchen nicht an<br />

die Schule gehört, denn Rauchen ist<br />

ges<strong>und</strong>heitsschädlich.) Der Beitrag<br />

erscheint deshalb als nicht in sich<br />

st<strong>im</strong>mig <strong>und</strong> schwerfällig.<br />

Häufig gelingt es noch nicht, das<br />

Argument als abstrakte Aussage<br />

zu formulieren (Ich bin gegen das<br />

Rauchen an Schulen, weil jedes Jahr<br />

viele Menschen an den Folgen des<br />

Rauchens sterben…statt: weil Rauchen<br />

ges<strong>und</strong>heitsschädlich ist).<br />

Zu einigen Argumenten werden<br />

Erläuterungen formuliert <strong>und</strong>/oder<br />

Beispiele angeführt. Nicht selten fehlt<br />

die Erläuterung, so dass die Darstellung<br />

oberflächlich wirkt. Auch wird oft ein<br />

weiteres Argument zur Erläuterung<br />

eines Arguments verwendet. (... weil<br />

das Rauchen die Raucher schädigt <strong>und</strong><br />

die, die den Rauch einatmen müssen.<br />

Durch die vielen Kippen wird nämlich der<br />

Schulhof verschmutzt.) oder ein Beispiel<br />

ersetzt das Argument.<br />

Indikatoren werden eingesetzt, dienen<br />

aber nicht <strong>im</strong>mer der argumentativen<br />

Klarheit (z. B. Ich bin <strong>für</strong> das absolute<br />

Rauchverbot an Schulen, denn es sterben<br />

jedes Jahr viele Menschen an den Folgen<br />

des Rauchens; je früher man nämlich mit<br />

dem Rauchen beginnt, umso größer ist<br />

das Risiko, früh zu sterben.).<br />

Die Position ist von Anfang<br />

an deutlich erkennbar. (Ich<br />

bin <strong>für</strong> die Einführung des<br />

absoluten Rauchverbots,<br />

weil …)<br />

Die Argumentation folgt<br />

einem Schema oder Modell<br />

<strong>und</strong> ist weitgehend in sich<br />

st<strong>im</strong>mig.<br />

Das kommt der Klarheit<br />

der Argumentation zugute,<br />

auch wenn sie stellenweise<br />

schematisch wirkt.<br />

Meistens gelingt es, das<br />

Argument als abstrakte<br />

Aussage zu formulieren.<br />

Zu den meisten Argumenten<br />

werden brauchbare<br />

Erläuterungen <strong>und</strong> Beispiele<br />

formuliert, die aber meist<br />

knapp ausfallen <strong>und</strong><br />

schematisch eingeb<strong>und</strong>en<br />

werden. Die Argumentation<br />

wirkt dadurch stellenweise<br />

verkürzt oder unvollständig.<br />

Indikatoren (da, weil,<br />

nämlich, zum Beispiel,<br />

außerdem, folglich…)<br />

werden schematisch (Ich<br />

bin <strong>für</strong>…, weil…. Denn….,<br />

z. B. …, außerdem ….<br />

Deshalb...), in der Regel<br />

aber funktionsgerecht<br />

verwendet.<br />

Die Position ist von Anfang<br />

an deutlich erkennbar. Mit<br />

Adverbien bzw. adverbialen<br />

Ausdrücken, z. B. sehr,<br />

absolut, auf jeden Fall, entschieden,<br />

weitgehend, wird<br />

die Einstellung präzisiert.<br />

Die Argumentation orientiert<br />

sich an einem Schema oder<br />

Modell, das flexibel <strong>und</strong> in<br />

sich st<strong>im</strong>mig umgesetzt wird.<br />

Zur argumentativen<br />

Untermauerung der These<br />

wird sicher auf abstrakt<br />

formulierte Argumente<br />

zurückgegriffen.<br />

Zu den Argumenten werden<br />

je nach Notwendigkeit<br />

längere oder kürzere<br />

Erläuterungen <strong>und</strong> Beispiele<br />

formuliert <strong>und</strong> präzise <strong>und</strong><br />

abwechslungsreich an das<br />

Argument angeschlossen.<br />

Indikatoren werden sicher,<br />

funktionsgerecht <strong>und</strong><br />

stilistisch abwechslungsreich<br />

verwendet.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

3. Sich in Form einer einfachen Erörterung mit einem Sachverhalt auseinandersetzen (Klasse 8)<br />

Kriterium A B C<br />

Erfassen der<br />

Aufgabe<br />

Die Aufgabe ist richtig erfasst<br />

worden, einige naheliegende Gründe<br />

werden angeführt.<br />

Aufbau Die einzelnen Teile der Erörterung<br />

stehen oft in keinem angemessenen<br />

Verhältnis zueinander.<br />

