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1 Steuerfreie oder steuerpflichtige Erstattungen - DATAKONTEXT

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1 <strong>Steuerfreie</strong> <strong>oder</strong><br />

<strong>steuerpflichtige</strong> <strong>Erstattungen</strong><br />

Die Kosten beruflich veranlasster Reisen <strong>oder</strong> auswärtiger Einsätze <strong>oder</strong><br />

beruflich veranlasster mehrfacher Wohnsitznahme können einem Arbeitnehmer<br />

vom Arbeitgeber steuerpflichtig <strong>oder</strong> eventuell auch steuerfrei erstattet<br />

werden.<br />

Die Erstattung ist steuerfrei, soweit keine höheren Beträge erstattet werden,<br />

als sie der Arbeitnehmer selbst bei seiner Einkommensteuererklärung als<br />

Werbungskosten geltend machen könnte. Teilweise kann der Arbeitgeber<br />

auch Pauschalen erstatten, die der Arbeitnehmer nicht als Werbungskosten<br />

geltend machen könnte.<br />

Die steuerfreien <strong>Erstattungen</strong> festzustellen, erfordert eine aufwendige und<br />

genaue Abrechnung auswärtiger Einsätze <strong>oder</strong> beruflich veranlasster mehrfacher<br />

Wohnsitznahme. Dabei hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Unterlagen<br />

vorzulegen, aus denen die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der<br />

Erstattung ersichtlich sind. Soweit tatsächlich entstandene Aufwendungen<br />

erstattet werden, z.B. Fahrtkosten und Übernachtungskosten, sind sie nachzuweisen.<br />

Verpflegungsmehraufwendungen können nur bis zur Höhe von –<br />

von der Abwesenheitsdauer abhängigen – Verpflegungspauschalen steuerfrei<br />

ersetzt werden. Daher ist in den Reisekostenabrechnungen auch die<br />

Abwesenheitsdauer anzugeben. Ein pauschaler Kostenersatz bei Nutzung<br />

eines Fahrzeugs, das der Arbeitgeber für Auswärtstätigkeiten zur Verfügung<br />

stellt, kann nur bei Aufzeichnung der Fahrstrecke steuerfrei erstattet werden.<br />

Die steuerfreien <strong>Erstattungen</strong> des Arbeitgebers vermindern den Werbungskostenabzug<br />

des Arbeitnehmers.<br />

In den Lohnsteuerrichtlinien werden die Regeln der steuerfreien Erstattungsmöglichkeiten<br />

im Einzelnen festgelegt. Sie bestimmen aber lediglich, wie viel<br />

der Arbeitgeber steuerfrei zahlen kann, nicht aber, ob <strong>oder</strong> wie viel <strong>oder</strong><br />

unter welchen Bedingungen er arbeitsrechtlich gesehen zahlen muss.<br />

Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer aber auch die Kosten auswärtiger<br />

Einsätze <strong>oder</strong> beruflich veranlasster mehrfacher Wohnsitznahme ohne eine<br />

ins Einzelne gehende Abrechnung pauschal erstatten. Das wäre einfacher.<br />

Diese Erstattung wäre dann aber steuerpflichtig. Der Arbeitnehmer könnte<br />

dann jedoch die Kosten seiner Auswärtstätigkeit als Werbungskosten gel-<br />

13


1 <strong>Steuerfreie</strong> <strong>oder</strong> <strong>steuerpflichtige</strong> <strong>Erstattungen</strong><br />

tend machen. Das steuerliche Ergebnis wäre in beiden Fällen im Endeffekt<br />

insoweit gleich. Was aber steuerpflichtig ist, ist auch beitragspflichtig in der<br />

Sozialversicherung. Außerdem verlöre der Arbeitgeber jegliche Möglichkeit<br />

des Vorsteuerabzugs, und der Arbeitnehmer könnte ihn, da er nicht Unternehmer<br />

ist, nicht geltend machen.<br />

14


2 Der Begriff der<br />

Auswärtstätigkeit<br />

2 Der Begriff der Auswärtstätigkeit<br />

Sollen einem Arbeitnehmer Spesen <strong>oder</strong> Auslösungen gezahlt werden, ist<br />

zu unterscheiden, ob es sich um <strong>Erstattungen</strong> anlässlich<br />

– einer Auswärtstätigkeit<br />

– <strong>oder</strong> einer doppelten Haushaltsführung<br />

handelt.<br />

Eine Auswärtstätigkeit liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer<br />

– an keiner seiner ortsgebundenen, regelmäßigen Arbeitsstätten<br />

– außerhalb seiner Wohnung<br />

– beruflich<br />

– vorübergehend<br />

tätig wird.<br />

Eine Auswärtstätigkeit liegt auch vor, wenn der Arbeitnehmer<br />

– auf ständig wechselnden Arbeitsstätten<br />

– <strong>oder</strong> auf einem Fahrzeug tätig wird.<br />

In der Vergangenheit übliche Unterscheidungen zwischen Dienstreise, Fahrtätigkeit<br />

und Einsatzwechseltätigkeit sind überholt. Unter dem Begriff „Auswärtstätigkeit“<br />

sind die bisher unterschiedlichen Arten einer auswärtigen<br />

Tätigkeit vereinheitlicht worden. In den Kapiteln 6 „Besonderheiten der Auswärtstätigkeit<br />

auf ständig wechselnden Arbeitsstätten“ und 7 „Besonderheiten<br />

der Auswärtstätigkeit auf einem Fahrzeug" wird daher lediglich die<br />

Anwendung der allgemeinen Regeln auf die besonderen Arbeitsbedingungen<br />

in diesen Bereichen näher erläutert.<br />

Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb<br />

des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und<br />

auch am Beschäftigungsort übernachtet (siehe Kapitel 10).<br />

15


2 Der Begriff der Auswärtstätigkeit<br />

2.1 Die Bestimmung der regelmäßigen<br />

Arbeitsstätte<br />

Bedeutung der regelmäßigen Arbeitsstätte<br />

Eine der Voraussetzungen für eine Auswärtstätigkeit ist, dass ein Arbeitnehmer<br />

außerhalb einer seiner regelmäßigen Arbeitsstätten tätig wird.<br />

Bei der Prüfung, ob ein Arbeitnehmer eine regelmäßige Arbeitsstätte hat,<br />

kann das Ergebnis sein:<br />

– der Arbeitnehmer hat eine – und nur eine – regelmäßige Arbeitsstätte,<br />

– der Arbeitnehmer hat zwei (<strong>oder</strong> auch mehrere) regelmäßige Arbeitsstätten<br />

