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Differenzierbarkeit

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<strong>Differenzierbarkeit</strong><br />

Definitionen.<br />

• Sei X ⊆ R und f : X → R eine Abbildung. Sei x0 ∈ X, so dass ein ɛ > 0<br />

existiert, für das (x0 − ɛ, x0 + ɛ) ⊆ X. Dann heißt f differenzierbar in x0,<br />

falls eine Zahl f ′ (x0) ∈ R existiert, so dass die Abbildung<br />

<br />

f(x)−f(x0)<br />

, x = x0,<br />

x−x0<br />

x ↦→<br />

f ′ (x0), x = x0,<br />

stetig ist. Mit anderen Worten: Es ist<br />

f(x) − f(x0)<br />

lim<br />

= f<br />

x→x0 x − x0<br />

′ (x0).<br />

Ist X ein offenes Intervall (oder eine Vereinigung von offenen Intervallen)<br />

und ist f differenzierbar in allen x0 ∈ X, dann heißt f differenzierbar. Die<br />

f ′ (x0) bilden dann eine Abbildung f ′ , genannt Ableitungsabbildung. Ihre<br />

Bilder heißen Ableitungen.<br />

• Seien X ein offenes Intervall und f : X → R eine Abbildung. Sei weiterhin<br />

x0 ∈ X ein Punkt, für den eine Umgebung B(ɛ, x0) ⊆ X existiert, so dass<br />

f(x) ≤ f(x0) für alle x ∈ B(ɛ, x0). Dann heißt f(x0) relatives Maximum<br />

von f. Man sagt auch: f hat ein relatives Maximum bei x0. Gilt hingegen<br />

f(x) ≥ f(x0) für alle x ∈ B(ɛ, x0), dann hat f ein relatives Minimum<br />

bei x0. Trifft eine dieser beiden Bedingungen zu, dann spricht man von<br />

einem relativen Extremum. Diese Definition hat zunächst nichts mit <strong>Differenzierbarkeit</strong><br />

zu tun. Allerdings lassen sich die Extrema differenzierbarer<br />

Abbildungen leichter bestimmen als bei anderen Funktionen.<br />

• Sei f : X → R differenzierbar. Dann heißen die Nullstellen von f ′ kritische<br />

Punkte.<br />

• Sei f : X → R differenzierbar. Ist f ′ stetig, dann heißt f stetig differenzierbar.<br />

• Sei f : X → R eine (n − 1)-fach stetig differenzierbare Abbildung, so dass<br />

f (n−1) differenzierbar ist. Sei ferner x0 ∈ X. Dann definiert<br />

(Tn,x0f)(x) :=<br />

n<br />

k=0<br />

f (k) (x0)<br />

(x − x0)<br />

k!<br />

k<br />

das Taylorpolynom n-ten Grades von f im Punkt x0.<br />

• Sei f : X → R beliebig oft differenzierbar, dann heißt die Potenzreihe<br />

(Tx0f)(x) :=<br />

∞<br />

n=0<br />

f (n) (x0)<br />

(x − x0)<br />

n!<br />

n<br />

Taylorreihe von f. Ist X im Konvergenzbereich von Tx0f enthalten und<br />

gilt f(x) = (Tx0f)(x) für alle x ∈ X, so sagt man, die Taylorreihe Tx0f stellt f dar.<br />

1


Wichtige Sätze. Die Ableitungen der Standardfunktionen finden sich auf<br />

dem Blatt mit der Funktionentabelle.<br />

• Differenzierbare Abbildungen sind stetig.<br />

• Seien f, g : X → R in x0 ∈ X differenzierbar. Dann sind auch f + g und<br />

fg differenzierbar in x0 und die Ableitungen sind f ′ (x0) + g ′ (x0) bzw.<br />

f ′ (x0)g(x0) + f(x0)g ′ (x0). Letztere Formel wird auch als Produktregel<br />

bezeichnet.<br />

• Sei g : Y → R in y0 ∈ Y differenzierbar und sei X ⊆ R eine Menge, die<br />

das Bild von g und insbesondere eine offene Umgebung von g(y0) enthält.<br />

Sei weiterhin f : X → R differenzierbar in g(y0). Dann ist die Verkettung<br />

f ◦ g differenzierbar in x0 und die Ableitung lautet f ′ (g(y0))g ′ (y0).<br />

(Kettenregel.)<br />

• Sei f : X → Y bijektiv und differenzierbar in x0 ∈ X mit f ′ (x0) = 0. Ist<br />