Einleitung Die Einleitung n<strong>im</strong>mt den<br />

Themenbereich in den Blick. Sie folgt<br />

in der Regel einfachen Mustern<br />

Hauptteil:<br />

Gedanken-<br />

führung/<br />

Argumentation<br />

Gründe/Argumente werden<br />

knapp dargestellt <strong>und</strong> mit kurzen<br />

Erläuterungen <strong>und</strong> Beispielen<br />

gestützt. Stützen bzw. Beispiele<br />

können auch an einigen Stellen<br />

fehlen. Die Gründe werden<br />

nicht <strong>im</strong>mer klar voneinander<br />

unterschieden, sondern gehen<br />

manchmal ineinander über. Der<br />

Hauptteil ist nicht klar untergliedert<br />

Die Argumente werden oft<br />

additiv aneinandergereiht, die<br />

Gedankenführung ist an einigen<br />

Stellen sprunghaft, die große Linie<br />

ist aber nachvollziehbar.<br />

Die Position ist klar erkennbar<br />

<strong>und</strong> wird mit wenigen, einfach<br />

formulierten Argumenten<br />

untermauert.<br />

Schluss Der Schluss ist meistens schematisch<br />

<strong>und</strong> r<strong>und</strong>et die Argumentation nicht<br />

wirklich ab.<br />

Sprache Der Satzbau ist weitgehend<br />

parataktisch, einfache Satzanfänge<br />

charakterisieren den Stil.<br />

Wortschatz <strong>und</strong> Satzverbindung sind<br />

einfach, die Aussage insgesamt ist<br />

verständlich <strong>und</strong> klar artikuliert.<br />

Die Aufgabe ist richtig erfasst<br />

worden, mehrere wichtige Gründe<br />

werden angeführt.<br />

Die Darstellung gliedert sich<br />

deutlich in Einleitung, Hauptteil <strong>und</strong><br />

Schluss.<br />

Die Einleitung umreißt den Themenbereich.<br />

Sie orientiert sich in<br />

der Regel an gängigen Mustern<br />

(Ausgangspunkt: eigene<br />

Erfahrungen, Beispiel, Aktualität<br />

u.a.) <strong>und</strong> führt, nicht <strong>im</strong>mer ganz<br />

schlüssig, zur Themenfrage.<br />

Gründe/Argumente werden<br />

unterschiedlich differenziert<br />

ausgeführt: Einige werden<br />

ausführlich erläutert <strong>und</strong><br />

veranschaulicht, andere knapp oder<br />

gar nicht.<br />

Der Hauptteil weist einzelne<br />

Abschnitte auf, die jeweils einem<br />

Gr<strong>und</strong>, oft aber auch zwei oder drei<br />

Gründen gewidmet sind.<br />

Die Gedankenführung weist<br />

eine erkennbare Linie auf: Die<br />

Gedanken folgen meistens sinnvoll<br />

aufeinander.<br />

Der Darstellung liegt ein einfaches,<br />

aber sinnvolles Aufbauschema zu<br />

Gr<strong>und</strong>e.<br />

Mit einem passenden Schluss wird<br />

die Darstellung in der Regel sinnvoll<br />

zu Ende geführt <strong>und</strong> abger<strong>und</strong>et.<br />

Der Satzbau weist einfache<br />

syntaktischen Verknüpfungen<br />

auf. Die Satzanfänge folgen<br />

unterschiedlichen Satzbaumustern.<br />

Der Ausdruck ist meistens klar <strong>und</strong><br />

verständlich.<br />

Die Aufgabe ist richtig<br />

erfasst worden, zahlreiche<br />

Gründe werden angeführt,<br />

auch aus unterschiedlichen<br />

Perspektiven.<br />

Die Einleitung basiert auf<br />

einem originellen Einfall <strong>und</strong><br />

führt direkt <strong>und</strong> lebendig zur<br />

Themenfrage.<br />

Alle Gründe/Argumente<br />

werden differenziert erläutert<br />

<strong>und</strong> mit treffenden Beispielen<br />

veranschaulicht.<br />

Die Darstellung gliedert<br />

sich deutlich in Einleitung,<br />

Hauptteil <strong>und</strong> Schluss.<br />

Der Hauptteil weist eine<br />

deutliche inhaltliche<br />

Gliederung auf, die von einer<br />

übersichtlichen <strong>und</strong> logischen<br />

Argumentationsstruktur<br />

best<strong>im</strong>mt wird. Die<br />

Gedankenführung ist<br />

durchgehend schlüssig,<br />

zielstrebig <strong>und</strong> spannend.<br />

Die Argumente werden<br />

gewichtet.<br />

Mit dem Schluss wird ein<br />

wirksamer, meist auch<br />

origineller Schlussakzent<br />

gesetzt, z. B. durch den<br />

