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Entwicklungsstand der ausscheidungshärtenden ferritisch ...

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<strong>Entwicklungsstand</strong> <strong>der</strong> <strong>ausscheidungshärtenden</strong> <strong>ferritisch</strong>-<br />

perlitischen (AFP-)Stähle mit Vanadinzusatz für eine geregelte<br />

Abkühlung von <strong>der</strong> Warmformgebungstemperatur<br />

von Dr.-Ing. Bernd Huchtemann und Dipl.-Ing. Volker Schüler, Krefeld<br />

Entwicklungsstufen bei AFP-Stählen mit Vanadin zur Verbesserung des Festigkeits-/Zähigkeitsverhältnisses,<br />

mechanische Eigenschaften, Gebrauchs- und Verarbeitungseigenschaften.<br />

1. Einleitung<br />

Eine mo<strong>der</strong>ne Werkstofftechnik gehört zu den Schlüs-<br />

seltechnologien führen<strong>der</strong> Industriegesellschaften.<br />

,,Mo<strong>der</strong>n” meint hier nicht allein die Entwicklung und<br />

Anwendung ,,Neuer Werkstoffe“ wie zum Beispiel<br />

Kunststoffe, Keramiken und Leichtmetalle, son<strong>der</strong>n<br />

auch die richtige Wahl des günstigsten Werkstoffes.<br />

Wenn man die für eine Werkstoffwahl notwendigen Kri-<br />

terien wie Stoffpreis, Verarbeitungs- und Verwendungs-<br />

eigenschaften (Bild 1) in ein günstiges Verhältnis brin-<br />

gen kann, so wird für viele Bauteile auch in absehbarer<br />

Zukunft die Lösung Stahl heißen. Stahl ist und bleibt ein<br />

. “srfugbarkeit<br />

<strong>der</strong> Rohstoffe<br />

. Gestehungskosten<br />

Bild 1 Kriterien zur Auswahl eines Werkstoffes<br />

Verarbeitbar-<br />

. Gle,chmd”,gke,t<br />

innovativer Werkstoff, <strong>der</strong> sich durch eine beispiellose<br />

Anpassungsfähigkeit an Verarbeitungs- und Verwen-<br />

dungseigenschaften auszeichnet. Dies soll am Beispiel<br />

<strong>der</strong> Entwicklung von <strong>ausscheidungshärtenden</strong> ferri-<br />

tisch-perlitischen (AFP-)Stählen gezeigt werden.<br />

2. Zielsetzung <strong>der</strong> Entwicklung von AFP-Stählen<br />

Weiterentwicklungen von Werkstoffen werden häufig<br />

durch drohende Substitutionen ausgelöst o<strong>der</strong> be-<br />

schleunigt. So standen Anfang <strong>der</strong> 70er Jahre für Ge-<br />

senkschmiedeteile, insbeson<strong>der</strong>e für Kurbelwellen,<br />

Substitutionen durch Gußwerkstoffe zu befürchten.<br />

Dies zwang die Gesenkschmieden und Stahlwerke zu<br />

Reaktionen. Die durch E. Just, Wolfsburg, angestoße-<br />

nen Überlegungen, eine Kostenreduzierung von ver-<br />

güteten Kurbelwellen durch eine vereinfachte Wärme-<br />

behandlung aus <strong>der</strong> Schmiedewärme zu erzielen, führ-<br />

ten zunächst zu Versuchen, die aufwendige Vergütung<br />

durch gesteuerte Abkühlung <strong>der</strong> Stähle Ck 45 und<br />

Ck 53 aus <strong>der</strong> Schmiedewärme zu ersetzen’). Die hier-<br />

bei erzielten mechanischen Eigenschaften, insbeson-<br />

<strong>der</strong>e die 0,2%-Dehngrenzen, entsprachen jedoch noch<br />

nicht den Vorstellungen <strong>der</strong> Konstrukteure. So entstand<br />

die Zielsetzung für eine Entwicklung von Stählen und<br />

Schmiedeverfahren, die bei geringstem Legierungsauf-<br />

wand durch eine möglichst einfache und gleichmäßige<br />

Abkühlung von Warmformgebungstemperatur bei zu-<br />

mindest gleichbleibenden Verarbeitungseigenschaften<br />

ausreichende Bauteileigenschaften aufweisen sollten.<br />

3


3. Ausscheidungshärtung durch Vanadin o<strong>der</strong> Niob?<br />

In Zusammenarbeit <strong>der</strong> deutschen Automobilindustrie,<br />

Gesenkschmieden und Stahlwerke entsann man sich,<br />

daß bei den perlitarmen, hochfesten, schweißgeeigne-<br />

ten Stählen mit niedrigen Kohlenstoffgehalten geringe<br />

Zusatze von zum Beispiel Vanadin, Niob o<strong>der</strong> Titan über<br />

eine Ausscheidungshärtung die Festigkeitseigenschaf-<br />

ten, insbeson<strong>der</strong>e die 0,2%-Dehngrenze, steigerten*).<br />

Diese Erkenntnisse versuchte man dann auch bei Stäh-<br />

len mit höheren Kohlenstoffgehalten, zunächst bei<br />

Stählen des Typs Ck 45/Ck 53, zu nutzen3r415). Der hö-<br />

here Kohlenstoffgehalt war hierbei wegen <strong>der</strong> notwendi-<br />

gen Induktionshartung <strong>der</strong> Kurbelwellenlager zwingend<br />

vorgegeben. Gleichzeitig wurde ein höherer Schwefel-<br />

gehalt von rd. 0,060% vorgesehen, um eine gute Span-<br />

barkeit <strong>der</strong> Kurbelwellen in den Transferstraßen <strong>der</strong> Se-<br />

rienbearbeitung sicherzustellen. Die Legierung von Va-<br />

nadin o<strong>der</strong> Niob sollte über die Verbindung von Kohlen-<br />

stoff und Stickstoff feine und gleichmäßig verteilte Car-<br />

bide, Nitride o<strong>der</strong> Carbonitride bilden, die über eine<br />

Ausscheidungshärtung zur Festigkeitssteigerung, ins-<br />

beson<strong>der</strong>e zur Erhöhung <strong>der</strong> 0,2%-Dehngrenzen, füh-<br />

ren sollte. Die für eine Ausscheidungshättung notwen-<br />

dige Lösungsbehandlung mußte durch das Erwärmen<br />

und Halten auf Schmiedetemperatur, die notwendige<br />

Auslagerung während <strong>der</strong> Abkühlung des Schmiede-<br />

teils erfolgen. Zunächst stellte sich die Frage, welches<br />

Legierungselement sich bei <strong>der</strong> gegebenen Zielsetzung<br />

am besten für die Aushättung eignete. Man erkannte,<br />

daß aufgrund des unterschiedlichen Bildungs- und Auf-<br />

lösungsverhaltensvon Vanadin- und Niobausscheidun-<br />

gen die Auswirkung auf die 0,2 %-Dehngrenze und Zug-<br />

festigkeit je nach Wärme- und Abkühlungsverlauf unter-<br />

schiedlich ist3). Bild 2 zeigt den Einfluß <strong>der</strong>Austenitisie-<br />

