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Fristsetzung zur Nacherfüllung - Rechtsanwalt Schwäbisch Gmünd

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2011<br />

Aktuelle Entwicklungen im Kaufrecht - Die <strong>Nacherfüllung</strong><br />

gem. § 439 BGB<br />

<strong>Rechtsanwalt</strong> Rüdiger Martis, <strong>Schwäbisch</strong> <strong>Gmünd</strong><br />

Im Anschluss an die Beiträge „Die Beweislastumkehr nach § 476 BGB“ (MDR<br />

2010, 841 – 845) und „Das Erfordernis der <strong>Fristsetzung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Nacherfüllung</strong>“<br />

(MDR 2010, 1293 – 1298) stellt der schwerpunktmäßig im Vertragsrecht tätige<br />

Verfasser die aktuelle Rechtsprechung <strong>zur</strong> <strong>Nacherfüllung</strong> im Kaufrecht dar.<br />

I. Rechtsnatur; Obliegenheit des Käufers<br />

Beim <strong>Nacherfüllung</strong>sanspruch handelt es sich um den modifizierten Erfüllungsanspruch aus<br />

§ 433 BGB<br />

(1 Palandt-Weidenkaff, 70. Aufl. 2011, § 439 BGB Rn 1; Lorenz, NJW 2005, 1175, 1176;<br />

Lorenz, NJW 2006, 1175, 1176: Obliegenheit des Käufers, kein Recht des Verkäufers:<br />

Huber, NJW 2002, 1004; Ackermann, JZ 2002, 378: „angepasster Primäranspruch“).<br />

Bei Vorliegen eines Sach- oder Rechtsmangels (§§ 434, 435 BGB) hat der Käufer primär die<br />

<strong>Nacherfüllung</strong> geltend zu machen. Erst nach erfolgloser Setzung einer angemessenen<br />

Nachfrist <strong>zur</strong> <strong>Nacherfüllung</strong> kann er <strong>zur</strong>ücktreten (§§ 440, 346 BGB), mindern (§ 441 BGB),<br />

Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280 I, III, 281 BGB) oder den Ersatz vergeblicher<br />

Aufwendungen (§ 284 BGB) verlangen (BGH, Urt. v. 10.3.2010 – VIII ZR 310/08, NJW<br />

2010, 1448, 1449; BGH, Urt. v. 9.1.2008 – VIII ZR 210/06, NJW 2008, 1371, Nr. 10, 19,<br />

20).<br />

Die Obliegenheit des Käufers, dem Verkäufer Gelegenheit <strong>zur</strong> <strong>Nacherfüllung</strong> zu geben,<br />

beschränkt sich nicht auf eine mündliche oder schriftliche Aufforderung <strong>zur</strong> <strong>Nacherfüllung</strong>,<br />

sondern umfasst auch die Bereitschaft des Käufers, dem Verkäufer die Kaufsache <strong>zur</strong><br />

Überprüfung der erhobenen Mängelrügen (auf dessen Kosten, § 439 II BGB) <strong>zur</strong> Verfügung<br />

zu stellen. Der Verkäufer ist nicht verpflichtet, der vom Käufer gewählten Art der<br />

<strong>Nacherfüllung</strong> zuzustimmen, bevor er Gelegenheit gehabt hat, die Kaufsache zu untersuchen<br />

(BGH, Urt. v. 10.3.2010 – VIII ZR 310/08, NJW 2010, 1448, Nr. 12, 13).<br />

II.Vorliegen eines Sach- oder Rechtsmangels (§§ 434, 435 BGB)<br />

Voraussetzung für einen <strong>Nacherfüllung</strong>sanspruch wie auch für einen Anspruch auf Rücktritt<br />

oder Schadensersatz ist das Vorliegen eines Sachmangels (§ 434 BGB) oder eines<br />

Rechtsmangels (§ 435 BGB) aus einem wirksam abgeschlossenen Kaufvertrag.


III. Kein Ausschluss des Nachbesserungsanspruchs (§§ 442, 444, 475 I,<br />

307 – 309 BGB).<br />

1. Freizeichnungsklauseln<br />

Der Nachbesserungsanspruch darf nicht untergegangen, ausgeschlossen oder mit einer<br />

Einrede behaftet sein. Liegt etwa ein Verbrauchsgüterkauf vor (§§ 474, 13, 14 BGB), ist ein<br />

pauschaler Gewährleistungsausschluss bereits gem. § 475 I BGB unwirksam<br />

(vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl. 2009, Rn 1952).<br />

Freizeichnungsklauseln können gem. §§ 309 Nr. 7 a, Nr 7 b, 307 I, II BGB unwirksam sein.<br />

So ist ein in den AGB des Verkäufers enthaltener Gewährleistungsausschluss, wonach „die<br />