Hinweis auf Konsequenzen<br />

oder durch einen Appell, auch<br />

eine Schlussfolgerung oder<br />

ein Ausblick sind möglich.<br />

Der Satzbau ist<br />

weitgehend hypotaktisch<br />

<strong>und</strong> weist differenzierte<br />

Satzverbindungen auf. Die<br />

Gedanken werden sicher<br />

<strong>und</strong> gewandt formuliert.<br />

Wortschatz, Satzbau<br />

<strong>und</strong> Satzverbindungen<br />

entsprechen der Komplexität<br />

der Argumentation.<br />

133


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

4. Eine dialektische Erörterung schreiben (Klasse 10)<br />

Kriterium A B C<br />

Erfassen<br />

der<br />

Aufgabe<br />

Das Thema wird in seiner<br />

Zweiteiligkeit (Behauptung<br />

<strong>und</strong> die Aufforderung sich<br />

auseinanderzusetzen) erkannt.<br />

Aufbau Ein dialektischer Aufbau der<br />

Erörterung wird gewählt.<br />

Einleitung Eine einfache Einleitung, die<br />

auf das Problem aufmerksam<br />

macht, ist erkennbar.<br />

Hauptteil:<br />

Gedanken-<br />

führung/<br />

Argument-<br />

ation<br />

Der Hauptteil gliedert sich<br />

in zwei Teile, wobei die<br />

Pro-Argumente die Kontra-<br />

Argumente überwiegen.<br />

Die Gegenargumente sind<br />

weniger stark vertreten.<br />

Der Verfasser wählt Belege, die<br />

nicht <strong>im</strong>mer überzeugen.<br />

Schluss Das Ergebnis steht <strong>im</strong><br />

Zusammenhang mit dem Gang<br />

der Argumentation.<br />

Sprache Die sprachliche Gestaltung ist<br />

einfach <strong>und</strong> noch nicht sehr<br />

differenziert.<br />

134<br />

Das Thema wird in seiner<br />

Zweiteiligkeit (Behauptung<br />

<strong>und</strong> die Aufforderung sich<br />

auseinanderzusetzen) erkannt.<br />

Ein dialektischer Aufbau der<br />

Erörterung wird gewählt.<br />

Die Einleitung führt direkt zur<br />

Auseinandersetzung mit dem<br />

Thema.<br />

Der Verfasser kann einige<br />

Argumente <strong>für</strong> <strong>und</strong> wider die<br />

These einbringen <strong>und</strong> diese<br />

auch logisch überzeugend<br />

aufeinander beziehen.<br />

Er bemüht sich dabei um<br />

Überleitungen.<br />

Die gewählten Belege sind<br />

stets nachvollziehbar <strong>und</strong><br />

überzeugen weitgehend.<br />

Das Ergebnis leitet<br />

sich sinnvoll aus dem<br />

Argumentationsgang ab.<br />

Sprachlich ist die Arbeit klar<br />

formuliert <strong>und</strong> zeigt wenige<br />

Verstöße gegen die äußere<br />

Sprachform.<br />

Das Thema wird in seiner Zweiteiligkeit<br />

(Behauptung <strong>und</strong> die Aufforderung sich<br />

auseinanderzusetzen) erkannt.<br />

Ein dialektischer Aufbau der Erörterung wird<br />

gewählt.<br />

Die Einleitung weckt Interesse, indem<br />

von einem aktuellen Anlass das<br />

Problem angesprochen wird. Der Begriff<br />

„Individualität“ wird dabei erläutert.<br />

Im Hauptteil wird das Für <strong>und</strong> Wider<br />

argumentativ entfaltet <strong>und</strong> vielfältig<br />

gegeneinander abgewogen. Jedes Argument<br />

ist logisch überzeugend auf These oder<br />

Gegenthese bezogen. Dabei werden<br />

gegensätzliche Positionen so nebeneinander<br />

gestellt, dass sie in sich plausibel sind <strong>und</strong> in<br />

der Gedankenentwicklung widerspruchsfrei<br />

zu einem Ergebnis bzw. einem<br />

Lösungsvorschlag hinführen.<br />

Die Argumentationsweise ist in sich schlüssig<br />

<strong>und</strong> lebendig.<br />

Eine klare Gliederung ist deutlich erkennbar.<br />

Anschauliche Beispiele, gerade auch aus<br />

dem eigenen Erfahrungsbereich, überzeugen<br />

durch ihre Aussagekraft.<br />

Das Ergebnis wird schlüssig aus dem<br />

Argumentationsgang abgeleitet <strong>und</strong> führt die<br />

Themenstellung weiter.<br />

Die Sprache ist sicher in der Wortwahl,<br />

begrifflich genau <strong>und</strong> variationsreich.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