rungstemperatur von 800 bis 1300°C auf die Zugfestig-<br />

keit, die 0,2%-Dehngrenze und die im Stahl gelösten<br />

Anteile von Niob o<strong>der</strong> Vanadin von drei Stählen gleicher<br />

Grundzusammensetzung, die einmal ohne Zusatz von<br />

Vanadin und Niob und je einmal nur mit 0,08% Nb bzw<br />

nur mit 0,ll % V legiert wurden4). Nach einer Haltedauer<br />

von je 0,5 h erfolgte die Abkühlung <strong>der</strong>20 mm Dms-Pro-<br />

bestäbean ruhen<strong>der</strong> Luft. Die unterschiedliche Wirkung<br />

ö E 700<br />

"c> t Abmessung:<br />

800 900 1000 ,100 ,200 ,300<br />

Austenitisiertemperatur in ‘C (Haltedauer: 0,5 h)<br />

Bild 2 Zugfestigkeit, 0,2%-Dehngrenze und gelöste Anteile an Ele-<br />

menten zur Aushärtung in Abhangigkeit von <strong>der</strong> Austenitisierungs-<br />

temperatur<br />

4<br />

<strong>der</strong> Legierungszusätze zeigt sich am deutlichsten in<br />

den unterschiedlichen Kurvenverläufen <strong>der</strong> 0,2%-<br />

Dehngrenzen. Während <strong>der</strong> Stahl ohne Zusatz von Va-<br />

nadin und Niob mit steigen<strong>der</strong> Austenitisierungstempe-<br />

ratur nur eine geringfügige Erhöhung <strong>der</strong> 0,2%-Dehn-<br />

grenze aufweist, zeigt <strong>der</strong> niobhaltige Stahl eine deutli-<br />

che und stetige Steigerung oberhalb von 1150°C und<br />

<strong>der</strong> vanadinhaltige Stahl schon bei 1OOO’X den höch-<br />

sten Wert, <strong>der</strong> sich auch bei höheren Temperaturen<br />

nicht mehr verän<strong>der</strong>t. Die Kurvenverläufe <strong>der</strong> Mengen-<br />

anteile an gelöstem Niob und Vanadin im unteren Teil-<br />

bild zeigen ähnliche Charakteristika wie die Kutvenver-<br />

Iäufe <strong>der</strong> 0,2%-Dehngrenzen. Hieraus ist zu schließen,<br />

daß diese als chemisch gelöst bestimmten Anteile von<br />

Niob und Vanadin in Form von einphasigen Entmischun-<br />

gen bzw ,,Clustern“ vorliegen, die licht- und elektronen-<br />

optisch nicht sichtbar sind. Sie liegen zur Matrix kohä-<br />

rent vor und verursachen bekanntlich eine starke Erhö-<br />

hung <strong>der</strong> 0,2%-Dehngrenze4).<br />

Stahl mit 0.52% c “nd 0.11% v<br />

b) Cl<br />

Fetrit/Periit-MisChsefuge Ausscheid”ngen des “anadiums<br />

im Ferrit im Ferrit de* Per,its<br />

Abmessung: 50 mm “ierkant (Kern)<br />

zustand: geschmiedet bei 1250°c, Luftabkuhiung<br />

Präparation: LangsschIiffe, gektzt mit 3%-iger HNO3<br />

Bil<strong>der</strong> b und c : Extraktlonsabdrticke<br />

Bild 3 Licht- und elektronenoptische Gefügeaufnahmen<br />

Obwohl Niob stärker als Vanadin die 0,2%-Dehngrenze<br />

steigert, haben sich bisher niobhaltige AFP-Stähle nicht<br />

durchgesetzt. Die Gründe liegen im Ausscheidungshär-<br />

tungs- und Umwandlungsverhalten dieser Stähle. Bei<br />

Wärmtemperaturen oberhalb 11 50°C führen bereits<br />

geringe Streuungen <strong>der</strong> Wärmtemperatur zu starken<br />

Streuungen <strong>der</strong> Festigkeitseigenschaften. Außerdem<br />

neigen niobhaltige AFP-Stähle bei beschleunigter Ab-<br />

kühlung von hohen Temperaturen eher zur teilweisen<br />

bainitischen o<strong>der</strong> martensitischen Umwandlung als die<br />

vanadinhaltigen Stähle. Bei <strong>der</strong> Weiterentwicklung die-<br />

ser Stähle konzentrierte man sich deshalb im wesentli-<br />

chen auf Vanadin6, 7). Bei den vanadinhaltigen AFP-<br />

Stählen lassen sich mit dem Elektronenmikroskop im<br />

Ferrit/Perlit-Mischgefüge feinere und gröbere Vanadin-<br />

carbide sowohl im voreutektoidischen Ferrit als auch im<br />

Ferrit des Perlits zwischen den Zementitlamellen nach-<br />

weisen (Bild 3)4). Für die Steigerung <strong>der</strong> Festigkeitsei-<br />

genschaften sind nach allgemeiner Auffassung aller-<br />

dings nurdie sehrfeinen Teilchen bis zu einerGrößevon<br />

rd. 5 nm verantwortlich, da nur sie die Versetzungsbe-<br />

wegung wirkungsvoll behin<strong>der</strong>n.


4. 49 MnVS 3, <strong>der</strong> erste klassische AFP-Stahl Vergütungsstähle AFP-Stähle<br />