Rechte des Käufers bei Mängeln ausgeschlossen sind, es sei denn, der Verkäufer hat einen<br />

Mangel arglistig verschwiegen und/oder er hat eine Garantie für die Beschaffenheit des<br />

Vertragsgenstands abgegeben, die den Mangel betrifft“, ist gem. § 309 Nr. 7 a, 7 b BGB<br />

unwirksam (BGH, Urt. v. 17.2.2010 – VIII ZR 67/09, NJW 2010, 1131, Nr. 9). Etwas<br />

anderes gilt jedoch dann, wenn es sich um einen Gebrauchtwagenkauf „von Privat“ unter<br />

abgestimmten Einsatz eines Mustervertrages handelt, soweit der Käufer in der Auswahl der in<br />

Betracht kommenden Vertragstexte frei war und insbesondere Gelegenheit hatte, alternativ<br />

eigene Textvorschläge mit der effektiven Möglichkeit ihrer Durchsetzung in die<br />

Verhandlungen einzubringen (BGH, Urt. v. 17.2.2010 – VIII ZR 67/09, NJW 2010, 1131,<br />

1133, Nr. 18, 21).<br />

2.Verjährung<br />

Streitig ist, ob die Verjährung bei fehlgeschlagener <strong>Nacherfüllung</strong> neu beginnt. Nach h. L. ist<br />

in der Vereinbarung eine Ersatzlieferung bzw. in der Ersatzlieferung selbst ein<br />

konkludentes Anerkenntnis i. S. d. § 212 I BGB zu sehen (Ball, NZV 2004, 217, 227;<br />

Reinking/Eggert, Fn 4, Rn 2035; a. A. Gramer/Thalhofer, ZGS 2006, 250, 252).<br />

Liefert der Verkäufer im Weg der <strong>Nacherfüllung</strong> eine neue Sache, so ist auch nach Ansicht<br />

des BGH „der Neubeginn der Verjährung die Regel“ (BGH, Urt. v. 5.10.2005, NJW 2006,<br />

47; Stodolkowitz, ZGS 2010, 448, 450; Lorenz, NJW 2007, 1, 5; Reinking/Eggert, Fn. 4,<br />

Rn 2035).<br />

Ein fehlgeschlagener Nachbesserungsversuch des Verkäufers lässt – abgesehen von einem<br />

Anerkenntnis des Mangels - nach h. M. aber keine neue Verjährungsfrist entstehen. § 438 II<br />

BGB ist auf die Nachbesserung danach nicht anwendbar (OLG Celle, Urt. v. 20.6.2006 – 16<br />

U 287/05, MDR 2007, 137; Erman/Grunewald, 12. Aufl., § 440 BGB, Rn 12;<br />

Stodolkowitz, ZGS 2010, 448, 451: Nachbesserung führt nicht zu einem Neubeginn, aber<br />

§ 203 BGB zu beachten; Auktor/Mönch, NJW 2005, 1686; Oechsler, NJW 2004, 1825;<br />

Gramer/Thalhofer, ZGS 2006, 250; Ritzmann, MDR 2003, 430; a. A. Bamberger/Roth-<br />

Faust, 2. Auflage 2007, § 438 BGB Rn 59; Staudinger/Matusche-Beckmann, 2004, § 438<br />

BGB, Rn 58; Menges, JuS 2008, 395; auch Reinking/Eggert, Fn. 4, Rn 2035:<br />

Ersatzlieferung stellt konkludentes Anerkenntnis dar).


IV. <strong>Nacherfüllung</strong>sverlangen des Käufers<br />

Der Käufer kann nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer<br />

mangelfreien Sache verlangen (§ 439 I BGB).<br />

1. Rechtsnatur des Wahlrechts<br />

Nach h. M. stehen die Anspruchsalternativen auf Nachbesserung und Ersatzlieferung in<br />

„elektiver Konkurrenz“. Der Käufer kann die zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung<br />

getroffene Wahl ändern, solange der Verkäufer nicht damit begonnen hat, die gewählte Art der<br />

<strong>Nacherfüllung</strong> zu bewirken oder zu deren Erbringung rechtskräftig verurteilt worden ist (Ball,<br />

NZV 2004, 217, 219; Schroeter, NJW 2006, 1761, 1762; Skamel, ZGS 2006, 457, 461;<br />

Reinking/Eggert, Fn. 4, Rn 337, 338; OLG Hamm, Urt. v. 23.2.2006 – 28 U 164/05, juris,<br />

Nr. 26; OLG Celle, Urt. v. 28.6.2006 – 7 U 235/05, NJW-RR 2007, 353, 354 = OLGR<br />

2006, 779, 780; a.A. Ball, NZV 2004, 217, 219 und Müko-Büdenbender, 5. Aufl., § 439<br />