(vgl. zu den daraus entstehenden Fragen bei der Abrechnung Kapitel<br />

5),<br />

– der Arbeitnehmer hat keine regelmäßige Arbeitsstätte (vgl. zu den daraus<br />

entstehenden Fragen Kapitel 6 „Besonderheiten der Auswärtstätigkeit<br />

auf ständig wechselnden Arbeitsstätten“).<br />

R 9.4 Abs. 3 LStR 2008 führt aus:<br />

a) Regelmäßige Arbeitsstätte ist der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft<br />

angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers, unabhängig<br />

davon, ob es sich um eine Einrichtung des Arbeitgebers handelt.<br />

b) Regelmäßige Arbeitsstätte ist insbesondere jede ortsfeste, dauerhafte,<br />

betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet<br />

ist und die er mit einer gewissen Nachhaltigkeit immer wieder aufsucht.<br />

Nicht maßgebend sind Art, Umfang und Inhalt der Tätigkeit.<br />

c) Von einer regelmäßigen Arbeitsstätte ist auszugehen, wenn die betriebliche<br />

Einrichtung des Arbeitgebers vom Arbeitnehmer durchschnittlich im<br />

Kalenderjahr an einem Arbeitstag je Arbeitswoche aufgesucht wird.<br />

d) Bei einer vorübergehenden Auswärtstätigkeit (z.B. befristete Abordnung)<br />

an einer anderen betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers <strong>oder</strong> eines<br />

verbundenen Unternehmens wird diese nicht zur regelmäßigen Arbeitsstätte.<br />

Regelmäßige Arbeitsstätte bei Kunden <strong>oder</strong> beim Arbeitgeber<br />

Nach R 9.4 Abs. 3 LStR 2008 kann eine regelmäßige Arbeitsstätte<br />

– außerhalb von Einrichtungen des Arbeitgebers liegen<br />

16


2.1 Die Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte<br />

– insbesondere kann aber jede ortsfeste, dauerhafte, betriebliche Einrichtung<br />

des Arbeitgebers eine regelmäßige Arbeitsstätte sein.<br />

2.1.1 Die regelmäßige Arbeitsstätte beim<br />

Arbeitgeber<br />

2.1.1.1 Die betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers<br />

Eine regelmäßige Arbeitsstätte beim Arbeitgeber kann nur eine<br />

– ortsfeste<br />

– dauerhafte<br />

– betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers sein.<br />

Die „regelmäßige Arbeitsstätte“ im Sinne der Auswärtstätigkeit ist nach der<br />

Rechtsprechung gleichzusetzen mit der regelmäßigen Arbeitsstätte“, wie sie<br />

bei der Anwendung der Entfernungspauschale bei Fahrten zwischen Wohnung<br />

und „regelmäßiger Arbeitsstätte“ verwendet wird. Bezüglich der<br />

Anwendung der Entfernungspauschale ist die regelmäßige Arbeitsstätte ein<br />

Ort, in dessen Nähe ein Arbeitnehmer auch ziehen könnte, um die Fahrten<br />

zwischen regelmäßiger Arbeitsstätte und Wohnung zu minimieren. Das kann<br />

– in aller Regel – nur ein Einsatzort sein, der dauerhaft und ortsfest ist. Der<br />

Bundesfinanzhof geht mit dem Begriff der „regelmäßigen Arbeitsstätte“ konsequent<br />

um. So hat er ein Schiff des Arbeitgebers – einer Reederei – nicht<br />

als regelmäßige Arbeitsstätte eines Seemanns anerkannt, da das Schiff<br />

keine „ortsfeste“ Einrichtung des Arbeitgebers ist (Anhang 14 R 5).<br />

Beispiel<br />

Ein Bohrturm für Explorationsbohrungen, der nach ca. 3 Monaten weiterzieht,<br />

ist keine ortsfeste regelmäßige Arbeitsstätte. Eine Bohrinsel ist eine<br />

regelmäßige ortsfeste Einrichtung.<br />

Beispiel<br />

Eine Baustelle mit Baucontainern des Arbeitgebers ist keine ortsfeste,<br />

dauerhafte Einrichtung des Arbeitgebers.<br />

17


2 Der Begriff der Auswärtstätigkeit<br />

Ist ein Arbeitnehmer dauerhaft an einem Ort tätig, der keine ortsfeste, dauerhafte<br />

Einrichtung des Arbeitgebers ist, kann er dennoch dort eine regelmäßige<br />

Arbeitsstätte haben, vgl. Kapitel 2.1.3.<br />

2.1.1.2 Die zeitliche Bindung des Arbeitnehmers<br />

Eine regelmäßige Arbeitsstätte kann nur dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer<br />

diesen Ort nachhaltig, fortdauernd und immer wieder aufsucht.<br />

Sucht der Arbeitnehmer eine Arbeitsstätte nur „vorübergehend“ auf, hat er<br />

dort keine „regelmäßige“ Arbeitsstätte, vielmehr befindet er sich dann auf<br />

einer „Auswärtstätigkeit“.<br />

Zuerst ist daher zu prüfen, ob es sich es sich um eine „dauerhafte“ Tätigkeit<br />

<strong>oder</strong> um eine „vorübergehende“ Tätigkeit handelt. Handelt es sich um eine<br />

dauerhafte Tätigkeit, ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte<br />

regelmäßig“ aufsucht.<br />

Die Beurteilung, ob für einen Mitarbeiter eine regelmäßige Arbeitsstätte entsteht,<br />

ist für jedes Kalenderjahr u.U. neu vorzunehmen.<br />

2.1.1.2.1 Dauerhaft angelegte Tätigkeit<br />

Eine regelmäßige Arbeitsstätte kann nur vorliegen, wenn der Arbeitnehmer<br />

die Arbeitsstätte im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses ohne eine zeitliche<br />

Begrenzung dauerhaft, fortdauernd und immer wieder aufzusuchen hat.<br />

Die LStR 2008 konkretisieren, dass die Finanzverwaltung bei einer dauerhaften<br />

Tätigkeit an einem Ort von einer regelmäßigen Arbeitsstätte ausgeht,<br />

wenn die betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers vom Arbeitnehmer<br />

durchschnittlich im Kalenderjahr an einem Arbeitstag je Arbeitswoche aufgesucht<br />

wird. Es kommt nicht darauf an, wie lange er an dieser „Arbeitsstätte“<br />

gearbeitet hat, sondern darauf, dass er sie „aufgesucht“ hat. Aufgesucht<br />

heißt: zur Tür reinkommen, arbeiten <strong>oder</strong> auch nur guten Tag sagen und<br />

wieder gehen. Ob der Arbeitnehmer die betriebliche Einrichtung direkt von<br />

18<br />

Beispiel<br />

Ein von einem Kunden auf seinem Betriebsgelände ohne dauerhafte Bindung<br />

(Vertrag) zur Nutzung überlassener Büroraum ist keine ortsfeste,<br />

dauerhafte Einrichtung des Arbeitgebers.