Die erste große Serienanwendung fanden AFP-Stähle<br />

durch den Stahl 49 MnVS 3 mit etwa 0,49%C, 0,80% Mn<br />

und O,l% Vfür Kurbelwellen. Bild 4 zeigt den Werkstoff-<br />

vergleich von Stählen und Gußeisen mit Kugelgraphit<br />

anhand von typischen Werten <strong>der</strong> Zugfestigkeit, 0,2%-<br />

Dehngrenze und Kerbschlagarbeit sowie von typischen<br />

lichtoptischen Gefügeaufnahmen. Dieser Vergleich be-<br />

legt im mittleren Teilbild nochmals sehr deutlich die<br />

Festigkeits- und vor allen Dingen die 0,2%-Dehngren-<br />

zensteigerung durch den Vanadinzusatz des Stahles<br />

49 MnVS 3 um rund 150 N/mm2 gegenüber dem unle-<br />

gierten Stahl Ck 45 nach kontrollierter Abkühlung aus<br />

<strong>der</strong> Umformwarme (Zustand BY; ursprüngliche Bedeu-<br />

tung: Behandlung auf bestimmte Streckgrenze, Yield-<br />

Strength). Die Festigkeitseigenschaften des vergüteten<br />

Stahles Ck 45 werden nahezu erreicht im Gegensatz zu<br />

den Kerbschlagarbeitswerten. Diese sind jedoch immer<br />

noch deutlich hoher als die des konkurrierenden Werk-<br />

stoffes Gußeisen mit Kugelgraphit. Für viele nicht<br />

schlagartig belastete Bauteile wie zum Beispiel Kurbel-<br />

wellen, Pleuel und Radnaben sind diese Werte jedoch<br />

ausreichend.<br />

Vergleicht man die Kostenanteile bei <strong>der</strong> Herstellung<br />

von Bauteilen aus Vergütungs- und AFP-Stählen, so<br />

werden dievorteile <strong>der</strong>AFP-Stähledurch die möglichen<br />

Kostenreduzierungen offensichtlich (Bild 5). Neben<br />

dem Wegfall <strong>der</strong> Kosten für das aufwendige Härten und<br />

Anlassen, dem nach dem Härten notwendigen Richten<br />

und dem danach zum Teil notwendigen Spannungs-<br />

armglühen lassen sich zusätzliche Kosten durch verrin-<br />

gerten Härteausschuß, geringeren Kontrollaufwand, ge-<br />

ringeren Investitionsaufwand für Wärmebehandlungs-<br />

anlagen und geringere Handlingskosten beim Einsatz<br />

Bild 4 Vergleich von Gefüge, Zugfestigkeit, 0,2%-Dehngrenze und<br />

<strong>der</strong> Kerbschlagarbeit verschiedener Werkstoffe<br />

Bild 5 Kostenanteile bei <strong>der</strong> Herstellung von Bauteilen aus Vergü-<br />

tungs- und AFP-Stählen (schematisch)<br />

<strong>der</strong> AFP-Stähle erreichen. Durch die verbesserten Zer-<br />

spanungseigenschaften, auf die später noch näherein-<br />

gegangen wird, lassen sich die Fertigungskosten noch-<br />

mals weiter senken. Bei den Materialkosten sind Vortei-<br />

le dann zu erwarten, wenn die Legierungskosten bei<br />

substituierbaren Vergütungsstählen höher sind als bei-<br />

spielsweise die Kosten für O,l% V<br />

insgesamt ergeben sich durch den Einsatz von AFP-<br />

Stählen erhebliche Einsparungsmöglichkeiten, die eine<br />

Vielzahl von spezifischen Bauteiluntersuchungen und<br />

-umstellungen, aber auch die werkstofftechnische Wei-<br />

terentwicklung dieser Stahlgruppe vorangetrieben ha-<br />

ben.<br />

5. Verbesserung des Festigkeits-Eähigkeitsver-<br />

hältnisses von AFP-Stählen<br />

5.1 Legierungstechnische Beeinflussung<br />

<strong>der</strong> Ferrit-Perlit-Ausbildung<br />

Ein Nachteil des sehr erfolgreichen für nicht schlag:<br />

beanspruchte Bauteile eingesetzten ersten AFP-Stah-<br />

les 49 MnVS 3 ist die im Zustand BYvorliegende geringe<br />

Zähigkeit, die zwar oberhalb <strong>der</strong> von Guß liegt, aber die<br />

des Vergütungszustandes nicht erreicht (siehe Bild 4).<br />

Zur Erweiterung <strong>der</strong> Anwendungsmöglichkeiten dieser<br />

Stahlgruppe und <strong>der</strong> Fertigungstechnik mußten des-<br />

halb AFP-Stähle mit unterschiedlichen Festigkeitsklas-<br />

sen und vorallen Dingen mit verbessertem Festigkeits-/<br />

Zähigkeitsverhältnis entwickelt werden. Da bei ferri-<br />

tisch-perlitischen Gefügen die Zähigkeitseigenschaf-<br />

ten neben <strong>der</strong> Korngröße von den Ferrit-Perlit-Anteilen,<br />

dem Perlitlamellenabstand und <strong>der</strong> Perlitlamellendicke<br />

abhängen, wurde zunächst durch Variation <strong>der</strong> wichtig-<br />

sten Legierungselemente versucht, das Festigkeits-/<br />

Zähigkeitsverhältnis durch Optimierung <strong>der</strong> Ferrit-Per-<br />

lit-Struktur günstig zu beeinflussen. Im Bild 6 ist das Er-<br />

gebnis dieser Entwicklung durch Vergleich von Zugfe-<br />

stigkeits- und Kerbschlagarbeitswerten am Beispiel <strong>der</strong><br />

Stähle 49 MnVS 3 und 38 MnSiVS 5 dargestellt. Die<br />

Werte stammen aus <strong>der</strong> laufenden Produktion von ge-<br />

senkgeschmiedeten Kurbelwellen mit vergleichbaren<br />

Abmessungen und Probenlagen, die nach Wärmtempe-<br />

5


geschmiedete Bauteile mit rd. 100 mm Durchmesser<br />

I I I I I I I , ,<br />

10 20 30 40 so<br />

Kerbschlagarbeit (DVM-Proben) in Joule<br />

Bild 6 Zusammenhang zwischen Zugfestigkeit, Kerbschlagarbeit<br />

und Gefüge beim Ubergang von Stahl 49 MnVS 3 auf Stahl 36<br />

MnSiVS 5<br />

raturen von etwa 1 300°C und Endumformtemperaturen<br />

von etwa 1200°C an ruhen<strong>der</strong> Luft einzeln abgekühlt<br />

wurdet-+). Die Verringerung des Kohlenstoffgehaltes<br />

von Stahl 49 MnVS 3 um rd. O,l% und die gleichzeitige<br />

Erhohung des Silicium- und Mangangehaltes um je rd.<br />

05% führten zum Stahl 38 MnSiVS 5 mit einem gleich-<br />

zeitig erhöhten Festigkeits- und Zähigkeitsniveaug,lo).<br />

Die Verringerung des Kohlenstoffgehaltes bewirkt eine<br />

Erhohung des Ferritgehaltes und eine leichte Vergröbe-<br />

rung <strong>der</strong> Perlitstruktur Der hierdurch bedingte Festig-<br />

keitsabfall wird durch die Erhöhung des Silicium- und<br />

Mangangehaltes mehr als kompensiert. Die höheren<br />

Siliciumgehalteführen einerseits zu einem höheren An-<br />

teil und zu einer gleichmäßigeren Ausbildung des vor-<br />

eutektoidischen Ferrits auch innerhalb <strong>der</strong> ehemaligen<br />

Austenitkörner, an<strong>der</strong>erseits aber auch zu einer Steige-<br />

rung <strong>der</strong> Ferritfestigkeit. Mangan wirkt gleichzeitig auf<br />

die Erhöhung <strong>der</strong> Ferritfestigkeit und des Perlitanteils<br />

bei Verfeinerung <strong>der</strong> Perlitstruktur Dieauf Festigkeit und<br />

Zahigkeit zum Teil unterschiedlich wirkenden Legie-<br />

rungselemente zeigen erst in vorliegen<strong>der</strong> Kombination<br />

den gewünschten positiven Effekt auf beide Eigen-<br />

schaften.<br />

5.2 Legierungstechnische Beeinflussung<br />

<strong>der</strong> Austenitkorngröße<br />

Die im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen Ver-<br />

besserungen im Festigkeits-/Zähigkeitsverhältnis er-<br />

möglichten zwar eine Ausweitung <strong>der</strong> Anwendungs-<br />

möglichkeiten von AFP-Stählen, waren aber an<strong>der</strong>er-<br />

seits noch nicht so durchgreifend, daß an einen Einsatz<br />

für schlagbeanspruchte Bauteile im Automobilbau wie<br />

zum Beispiel Lenkungs- und Fahrwerksteile gedacht<br />

werden konnte. Für <strong>der</strong>artige Anwendungen mußten<br />

weitere Entwicklungen insbeson<strong>der</strong>e zur Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Zähigkeit erfolgen. Das Ziel <strong>der</strong> notwendigen Wei-<br />