5. Eine textgeb<strong>und</strong>ene Erörterung schreiben (Klasse 10)<br />

Kriterium A B C<br />

Zentrale These Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

benennen die zentrale These<br />

dieses Blogs (Alkoholverbot<br />

in der Freiburger Innenstadt:<br />

„hilfloser Verbots-Aktionismus“<br />

vgl. Überschrift), ohne den<br />

Zusammenhang mit dem<br />

wirklichen Problem (Jugendliche<br />

trinken zu viel Alkohol)<br />

herzustellen.<br />

- Aktion Freiburgs<br />

- Haltung des Autors mit<br />

Argumenten<br />

- A-Niveau geht formal vor: am<br />

Anfang steht die These<br />

Argument-<br />

ativer Aufbau/<br />

Hauptargumente<br />

Der argumentative Aufbau<br />

wird zu breit, zum Teil<br />

paraphrasierend, wiedergeben.<br />

Zwischen dem zentralen<br />

Argument (Verbote sind<br />

wenig hilfreich, um den<br />

Alkoholkonsum Jugendlicher<br />

einzuschränken <strong>und</strong> Gewalt zu<br />

verhindern) <strong>und</strong> stützenden<br />

Argumenten (z. B. <strong>im</strong><br />

Vorfeld keine Ursachen- <strong>und</strong><br />

Wirkungsforschung/Schaden<br />

<strong>für</strong> das Image der Stadt...) wird<br />

kaum unterschieden.<br />

Wichtige <strong>und</strong> unwichtige<br />

Argumente werden nicht<br />

auseinander gehalten.<br />

Hauptargumente werden<br />

dargestellt.<br />

Persönliche Erfahrungen<br />

überlagern die Analyse.<br />

Das wirkliche Problem (zuviel<br />

Alkohol bei Jugendlichen)<br />

wird <strong>im</strong> Zusammenhang nicht<br />

pointiert genug hervorgehoben.<br />

Texterfassung<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

erkennen die zentrale These<br />

dieses Blogs (Alkoholverbot<br />

in der Freiburger Innenstadt:<br />

„hilfloser Verbots-Aktionismus,<br />

vgl. Überschrift) <strong>und</strong> machen<br />

deutlich, wo das wahre Problem<br />

(Jugendliche trinken zu viel<br />

Alkohol) liegt.<br />

- reihend wird die Gedankenfolge<br />

nachgezeichnet<br />

- Aktion wird als Thema präsentiert<br />

- Zentrales Argument gleichwertig<br />

mit anderen Argumenten,<br />

es wird keine Gewichtung<br />

vorgenommen<br />

Das zugr<strong>und</strong>e liegende Problem<br />

wird benannt, ohne den<br />

Zusammenhang deutlich zu<br />

machen.<br />

Die Argumentation des Textes<br />

wird zusammengefasst dargelegt,<br />

wobei die zentrale These sowie<br />

stützende Argumente benannt<br />

sind. Eine schematische Reihung<br />

überwiegt noch bis in die<br />

Formulierungen (Verbote sind<br />

unüberlegte Maßnahmen, die<br />

keinesfalls das Hauptproblem<br />

in Angriff nehmen. Unüberlegt:<br />

z. B. keine Erfahrungswerte<br />

aus anderen Großstädten<br />

– Widerspruch zur grünen Politik<br />

Freiburgs – Schaden am Image<br />

der Stadt...)<br />

Das wirkliche Problem (zu viel<br />

Alkoholkonsum von Jugendlichen)<br />

wird hervorgehoben, ohne<br />

jedoch den Zusammenhang<br />

zur vorherigen Argumentation<br />

deutlich herzustellen. Wiedergabe<br />

der Argumentationsstruktur<br />

bleibt in Textnähe, wobei auch<br />

illustrierende Beispiele als<br />

Argument herangezogen werden.<br />

Die zentrale These wird deutlich<br />

herausgestellt (Alkoholverbot<br />

in der Freiburger Innenstadt als<br />

„hilfloser Verbots-Aktionismus“<br />

vgl. Überschrift). Dabei wird auf<br />

das zugr<strong>und</strong>e liegende Problem<br />

(zu viel Alkoholkonsum bei<br />

Jugendlichen) verwiesen, dem mit<br />

einem Verbot nicht beizukommen<br />

ist.<br />

- Aktion Freiburgs. Anlass<br />

- Haltung des Autors<br />

- Zentrales Argument gegen<br />

die Aktion: Eigtl. Problem<br />

Jugendalkoholismus wird nicht<br />

gelöst -> kritische Haltung<br />

- Metaebene: allgemeinere<br />

Probleme<br />

Die Argumentationsstruktur<br />

des Textes wird knapp<br />

pointiert zusammengefasst,<br />

die Hauptargumente sind<br />

berücksichtigt, zentrale Punkte<br />

werden erkannt. Beispiele,<br />

illustrierende Elemente werden<br />

dagegengesetzt, die Funktion<br />

einzelner Inhalte <strong>im</strong> Text wird<br />

gesehen <strong>und</strong> deutlich gemacht (z.<br />

B. Freiburgs Initiative als Versuch,<br />

dem Problem beizukommen;<br />

Diskussion <strong>im</strong> Freiburger<br />

Gemeinderat; Widerstand nur von<br />

einer einzigen Gemeinderätin...).<br />

Die Argumentationsstruktur<br />

wird erfasst <strong>und</strong> pointiert<br />

zusammengefasst formuliert..<br />

Argumente werden in ihrer<br />

Beziehung zueinander dargestellt<br />

<strong>und</strong> der logische Zusammenhang<br />

aufgeschlüsselt: z. B. Das Verbot<br />

wird in einem größeren politischen<br />

Zusammenhang (Mehrheit der<br />

Grünen Partei <strong>im</strong> Gemeinderat<br />

Freiburg/“law & order-Politik“)<br />

gesehen. Die Lösung des<br />

übergeordneten Problems<br />

(Zusammenhang von Gewalt <strong>und</strong><br />

Alkoholexzessen bei Jugendlichen)<br />

wird als gesellschaftliche <strong>und</strong><br />

nicht nur polizeiliche Aufgabe<br />

gesehen. („gründliche,<br />

langatmige <strong>und</strong> verständige<br />

Jugend- <strong>und</strong> Polizeiarbeit“). Die<br />

Argumentationsstruktur wird<br />

mit dem Blick auf das Ganze<br />

dargestellt.<br />

