Methodenblatt „Interpretation von Karikaturen“
Methodenblatt „Interpretation von Karikaturen“
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<strong>Methodenblatt</strong> <strong>„Interpretation</strong> <strong>von</strong> <strong>Karikaturen“</strong><br />
Als „Geschichte mit dem Zeichenstift“ bezeichnet der Historiker Hans Dollinger die Karikatur. In<br />
der Tat, Karikaturen stehen immer in Bezug zu realen Personen, Geschehnissen oder Zuständen<br />
und damit zur Geschichte im weitesten Sinne. Denn der Karikaturist nutzt diese Wirklichkeit um<br />
sie verzerrend zu verändern und ihr eigentliches Wesen bloßzulegen. Damit interpretiert und<br />
beurteilt er sie um eine bessere Wirklichkeit, eine Gegenwelt, sichtbar zu machen.<br />
Die Karikatur will Eigenheiten, Schwächen oder Fehler <strong>von</strong> Personen, gesellschaftlichen Gruppen<br />
und Institutionen durch Überzeichnung der Lächerlichkeit preisgeben, dadurch angreifen und<br />
verletzen. Die Empfindung des Lächerlichen ergibt sich dabei aus dem Widerspruch zwischen dem<br />
jeweiligen Zerrbild und den allgemein anerkannten ästhetischen Normen.<br />
Wenn wir heute eine Karikatur zu Gesicht bekommen, dann bringt sie uns im Moment des<br />
Anschauens zum Lachen. Diese Wirkung erzielt ihr offener, fasslicher Charakter und ihr<br />
inhaltlicher Reiz, zudem die Verwendung bestimmter, wiederkehrender Elemente bzw. Symbole.<br />
Erkennen wir nicht recht schnell ihre Absicht, dann ist ihre Wirkung dahin. Dieser unmittelbare<br />
Erkenntnisakt kann uns bei früheren Karikaturen, je weiter entfernt, umso seltener gelingen. Hier<br />
liegt auch eines der Hauptprobleme bei der Interpretation älterer Karikaturen: während uns der<br />
tagespolitische Kontext meist präsent ist, müssen wir ihn uns im Falle historischer Karikaturen erst<br />
erschließen. Aber die Mühe lohnt, denn weit mehr als andere Quellen sind Karikaturen in der Lage<br />
in Problem auf seinen Kern zu reduzieren.<br />
Am Anfang der Interpretation <strong>von</strong> Karikaturen stehen dabei die schon formelhaften Fragen: Wer<br />
sagt was, wann, zu wem, mit welchen Mitteln, mit welcher Wirkung? Je nach unserem<br />
Erkenntnisziel kommen Leitfragen hinzu: Absicht des Künstlers? Historisches Umfeld? Und<br />
schließlich: Aussage der Karikatur? Diese Aussage zu erkennen und historisch-kritisch zu<br />
beurteilen ist schließlich das Hauptziel im Umgang mit Karikaturen.<br />
Methodisches Vorgehen bei der Interpretation <strong>von</strong> Karikaturen<br />
1. Beschreiben<br />
• Hat die Karikatur einen besonderen Bildaufbau? Gibt es auffällige Farben?<br />
• Alle Einzelheiten beschreiben – beginne mit den auffälligsten Inhalten und beschreibe dann<br />
die kleineren Details!<br />
• Beispiele: Welche Personen sind dargestellt? Welche Sachverhalte sind zu erkennen? Wie sind<br />
die Personen/Sachverhalte dargestellt? Wie sind sie proportioniert?<br />
• Achte auch auf den Titel, einzelne Wörter bzw. die Bildunterschrift!<br />
2. Symbole deuten<br />
• Symbole sind Zeichen, die etwas Bestimmtes darstellen sollen (Taube = Friede, Rose = Liebe,<br />
Gewehr = Gewalt/Aufstand, Kette = Gefangenschaft etc.) Kläre die Bedeutung der in der<br />
Karikatur vorhandenen Symbole!<br />
• Identifikation <strong>von</strong> Personen<br />
• Auf welche Bildteile bezieht sich der Titel/Untertext?<br />
• Gibt es ironische Aspekte, beispielsweise völlige Übertreibungen oder aber eine auffällige<br />
Widersprechung <strong>von</strong> Bild- und Sprachelementen?<br />
3. Einordnung in den historischen Zusammenhang<br />
• Auf welche historische Situation, auf welches Ereignis bezieht sich die Karikatur?<br />
• Was sagt die Karikatur über dieses Ereignis/diese Situation aus?<br />
4. Quellenwert der Karikatur bestimmen: welche Intention hat der Autors, an wen wendet sich<br />
die Karikatur (Adressaten)?<br />
• Welche Meinung vertritt der Autor? Wie ist seine Position zum dem Ereignis/der Situation?<br />
• Wen will der Autor ansprechen und ggf. in welche Richtung beeinflussen? Welche Sprach-<br />
und Bildsymbole belegen Deine Einschätzung?<br />
5. Quellenkritik
• Welche Aspekte stellt der Karikaturist verzerrend dar, welche sind historisch zu belegen?<br />
• Wird dadurch die Gesamtaussage historisch unhaltbar oder nicht?