terentwicklung ist ein AFP-Stahl mit einerähnlich hohen<br />

Festigkeit (von > 800 N/mmg) wie <strong>der</strong> des Stahles<br />

49 MnVS 3, jedoch mit deutlich höherer Zähigkeit, die<br />

auch noch oberhalb <strong>der</strong> des AFP-Stahles 38 MnSiVS 5<br />

liegt. In gewisser Weise vorgezeichnet war die Entwick-<br />

6<br />

lungsrichtung dadurch, daß ein Absenken des Kohlen-<br />

stoffgehaltes den Anteil an Ferrit im Gefüge erhöht und<br />

bei verringerter Festigkeit die Zähigkeit verbessetY1).<br />

Die Verringerung <strong>der</strong> Festigkeit kann durch geeignete<br />

Erhöhung <strong>der</strong> Silicium- und Mangangehalte ausgegli-<br />

chen werden. Eine notwendige gleichmäßige Feinvertei-<br />

lung des Ferrits im Mischgefüge wird jedoch nur er-<br />

reicht, wenn nahezu unabhängig von den Umformbe-<br />

dingungen auch eine feinkörnige Gefügeausbildung er-<br />

reicht werden kann.<br />

Da die Austenitkorngröße von Stählen im wesentlichen<br />

die Korngröße des Umwandlungsgefüges bestimmt,<br />

wird bei den AFP-Stählen ein feinkörniger Austenit auch<br />

bei hohen Warmumformtemperaturen angestrebt.<br />

Es wurden daher zahlreiche Untersuchungen zur Fein-<br />

kornbeständigkeit des Austenits bis in den Temperatur-<br />

bereich 1300% durchgeführt, wobei insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong><br />

Einfluß <strong>der</strong> Elemente Vanadin, Niob und Titan als aus-<br />

scheidungshärtende Elemente auf das Kornwachstum-<br />

verhalten untersucht wurde’*). Wie die Ergebnisse in<br />

Bild 7 zeigen, wird bei den nur mit Niobzusatz legierten<br />

Stählen ein stärkeres Kornwachstum ähnlich wie bei mit<br />

Vanadin und Niob legierten Stählen ermittelt. Wirksam<br />

hinsichtlich Beständigkeit gegen Kornwachstum waren<br />

nur die mit Titan und Vanadin legierten Stähle, wobei<br />

sich ein mittlerer Gehalt von rund 0,02% Ti als optimal<br />

herausgestellt hat. Erwähnt werden sollte, daß bereits<br />

beim Abgießen <strong>der</strong> Stähle bestimmte Erstarrungsbe-<br />

dingungen für <strong>der</strong>artige Effekte einzuhalten sind.<br />

0<br />

AFP-Stähle mit rd. 0,25%C<br />

I I I I I I<br />

2 Abm.: SOmm Dmr.<br />

Proben aus D/6-<br />

4 Bereich<br />

i<br />

6<br />

R t<br />

Nb : 404%<br />

Austenitisiertemperatur in “C<br />

1 Haltedauer : 0.5 h ; Abk.: Wasser 1<br />

Bild 7 Austenitkorn-<br />

große als Funktion<br />

<strong>der</strong> Austenitisierungs-<br />

temperatur<br />

Die große Feinkornbeständigkeit <strong>der</strong> titanhaltigen AFP-<br />

Stähle führt dazu, daß das Umwandlungsverhalten na-<br />

hezu unbeeinflußt von den Austenitisierbedingungen<br />

immer ein feinkörniges Ferrit-Perlit-Gefüge zur Folge<br />

hat. In Bild 8 sind die Ferrit-Perlit-Gefüge gegenüberge-<br />

stellt, wie sie an einem mit Niob und Vanadin legierten<br />

Stahl (links) und an einem mit Titan und Vanadin legier-<br />

ten Stahl bei gleicher Grundzusammensetzung nach<br />

dem Austenitisieren bei 1200% erhalten wurden. Der<br />

niobhaltige Stahl (links) ist bedeutend grobkörniger. Bei<br />

geringfügig niedrigerer Festigkeit aufgrund des höheren<br />

Ferritgehaltes wird mit dem feinkörnigen titanhaltigen<br />

Stahl (rechts) eine bedeutend höhere Zähigkeit erzielt.<br />

Metallkundliehe Untersuchungen haben gezeigt, daß<br />

die Ursache <strong>der</strong> hohen Feinkornbeständigkeit des<br />

Austenits bei Titanzusatz eine relativ gleichmäßige Ver-


Abnl. : 50 mm Dm,. ; eehandlung : 1aoo~c0,5h,l”ft<br />

Gefirgezusammensetz”“~ :<br />

15%k?rr,t 35% Ferr,t<br />

85% Perlit 65% Perlit<br />

Bild 8 Gefüge von <strong>ausscheidungshärtenden</strong> <strong>ferritisch</strong>-perlitischen<br />

Stählen<br />

teilung feiner Teilchen ist, wie sie anhand <strong>der</strong> lichtopti-<br />