dann f −1 in f(x0) stetig, dann ist f −1 dort auch differenzierbar und es<br />

gilt:<br />

(f −1 ) ′ (f(x0)) = 1<br />

f ′ (x0) .<br />

• Seien f, g : X → R in x0 ∈ X differenzierbar und sei g(x0) = 0. Dann ist<br />

die Quotientenabbildung f/g in x0 differenzierbar und es gilt (Quotien-<br />

tenregel):<br />

′<br />

f<br />

g<br />

(x0) = g(x0)f ′ (x0) − f(x0)g ′ (x0)<br />

g(x0) 2 .<br />

• Seien [a, b] ⊆ R ein abgeschlossenes Intervall und f, g : [a, b] → R stetig<br />

und differenzierbar in (a, b). Dann existiert ein x0 ∈ (a, b), so dass (f(b) −<br />

f(a))g ′ (x0) = (g(b)−g(a))f ′ (x0). Für den Spezialfall f(a) = g(a) = 0 und<br />

f(b) = g(b) = 1 gilt also g ′ (x0) = f ′ (x0). Ein weiterer wichtiger Spezialfall<br />

ist g = id, dann gilt der Mittelwertsatz:<br />

f ′ (x0) =<br />

f(b) − f(a)<br />

.<br />

b − a<br />

• Sei f : [a, b] → R stetig und in (a, b) differenzierbar. Ist dann f ′ (x) ≥ 0 für<br />

alle x ∈ (a, b), dann ist f monoton steigend. Ist hingegen f ′ (x) ≤ 0, dann<br />

ist f monoton fallend. Insbesondere ist f konstant, falls f ′ (x) = 0 für alle<br />

x ∈ (a, b). Die Umkehrungen dieser Aussagen gelten auch.<br />

• Seien f : [a, b] → R stetig und x0 ∈ [a, b] ein relatives Extremum von f.<br />

Dann gilt genau eine der folgenden Aussagen:<br />

1. f ist nicht differenzierbar in x0 (das ist insbesondere der Fall wenn<br />

x0 = a oder x0 = b).<br />

2. f ist differenzierbar in x0 und x0 ist ein kritischer Punkt von f.<br />

• Sei f : (a, b) → R zweimal in x0 ∈ (a, b) differenzierbar und x0 sei ein<br />

kritischer Punkt von f. Ist dann f ′′ (x0) > 0, dann hat f in x0 ein relatives<br />

Minimum. Ist f ′′ (x0) < 0, dann hat f in x0 ein relatives Maximum.<br />

Ist hingegen f ′′ (x0) = 0, dann können alle Fälle eintreten (inklusive des<br />