BGB, Rn 24).<br />

Das Wahlrecht des Käufers erlischt aber dann, wenn der Verkäufer die verlangte<br />

<strong>Nacherfüllung</strong> vorgenommen hat (OLG Hamm, Urt. v. 23.2.2006 – 28 U 164/05, juris, Nr.<br />

26; OLG Celle, Urt. v. 28.6.2006 – 7 U 235/05, NJW-RR 2007, 353, 354: wenn mit der<br />

verlangten Nachbesserung begonnen wurde; OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.5.2008 – 8 U<br />

494/07, NJW 2009, 369 = juris, Nr. 32, 33, 40) oder wenn der Käufer Schadensersatz statt<br />

der Leistung verlangt (§ 281 IV BGB), Rücktritt oder Minderung erklärt (Lorenz, NJW 2007,<br />

1, 3; Palandt-Weidenkaff, Fn. 1, § 439 BGB, Rn 22).<br />

Hat der Käufer Nachbesserung verlangt, ist es ihm nach Treu und Glauben verwehrt, den<br />

Verkäufer ohne sachlich gerechtfertigten Grund und ohne vorangegangene <strong>Fristsetzung</strong> wie<br />

einer veränderten Wahl (Nachlieferung) zu konfrontieren (OLG Saarbrücken a. a. O.;<br />

Reinking/Eggert, Fn. 4, Rn 337, 338).<br />

Das Recht des Käufers, zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung zu wählen, besteht auch<br />

dann nicht, wenn die gewählte <strong>Nacherfüllung</strong>sart unmöglich ist (§ 275 I BGB) oder nur mit<br />

unverhältnismäßigem Aufwand zu erreichen wäre, §§ 275 II, 439 III BGB (Skamel, ZGS<br />

2006, 457, 461; Reinking/Eggert, Fn. 4, Rn 416 ff., 440 ff.).<br />

Dagegen kann der Käufer seine Wahl sofort ändern, wenn der Verkäufer die gewählte, im<br />

Einzelfall nicht unzumutbare Art der <strong>Nacherfüllung</strong> oder die <strong>Nacherfüllung</strong> schlechthin<br />

ablehnt oder wenn die gewählte Art der <strong>Nacherfüllung</strong> fehlschlägt (Ball, NZV 2004, 217,<br />

219; Bamberger/Roth-Faust, § 439 BGB, Rn 10; Reinking/Eggert, Fn. 4, Rn 337 a. E.).<br />

2. Ausübung des Wahlrechts; <strong>Nacherfüllung</strong>sverlangen<br />

Die Ausübung des Wahlrechts geschieht mit dem Verlangen nach der <strong>Nacherfüllung</strong><br />

(Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache) als empfangsbedürftiger<br />

Willenserklärung (OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.5.2008 – 8 U 494/07, NJW 2009, 369, 370<br />

= MDR 2008, 1391; Palandt-Weidenkaff, § 439 BGB, Rn 6).


Das <strong>Nacherfüllung</strong>sverlangen ist auch dann erforderlich, wenn der Käufer eines<br />

Gebrauchtwagens nicht weiß, ob ein binnen sechs Monaten nach der Übergabe durch den<br />

Verkäufer aufgetretener Defekt des Fahrzeugs auf einen Sachmangel i. S. d. § 434 BGB<br />

<strong>zur</strong>ückzuführen ist. Dies entlastet ihn nicht von der Obliegenheit, dem Verkäufer Gelegenheit<br />

<strong>zur</strong> <strong>Nacherfüllung</strong> zu geben, bevor er das Fahrzeug selbst reparieren lässt und wegen des<br />

Mangels die Minderung erklären oder einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung<br />

geltend machen kann (BGH, Urt. v. 21.12.2005 – VIII ZR 49/05, MDR 2006, 677 = NJW<br />

2006, 1195).<br />

Dabei genügt der Käufer seiner Pflicht <strong>zur</strong> Mängelanzeige, wenn er das Erscheinungsbild des<br />

möglichen Mangels, das Symptom, hinreichend genau beschreibt, sodass eine Überprüfung<br />

der Angaben – auch im Hinblick auf etwaige Fahr- und Bedienungsfehler – möglich ist<br />

(BGH, Urt. v. 9.3.2011 – VIII ZR 266/09, juris: auch zum Beweis des Fehlschlagens der<br />

Nachbesserung genügt der Nachweis, dass das Symptom weiterhin auftritt; OLG<br />

Hamm, Urt. v. 12.5.2009 – 28 U 42/09, NJW-RR 2009, 1718, 1720; OLG München, Urt.<br />

v. 9.3.2006 – 6 U 4082/05, MDR 2006, 1338, 1339 Reinking/Eggert, Fn. 4, Rn 349, 386).<br />