135


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

Stil <strong>und</strong><br />

Wortwahl<br />

Ironische<br />

Passagen<br />

Absicht des<br />

Textes<br />

136<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

erkennen gr<strong>und</strong>sätzlich die<br />

kommentierende Funktion<br />

dieses Blogs, in dem ein<br />

aktueller Sachverhalt kritisch<br />

erläutert <strong>und</strong> bewertet wird.<br />

Punktuell werden einzelne<br />

Kritikpunkte benannt, ohne<br />

diese jedoch angemessen<br />

einordnen zu können.<br />

Stilmittel des Kommentars<br />

werden weniger beachtet, doch<br />

wird die ablehnende Haltung<br />

des Autors gegenüber einem<br />

Alkoholverbot deutlich. Einige<br />

wertende Bezeichnungen<br />

werden zitiert.<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong><br />

Schüler erkennen zwar den<br />

ironischen Stil (z. B. Freiburg<br />

als Hauptstadt einer „grünen“<br />

Politik/Freiburg als Herz der<br />

„Toskana <strong>Deutsch</strong>lands“), doch<br />

können nicht nachweisen,<br />

welche Wirkung die nüchtern<br />

vorgebrachten Informationen<br />

<strong>und</strong> die ironisch-bissigen<br />

Wendungen <strong>für</strong> den Leser<br />

haben sollen.<br />

Die Absicht des Textes wird<br />

<strong>im</strong> Großen <strong>und</strong> Ganzen<br />

erkannt (Kritik an dem<br />

Gemeinderatbeschluss), der<br />

Appell an Stadt <strong>und</strong> Bürger wird<br />

als solcher nur ansatzweise<br />

beachtet („gründliche,<br />

langatmige <strong>und</strong> verständige<br />

Jugend- <strong>und</strong> Polizeiarbeit“)<br />

<strong>und</strong> nicht als zentrales Anliegen<br />

erkannt.<br />

Die kommentierende Funktion<br />

dieses Blogs, der einen aktuellen<br />

Sachverhalt aus persönlicher<br />

Sicht erläutert <strong>und</strong> bewertet,<br />

wird erkannt. Wesentliche<br />

Stilmittels des Kommentars<br />

(Wertung durch zahlreiche<br />

Attribute, durch metaphorische<br />

Ausdrücke <strong>und</strong> Vergleiche sowie<br />

umgangssprachliche Wendungen)<br />

werden in ihrer Funktion benannt<br />

<strong>und</strong> am Text belegt.<br />

Einige typische Stilmittel des<br />

Blogs (z. B. Ereignisschilderung<br />

mit wertenden Bezeichnungen<br />

wie „der grüne Lack Freiburgs“<br />

Z. 4 oder „mit Ausnahme einer<br />

einsamen Gemeinderätin“ Z. 19)<br />

oder der umgangssprachliche<br />

Stil (vgl. „brave Partygänger“,<br />

prügelnde Trunkenbolde“ Z. 28)<br />

werden als Beleg angeführt. Die<br />

Funktion wertender Attribute oder<br />

die Verwendung von Fragen an<br />

den Leser (vgl. Z. 7/27/28) bleiben<br />

eher unbeachtet.<br />

Der durchweg ironische Stil<br />

in Verbindung mit sachlicher<br />

Information wird als Mittel<br />

gesehen, um die politische<br />

Entscheidung (Alkoholverbot<br />

in der Freiburger Innenstadt<br />

an Wochenenden) lächerlich<br />

zu machen. Sie zeigen, dass<br />

dazu insbesondere die Attribute<br />

beitragen.<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

erkennen, dass der Blog nicht<br />

nur best<strong>im</strong>mte Entscheidungen<br />

kritisiert, sondern gleichzeitig<br />

dem Leser die Augen <strong>für</strong> das<br />

wahre Problem öffnen will (zu viel<br />

Alkohol bei Jugendlichen). Der<br />

Appell an alle Verantwortlichen<br />

wird deutlich hervorgehoben.<br />

Die kommentierende Funktion<br />

dieses Blogs, der einen aktuellen<br />

Sachverhalt aus persönlicher<br />

Sicht erläutert <strong>und</strong> bewertet, wird<br />

durch eine sorgfältige Analyse<br />

der Stilmittel <strong>und</strong> Wortwahl<br />

herausgearbeitet. Neben der<br />

wertenden Funktion der vielen<br />

Attribute wird auch gezeigt, wie<br />

Wortspiel (z. B. mit der politischen<br />

Farbe „grün“ <strong>im</strong> 1. Abschnitt)<br />

<strong>und</strong> umgangssprachliche<br />

Formulierungen (z. B. „nach<br />

gutmenschlicher ... Diskussion<br />

durchgewunken“ Z. 20f) einen<br />

kritischen Standpunkt deutlich<br />

machen. Hervorgehoben<br />

wird auch die Zuspitzung der<br />

Argumentation in den letzten<br />

drei Abschnitten des Blogs, der<br />

mit dem Wort „Spötter“ endet,<br />

mit dem die Glosse <strong>im</strong> ersten<br />

Satz die Haltung des Schreibers<br />

widerspiegelt.<br />

Der durchweg ironische Stil<br />

des Blogs wird an zahlreichen<br />

Beispielen aus dem Text belegt<br />

<strong>und</strong> in seiner Funktion (grüne<br />

Politik wird lächerlich gemacht,<br />

Entscheidungen verspottet,<br />

verantwortungsvolles Handeln<br />

ohne erhobenen Zeigefinger<br />

angemahnt) differenziert<br />

gedeutet. Gleichzeitig werden<br />

auch best<strong>im</strong>mte Klischees (z. B.<br />

„Toskana <strong>Deutsch</strong>lands“) entlarvt.<br />

Die Anschaulichkeit der Darstellung<br />

wird erkannt, der Leserbezug. z. B.<br />

durch Fragen,. unterstrichen<br />

Die Absicht des Blogs wird klar<br />

formuliert (Kritik, Leserappell,<br />

Sachinformation). Gleichzeitig<br />

wird betont, dass die aufgestellten<br />

Fragen den Leser aufrütteln <strong>und</strong><br />

Probleme aufgezeigt werden<br />

sollen.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Kriterium A B C<br />