2.1 Die Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte<br />

seiner Wohnung aus aufsucht <strong>oder</strong> erst, nachdem er andere Tätigkeiten<br />

ausgeübt hat, ist nicht von Bedeutung.<br />

Es muss konkret die Einrichtung des Arbeitgebers aufgesucht werden. Liegt<br />

z.B. ein Betrieb in einem gemieteten Büro in einem Hochhaus in der 3. Etage<br />

und ein Arbeitnehmer besucht wöchentlich einen Kunden in der 4. Etage, so<br />

hat er den Betrieb nicht aufgesucht. Auch „private“ Besuche einer Einrichtung<br />

des Arbeitgebers – z.B. Abholen des Ehegatten, der dort arbeitet –<br />

machen diese nicht zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte.<br />

Wenn der Mitarbeiter sich mit seinen Gesprächspartnern in einem nahe<br />

gelegenen Hotel trifft und die Firma nicht betritt –, dann hat er die Firma auch<br />

nicht aufgesucht. Auch wenn er das 60-mal <strong>oder</strong> mehr durchführt, wird<br />

dadurch die ganz in der Nähe des Besprechungsortes gelegene Firma nicht<br />

seine regelmäßige Arbeitsstätte, da er die Firma keinmal aufgesucht hat.<br />

Da die Finanzverwaltung bei einer dauerhaften Tätigkeit an einem Ort von<br />

einer regelmäßigen Arbeitsstätte ausgeht, wenn die betriebliche Einrichtung<br />

des Arbeitgebers vom Arbeitnehmer „durchschnittlich im Kalenderjahr“ an<br />

einem Arbeitstag je Arbeitswoche aufgesucht wird, ist es ihrer Ansicht nach<br />

nicht entscheidend, ob der Arbeitnehmer in jeder Woche zu dieser Arbeitsstätte<br />

fährt. Es kommt darauf an, ob er an 46 Tagen diese Arbeitsstätte aufsucht.<br />

Dann wird die „Arbeitsstätte“, die derart häufig aufgesucht wird, zu einer<br />

„regelmäßigen Arbeitsstätte“. Auch zusammenhängende Tätigkeiten an<br />

einer Arbeitsstätte von mehr als 46 Tagen im Kalenderjahr können u.U.<br />

diese Arbeitsstätte zu einer „regelmäßigen Arbeitsstätte“ machen. Die Oberfinanzdirektion<br />

Koblenz (Mitteilung vom 6.2.2008) führt dazu aus:<br />

Beispiel<br />

Ein Außendienstmitarbeiter hält sich in den auftragsschwächeren Herbstund<br />

Wintermonaten insgesamt 52 Tage im Betrieb des Arbeitgebers auf.<br />

Der Betrieb wird zur regelmäßigen Arbeitsstätte.<br />

Die Zahl 46 (52 Kalenderwochen abzüglich sechs Wochen Urlaub) ist nicht<br />

festgelegt, wird aber von der Finanzverwaltung praktisch angewendet (so<br />

auch Hartz/Meeßen/Wolf, ABC Führer Lohnsteuer, Tz 15 zu „regelmäßige<br />

Arbeitsstätte“).<br />

19


2 Der Begriff der Auswärtstätigkeit<br />

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 4. April 2008 (Anhang 14 R 6) die „46-<br />

Tage-Regelung“ akzeptiert. Er entschied, dass eine regelmäßige Arbeitsstätte<br />

entsteht, wenn ein Außendienstmitarbeiter mindestens einmal wöchentlich<br />

den Betriebssitz seines Arbeitgebers aufsucht. Durch das fortdauernde und<br />

wiederholte Aufsuchen erhält der Betriebssitz gegenüber den anderen Tätigkeitsstätten<br />

des Arbeitnehmers – den an den übrigen Wochentagen durchzuführenden<br />

Kundenbesuchen – eine hinreichend zentrale Bedeutung, um ihn<br />

typisierend als regelmäßige Arbeitsstätte ansehen zu können. Damit hat er<br />

über die von der Finanzverwaltung praktizierte Durchschnittsberechnung nicht<br />

entschieden.<br />

20<br />

Beispiel<br />

Die Außendienstmitarbeiter der X GmbH, Düsseldorf, kommen jeden<br />

Freitagnachmittag 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr zu einer Besprechung in den<br />

Betrieb. So auch Herr D aus Duisburg, dessen Verkaufsbezirk das westliche<br />

Ruhrgebiet ist. Er fährt am Freitag 8.00 Uhr zuerst nach Essen, dann<br />

nach Düsseldorf und ist um 17.00 Uhrn wieder zu Hause.<br />

Die Außendienstmitarbeiter – auch Herr D – haben im Betrieb des Arbeitgebers<br />

eine regelmäßige Arbeitsstätte, da sie diesen durchschnittlich<br />

mindestens einmal in der Woche aufsuchen. Unerheblich ist, wie lange<br />

die Besprechung dauert.<br />

Beispiel<br />

Ein Personalleiter des Werkes in Köln wird zum 1.1.2009 ebenfalls zum<br />

Personalleiter des Werkes in Duisburg bestimmt, da der dortige Personalleiter<br />

ausgeschieden ist. Er fährt daher im Durchschnitt jede Woche an<br />

einem Tag nach Duisburg zu einer Sprechstunde.<br />

Der Personalleiter hat in Duisburg eine zweite regelmäßige Arbeitsstätte.<br />

Beispiel<br />

Vertriebsbeauftragte der X AG München, die im Vertriebsgebiet München<br />

und Umgebung tätig sind, müssen ihre Ware <strong>oder</strong> Warenproben usw.<br />

mindestens einmal in der Woche in einem Zentrallager der X AG in Augsburg<br />

abholen. Sie haben eine regelmäßige Arbeitsstätte in Augsburg.


Beispiel<br />

Vorausschauende Beurteilung<br />

2.1 Die Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte<br />

Ein bei der X AG in Hamburg beschäftigter Arbeitnehmer muss im Rahmen<br />

seines Aufgabengebietes im April und im Oktober in der Niederlassung<br />

in Flensburg arbeiten.<br />

Nach Auffassung der Finanzverwaltung hat der Mitarbeiter auch in Flensburg<br />

eine regelmäßige Arbeitsstätte. Die Ansicht ist vom BFH bisher<br />

jedenfalls nicht bestätigt worden.<br />

Eine Regelung zu der Frage, wie zu verfahren ist, wenn die Anwesenheitszeiten<br />

des Arbeitnehmers im Betrieb stark schwanken und letztlich erst am<br />

Jahresende feststeht, ob der Betrieb als regelmäßige Arbeitsstätte des<br />

Arbeitnehmers angesehen werden kann, ist in den Verwaltungsanweisungen<br />

nicht enthalten. Der Arbeitgeber sollte bei Beginn des Jahres die voraussehbaren<br />