schen Gefügeaufnahme von Bild 9 wie<strong>der</strong>gegeben ist.<br />

Als Extrembeispiel zeigt <strong>der</strong> untere linke mit Rück-<br />

streuelektronen an <strong>der</strong> Mikrosonde aufgenommene Ge-<br />

fügeausschnitt eine perlschnurartige Anordnung <strong>der</strong>ar-<br />

tiger rd. 1 ,um großer Teilchen. Der von diesen Teilchen<br />

umrandete Bereich entspricht <strong>der</strong> Austenitkorngröße 8<br />

nach ASTM-Richtreihe. Das rechte untere Teilbild zeigt,<br />

daß dieTeilchen nicht homogen aufgebaut sind. Quanti-<br />

tative Analysen haben ergeben, daß es sich um Misch-<br />

sulfide handelt, in denen auch bis zu rd. 0,5% Ti enthal-<br />

ten ist. Die Mischsulfide treten häufig in Begleitung von<br />

Titannitriden und von Oxiden auf den Korngrenzen auf.<br />

Zusätzlich zu den hier beschriebenen Teilchen werden<br />

auch noch 30 bis 50 nm große Titancarbonitride in na-<br />

hezu homogener Verteilung nachgewiesen, die insbe-<br />

son<strong>der</strong>e bei niedrigeren Austenitisierungstemperatu-<br />

ren das Kornwachstum behin<strong>der</strong>n.<br />

RE-Abbi Idung<br />

-5ym<br />

lichtmikroskopische Abbildung<br />

(QuerschI iff , ungeätzt)<br />

- 100JJm<br />

RE-Abbildung<br />

Hl/.Jrn<br />

Bild 9 Teilchen im Stahl 27 MnSiVS 6 (+Ti), die das Kornwachstum<br />

hemmen (Zustand: 1300 Oc 0,5 h/Luft)<br />

+ igjf$$d<br />

65 bzu72mm,,Vkt.<br />

,000 Ltingsproben im Ubergang<br />

,. B,ld Eigenschaften<br />

1300 .<br />

des<br />

TA in “C lO,Sh/Luftl Stahles 27 MnSiVS 6 (+Ti)<br />

Auch bei dem titanhaltigen Stahl wird das Festigkeits-/<br />

Zähigkeitsverhältnis durch die Höhe des Kohlenstoffge-<br />

haltes beeinflußt.<br />

In Bild 10 sind die Eigenschaften von zwei Schmelzen<br />

mit oberer (0,30%) und unterer (0,25%) Kohlenstofflage<br />

in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Austenitisierungstemperatur<br />

dargestellt.<br />

Lediglich bei <strong>der</strong> Kerbschlagarbeit wird ein geringer Ab-<br />

fall von 46 auf 32 Joule bei oberer und von 66 auf 45 Jou-<br />

le bei unterer Analysenlage festgestellt13). Die 0,2%-<br />

Dehngrenzen liegen einheitlich im Bereich 510 bis 570<br />

N/mm*. Die Festigkeiten lauten 750 bis 800 N/mm2 bei<br />

unterer und 815 bis 860 Nimm* bei oberer Analysen-<br />

lage.<br />

In Bild 11 ist links ein Zähigkeitsvergleich anhand von<br />

ISO-V-Kerbschlagproben bei Raumtemperatur unter<br />

Einbeziehung des titanhaltigen Stahles 27 MnSiVS 6<br />

und rechts anhand von Bruchzähigkeitswerten bei<br />

-100°C vorgenommen worden. Beide Teilbil<strong>der</strong> ver-<br />

deutlichen die mit dem titanhaltigen AFP-Stahl 27<br />

MnSiVS 6 erzielten Vorteile bei vergleichbarer Festig-<br />

keitslage zum Stahl 49 MnVS 3 und gegenüber dem<br />

Gußwerkstoff. Die Bruchzähigkeit des titanhaltigen<br />

AFP-Stahles ist um den Faktor 3 höher als die des Stah-<br />

les 49 MnVS 3. Im Vergleich zum unlegierten Vergü-<br />

tungsstahl Ck 45 ergeben sich bei <strong>der</strong> Kerbschlagarbeit<br />

ähnlich hohe und bei <strong>der</strong> BruchzCihigkeit sogar bessere<br />

Werte. Es wird aber auch deutlich, daß die Werte des<br />

Bild 11 Zähigkeitsvergleich von Vergütungs-, Guß und AFP-Stählen<br />

7


chromlegierten Vergütungsstahles 37 Cr 4 nicht er-<br />

reicht werden.<br />

An dieserstelle kann erwähnt werden, daß die erfolgrei-<br />

che Erprobung des titanhaltigen AFP-Stahles 27<br />

MnSiVS 6 zum Beispiel für Achsschenkel und Pleuel bei<br />

einem namhaften Automobilhersteller nahezu abge-<br />

schlossen ist14). Erprobungen mit vielen an<strong>der</strong>en Bau-<br />

teilen, bei denen bisher Vergütungsstähle zum Einsatz<br />

kommen, werden bereits durchgeführt bzw sind einge-<br />

leitet.<br />

5.3 Beeinflussung durch<br />

Warmumformbedingungen<br />

Warmumformbedingungen sowohl beim Walzen als<br />

auch beim Schmieden beeinflussen über Verän<strong>der</strong>un-<br />

gen des austenitischen Gefüges das Umwandlungsge-<br />

füge und damit die Eigenschaften von Stählen. Entspre-<br />

chende Schrifttumshinweise sind so zahlreich, daß sie<br />

hier nicht angeführt werden sollen. Auch hier wie<strong>der</strong><br />

waren insbeson<strong>der</strong>e die an schweißgeeigneten Fein-<br />

kornbaustahlen für Flacherzeugnisse durch thermome-<br />

chanisches Behandeln erzielten Erfolge Hinweis dafür,<br />

entsprechende Untersuchungen für die AFP-Stähle<br />

einzuleiten.<br />

Als zusammenfassendes erstes Ergebnis von bevor-<br />

zugt an dem Stahl 42 MnSiVS 3 3 durchgeführten La-<br />

boruntersuchungen15) sind in Bild 12 Werte aus Zug-<br />

versuchen bei Raumtemperatur in Abhängigkeit von <strong>der</strong><br />

Warmumformtemperatur aufgetragen. Gleichzeitig<br />

kennzeichnen die Bil<strong>der</strong> in <strong>der</strong> oberen Zeile die entspre-<br />

chenden Umwandlungsgefüge, die sich nach dem Um-<br />

formen bei 1200, 900 und 700°C einstellen. Vor dem<br />

Umformen wurde einheitlich bei 1200°C austenitisiert<br />

N<br />

Gefügemengenanteile Ferrit (F) und Perlit (PI in %<br />

40F / 60P 40F / 6OP 8F / 92P<br />

L,<br />

F E 800<br />

:z _E<br />

‘- z<br />

.”<br />

-j .c 700<br />

lü<br />

I_ ,i_j<br />

Austenitisiertemp.: 12OO’C<br />

Umformbereich y = 0,2 bis 0,8<br />

Lu 700 800 900 1000 1100 ,200<br />

Umformtemwratur in OC<br />

Bild 12 Einfluß <strong>der</strong> Umformtemperatur auf Gefüge und Eigenschaf-<br />

ten des Stahles 42 MnSiVS 3 3<br />

8<br />

und anschließend mit konstanter Geschwindigkeit auf<br />

die Umformtemperatur abgekühlt. Auch die Abkühlge-<br />

schwindigkeit nach dem Umformen wurde konstant ge-<br />

halten. Die Umformgrade bewegten sich zwischen 0,2<br />

und 0,8, wobei ein Einfluß in diesem Bereich auf Gefüge<br />

und Eigenschaften nicht festgestellt wurde.<br />

Bei hoher Umformtemperatur (1200%) rekristallisiert<br />

<strong>der</strong> Austenit grobkörnig, so daß die Umwandlung vetzö-<br />

gert wird und ein überwiegend aus Perlit bestehendes<br />

grobes Umwandlungsgefüge entsteht. Entsprechend<br />

<strong>der</strong> geringen Keimzahl entsteht <strong>der</strong> Ferrit bevorzugt an<br />