Werden die Symptome des Mangels benannt, ist es unschädlich, wenn zusätzlich –<br />

möglicherweise andere als später tatsächlich festgestellte – Ursachen für die Entstehung der<br />

Mängel angegeben werden (BGH, Urt. v. 30.10.2007 – X ZR 101/06, NJW 2008, 576, Rn<br />

10; OLG Hamm, Urt. v. 12.5.2009 – 28 U 42/09, ZGS 2009, 473, 475 = juris, Nr. 36:<br />

zutreffende Angabe, dass der gekaufte Pkw nicht mehr verkehrssicher ist, weil sich Teile<br />

ablösen würden; tatsächlich bestand die Verkehrsunsicherheit aber wegen erheblicher<br />

Durchrostungen).<br />

Für die Wirksamkeit der erforderlichen <strong>Fristsetzung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Nacherfüllung</strong> bzw.<br />

Nachbesserung (vgl. BGH, Urt. v. 21.12.2005 – VIII ZR 49/05, NJW 2006, 1195, 1196 =<br />

MDR 2006, 677, 678; BGH, Urt. v. 7.12.2005 – VIII ZR 126/05, ZGS 2006, 113) reicht es<br />

aus, wenn der Käufer durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender<br />

Leistungen oder vergleichbarer Formulierungen deutlich macht, dass der Verkäufer für die<br />

Erfüllung nur ein begrenzter, bestimmbarer Zeitraum <strong>zur</strong> Verfügung steht; die Angabe eines<br />

bestimmten Zeitraums oder eines bestimmten Endtermins ist bei einer <strong>Fristsetzung</strong> gem. §<br />

281 I BGB bzw. einem <strong>Nacherfüllung</strong>sverlangen nicht erforderlich (BGH, Urt. v. 12.8.2009 –<br />

VIII ZR 254/08, MDR 2009, 1329 = NJW 2009, 3153, 3154, Nr. 10, 11 <strong>zur</strong> <strong>Fristsetzung</strong><br />

nach § 281 BGB; BGH, Urt. v. 25.3.2010 – VII ZR 224/08, MDR 2010, 731 = VersR 2010,<br />

915, 916, Nr. 16).<br />

Es genügt sogar die Forderung nach der Fertigstellung, wenn der Mangel schon bekannt<br />

ist (BGH, Urt. v. 25.3.2010 – VII ZR 224/08, MDR 2010, 731 = VersR 2010, 915, 916, Nr.<br />

16).<br />

Die Obliegenheit des Käufers, dem Verkäufer Gelegenheit <strong>zur</strong> <strong>Nacherfüllung</strong> zu geben,<br />

beschränkt sich nicht auf die mündliche oder schriftliche Aufforderung <strong>zur</strong> <strong>Nacherfüllung</strong>,<br />

sondern umfasst auch die Bereitschaft des Käufers, dem Verkäufer die Kaufsache <strong>zur</strong><br />

Überprüfung der erhobenen Mängelrügen <strong>zur</strong> Verfügung zu stellen (BGH, Urt. v. 10.3.2010 –<br />

VIII ZR 310/08, MDR 2010, 733 = VersR 2010, 1088).<br />

Dem Käufer steht die Mängelrüge auch dann zu, wenn er sich mit der Zahlung des<br />

Restkaufpreises in Verzug befindet (BGH, Urt. v. 14.6.2006 – VIII ZR 135/05, NJW 2006,<br />

3059, Nr. 18).


Auch die erstmals im Berufungsrechtszug erfolgte, unstreitige <strong>Fristsetzung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Nacherfüllung</strong><br />

ist unabhängig von den Voraussetzungen des § 531 II ZPO zuzulassen (BGH, Urt. v.<br />

20.5.2009 – VIII ZR 247/06, NJW 2009, 2532; zustimmend Skamel, NJW 2010, 271, 274<br />

und Ball, DAR 2010, 497, 498).<br />

Lässt sich der Verkäufer (hier: eines Neuwagens) vorbehaltlos auf die Beseitigung eines<br />

gerügten Sachmangels ein, so kann er später grundsätzlich nicht mehr in Abrede stellen, dass<br />

der Mangel bei Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer vorgelegen habe (OLG Karlsruhe,<br />

Urt. v. 25.11.2008 – 8 U 34/08, DAR 2009, 400).<br />

3. Unberechtigtes Mängelbeseitigungsverlangen<br />

Ein unberechtigtes Mängelbeseitigungsverlangen des Käufers nach § 439 I BGB stellt eine<br />

zum Schadensersatz verpflichtende schuldhafte Vertragsverletzung dar, wenn der Käufer<br />

erkannt oder fahrlässig nicht erkannt hat, dass ein Mangel der Kaufsache nicht vorliegt,<br />

sondern die Ursache für das Symptom, hinter dem er einen Mangel vermutet, in seinem<br />

eigenen Verantwortungsbereich liegt (BGH, Urt. v. 23.1.2008 – VIII ZR 246/06, MDR<br />