Verhältnisse zugrunde legen. Für diese zukunftsbezogene<br />

Betrachtung kann auf das Tätigkeitsbild abgestellt werden, das sich aus dem<br />

Arbeitsvertrag <strong>oder</strong>, wo möglich, aus dem bisherigen Tätigkeitsverlauf ergibt.<br />

Ändert sich die Tätigkeit eines Arbeitnehmers substanziell, so ist auch eine<br />

neue Beurteilung nötig, ob seine reisekostenrechtliche Situation sich ändert.<br />

Die reisekostenrechtliche Situation kann sich im Laufe des Jahres auch<br />

mehrfach ändern (Hartz/Meeßen/Wolf, ABC Führer Lohnsteuer, Tz 15 zu<br />

„regelmäßige Arbeitsstätte“).<br />

Nach einer Mitteilung aus dem Finanzministerium Nordrhein-Westfalen soll<br />

von einer regelmäßigen Arbeitsstätte bereits dann auszugehen sein, wenn<br />

der Arbeitnehmer die betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers an mindestens<br />

46 Tagen im Kalenderjahr aufsuchen sollte, was auch dann gelte, wenn<br />

die 46 Tage – entgegen der ursprünglichen Annahme – „planwidrig“, z.B.<br />

durch Krankheit, nicht erreicht werden.<br />

Beispiel<br />

Ein Angestellter mit Bürotätigkeit in der Zentrale der X AG in Köln wohnt<br />

in Düsseldorf. Im Januar und April fährt er 40-mal zur Arbeit in Köln. In<br />

den übrigen Monaten ist er krank. Köln ist weiterhin seine regelmäßige<br />

Arbeitsstätte. Die 40 Fahrten sind keine Auswärtstätigkeit.<br />

21


2 Der Begriff der Auswärtstätigkeit<br />

Beschäftigung nicht im ganzen Kalenderjahr<br />

Ist ein Arbeitnehmer nicht im ganzen Kalenderjahr beschäftigt, so ist die<br />

m.E. aus dem Arbeitsverlauf abzuschätzen, ob der Arbeitnehmer, wäre er<br />

das ganze Jahr beschäftigt gewesen, die 46 Tage Anwesenheit erfüllt hätte.<br />

Rückwirkende Besteuerung<br />

Hat ein Arbeitnehmer eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers an 46<br />

Tagen im Kalenderjahr aufgesucht, entsteht dort eine regelmäßige Arbeitsstätte.<br />

Das soll auch dann gelten, wenn ein derartiger Umfang zunächst<br />

nicht geplant bzw. beabsichtigt gewesen ist. Hat der Arbeitgeber in einem<br />

solchen Fall steuerfreie Reisekosten wegen einer beruflich veranlassten<br />

Auswärtstätigkeit gezahlt, wird er zu einer Nachversteuerung bzw. zu einer<br />

Anzeige an das Betriebsstättenfinanzamt (§ 41c EStG) verpflichtet sein.<br />

Strukturabhängige Relevanz des Begriffes der regelmäßigen<br />

Arbeitsstätte<br />

Insbesondere bei Unternehmen, die mit einer Reihe von Standorten dezentral<br />

organisiert sind, ist zu prüfen, ob bei Mitarbeitern eventuell mehrere<br />

regelmäßige Arbeitsstätten vorliegen. Standortübergreifende Arbeitsfunktionen<br />

– Zuständigkeit für die gleichen Aufgaben an verschiedenen Standorten<br />

– können zu sehr überraschenden Folgen führen. Zwei <strong>oder</strong> mehrere regelmäßige<br />

Arbeitsstätten sind auf jeder Arbeitsebene möglich. Besucht ein Mitarbeiter<br />

mit zwei regelmäßigen Arbeitsstätten eine seiner regelmäßigen<br />

Arbeitsstätten, liegt keine Auswärtstätigkeit vor. <strong>Steuerfreie</strong> <strong>Erstattungen</strong><br />

sind nicht möglich (siehe dazu Kapitel 5.1.1).<br />

22<br />

Beispiel<br />

Ein Mitarbeiter, der im Jahr 2008 70-mal den Firmensitz ausgesucht hat,<br />

hat im Jahr 2009 bis zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses am 31.3. den<br />

Firmensitz 13-mal aufgesucht, wobei sein Arbeitsgebiet sich nicht geändert<br />

hat.<br />

Obwohl er in 2009 den Firmensitz weniger als 46–mal aufgesucht hat, ist<br />

dieser weiter eine regelmäßige Arbeitsstätte.


Beispiel<br />

2.1 Die Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte<br />

Ein leitender Arbeitnehmer der X AG mit Sitz in München hat bei der Mutterfirma<br />

regelmäßig einer Bürotätigkeit nachzukommen. Gleichzeitig ist er<br />

zum Leiter der Niederlassung in Berlin bestellt worden. Dort hält er sich<br />

regelmäßig an einem Tag in der Woche auf. Er hat ein Arbeitsverhältnis,<br />

innerhalb dieses Arbeitsverhältnisses hat er zwei regelmäßige Arbeitsstätten.<br />

An einem Tag in der Woche fährt er direkt von seiner Wohnung mit seinem<br />

Pkw zum Flughafen und fliegt jeweils um 6.00 Uhr von München nach Berlin.<br />

Dort benutzt er ein Taxi vom Flughafen zur B GmbH und abends von der B<br />

GmbH zum Flughafen. Er fliegt am Abend um 21.00 Uhr zurück, fährt mit<br />

seinem Pkw zurück und ist um 23.00 Uhr in seiner Wohnung. <strong>Steuerfreie</strong><br />

<strong>Erstattungen</strong> sind nicht möglich.<br />

<strong>Steuerfreie</strong> <strong>Erstattungen</strong> sind nur möglich, wenn eine solche Tätigkeit den<br />

Begriff der doppelten Haushaltsführung erfüllt (siehe Kapitel 5.1.2).<br />

Springer, Personalreserve<br />

Wird ein Arbeitnehmer auf Dauer – und nicht nur vorübergehend und befristet<br />

– als Personalreserve an verschiedenen Arbeitsorten eingesetzt, ist er<br />

nicht auf einer Auswärtstätigkeit tätig, da der Arbeitnehmer mehrere regelmäßige<br />

Arbeitsstätten hat (Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 27.3.2008,<br />