den ehemaligen Austenitkorngrenzen. Ein <strong>der</strong>artiges<br />

Gefüge (oben rechts) mit rd. 92% Perlit und nur rd. 8%<br />

Ferrit weist eine relativ hohe Festigkeit und Elastizitäts-<br />

grenze - hieraus versuchstechnischen Gründen als Er-<br />

satz für die 0,2 %-Dehngrenze ermittelt - auf. Die als Zä-<br />

higkeitskennwert dienende Brucheinschnürung im un-<br />

teren Teilbild liegt relativ niedrig bei nur 12 bis 15%.<br />

Durch Absenken <strong>der</strong>umformtemperatur bis in denTem-<br />

persturbereich 800/900°C rekristallisiert <strong>der</strong> Austenit<br />

zunehmend feinkörnigec so daß die Umwandlung<br />

schneller abläuft und ein Ferrit/Perlit-Mischgefüge mit<br />

bis zu 40% Ferrit entsteht. Aufgrund <strong>der</strong> höheren Keim-<br />

zahl durch den feinkörnigen Austenit liegt <strong>der</strong> Ferrit in<br />

relativ gleichmäßiger Verteilung vor (mittleres Gefüge-<br />

bild, obere Bildreihe). Entsprechend <strong>der</strong> Zunahme des<br />

Ferritgehaltes nehmen Festigkeit und Elastizitätsgrenze<br />

bis zum Umformtemperaturbereich 800/9OO”C ab und<br />

die Brucheinschnürung zu.<br />

Bei weiterer Erniedrigung <strong>der</strong> Umformtemperatur auf<br />

unterhalb des Umwandlungspunktes Ara erfolgt im Be-<br />

reich des metastabilen Austenits keine Rekristallisation<br />

mehr. Die Bildung des voreutektoidischen Ferrits, des-<br />

sen Menge sich bei den genannten Umformgraden<br />

kaum mehr verän<strong>der</strong>t, erfolgt an den Korngrenzen des<br />

gestreckten Austenits sowie an Gleitlinien innerhalb <strong>der</strong><br />

Körner. Anschließend erfolgt die Perlitbildung. Die nie-<br />

drige Umformtemperatur führt aufgrund von Verfesti-<br />

gung zu einem Wie<strong>der</strong>anstieg von Festigkeit und Elasti-<br />

zitätsgrenze im Vergleich zum Minimum und zu einer<br />

Verringerung <strong>der</strong> Brucheinschnürung im Vergleich zum<br />

Maximum bei 800/9OO”C Umformtemperatur.<br />

6. Gebrauchs- und Verarbeitungseigenschaften von<br />

AFPStählen<br />

Als wesentliche Beurteilungskriterien für den Einsatz<br />

von Werkstoffen gelten neben den Kosten und den me-<br />

chanisch-technologischen Eigenschaften die Ge-<br />

brauchs- und Verarbeitungseigenschaften. Von beson-<br />

<strong>der</strong>er Bedeutung für dynamisch beanspruchte Bauteile<br />

wie Fahrwerksteile sind Kenntnissezum Wechselfestig-<br />

keitsverhalten <strong>der</strong> Stahle. Da bei Schmiedeteilen mit<br />

üblichen Formzahlen von ak = 3 und größer gerechnet<br />

werden muß, sind insbeson<strong>der</strong>e Aussagen zum Einfluß<br />

von Kerben auf das Wechselfestigkeitsverhalten von<br />

Bedeutung.<br />

Als erster Anhalt für das Bauteilverhalten können dabei<br />

Ergebnisse von Laboruntersuchungen dienen. In Bild


a) glatte Proben<br />

b) gekerbte Proben ( UK -3)<br />

A 37 Cr 4,vergütet<br />

A 49 MnVS 3<br />

0 27 MnSiVS 6<br />

I I I<br />

105 106 107<br />

Lastspielzahl<br />

Bild 13 Umlaufbiegewechselfestigkeit von AFP-Stählen im Vergleich<br />

zu einem Vergütungsstahl (Beanspruchungsart: R - -1)<br />

13 sind Ergebnisse von Umlaufbiegeversuchen an glat-<br />

ten Proben (oberes Teilbild) und an gekerbten Proben<br />

mit einer Formzahl akvon rd. 3 (UnteresTeilbild) füreinen<br />

Vergütungsstahl und für drei AFP-Stähle dargestellt. Die<br />

Versuche wurden auf einem Hochfrequenzpulser mit ei-<br />

ner Umdrehungszahl von 4500 min-’ durchgeführt. Die<br />

Festigkeiten aller vier Werkstoffe liegen in einem engen<br />

Bereich zwischen 780 und 880 N/mm*. Werkstoffunab-<br />

hangig ergeben sich an glatten Proben für das Verhält-<br />

nis Umlaufbiege-Dauerwechselfestigkeit (Schwing-<br />

spielzahl 2 107) zu Zugfestigkeit Werte um 0,45 in guter<br />

Übereinstimmung zu an<strong>der</strong>en Stählen. Die Dauerwech-<br />

selfestigkeiten liegen für glatte Proben zwischen 340<br />

und 380 N/mm*. Bei gekerbten Proben wird die Dauer-<br />

wechselfestigkeit deutlich auf Werte zwischen 80 und<br />

135 N/mm* herabgesetzt.<br />

Ein weiteres wichtiges Beurteilungskriterium für den<br />

Einsatz von AFP-Stählen insbeson<strong>der</strong>e für Bauteile in<br />

<strong>der</strong> Großserienfertigung ist ihr Spanbarkeitsverhalten.<br />

Die Bedeutung dieser Verarbeitungseigenschaft wird<br />

erkennbar, wenn man den großen Kostenfaktor dafür<br />

betrachtet (s. Bild 5).<br />

Das Spanbarkeitsverhalten <strong>der</strong> Stähle wird bestimmt<br />

durch die Festigkeit, die Zähigkeit und das Gefüge so-<br />

wie von den im Stahl vorhandenen nichtmetallischen<br />

sulfidischen und oxidischen Einschlüssen. Von großer<br />

Bedeutung ist dabei <strong>der</strong> Schwefelgehalt sowie <strong>der</strong> An-<br />