2008, 373 = NJW 2008, 1147, 1148, Nr. 12; Jordans/Müller-Sartori, MDR 2009, 779, 780;<br />

im Ergebnis zustimmend Haertlein, MDR 2009, 1, 4; ablehnend Sutschet, JZ 2008, 637<br />

und Lange/Widmann, ZGS 2008, 329 sowie Majer, ZGS 2008, 209, 212: nur bei Vorsatz<br />

des Käufers; Vossler, MDR 2009, 300, 303: nur, wenn der Käufer die Rechtslage grob<br />

fahrlässig falsch beurteilt hat).<br />

Im Sinne des § 280 I 2 BGB zu vertreten hat die Vertragspartei, die etwas verlangt, was nach<br />

dem Vertrag nicht geschuldet ist, generell nicht schon dann, wenn sie nicht erkennt, dass ihre<br />

Rechtsposition in der Sache nicht berechtigt ist, sondern erst, wenn sie diese Rechtsposition<br />

auch nicht als plausibel ansehen durfte (BGH, Urt. v. 16.1.2009 – V ZR 133/08, NJW 2009,<br />

1262, 1264, Nr. 20: „Evidenzkontrolle“).<br />

Macht danach ein Käufer bzw. Mieter ein unberechtigtes Mangelbeseitigungsverlangen, den<br />

Rücktritt vom Kaufvertrag oder eine Kündigung des Mietverhältnisses geltend, handelt er<br />

nicht fahrlässig, wenn er seinen Rechtsstandpunkt für vertretbar halten durfte (BGH, Urt. v.<br />

16.1.2009 – V ZR 133/08, NJW 2009, 1262, 1264, Nr. 20, 26, 27).<br />

V. Unmöglichkeit der <strong>Nacherfüllung</strong> (§ 275 BGB)<br />

Sind beide Arten der <strong>Nacherfüllung</strong> unmöglich (vgl. Ball, NZV 2004, 217, 218: der<br />

verkaufte Gebrauchtwagen stellt sich entgegen der Beschaffenheitsvereinbarung als<br />

Unfallfahrzeug heraus), besteht kein <strong>Nacherfüllung</strong>sanspruch (§ 275 I BGB). In diesem Fall<br />

kann der Käufer sogleich nach § 437 Nr. 2 i.V.m. §§ 326 V, 323, 441 I BGB <strong>zur</strong>ücktreten oder<br />

mindern und/oder nach § 437 Nr. 3 i.V.m. §§ 280 I, III, 283 BGB (bei einem nachträglich<br />

eingetretenen, nicht behebbaren Mangel) bzw. gem. § 311 a II BGB (bei einem von Anfang an<br />

bestehenden, nicht behebbaren Mangel, z.B. der vom Verkäufer fahrlässig übersehenen,<br />

fehlenden Unfallfreiheit) Schadensersatz statt der Leistung verlangen<br />

(Ball, NZV 2004, 217, 218 f.; Lorenz, NJW 2006, 1175, 1177; Palandt-Weidenkaff, § 437<br />

BGB, Rn. 20 ff., 32 ff.).<br />

Das Rücktrittsrecht ist jedoch gem. §§ 323 VI, 326 V BGB ausgeschlossen, wenn der Käufer<br />

den Rücktrittsgrund allein oder weit überwiegend zu verantworten hat oder sich ohne<br />

Verschulden des Verkäufers in Annahmeverzug befand (Lorenz, NJW 2006, 1175, 1177).


1. Unmöglichkeit der Ersatzlieferung<br />

Eine Unmöglichkeit der Ersatzlieferung ist dann anzunehmen, wenn es dem Verkäufer auf<br />

Dauer unmöglich ist, anstelle der mangelhaften Kaufsache, etwa eines Fahrzeugs ein<br />

gleichartiges und gleichwertiges, mangelfreies Ersatzfahrzeug zu liefern. Eine Unmöglichkeit<br />

der Ersatzlieferung liegt etwa bei einem Konstruktionsmangel („Serienmangel“) der gesamten<br />

Warengattung (Reinking/Eggert, Fn. 4, Rn 459) oder in den Fällen vor, in denen<br />

Ersatzfahrzeuge wegen zwischenzeitlicher Modelländerung oder „Modellpflege“ nicht mehr<br />

geliefert werden können (OLG Karlsruhe, Urt. v. 31.5.2005 – 8 U 1/05; OLG Celle, Urt. v.<br />