Falls, dass gar kein lokales Extremum vorliegt) und man muss von Hand<br />

untersuchen, welcher Fall vorliegt.<br />

2


• Seien f, g : (a, b) → R differenzierbar und lim<br />

x→a<br />

lim<br />

x→a +<br />

f(x) = lim<br />

x→a +<br />

f(x) = lim g(x) = 0 oder<br />

+ x→a +<br />

g(x) = ±∞ (im letzteren Fall dürfen die Vorzeichen<br />

der beiden Grenzwerte unterschiedlich sein). Dann gilt<br />

lim<br />

x→a +<br />

f(x)<br />

= lim<br />

g(x) x→a +<br />

f ′ (x)<br />

g ′ (x) ,<br />

sofern der rechte Grenzwert existiert. Die analoge Aussage gilt auch für<br />

x → b − . (De L’Hôpitalsche Regel.)<br />

• Ist f (n + 1)-mal stetig differenzierbar und<br />

Rn := f − Tn,x0 f<br />

das Restglied, dann gilt die Abschätzung<br />

|Rn(x)| ≤ sup |f (n+1) (x)|<br />

|x − x0|<br />

(n + 1)!<br />

n+1 .<br />

(Lagrangesche Restgliedabschätzung.) Ist f beliebig oft differenzierbar<br />

und konvergiert die Funktionenfolge (Rn)n∈N gleichmäßig gegen 0, dann<br />

wird die Abbildung f von ihrer Taylorreihe dargestellt.<br />

Diese Restgliedabschätzung ist nicht immer anwendbar. Gegebenenfalls<br />

muss das Restglied direkt abgeschätzt werden. Mit dem Hauptsatz erreicht<br />

man rekursiv folgende Moment- oder Integraldarstellung:<br />

Rn(x) = 1<br />

x<br />

n!<br />

x0<br />

(x − t) n f (n+1) (t)dt.<br />

Ein paar Eselsbrücken. Um sich die verschiedenen Ableitungsregeln merken<br />

zu können, haben sich insbesondere für die Kettenregel und für die Quotientenregel<br />

zwei Eselsbrücken eingebürgert. Bei der Kettenregel<br />

(f ◦ g) ′ = (f ′ ◦ g)g ′<br />

hat sich die Mneme ” äußere Ableitung mal innere Ableitung“ etabliert. Die<br />

Multiplikation mit g ′ wird auch als ” Nachdifferenzieren“ bezeichnet.<br />

Bei der Quotientenregel<br />

′<br />

f<br />

=<br />

g<br />

gf ′ − fg ′<br />

g2 wir der Zähler gerne mit Z und der Nenner mit N bezeichnet, und für die<br />

jeweiligen Ableitungen ein A vorangestellt. Dann ergibt sich<br />

NAZ − ZAN<br />

N 2 .<br />

Das Vorzeichen merkt man sich mit ” Der ZAN wird gezogen.“<br />

3


Kurvendiskussion. Die Kurvendiskussion ist eine recht abstrakte Analyse<br />

einer (zumindest stückweise) differenzierbaren Abbildung, bei der Eigenschaften<br />

wie beispielsweise relative und absolute Minima und Maxima, Monotonieeigenschaften<br />

und das Bild einer Abbildung f bestimmt werden sollen. Die Notwendigkeit,<br />

eine Kurvendiskussion durchzuführen rührt aber oft von einer ganz<br />

konkreten Problemstellung her, etwa beim Optimieren eines Prozesses. Wie man<br />

die gesuchten Eigenschaften findet, ergibt sich ja direkt aus den o.g. Sätzen.<br />

Hier nochmal einige Hilfestellungen, wie man eine Kurvendiskussion ordentlich<br />

durchführt und sich vor Fehlern schützt. Natürlich sollte man immer nur die<br />

Eigenschaften ausrechnen, die man gerade braucht.<br />

1. Bisweilen kann es sinnvoll sein, sich ein Schaubild aufzumalen. Anhand<br />

dieses Schaubilds kann man sich vergewissern, ob die berechneten Extrema<br />

und übrigen Daten korrekt sind.<br />

2. Zunächst mache man sich den Definitionsbereich der gegeben Abbildung<br />

klar. Dieser ist manchmal absichtlich kleiner als von der verwendeten Abbildung<br />

her eigentlich nötig. Das passiert beispielsweise bei zeitabhängigen<br />

Kurven, die nur für einen bestimmten, vorgegebenen Zeitraum untersucht<br />

werden sollen.<br />

3. Normalerweise ist f bis auf endlich viele Stellen offensichtlich differenzierbar<br />

(kurz begründen). Wenn der Definitionsbereich Ränder hat, ist f dort<br />

nicht differenzierbar.<br />

4. Man bestimme die kritischen Punkte von f.<br />

5. Man bestimme die relativen Minima und Maxima: bei den nicht differenzierbaren<br />

Stellen von f manuell, bei den kritischen Punkten durch Berechnen<br />

von f ′′ . Dazu muss natürlich f ′ selbst auch differenzierbar sein. Ist<br />

dies nicht der Fall, oder verschwindet f ′′ an einem der kritischen Punkte,<br />