teil und die Ausbildungsform <strong>der</strong> Sulfide. Erhöhte<br />

Schwefelgehalte sowie metallurgische Maßnahmen zur<br />

Beeinflussung <strong>der</strong> Sulfidform und zur Verbesserung<br />

des oxidischen Reinheitsgrades sind heute gängige<br />

Maßnahmen zur Verbesserung <strong>der</strong> Spanbarkeit.<br />

Bei vergleichbarer Festigkeitslage weisen AFP-Stähle<br />

allein aufgrund ihres Ferrit-Perlit-Mischgefüges im Ver-<br />

gleich zu Vergütungsstählen günstigere Spanbarkeits-<br />

r*e-<br />

63<br />

m,”<br />

31<br />

2<br />

100 125 160 200 250 m min-1<br />

Bild14 Standzeit<br />

in AbhBngigkeit<br />

von <strong>der</strong> Schnitt-<br />

geschwindigkeit<br />

beim Stirnfräsen<br />

eigenschaften auf. Aber auch zwischen den AFP-Stäh-<br />

len bestehen aufgrund <strong>der</strong> unterschiedlichen Gefüge-<br />

mengenanteile noch deutliche Unterschiede. So konn-<br />

te in eigenen Laboruntersuchungen beim Drehen mit<br />

Hartmetall P 10 festgestellt werden, daß <strong>der</strong> titanhaltige<br />

Stahl 27 MnSiVS 6 zu deutlich niedrigerem Verschleiß<br />

am Werkzeug führt als <strong>der</strong> Stahl 49 MnVS 3. Bei einer<br />

Drehgeschwindigkeit von 150 m/min. werden erst nach<br />

30 min. Drehdauer die gleichen Verschleißkennwerte<br />

ermittelt wie bei dem Stahl 49 MnVS 3 bereits nach<br />

5 min. Drehdauer13). Auch bei an<strong>der</strong>en spanenden<br />

Bearbeitungsverfahren weist <strong>der</strong> Stahl 27 MnSiVS 6<br />

deutliche Vorteile auf. In Bild 14 sind Werkzeugstand-<br />

zeiten von Hartmetall P 25 beim Stirnfräsen verschiede-<br />

ner Werkstoffe in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Schnittge-<br />

schwindigkeit aufgetragen. Diese Versuche wurden am<br />

Institut für Fertigungstechnik und Spanende Werkzeug-<br />

maschinen an <strong>der</strong> Universität in Hannover durchge-<br />

führt.16). In allen Fällen erreichte <strong>der</strong> Stahl 27 MnSiVS 6<br />

höhere Standzeiten als <strong>der</strong> Vergütungsstahl 42 CrMo 4<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Einsatzstahl 16 MnCrS 5 im BG-geglühten Zu-<br />

stand.<br />

Ein weiterer Vorteil von AFP-Stählen gegenüber Vergü-<br />

tungsstählen hinsichtlich Verarbeitbarkeit stellen die<br />

gleichmäßigen Eigenschaften im Querschnitt von Bau-<br />

teilen dar.<br />

In Bild 15 sind Härteverläufe an 60 mm-Rundmaterial für<br />

den Vergütungsstahl Ck 45 und den AFP-Stahl 49<br />

MnVS 3 gegenübergestellt. Zusätzliche Gefügebil<strong>der</strong><br />

jeweils aus Oberflächen- und Kernbereich verdeutli-<br />

chen, daß beim Vergütungsstahl aufgrund verschiede-<br />

ner Härtungsgefüge im Querschnitt starke Unterschie-<br />

de vorliegen, die zu einem entsprechenden Härteverlauf<br />

von hohen Randwerten (260 HB) zu niedrigen Kernwer-<br />

ten (195 HB) führen. Der AFP-Stahl dagegen weist in<br />

dem gesamten Querschnitt ein nahezu gleichmäßiges<br />

Ferrit-Perlit-Gefüge auf mit nahezu einheitlichen Härte-<br />

werten, die zwischen rund 245 (Rand) und 230 HB<br />

(Kern) liegen. Die große Gleichmäßigkeit des Gefüges<br />

und <strong>der</strong> Eigenschaften von AFP-Stählen im gesamten<br />

Bauteilquerschnitt führt zum Beispiel hinsichtlich Ver-<br />

zugsverhalten zu deutlichen Vorteilen gegenüber Ver-<br />

gütungsstählen, bei denen insbeson<strong>der</strong>e nach dem<br />

Härten häufig Richtoperationen durchgeführt werden<br />

müssen.<br />

9


Oberf Iäche<br />

Gefüge<br />

vergütungs-<br />

stahl<br />

(Ck 45)<br />

AFP-Stahl<br />

(49 MnVS 3)<br />

/<br />

I ,<br />

’ I I<br />

Abmessung: 60 mm Dmr.<br />

AFP-Stahl (49 MnVS 3)<br />

\/<br />

190 I I I I I I<br />

Oberf lache Kern Oberf Iäche<br />

Abstand von <strong>der</strong> Oberfläche<br />

Bild 15 Harte- und Gefugevergleich Vergütungs-/AFP-Stahl in Ab-<br />

hangigkeit vom Oberflächenabstand<br />

7. Normung<br />

Obwohl die Entwicklung ist<br />

eine Normung des bisher erreichten Entwicklungsstan-<br />

des zur allgemeinen Information und zur Vereinheitli-<br />

chung <strong>der</strong> gebräuchlichsten Stähle sinnvoll. In <strong>der</strong> Bun-<br />

desrepublik Deutschland hat <strong>der</strong> Werkstoffausschuß<br />

des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute hierzu das<br />

Stahl-Eisen-Werkstoffblatt (SEW) 101 erarbeitet17), in<br />

dem die zur Zeit gebräuchlichsten AFP-Stähle be-<br />

schrieben sind. Tafel 1 und 2 zeigen die Festlegungen<br />

<strong>der</strong> chemischen Zusammensetzung und <strong>der</strong> mechani-<br />

schen Eigenschaften des SEW 101.<br />

Die inzwischen weltweite Anwendung und die steigen-<br />

de Bedeutung dieser Stahlgruppe begründet auch ak-<br />

tuelle Bestrebungen zur Normung <strong>der</strong> AFP-Stähle auf<br />

internationaler und/o<strong>der</strong> europäischer Ebene.<br />

8. Zukünftige Entwicklungen<br />

Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, daß durch<br />

gezielte Maßnahmen unterschiedlichster Art die An-<br />

wendungsmöglichkeiten für AFP-Stähle ausgeweitet<br />

werden können von wenig auf Zähigkeit beanspruchte<br />

Bauteile (Beispiel Kurbelwelle) auf schlagbeanspruchte<br />

Bauteile (Beispiel Achsschenkel). Bei statischer und<br />

schwingen<strong>der</strong> Beanspruchung ergeben sich vergleich-<br />

bare Eigenschaften wie bei Vergütungsstählen.Auf dem<br />

Wege nach vergleichbaren Zähigkeitseigenschaften<br />

sind entscheidende Fortschritte erzielt worden, wobei<br />

durch weitere Optimierung zum Beispiel <strong>der</strong>umformbe-<br />

dingungen noch Verbesserungen möglich erscheinen.<br />

Für eine breitere Anwendung <strong>der</strong> AFP-Stähle auch aus-<br />

serhalb <strong>der</strong> Gesenkschmiedeindustrie sprechen erste<br />

erfolgreiche Serieneinsätze von gewalztem o<strong>der</strong> ge-<br />

schmiedetem Stabstahl für zum Beispiel Kolbenstan-<br />

gen und eingeleitete Erprobungen mit Draht für zum<br />

Beispiel Befestigungselemente. Auch bei diesen An-<br />

wendungen werden die bisher üblichen Vergütungs-<br />

stähle ersetzt und die Vergütungsbehandlungen einge-<br />

spart.<br />

Weitere Schwerpunkte für zukünftige Entwicklungen<br />

bei den AFP-Stählen sind Untersuchungen zum ther-<br />

momechanischen Behandeln und zum Verhalten bei<br />

Tafel 1 Chemische Zusammensetzung (Schmelzenanalyse) <strong>der</strong> AFP-Stähle nach Stahl-Eisen-Werkstoffblatt 101<br />