Anhang 14 R 12).<br />

2.1.1.2.2 Vorübergehende befristete Tätigkeit<br />

Hat ein Arbeitnehmer eine auf Dauer angelegte regelmäßige Arbeitsstätte,<br />

wird bei einer vorübergehenden befristeten Tätigkeit (z.B. in Form von<br />

Abordnungen) – das kann auch ein Lehrgang <strong>oder</strong> eine Projektarbeit usw.<br />

sein – an einer anderen betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers <strong>oder</strong><br />

eines verbundenen Unternehmens diese andere betriebliche Einrichtung<br />

allein durch Zeitablauf nicht zur regelmäßigen Arbeitsstätte (R 9.4 Abs. 3<br />

Satz 5 LStR), auch wenn der Arbeitnehmer dort wöchentlich an einem Tag<br />

<strong>oder</strong> auch 46 Tage zusammenhängend arbeitet.<br />

Ganz wesentlich kommt es bei der Vermeidung einer auf der „46-Tage-<br />

Regel“ basierenden regelmäßigen Arbeitsstätte auf eine „arbeitsrechtliche,<br />

nachweisbare Befristung“ an. Die Befristung kann sowohl durch einen<br />

23


2 Der Begriff der Auswärtstätigkeit<br />

genauen Zeitraum als auch durch ein genau definiertes Projekt definiert<br />

sein.<br />

Wie ein „vorübergehender“ Einsatz zeitlich zu bestimmen ist, ist von der<br />

Finanzverwaltung nicht näher bestimmt worden. Die Finanzverwaltung hatte<br />

zwar Anfang 2008 erstmals 18 Monate als eine zeitliche Grenze zum Merkmal<br />

„vorübergehend“ genannt. Der Erlass ist aber zwischenzeitlich wieder<br />

aufgehoben worden, weil die Finanzverwaltung sich entschlossen hat, generell<br />

davon abzusehen, zur Auslegung des Begriffs „vorübergehende Auswärtstätigkeit“<br />

eine zeitliche Grenze zu nennen (Plenker/Schaffhausen, Ausgesuchte<br />

Zweifelsfragen zum neuen Reisekostenrecht, DB 2008, S. 1822).<br />

Der BFH hat – in einem Fall, der einen vierjährigen Besuch einer Fortbildungsstätte<br />

betraf (BFH, Urteil vom 10. April 2008, VI R 66/05, Anhang 14 R<br />

1) – den Zeitraum von vier Jahren noch als zwar „längerfristige, indessen<br />

vorübergehende“ und nicht auf Dauer angelegte Tätigkeit angesehen. Eine<br />

regelmäßige Arbeitsstätte liegt nur dann vor, wenn die dortige Tätigkeit auf<br />

Dauer und Nachhaltigkeit angelegt ist. Nur dann kann sich der Arbeitnehmer<br />

auf die immer gleichen Wege zur Arbeit – etwa durch eine entsprechende<br />

Wohnsitzverlegung – einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten<br />

hinwirken. Liegt jedoch keine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte Tätigkeit<br />

an einem Ort vor, auf die sich der Arbeitnehmer einstellen kann, liegt<br />

auch keine regelmäßige Arbeitsstelle vor.<br />

Der Begriff „vorübergehend“ wird daher nicht allein durch Zeitablauf definiert.<br />

Es müssen Umstände hinzukommen, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse<br />

darauf schließen lassen, dass der Arbeitnehmer nicht auf den bisheri-<br />

24<br />

Beispiel<br />

Ein Arbeitnehmer der B GmbH, Sitz Düsseldorf, muss auf Grund seines<br />

Arbeitsgebietes gelegentlich ca. einmal im Monat eine Niederlassung der<br />

B GmbH in München besuchen. Auf diese Weise besucht er im Laufe des<br />

Jahres 10-mal München. Im September und Oktober muss er an einem<br />

Projekt in München mitarbeiten und ist daher arbeitsrechtlich befristet<br />

zwei volle Monate in München eingesetzt.<br />

Er hat in München keine regelmäßige Arbeitsstätte, da die 10 Tage München<br />

nicht zu seiner regelmäßigen Arbeitsstätte machen und die zwei<br />

Monate befristet waren.


2.1 Die Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte<br />

gen Arbeitsplatz zurückkehren wird (Hartz/Meeßen/Wolf, ABC Führer Lohnsteuer,<br />

Tz 45 zu „Reisekosten“, TZ 19 zu „regelmäßige Arbeitsstätte“).<br />

Beispiel<br />

Der Arbeitnehmer A der X AG arbeitet in der Zentrale der X AG in Köln. In<br />

Düsseldorf geht ein Mitarbeiter für zwei Jahre zur Tochtergesellschaft in<br />

die USA und A muss ihn für diese Zeit in Düsseldorf vertreten. Düsseldorf<br />

wird keine regelmäßige Arbeitsstätte. Es liegt für diese Zeit für A eine<br />

Auswärtstätigkeit vor.<br />

Beispiel<br />

Ein Arbeitnehmer B der X AG ist arbeitsvertraglich der Konzernzentrale in<br />

Düsseldorf zugeordnet, wo er üblicherweise auch seiner beruflichen<br />

Tätigkeit nachgeht. Die Konzernzentrale in Düsseldorf ist regelmäßige<br />

Arbeitsstätte. Zur Entwicklung eines neuen Produktes wird er ab 1.1.2009<br />

bis zum 30.6.2009 in einer Niederlassung in Kiel eingesetzt. Nach<br />

Abschluss der Entwicklungsarbeiten soll B zur Konzernzentrale in sein<br />

altes Arbeitsgebiet zurückkehren. Wegen vorher nicht absehbarer<br />

Schwierigkeiten bei der Entwicklung des neuen Produkts ist B aber für<br />

zwei Jahre in Kiel tätig und wird erst hiernach wieder in der Konzernzentrale<br />

in Düsseldorf eingesetzt werden.<br />

Bei der Tätigkeit in Kiel handelt es sich um eine vorübergehende Tätigkeit<br />

außerhalb der Wohnung des B und seiner regelmäßigen Arbeitsstätte in<br />

der Konzernzentrale in Düsseldorf. Für die ersten drei Monate seiner<br />

Tätigkeit in Kiel darf die X AG ihm die Verpflegungspauschalen steuerfrei<br />

vergüten; die Fahrtkosten von Düsseldorf nach Kiel und die Übernachtungskosten<br />

können zeitlich unbeschränkt nach den für die Erstattung<br />

von Reisekosten (nicht doppelte Haushaltsführung) geltenden Regeln<br />

steuerfrei erstattet werden.<br />

Beispiel<br />

Unter Änderung seines Arbeitsvertrags wird der Arbeitnehmer zukünftig<br />

auf Dauer an drei Tagen (bisher fünf Tage) wöchentlich in München und<br />

an zwei Tagen wöchentlich in Stuttgart tätig.<br />

25


2 Der Begriff der Auswärtstätigkeit<br />

Der Arbeitnehmer hat zwei regelmäßige Arbeitsstätten, da er die jeweilige<br />

betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers auf Dauer mindestens einmal in<br />

der Woche aufsucht. Bei der Tätigkeit in Stuttgart handelt es sich – wegen<br />

des Einsatzes auf Dauer – nicht mehr um eine vorübergehende berufliche<br />

veranlasste Auswärtstätigkeit.<br />

2.1.1.2.3 Nachweispflichten und die 46-Tage-Regelung<br />

Wenn nach der „46-Tage-Regelung“ eine Einrichtung des Arbeitgebers zu<br />

einer regelmäßigen Arbeitsstätte wird, entstehen zwei Probleme:<br />

– es können keine steuerfreien Reisekosten für diese regelmäßige Arbeitsstätte<br />

mehr gezahlt werden,<br />

– es kommt zur Versteuerung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte,<br />

wenn ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt wurde (vgl. dazu<br />