Aufbau der<br />

textgeb<strong>und</strong>enen<br />

Erörterung<br />

Eingehen auf<br />

Argumente<br />

Die textgeb<strong>und</strong>ene Erörterung<br />

zeigt einen dreiteiligen Aufbau<br />

(Überleitung, Hauptteil mit<br />

Textanalyse <strong>und</strong> Erörterung<br />

der Argumente <strong>im</strong> Text sowie<br />

Schlussteil).<br />

Deutlich wird, dass <strong>im</strong> Hauptteil<br />

Textanalyse <strong>und</strong> Erörterung<br />

nicht <strong>im</strong>mer klar voneinander<br />

getrennt sind (z. B. fließen<br />

Stellungnahmen in die Analyse<br />

mit ein).<br />

Eigene Beispiele, Belege <strong>und</strong><br />

Erläuterungen <strong>für</strong> oder wider<br />

die Argumente werden nur<br />

vereinzelt angeführt.<br />

Der Schlussteil wiederholt<br />

Inhalte aus dem Hauptteil<br />

bzw. paraphrasiert den<br />

Schlussabschnitt des Blogs in<br />

einer einseitigen Weise (z. B.<br />

„Die Stadt <strong>und</strong> Polizei wollen<br />

ja nur Gutes zum Schutze<br />

der Jugendlichen <strong>und</strong> der<br />

Bevölkerung“), die eigene<br />

Argumentation ist dürftig,<br />

Paraphrase, Sichtweise wird<br />

übernommen, die kritische<br />

Distanz kommt in formelhaften<br />

Wendungen zum Ausdruck.<br />

In der Erörterung wird nur<br />

ansatzweise deutlich, auf<br />

welches Argument eingegangen<br />

wird. Die jeweils vertretene<br />

Position ist vorwiegend einseitig<br />

(entweder Pro oder Kontra).<br />

Der Schreiber lehnt sich an<br />

die Argumentation des Blogs<br />

an, indem er erweiternd<br />

paraphrasiert.<br />

Die Gegenargumentation bleibt<br />

formal <strong>und</strong> setzt willkürlich an<br />

einem Beispiel des Textes an.<br />

Eine mangelnde Distanz<br />

best<strong>im</strong>mt die Argumentation,<br />

so dass die Gedanken eher<br />

oberflächlich bleiben.<br />

Erörterung<br />

Der Aufbau der textgeb<strong>und</strong>enen<br />

Erörterung zeigt eine klare<br />

Dreigliedrigkeit auf: In der<br />

Einleitung wird das Thema des<br />

Textes (umstrittenes Alkoholverbot<br />

in der Freiburger Innenstadt)<br />

formuliert.<br />

Die Analyse des Textes <strong>und</strong> die<br />

Erörterung wichtiger Argumente<br />

<strong>im</strong> Text sind deutlich voneinander<br />

getrennt. Dem Hauptargument<br />

(die Stadt handelt richtig bzw. die<br />

Maßnahme ist ineffektiv) werden<br />

einige Beispiele aus eigenen<br />

Erfahrungen beigefügt.<br />

Im Schlussteil wird die eigene<br />

Position nochmals deutlich<br />

formuliert. Sie machen einen<br />

Vorschlag, wie das Problem<br />

seitens der Gesellschaft gelöst<br />

werden könnte. (Zusammenhang<br />

von Alkoholkonsum Jugendlicher<br />

<strong>und</strong> Gewaltbereitschaft sollte<br />

sowohl in Schulen wie in<br />

Jugendzentren thematisiert<br />

werden).<br />

Der <strong>im</strong> Text enthaltene Appell wird<br />

aufgegriffen, evtl. durch konkrete<br />

Vorschläge untermauert.<br />

Es wird deutlich, welches<br />

Argument Anlass <strong>für</strong> die<br />

Erörterung bietet (z. B.<br />

Verbote sind ungeeignet, die<br />

Gewaltdelinquenz zu senken:<br />

Z. 12). Die jeweilige Reaktion<br />

bezieht auch gegenteilige<br />

Argumente mit ein.<br />

Obwohl nahe am Text werden<br />

dennoch eigene Vorstellungen in<br />

die Argumentation einbezogen.<br />

Die textgeb<strong>und</strong>ene Erörterung<br />

ist klar strukturiert: Die originelle<br />

Überleitung oder direkter<br />

Anschluss an den Text z. B. durch<br />

eine Frage in Anknüpfung an ein<br />

Argument (z. B. Ist es aber wirklich<br />

so?) Die gegliederte Wiedergabe<br />

der Gedanken <strong>und</strong> die eigene<br />

Auseinandersetzung sind deutlich<br />

getrennt durch die Verwendung<br />

des Konjunktivs, rhetorische<br />

Fragen/nennt Autor, Titel des<br />

Textes <strong>und</strong> Thema <strong>und</strong> stellt einen<br />

aktuellen Bezug des Themas (z. B.<br />

Immer mehr Jugendliche trinken<br />