28.6.2006 – 7 U 235/05, NJW-RR 2007, 353, 354 = juris, Nr. 34).<br />

Der Verkäufer hat eine solche Unmöglichkeit aber nicht ausreichend dargelegt, wenn er<br />

vorträgt, die Serie eines Fahrzeugs (hier: eines Wohnmobils) sei „komplett ausverkauft“<br />

gewesen. Durch diese Behauptung wird nicht ausgeschlossen, dass das Modell bei einem<br />

anderen Händler möglicherweise noch vorrätig war. der Käufer ist nach § 242 BGB auch<br />

gehalten, bei einem Gattungskauf geringere Abweichungen bei einer Nachlieferung des<br />

Fahrzeugtyps, etwa mit einer zwischenzeitlich geänderten Ausstattung o. a., hinzunehmen<br />

(OLG Celle, a. a. O.).<br />

Die Nachlieferung durch Lieferung einer anderen, mangelfreien Sache ist beim Stückkauf<br />

(hier: Gebrauchtwagen) nicht von vornherein wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen.<br />

Möglich ist die Ersatzlieferung nach der Vorstellung der Parteien i. d. R. dann, wenn die<br />

Kaufsache im Fall ihrer Mangelhaftigkeit durch eine gleichartige und gleichwertige ersetzt<br />

werden kann. Beim Kauf eines Gebrauchtwagens liegt es i. d. R. nahe, dies zu verneinen,<br />

wenn dem Kaufentschluss eine persönliche Besichtigung des Fahrzeugs vorausgegangen ist<br />

(BGH, Urt. v. 7.6.2006 – VIII ZR 209/05, NJW 2006, 2839, 2841, Nr. 22, 24; auch BGH,<br />

Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92, 06, NJW 2007, 1346, 1347, Nr. 17: Lieferung eines<br />

gleichwertigen Ersatzfahrzeugs beim Kauf eines Gebrauchtwagens nur ausnahmsweise<br />

möglich; OLG Braunschweig, Beschl. v. 4.2.2003 – 8 W 83/02, NJW 2003, 1053, 1054:<br />

Unmöglichkeit nur dann, wenn der Verkäufer eine mangelfreie Sache der geschuldeten<br />

Art nicht beschaffen kann; LG Ellwangen, Urt. v. 13.12.2002 – 3 O 219/02, NJW 2003,<br />

517: Ersatzlieferung grundsätzlich möglich, sofern es sich um Sachen handelt, die einer<br />

vertretbaren Sache wirtschaftlich entsprechen und das Leistungsinteresse des Käufers<br />

zufriedenstellen; OLG Schleswig, Urt. v. 18.8.2005 – 5 U 11/05, ZGS 2006, 75, 76:<br />

Nachlieferung angesichts der individuellen Kaufentscheidung für den konkreten<br />

Gebrauchtwagen i. d. R. unmöglich; Roth, NJW 2006, 2953: Nachlieferungsanspruch<br />

auch beim Stückkauf denkbar, scheidet bei Gebrauchtwagen aber i. d. R. aus; Ball,<br />

VRiBGH, NZV 2004, 217, 220: Ersatzlieferung nur ausnahmsweise möglich, z.B. beim<br />

Kauf von technisch identischen PKW mit Tageszulassung oder „Flottenrückläufern“ mit<br />

vergleichbarem Kilometerstand; a. A. Ackermann, JZ 2002, 378 und Huber, NJW 2002,<br />

1004, 1006 sowie Faust, ZGS 2004, 252 und Tiedtke/Schmitt, JuS 2005, 583, 586:<br />

Ersatzlieferung beim Stückkauf grundsätzlich unmöglich).<br />

Die Frage, ob bei einem Tierkauf eine <strong>Nacherfüllung</strong> durch Ersatzlieferung in Betracht<br />

kommt, wird in der Rspr. und Literatur unterschiedlich beurteilt. Der Anspruch auf<br />

<strong>Nacherfüllung</strong> ist gem. § 275 I BGB ausgeschlossen, weil beide Arten der <strong>Nacherfüllung</strong> bei<br />

einer anlagebedingten Krankheit eines Tieres unmöglich sind, wenn inzwischen eine<br />

emotionale Bindung des Käufers an das Tier besteht (BGH, Urt. v. 22.6.2005 – VIII ZR<br />

281/04, NJW 2005, 2852, 2854). Weist das verkaufte Tier (hier: Rauhaardackelwelpe) eine<br />

anlagebedingte Fehlentwicklung auf (hier: genetisch bedingte Störung des<br />

Knochenwachstums), scheidet auch ein Anspruch des Käufers auf Schadensersatz statt der


Leistung (§§ 437 Nr. 3, 311 a I BGB) aus, wenn der Verkäufer das anfängliche<br />