Kapitel 9.18).<br />

Für beide Fragen entsteht das Problem, wer wie nachzuweisen hat, wie oft<br />

ein Mitarbeiter eine bestimmte Einrichtung aufgesucht hat.<br />

Erstattung steuerfreier Vergütungen für Auswärtstätigkeit<br />

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 12.7.1988 (Anhang 14 R 20) entschieden,<br />

dass es eine gesetzlich nicht festgelegte Regelung gibt, dass das<br />

Finanzamt die Feststellungslast für die Tatsachen trägt, die vorliegen müssen,<br />

um einen Steueranspruch <strong>oder</strong> Haftungsanspruch geltend zu machen.<br />

Der in Anspruch genommene Steuerschuldner (Haftungsschuldner) dagegen<br />

trägt die Feststellungslast für Tatsachen, die eine Steuerbefreiung <strong>oder</strong> -<br />

ermäßigung (Haftungsbefreiung <strong>oder</strong> -ermäßigung) begründen.<br />

Wenn der Arbeitgeber steuerfrei Vergütungen für eine Auslandstätigkeit zahlen<br />

will <strong>oder</strong> dafür steuerfrei Fahrzeuge zur Verfügung stellen will, muss er<br />

nachweisen, dass eine Auswärtstätigkeit gegeben ist, bei der die steuerfreien<br />

Vergütungen geleistet werden können. Er steht also in der Pflicht,<br />

nachzuweisen – zumindest glaubhaft zu machen –, dass der Einsatzort, zu<br />

dem die Reise ging, keine regelmäßige Arbeitsstätte des Reisenden gewesen<br />

ist.<br />

Mit Urteil vom 30.11.1993 (Anhang 14 R 21) hat der Bundesfinanzhof ausgeführt,<br />

dass der Arbeitgeber nachweisen muss, dass die Voraussetzungen<br />

von steuerfreiem Reisekostenersatz vorliegen. Der Hinweis auf bloße<br />

26


2.1 Die Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte<br />

Behauptungen des Arbeitnehmers reicht dazu nicht aus. Bestehen Zweifel<br />

an der Richtigkeit der Behauptungen des Arbeitnehmers, dass überhaupt ein<br />

steuerfreier Reisekostenersatz gegeben ist, so ist bereits dem Grunde nach<br />

ein steuerbefreiter Reisekostenersatz nicht möglich. Der Arbeitgeber trägt<br />

die objektive Feststellungslast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen,<br />

die einen steuerbefreiten Reisekostenersatz ermöglichen. Der<br />

Bundesfinanzhof führte noch aus, er halte die hohen Anforderungen an den<br />

Nachweis der Voraussetzungen, die vorliegen müssen, um einen steuerbefreiten<br />

Reisekostenersatz anzuerkennen, für sachlich gerechtfertigt. Denn<br />

anderenfalls bestünde die Gefahr des Missbrauchs – im entschiedenen Fall<br />

handelte es sich um den Verlust von teurem Reisegepäck. Diese Anforderungen<br />

führen – jedenfalls bei der Erstattung von angeblich abhanden<br />

gekommenem Reisegepäck – auch nicht zu einer unzumutbaren Belastung<br />

des Arbeitgebers.<br />

Zu einer unzumutbaren Belastung des Arbeitgebers käme es aber, wenn der<br />

Arbeitgeber für alle seine betrieblichen Einrichtungen für alle Mitarbeiter und<br />

an allen Tagen – in der Art eines GPS-Systems – Zugangsdokumentationen<br />

erstellen müsste.<br />

Wie oft der Arbeitnehmer in einer bestimmten Einrichtung des Arbeitgebers<br />

gewesen ist, ergibt sich zuerst einmal aus der Anzahl der abgerechneten<br />

Reisen. Insofern ist der Arbeitnehmer dafür verantwortlich, alle Reisen an<br />

die Einsatzstelle anzugeben. Die Überprüfung der „46-Tage-Regel“ ist dann<br />

rechtlich gesehen einfach. Bei Überschreiten der „46-Tage-Regelung“ sind<br />

dann aber alle abgerechneten Dienstreisen zu korrigieren. Darauf sollten die<br />

Mitarbeiter hingewiesen werden.<br />

Beispiel<br />

Ein Arbeitnehmer hat bis Mitte September eine bestimmte Einrichtung<br />

des Arbeitgebers 40-mal besucht. Danach nicht mehr. Der Arbeitgeber<br />

wird diese Auffälligkeit substanziell erläutern müssen.<br />

Karges (Senior Manager bei PWC, Regelmäßige Arbeitsstätte in den LStR<br />

2008 – Praxisprobleme und ungeklärte Rechtsfragen) führt aus, dass es vor<br />

allem für vertriebsorientierte Betriebe mit diversen Betriebsstätten, in denen<br />

monatlich unzählige Reisekostenabrechnungen anfallen, praktisch unmöglich<br />

sei, die Zahl der Besuche der Betriebsstätten manuell zu kontrollieren.<br />

27


2 Der Begriff der Auswärtstätigkeit<br />

Über ein elektronisches Reisekostenabrechnungssystem könnte das Problem<br />

eventuell durch die Eingabe eines zusätzlichen und elektronisch auswertbaren<br />

Datensatzes gelöst werden. Dafür müssen alle Arbeitgebereinrichtungen<br />

mit einem Kennzeichen versehen werden. Die Auswertung<br />

müsste dann ergeben, wie oft der Arbeitnehmer die jeweilige Arbeitgebereinrichtung<br />

aufgesucht hat. Dann könnten auch regelmäßig standortbezogene<br />

Auswertungen vorgenommen werden. Bei Erreichen des kritischen Werts<br />

kann entsprechend informiert und das nächste Meeting eventuell an einen<br />

anderen Standort verlegt werden. Es erscheint auch möglich, dass die in<br />

Betracht kommenden Arbeitnehmer an einer zentralen Stelle die Besuche<br />

einer Arbeitgebereinrichtung anmelden. Es könnte auch am Empfang in der<br />

Betriebsstätte ein mitarbeiterbezogenes „Besucherbuch“ geführt werden,<br />

welches regelmäßig ausgewertet wird. Das alles ist sehr arbeits- und kostenaufwendig.<br />