regelmäßig Alkohol.) her.<br />

Die Analyse des Textes <strong>und</strong><br />

Erörterung wichtiger Argumente<br />

<strong>im</strong> Text sind klar von einander<br />

getrennt. Es wird deutlich, welche<br />

Argumente der Schüler <strong>für</strong> seine<br />

Erörterung ausgewählt hat,<br />

um diese zu widerlegen oder<br />

zu vertiefen. (z. B. Freiburger<br />

Atmosphäre gewinnt durch das<br />

Verbot, denn Theaterbesucher<br />

können sich wieder in der<br />

Innenstadt aufhalten; dies auch<br />

ein Gewinn <strong>für</strong> die gehobene<br />

Gastronomie). Im Schlussteil<br />

wird die eigene Position nicht<br />

nur zusammengefasst, sondern<br />

darüber hinaus die eigene Haltung<br />

zu dem Problem differenziert<br />

dargelegt. Auf verwandte Themen<br />

wird ausblickend verwiesen. Das<br />

Problem wird in einen größeren<br />

Zusammenhang gestellt <strong>und</strong><br />

diskutiert. (z. B. strenge Regeln in<br />

Fußballstadien zur Vermeidung von<br />

Gewaltdelikten unter Jugendlichen<br />

haben gegriffen).<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

machen deutlich, auf welches<br />

Argument (Schwachstellen<br />

bzw. besondere Stärken) ihre<br />

Erörterung Bezug n<strong>im</strong>mt (z.<br />

B. Stärken: nicht „repressive“<br />

Vorgehensweise ist hilfreich,<br />

sondern verantwortungsvolle<br />

Erziehungsarbeit; Schwächen:<br />

Alkohol als selbstverständlicher<br />

Bestandteil unseres Lebens<br />

wird zu wenig thematisiert). Das<br />

Problem wird aus unterschiedlicher<br />

Perspektive reflektiert. (z. B.<br />

Trinkverhalten von Jugendlichen<br />

<strong>und</strong> Gefahr der Sucht).<br />

137


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

Begründungen,<br />

Beispiele <strong>und</strong><br />

Belege<br />

Die Erörterung ist nur pauschal,<br />

z. T. fehlen Begründungen. Nur<br />

gelegentlich wird das Argument<br />

durch Beispiele erläutert <strong>und</strong><br />

damit auch belegt. Eigene<br />

Erfahrungen fließen nur spärlich<br />

mit ein.<br />

Eigene Akzente Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

folgen weitgehend der <strong>im</strong> Text<br />

gegebenen Argumentation,<br />

indem sie diese evtl. erweitern<br />

bzw. vertiefen.<br />

Überzeugungskraft<br />

der<br />

Argumente<br />

138<br />

Die Argumente sind zwar<br />

nachvollziehbar, entbehren<br />

jedoch der Anschaulichkeit <strong>und</strong><br />

bleiben eher blass.<br />

Die Argumente werden<br />

weitgehend begründet, durch<br />

Beispiele, auch aus der eigenen<br />

Erfahrung, belegt (z. B. Forderung<br />

von härteren Verboten/stärkere<br />

Kontrollen von Minderjährigen<br />

in den Supermärkten...)<br />

Beispiele aus der Vorlage werden<br />

ausgeweitet.<br />

Eigene Akzente werden gesetzt,<br />

indem aus der Perspektive<br />

von Betroffenen argumentiert<br />

wird (z. B. keine Kontrolle in<br />

den Supermärkten/Verbote<br />

provozieren deren Missachtung<br />

...).<br />

Die Argumente sind<br />

nachvollziehbar <strong>und</strong> überzeugen<br />

durch anschauliche Beispiele.<br />

Die Anordnung ist weitgehend<br />

sinnvoll.<br />

Die Argumente werden vielfach<br />

begründet <strong>und</strong> aus eigenen<br />

Erfahrungen durch Beispiele<br />

belegt. (Pro: Verstärkung von<br />

Kontrollen be<strong>im</strong> Alkohol-<br />

Einkauf; Kontra: Verantwortung<br />

von Staat, Eltern <strong>und</strong> Lehrern)<br />

Bspe. entsprechen genau der<br />

Argumentationsstelle, Präzisierung<br />

der Überlegungen<br />

Die Erörterung setzt bewusst<br />

eigene Akzente durch Argumente,<br />

die über den Text hinausführen<br />

(z. B. Jugendliche sollten selbst<br />

durch entsprechende Anleitung<br />

Verantwortung übernehmen). Der<br />

Aufklärung <strong>und</strong> Erziehung wird ein<br />

hoher Stellenwert eingeräumt.<br />

Ein Zusammenhang zwischen<br />

Alkoholkonsum <strong>und</strong><br />

Lebensproblemen (wie z. B.<br />

Migrationprobleme, kaputten<br />