so muss auch dort manuell vorgegangen werden (Überprüfung auf Vorzeichenwechsel<br />

der Ableitungsabbildung). Die absoluten Minima und Maxima<br />

sind dann jeweils das kleinste lokale Minimum und das größte lokale<br />

Maximum, sofern f nicht doch noch woanders kleinere bzw. größere Werte<br />

annimmt: zum Beispiel wenn f auf einem offenen Intervall definiert ist.<br />

Dann kann es passieren, dass eines oder beide absolute Extrema nicht<br />

existieren. Es kann auch passieren, dass zwei oder mehr absolute Minima<br />

bzw. Maxima existieren, wenn die Funktionswerte an den entsprechenden<br />

relativen Extrema gleich sind.<br />

6. Man bestimme die Monotonieabschnitte, also diejenigen abgeschlossenen<br />

Intervalle, auf denen f monoton steigend ist, und diejenigen abgeschlossenen<br />

Intervalle, auf denen f monoton fallend ist.<br />

7. Um das Bild von f zu berechnen, bietet sich oft der Zwischenwertsatz an.<br />

Überall dort, wo f differenzierbar ist, ist f ja auch stetig. Als Randwerte<br />

bieten sich, soweit vorhanden, die absoluten Extrema an. Andernfalls<br />

wendet man den Zwischenwertsatz zunächst auf ein im Definitionsbereich<br />

enthaltenes abgeschlossenes Intervall an und bildet dann die Vereinigung<br />

aller sich auf diese Weise ergebenden Bilder.<br />

4


Berechnung von Grenzwerten. Grenzwerte von differenzierbaren Funktionen<br />

müssen oft mit der l’Hôpitalschen Regel berechnet werden. Dazu überprüft<br />

man zunächst die Anwendbarkeit des L’Hôpitalschen Satzes und bildet einen<br />

Bruch. Also Schritt für Schritt:<br />

1. Zunächst sollte man überprüfen, ob man den Grenzwert nicht mit einem<br />

der normalen Grenzwertsätze berechnen kann. Nur wenn dabei Ausdrücke<br />

wie 0/0, 0 · ∞ o.ä. auftauchen, ist l’Hôpital anwendbar und nur dann wird<br />

er auch gebraucht.<br />

2. Wenn der Ausdruck, dessen Limes bestimmt werden soll, nicht bereits<br />

die kanonische l’Hôpital-Form hat, dann muss er erst auf diese gebracht<br />

werden. Eine beliebte Umformung ist<br />

fg = f<br />

.<br />

Eine weitere Möglichkeit ist der ” exp-ln-Trick“. Dabei wird eine positivwertige<br />

(!) Abbildung f umgeschrieben in exp ◦ ln ◦f. Mit den Logarithmengesetzen<br />

kann man dann Wurzeln in Brüche bzw. Exponenten in<br />

Faktoren umwandeln. Natürlich muss man dazu den Limes in die Exponentialfunktion<br />

ziehen, was nur geht, weil exp stetig ist. Ähnliche Tricks<br />

funktionieren mit jedem beliebigen Funktions-Umkehrfunktions-Paar, solange<br />

Stetigkeit vorliegt.<br />

3. Hat man erst einmal die l’Hôpitalform und die Voraussetzungen liegen vor,<br />

dann kann es immer noch passieren, dass der Grenzwert des Quotienten<br />

der Ableitungsabbildungen nicht einfach auszurechnen ist. In so einem Fall<br />

muss man die l’Hôpitalsche Regel nochmals, ggf. mehrmals anwenden.<br />

Taylorpolynome und -reihen. Bestimmung des Taylorpolynoms bzw. der<br />

Taylorreihe ist letztlich reines Ausrechnen von Ableitungen. Bei Taylorreihen<br />

kann es mitunter passieren, dass man einen Induktionsbeweis führen muss, um<br />

alle Koeffizienten zu berechnen.<br />

Um festzustellen, ob die ursprüngliche Abbildung von ihrer Taylorreihe dargestellt<br />

wird, sind die Restglieder zu untersuchen.<br />

5<br />

1<br />

g

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