Stahlsorte<br />

Kurzname Werkstoff C<br />

Nr<br />

Si Mn P<br />

Massenanteil in %<br />

S V<br />

49 MnVS 3 1.1199 0,44 / 0,50 5 050 0,70/ 1 ,oo 5 0,035 0,030 f 0,065 0,08/0,13<br />

38 MnSiVS 5 1.5231 0,35/ 0,40 0,50/0,80 1,20/1,50 5 0,035 0,030/ 0,065 0,08/0,13<br />

27 MnSiVS 6 1.5232 0,25/0,30 0,50/0,80 1,30/ 1,60 s 0,035 0,030/0,050 0,08/0,13<br />

44 MnSiVS 6 1.5233 0,42 f 0,47 0,50/0,80 1,30/1,60 5 0,035 0,020f 0,035 0,10/0,15<br />

Tafel 2 Mechanische Eigenschaften <strong>der</strong> AFP-Stähle nach Stahl-Eisen-Werkstoffblatt 101 (Anhaltsangaben)<br />

Kurzname<br />

Stahlsorte<br />

Werkstoff-<br />

Nr.<br />

49 MnVS 3 1.1199 30 bis 150<br />

38 MnSiVS 5 1.5231 30 bis 150<br />

27 MnSiVS 6 1.5232 30 bis 150<br />

44 MnSiVS 6 1.5233 30 bis 150<br />

1) Probenlage: Langspmben (in Faserrichtung)<br />

10<br />

Durchmesser d Streck-<br />

o<strong>der</strong> flachen- grenze<br />

gleicher Re<br />

Querschnitt<br />

mm Nimm2<br />

min.<br />

Zustand Bt<br />

zug- Bruch- Bruch- Oberflächen-<br />

festigkeit dehnungl) einschnü- härte nach<br />

Rm A rung Zl) Induktions-<br />

hartung<br />

Nlmmz % % HRC<br />

min. min. min.<br />

450 750 - 900 8 20 56<br />

550 820 - 1000 12 25 52<br />

500 800- 950 14 30 48<br />

600 950-1100 10 20 54


Oberflachenbehandlungen wie dem Nitrieren. Die AFP-<br />

Stähle sind grundsätzlich zum Nitrieren geeignetja), je-<br />

doch können Verbesserungen zum Beispiel durch Le-<br />

gieren mit stickstoffaffinen Elementen erfor<strong>der</strong>lich sein<br />

zum Erreichen entsprechend härterer Oberflächen-<br />

schichten.<br />

Zusammenfassung<br />

Die Ursachen und die Zielsetzung zur Entwicklung<br />

ausscheidungshärten<strong>der</strong> <strong>ferritisch</strong>-perlitischer (AFP-)<br />

Stähle und die Unterschiede <strong>der</strong> Ausscheidungshär-<br />

tung durch Vanadin und Niob werden beschrieben. Vom<br />

ersten AFP-Stahl 49 MnVS 3 ausgehend werden die<br />

Entwicklungsstufen geschil<strong>der</strong>t, die das Festigkeits-/<br />

Zähigkeitsverhältnis dieser Stahlgruppe verbessert ha-<br />

ben. Auf wichtige Gebrauchs- und Verarbeitungseigen-<br />

schaften, die Normung und diezukünftigen Entwicklun-<br />

gen <strong>der</strong> AFP-Stähle wird eingegangen.<br />

Summary<br />

This Paper describes the development of precipitation<br />

hardening ferritic-pearlitic steels (in german: AFP-<br />

steels). The aim of development of these steels is to<br />

increase both the strength and the toughness in com-<br />

parison to unalloyed carbon steels or cast nodular<br />

graphite iron. The differente in precipitation hardening<br />

by vanadium and on the other hand by niobium will be<br />

discussed. Starting with thefirst precipitation hardening<br />

ferritic-pearlitic steel 49 MnVS 3, further developments<br />

to increase the strength/toughness relationship will be<br />

shown. Finally, important properties in processing and<br />

Operation of these steels will be demonstrated. The sta-<br />

tus of standardization and the future developments are<br />

discussed.<br />

Schrifttum<br />

1) Unveröffentlichte Ergebnisse <strong>der</strong> Deutsche Edelstahlwerke AG,<br />

Werk Remscheid (November 1971)<br />

2) Meyer, L.; Bühler, H.-E.; Heisterkamp, F: Thyssen Forschung 3<br />

(1971) S. 8/43<br />

3) Unveroffentlichte Ergebnisse <strong>der</strong> Deutsche Edelstahlwerke AG,<br />

Krefeld (1972)<br />

4) von den Steinen, A.; Engineer, S.; Horn, E.; Preis, G.: Stahl und<br />

Eisen 95 (1975) S. 209/14<br />

5) Frodl, D.; Randak, A.; Vetter, K.: HTM 29 (1974) S. 169/75<br />

6) Engineer, S.: TEW-Technische Berichte 2 (1976) S. 105/110<br />

7) Engineer, S.: Dr-Ing.-Dissertation, Technische Hochschule<br />

Aachen (Februar 1977)<br />

8) Unveröffentlichte Ergebnisse <strong>der</strong> Thyssen Umformtechnik AG,<br />

Remscheid<br />

9) Engineer, S.; von den Steinen, A.: TEW-Technische Berichte 6<br />

(1980) S. 85/89<br />

10) Kneller, J.: Stahl und Eisen 107 (1987) S. 905/09<br />

11) Engineer, S.; Huchtemann, B.; Schuler, V: TEW-Technische Be-<br />

richte 13 (1987) S. 34/43<br />

12) Huchtemann, B.; Keppler, W.: Unveröffentlichte Ergebnisse aus<br />

dem Bereich Forschung, Qualitäts- und Prüfwesen <strong>der</strong> Thyssen<br />

Edelstahlwerke AG<br />

13) Huchtemann, 6.; Engineer, S.; Schüler, V: HTM 44 (1989) S. 17/24<br />

14) Mäscher, G.; Schmidt, J.; Wolff, J.: HTM 43 (1988) S. 171/175<br />

15) Brandis, H.; Huchtemann, B.; Schmidt, W.: TEW-Technische Be-<br />

richte 14 (1988) S. 135/142<br />

16) Schnadt, FL: Schmiede-Journal (Matz 1989) S. 22/23<br />

‘7) Stahl-Eisen-Werkstoffblatt 101 (1988) Verlag Stahleisen GmbH,<br />

Düsseldorf<br />

18) Razim, C.: Metal Progress (Mai 1981) S. 50155<br />

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