Es könnte auch so vorgegangen werden, dass die in Frage kommenden<br />

Arbeitnehmer, bei denen die Möglichkeit besteht, dass sie „46-Tage-Arbeitsstätten“<br />

haben, monatlich – z.B. auch auf elektronischem Wege – melden,<br />

wie oft sie in Ausübung ihrer unbefristeten Berufstätigkeit bestimmte<br />

Betriebseinrichtungen aufgesucht haben. Die Meldungen können dann elektronisch<br />

kumuliert werden. Die Mitarbeiter müssten auf die Bedeutung der<br />

Meldungen für die Reisekostenabrechnungen und die Dienstwagenbesteuerung<br />

hingewiesen werden.<br />

Weist der Außenprüfer nach, dass der Arbeitnehmer auch an der Einsatzstelle<br />

war, ohne dies als Auswärtstätigkeit zu dokumentieren, besteht die<br />

Gefahr, dass keine Reise als Auswärtstätigkeit anerkannt wird. Das gilt<br />

auch, wenn der Arbeitgeber andere sich aus den Abrechnungen ergebende<br />

Zweifel nicht beiseite räumen kann. Die Arbeitnehmer sollten darauf hingewiesen<br />

werden, dass eventuelle Nachversteuerungen anlässlich von Außenprüfungen<br />

zu ihren Lasten abgewickelt werden können.<br />

Versteuerung der Privatnutzung eines Dienstwagens<br />

Siehe dazu Kapitel 9.18.<br />

2.1.1.3 Arbeitsrechtliche Zuordnung<br />

Aus den Gesamtumständen muss ersichtlich sein, dass der Arbeitnehmer an<br />

der Einrichtung des Arbeitgebers, die regelmäßige Arbeitsstätte sein soll,<br />

jedenfalls einen Teil seiner Arbeit in der Organisation des Arbeitgebers zu<br />

28


2.1 Die Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte<br />

verrichten hat. Eine – wenn auch schriftliche – Festlegung der Zuordnung,<br />

die den tatsächlichen Arbeitsabläufen nicht entspricht, würde nicht anerkannt<br />

werden. Das Steuerrecht soll das besteuern, was ist, nicht das, was<br />

auf dem Papier steht. Dem Merkmal kommt daher wohl nur wenig Bedeutung<br />

zu (a.A. Hartz/Meeßen/Wolf, ABC Lohnsteuer, Tz 15/1 zu „regelmäßige<br />

Arbeitsstätte“).<br />

Beispiel<br />

Ein Techniker mit Wohnsitz und Büro in Düsseldorf, der als Techniker der<br />

Zentralabteilung in Düsseldorf organisatorisch zugeordnet ist, hat im<br />

Werk Köln für sechs Monate befristet ein Projekt zu steuern und fährt<br />

mehrmals in der Woche dorthin. Er hat in Köln keine regelmäßige Arbeitsstätte,<br />

da er (zutreffender Weise) der Zentrale in Düsseldorf zugeordnet<br />

ist und in Köln nur befristet eingesetzt wird. Er ist in der ganzen Zeit auf<br />

Auswärtstätigkeit.<br />

Beispiel<br />

Ein Verkaufsberater wird in der Niederlassung Düsseldorf eingestellt und<br />

hat laut Arbeitsvertrag dort seine Arbeit zu verrichten. Er wird ohne Befristung<br />

– auf Dauer – in Köln eingesetzt. Er hat in Köln seine regelmäßige<br />

Arbeitsstätte.<br />

2.1.2 Einzelheiten zum Begriff der<br />

regelmäßigen Arbeitsstätte<br />

Großräumiges Arbeitsgebiet<br />

Auch ein größeres Gelände kann eine einzige regelmäßige Arbeitsstätte<br />

sein, auch wenn der Arbeitnehmer auf dem Gelände an verschiedenen<br />

Orten eingesetzt wird. Als eine einheitliche, gleichbleibende Arbeitsstätte<br />

kann ein größeres räumliches Gebiet aber nur dann beurteilt werden, wenn<br />

es sich um ein zusammenhängendes Gelände des Arbeitgebers handelt,<br />

wie es z.B. bei einem größeren Werksgelände der Fall ist. Arbeitnehmer, die<br />

auf einer großräumigen Arbeitsstätte – beispielsweise an verschiedenen<br />

Stellen eines Werksgeländes des Arbeitgebers – arbeiten, haben daher eine<br />

29


2 Der Begriff der Auswärtstätigkeit<br />

ortsgebundene regelmäßige Arbeitsstätte. Sie sind insoweit nicht auf einer<br />

Auswärtstätigkeit beschäftigt.<br />

Ein gesamter Stadtbereich <strong>oder</strong> ein Ballungsgebiet fällt nicht unter den<br />

Begriff der einheitlichen großräumigen Arbeitsstätte. Arbeitnehmer, die auf<br />

unterschiedlichen (nicht zusammenhängenden) Arbeitsgeländen ihres<br />

Arbeitgebers eingesetzt werden (z.B. Springer, die in verschiedenen<br />

Geschäftsstellen eingesetzt werden; Verkäufer im Einsatz in verschiedenen<br />

Filialen <strong>oder</strong> Arbeitnehmer, die an Arbeitsplätzen innerhalb eines größeren<br />

Einzugsgebiets tätig sind, z.B. als Müllwerker, Stauer im Gebiet eines<br />

Hafens, Politessen), üben eine Auswärtstätigkeit in Form einer Tätigkeit an<br />

immer wechselnden Tätigkeitsstätten (Einsatzwechseltätigkeit) aus.<br />

Suchen solche Arbeitnehmer aber eine ortsfeste, dauerhafte Einrichtung des<br />

Arbeitgebers mindestens 46-mal im Kalenderjahr auf, so haben sie dort eine<br />

regelmäßige Arbeitsstätte. Sie gehen in ihrem Arbeitsbezirk dann einer Auswärtstätigkeit<br />

als Dienstreise nach, die – an den Tagen, an denen die<br />

betriebliche Einrichtung aufgesucht worden ist – erst dort beginnt.<br />

Kundendienstmonteure<br />

Haben Kundendienstmonteure keine regelmäßige Arbeitsstätte, weder im<br />

Betrieb, Werkstatt usw., so gehen sie einer Einsatzwechseltätigkeit nach.<br />

Ihre Tätigkeit ist dann ab 1.1.2008 ohne Unterschied zu anderen Auswärtstätigkeiten<br />

abzuwickeln (vgl. insbesondere Kapitel 6.2).<br />

Seeleute, Binnenschiffer, Matrosen<br />

Der Bundesfinanzhof geht mit dem Begriff der „regelmäßigen Arbeitsstätte“<br />

konsequent um, so ist ein Schiff keine regelmäßige Arbeitsstätte eines Seemanns,<br />

da das Schiff keine „ortsfeste“ Einrichtung des Arbeitgebers ist<br />

(Anhang 14 R 4).<br />

30<br />

Beispiel<br />

Ein Arbeitnehmer ist bei einem Malerbetrieb in einer Großstadt beschäftigt.<br />

Er fährt von seiner Wohnung aus zu seinen Einsatzstellen und wird<br />

ausschließlich in dem Großstadtgebiet tätig. Für den Arbeitnehmer ist das<br />

Großstadtgebiet keine weiträumige regelmäßige Arbeitsstätte. Es liegt<br />

eine Auswärtstätigkeit vor.