Leistungshindernis bei Vertragsabschluss nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu<br />

vertreten hatte (§§ 280 I 2, 311 a II 2 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 22.6.2005 – VIII ZR 281/04,<br />

MDR 2005, 1337, 1338). In solchen Fällen kommt ein Anspruch des Käufers auf Rücktritt<br />

vom Kaufvertrag oder Minderung des Kaufpreises in Betracht (BGH a.a.O.).<br />

Auch die Ersatzlieferung eines als Reitpferd erworbenen, mangelhaften Pferdes ist bei einer<br />

emotionalen Bindung des Käufers an das Tier als unmöglich angesehen worden (BGH, Urt.<br />

v. 22.6.2005 – VIII ZR 281/04, MDR 2005, 1337 = NJW 2005, 2852; OLG Koblenz, Urt.<br />

v. 13.11.2008 – 5 U 900/08, MDR 2009, 440 = juris, Nr. 11: für die Zwecke des Käufers<br />

unbrauchbares Reitpferdes; vgl. auch OLG Zweibrücken, Urt. v. 30.4.2009 – 4 U 103/08,<br />

OLGR 2009, 717, 718 = juris, Nr. 27, 28: <strong>Nacherfüllung</strong> durch Ersatzlieferung beim<br />

Kauf eines für den Turniersport erworbenen Reitpferdes; OLG Frankfurt, Urt. v.<br />

17.7.2006 – 18 U 96/05, NJOZ 2007, 2046: <strong>Nacherfüllung</strong> bei festgestellten Beschwerden<br />

des gekauften Reitpferdes in Form einer tierärztlichen Behandlung möglich und<br />

zumutbar ist).<br />

Die Operation eines Tieres, die einen körperlichen Defekt nicht folgenlos beseitigen kann,<br />

sondern andere, regelmäßig zu kontrollierende gesundheitliche Risiken für das Tier selbst<br />

hervorruft, stellt jedoch keine zumutbare Mangelbeseitigung i. S. d. § 439 I BGB dar (BGH,<br />

Urt. v. 22.06.2005 – VIII ZR 281/04, MDR 2005, 1337 = NJW 2005, 2851).<br />

2. Unmöglichkeit der Nachbesserung<br />

Eine Unmöglichkeit der Nachbesserung ist etwa anzunehmen, wenn technische Mängel im<br />

Wege der Nachbesserung überhaupt nicht oder nicht einwandfrei oder nicht ohne Verbleib<br />

einer Wertminderung beseitigt werden können. Dies gilt insbesondere für Waren mit<br />

schwerwiegenden Fabrikationsfehlern (Reinking/Eggert, Fn. 4, Rn 461). Eine<br />

Nachbesserung ist insbesondere unmöglich - und damit eine <strong>Fristsetzung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Nacherfüllung</strong><br />

entbehrlich –, wenn der Mangel, der in der Eigenschaft des Fahrzeugs als Unfallwagen liegt,<br />

nicht behebbar ist. Durch Nachbesserung lässt sich ein solcher Mangel nicht korrigieren, auch<br />

eine Ersatzlieferung ist regelmäßig unmöglich (BGH, Urt. v. 12.3.2008 – VIII ZR 253/05,<br />

NJW 2008, 1517, 1518, Nr. 21).<br />

Die Beschädigung der Originallackierung eines Gebrauchtwagens führt nicht <strong>zur</strong><br />

Unmöglichkeit der Vertragserfüllung. Der Mangel kann durch fachgerechte Neulackierung<br />

behoben werden. Der Umstand einer technisch einwandfreien Neulackierung stellt für sich<br />

allein keinen verbleibenden Mangel des Fahrzeugs dar (BGH, Urt. v. 20.5.2009 – VIII ZR<br />

191/07, NJW 2009, 2807, Nr. 7, 13, 16: anders aber bei einem Unfallschaden, bei dem ein<br />

merkantiler Minderwert verbleibt).<br />

VI. Unverhältnismäßige <strong>Nacherfüllung</strong>skosten (§ 439 III 1)<br />

Nach § 439 III BGB kann der Verkäufer die vom Käufer gewählte Art der <strong>Nacherfüllung</strong><br />

unbeschadet der Leistungsverweigerungsrechte aus § 275 II, III BGB ablehnen, wenn sie nur<br />

mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Vergleichsmaßstab ist dabei – wie im Fall des §<br />

275 II BGB – nicht der Gewinn des Verkäufers, sondern der Nutzen der<br />

<strong>Nacherfüllung</strong>smaßnahme für den Käufer (Lorenz, NJW 2007, 1, 5; Lorenz, NJW 2006,<br />

1175, 1176; Ball, NZV 2004, 217, 223; Kaeding, NJW 2010, 1031, 1034; Kirsten, ZGS<br />

2005, 66, 71; Reinking/Eggert,Fn. 4, Rn 418, 421, 423, 424).