Familienverhältnissen,<br />

Zukunftssorgen) wird<br />

aufgezeigt <strong>und</strong> funktional in die<br />

Argumentation integriert.<br />

Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler<br />

können durch eine klare <strong>und</strong><br />

anschauliche Formulierung ihre<br />

Argumentation überzeugend<br />

darlegen. Die Beweise sind <strong>im</strong>mer<br />

tragfähig <strong>und</strong> lebendig formuliert,<br />

zum Teil sogar originell.


<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung<br />

Literaturliste<br />

Achilles, Helmut: Diagnostisches Potential von Klassenarbeiten <strong>und</strong> schriftlichen<br />

Übungen. In: Kliemann, Sabine (Hg.): Diagnostizieren <strong>und</strong> Fördern in<br />

der Sek<strong>und</strong>arstufe I. Berlin 2008.<br />

Becker-Mrotzek, Michael <strong>und</strong> Böttcher, Ingrid: Schreibkompetenz entwickeln<br />

<strong>und</strong> beurteilen. Berlin 2006.<br />

Bohl, Thorsten: Prüfen <strong>und</strong> Bewerten <strong>im</strong> Offenen Unterricht. Weinhe<strong>im</strong> <strong>und</strong><br />

Basel 2005.<br />

Feilke, Helmuth: Meinungen bilden. Basisartikel in Praxis <strong>Deutsch</strong> 211 (2008),<br />

S. 6−13.<br />

Feindt, Andreas: Kompetenzorientierter Unterricht – wie geht das? Friedrich<br />

Jahresheft 2010, S. 85−89.<br />

Felder, Markus; Fix, Martin; Haussmann, Peter; Schatz, Annegret; Speer, Frank:<br />

<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> erörtern: Vom Schreibanlass zum überarbeiteten Text. Paderborn<br />

2002.<br />

Felten, Michael: Gerne Lehrer sein! Basisartikel zu <strong>Deutsch</strong>magazin 1 (2011).<br />

S. 8−11.<br />

Fix, Martin: Texte schreiben. Schreibprozesse <strong>im</strong> <strong>Deutsch</strong>unterricht. Paderborn<br />

2006.<br />

Friedrich Jahresheft 2006: Diagnostizieren <strong>und</strong> Fördern<br />

Friedrich Jahresheft 2007: Guter Unterricht<br />

Friedrich Jahresheft 2008: Individuell lernen – kooperativ arbeiten<br />

Friedrich Jahresheft 2010: Arbeitsplatz Schule<br />

Graf, Günter <strong>und</strong> Harst, Winfried: Zur Didaktik <strong>und</strong> Methodik der Erörterung.<br />

<strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schulentwicklung Stuttgart 2006.<br />

Von der Groeben, Annemarie: Verschiedenheit nutzen. Besser lernen in heterogenen<br />

Gruppen. Berlin 2008.<br />

Dies./Jochen Schnack: Versuch einer kritischen Bilanz. In: Pädagogik 12 (2009).<br />

Hesse, Latzko: Diagnostik <strong>für</strong> Lehrkräfte. 2009.<br />

Hüther, Gerald: Wie man sein Gehirn opt<strong>im</strong>al nutzt. Vortrag auf dem Kongress<br />

„Die Kraft von Imaginationen <strong>und</strong> Visionen“ in Heidelberg. Mai 2008.<br />

Kieweg, Werner: Ein Diagnose-Fördermodul entwickeln. In: Der fremdsprachliche<br />

Unterricht Englisch 105 (2010).<br />

Kliemann, Sabine: Diagnostizieren <strong>und</strong> Fördern. In: www.schulmagazin5-10.de.<br />

3 (2010). S. 7−10.<br />

Klieme, Eckhard: Leitideen der Bildungsreform <strong>und</strong> der Bildungsforschung. In:<br />

Pädagogik 5 (2009).<br />

139


<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />

140<br />

Köster, Juliane: Kompetenzorientierung in der Diskussion. Serien in Pädagogik<br />

5 (2009).<br />

Kuntz, Elfriede: Schule in der Diskussion! <strong>Argumentieren</strong> üben an Lernstationen<br />

– individuell <strong>und</strong> differenziert, Klasse 8/9. In RAABITS <strong>Deutsch</strong>/Sprache<br />

47, Mai 2006.<br />

Kunze, I. & Solzbacher, C. (Hg.): Individuelle Förderung in der Sek<strong>und</strong>arstufe<br />

I <strong>und</strong> II. Hohengehren. <strong>Landesinstitut</strong> <strong>für</strong> Schule <strong>und</strong> Medien Berlin-Brandenburg<br />

(Hrsg.): Individuelle Förderung. Leitfaden <strong>für</strong> die Unterrichtspraxis der SI.<br />

Mit Materialien zum Diagnostizieren <strong>und</strong> Aufgabenbeispielen. Köln 2009.

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