Betriebsratstätigkeit<br />

2.1 Die Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte<br />

Nach Hartz/Meeßen/Wolf, ABC Führer Lohnsteuer, Tz 20 zu „Einsatzwechseltätigkeit“<br />

soll eine regelmäßige Arbeitsstätte auch dadurch begründet<br />

werden, wenn nur wegen einer Betriebsratstätigkeit eine bestimmte Einrichtung<br />

des Arbeitgebers aufgesucht werden muss. Das ist m.E. nicht zutreffend.<br />

Denn der Betriebsrat hat in diesen Fällen nicht den Betrieb, sondern<br />

die Räume des Betriebsrates aufgesucht. Das sind von den Betriebsräumen<br />

zu unterscheidende Räume (§ 40 Abs. 2 BetrVerfG). Muss der Betriebsrat in<br />

dieser Eigenschaft eine bestimmte Einrichtung des Arbeitgebers immer wieder<br />

aufsuchen, so begründet er m.E. auch dort keine regelmäßige Arbeitsstätte,<br />

da er die Einrichtung nicht als Arbeitnehmer aufsucht. Das Aufsuchen<br />

des Betriebs durch ein Betriebsratsmitglied hat mit dem Inhalt seines eigentlichen<br />

Arbeitsverhältnisses nichts zu tun. Seine Tätigkeit ist auch durch<br />

seine Wahlperiode befristet, sodass auch aus diesem Grunde die „46-Tage-<br />

Regelung“ für ihn nicht zutrifft.<br />

Regelmäßige Arbeitsstätte am Beginn des Arbeitsverhältnisses<br />

Ein Arbeitnehmer kann sein Arbeitsverhältnis auch mit einer Auswärtstätigkeit<br />

beginnen, wenn er eine regelmäßige Arbeitsstätte an einem Tätigkeitsort<br />

hat (haben wird) und sofort für einen begrenzten Zeitraum an einem<br />

anderen Tätigkeitsort eingesetzt wird.<br />

Auszubildende <strong>oder</strong> Trainees, die während ihrer Ausbildung planmäßig Ausbildungsstationen<br />

an verschiedenen Orten durchlaufen, haben an jeder ortsfesten<br />

dauerhaften Ausbildungsstätte des Arbeitgebers, die sie an 46 Tagen<br />

des Kalenderjahres aufsuchen, eine regelmäßige Arbeitsstätte.<br />

Auszubildende, die einem Ausbildungsbetrieb zugeordnet sind, haben ihre<br />

regelmäßige Arbeitsstätte in ihrem Ausbildungsbetrieb, auch wenn sie zeitweilig<br />

befristet an andere Ausbildungsstellen abgeordnet werden. Diese Mitarbeiter<br />

richten sich darauf ein, auf Dauer an dem arbeitsrechtlich vereinbarten<br />

Ort arbeiten zu müssen. Daher können sie die Mehrkosten für einen<br />

befristeten Einsatz an einem anderen Ort als Werbungskosten geltend<br />

machen – <strong>oder</strong> der Arbeitgeber kann ihnen die Kosten steuerfrei ersetzen.<br />

Auszubildende, die von einem Arbeitgeber eingestellt werden, aber ihre gesamte<br />

Ausbildungszeit bei einem anderen Ausbildungsunternehmen verbringen,<br />

haben ihre regelmäßige Arbeitsstätte in diesem Ausbildungsunterneh-<br />

31


2 Der Begriff der Auswärtstätigkeit<br />

men, da sie dort auf Dauer ihres Ausbildungsarbeitsverhältnisses beschäftigt<br />

werden.<br />

2.1.3 Regelmäßige Arbeitsstätte außerhalb von<br />

Einrichtungen des Arbeitgebers<br />

R 9.4 Abs. 3 LStR 2008 führt aus: Regelmäßige Arbeitsstätte ist der ortsgebundene<br />

Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des<br />

Arbeitnehmers, unabhängig davon, ob es sich um eine Einrichtung des<br />

Arbeitgebers handelt. Eine regelmäßige Arbeitsstätte liegt insbesondere<br />

beim Arbeitgeber. Daraus folgt, dass nur in Ausnahmefällen die Möglichkeit<br />

besteht, dass die regelmäßige Arbeitsstätte bei Kunden, Geschäftspartnern,<br />

Konzernunternehmen usw. liegen kann. Weiter führen die Hinweise 9.4 zu<br />

den LStR aus: Als regelmäßige Arbeitsstätten kommen auch außerbetriebliche<br />

Einrichtungen in Betracht (z.B. der Betrieb des Entleihers / Kunden),<br />

wenn die Tätigkeit dort auf Dauer angelegt ist.<br />

Regelfall<br />

Die Annahme einer regelmäßigen Arbeitsstelle bei einem Kunden ist die<br />

Ausnahme, wie der Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.7.2008 (Anhang 14 R<br />

11) entschieden hat. Bei einem Arbeitnehmer der Software-Branche, der bei<br />

projektbezogenen Aufträgen langfristig bei einem Kunden tätig war, da erst<br />

die Entwicklung, dann die Prüf- bzw. Testphase und anschließend die Installation<br />

und Einarbeitung bei den Auftraggebern erfolgte, entschied er: Die<br />

betriebliche Einrichtung eines Kunden des Arbeitgebers ist keine regelmäßige<br />

Arbeitsstätte, auch dann nicht, wenn ein Arbeitnehmer vorübergehend<br />

ausschließlich am Betriebssitz eines Kunden für seinen Arbeitgeber tätig ist.<br />

Eine auswärtige Tätigkeitsstätte wird nicht durch Zeitablauf zur regelmäßigen<br />

Arbeitsstätte.<br />

32<br />

Beispiel<br />

Ein Arbeitnehmer wird für eine Tätigkeit im Werk A eingestellt. Nach seiner<br />

Einstellung wird er zur Einarbeitung sofort für sechs Monate im Werk<br />

B eingesetzt, wo ihm ein Hotelzimmer zur Verfügung gestellt wird.<br />

Es liegt eine Auswärtstätigkeit nach B vor, wegen der Befristung der Einarbeitung<br />

wird B nicht zur regelmäßigen Arbeitsstätte.

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