1. Einrede des Verkäufers<br />

Die vom Verkäufer zu erhebende Einrede der Unverhältnismäßigkeit kann vom Verkäufer<br />

nur bis zum Ablauf der gesetzten Frist <strong>zur</strong> <strong>Nacherfüllung</strong>, nicht jedoch nach Zugang der<br />

Rücktrittserklärung erhoben werden (OLG Celle, Urt. v. 28.6.2006 – 7 U 235/05, NJW-RR<br />

2007, 353, 355 = OLGR 2006, 779, 780 = juris, Nr. 28, 29).<br />

Bestreitet der Verkäufer das Vorliegen eines Sachmangels im Prozess, liegt hierin weder die<br />

Geltendmachung der Einrede aus § 439 III BGB (BGH, Urt. v. 21.12.2005 – VIII ZR 49/05,<br />

NJW 2006, 1195, 1197, Nr. 24, 25) noch eine endgültige und ernsthafte<br />

Leistungsverweigerung (BGH, Urt. v. 20.1.2009 – X ZR 45/07, MDR 2009, 675 = NJW-RR<br />

2009, 667; BGH, Urt. v. 21.12.2005 – VIII ZR 49/05, NJW 2006, 1195, 1197, Nr. 25; OLG<br />

Koblenz, Urt. v. 23.4.2009 – 5 U 1124/08, NJW-RR 2009, 985, 986).<br />

2. Verweigerung der <strong>Nacherfüllung</strong><br />

Ist nur die gewählte Art der <strong>Nacherfüllung</strong> unmöglich, unverhältnismäßig teuer oder<br />

unzumutbar, richtet sich der <strong>Nacherfüllung</strong>sanspruch des Käufers allein und ausschließlich<br />

auf die andere Art (Palandt-Weidenkaff, § 439 BGB, Rn 20; Reinking/Eggert, Fn. 4, Rn<br />

420: <strong>Nacherfüllung</strong>spflicht beschränkt sich dann auf die andere, mögliche, nicht<br />

unverhältnismäßige Art der <strong>Nacherfüllung</strong>).<br />

Einer Verweigerung der <strong>Nacherfüllung</strong> steht es gleich, wenn der Verkäufer die<br />

Mängelbeseitigung davon abhängig macht, dass der Käufer eine Erklärung unterzeichnet,<br />

wonach er die Kosten der Untersuchung und weiterer Maßnahmen für den Fall nicht<br />

festellbarer Mängel oder der fehlenden Verantwortlichkeit des Verkäufers für den Mangel<br />

übernimmt (BGH, Urt. v. 2.9.2010 – VII ZR 110/09, MDR 2010, 1311, 1312 zum<br />

Werkvertrag).<br />

Bei unberechtigter Verweigerung kann der Käufer stattdessen die geschuldete Art der<br />

<strong>Nacherfüllung</strong> klageweise durchsetzen oder den Mangel selbst beseitigen lassen und die dafür<br />

aufgewendeten Kosten als Schadensersatz statt der (<strong>Nacherfüllung</strong>s-) Leistung gem. §§ 280 I,<br />

III, 281 BGB vom Verkäufer ersetzt verlangen bzw. vom Vertrag <strong>zur</strong>ücktreten und/oder<br />

Schadensersatz verlangen, §§ 437 Nr. 2, Nr. 3, 440, 441, 323, 280, 281, 283, 311 a BGB<br />

(Ball, NZV 2004, 217, 225; Palandt-Weidenkaff, § 439, Rn 19, 21; Reinking/Eggert, Fn.<br />

4, Rn 416, 418, 420).<br />

3. Relative und absolute Unverhältnismäßigkeit<br />

Die Unverhältnismäßigkeit der Kosten kann auf zweierlei Art bemessen werden: Als<br />

Unverhältnismäßigkeit im Vergleich mit der anderen (möglichen) Variante der <strong>Nacherfüllung</strong><br />

(relative Unverhältnismäßigkeit) zum einen und wenn die einzig mögliche Art der<br />

<strong>Nacherfüllung</strong> für sich allein unverhältnismäßige Kosten verursacht (absolute<br />

Unverhältnismäßigkeit, vgl. Reinking/Eggert, Fn. 4, Rn 417; Palandt-Weidenkaff, § 439<br />

BGB, Rn 16 a; Kaeding, NJW 2010, 1031, 1034; Ball, NZV 2004, 217, 223; Müggenborg,<br />

NJW 2005, 2810, 2812).


a. Relative Unverhältnismäßigkeit<br />

Ausgangspunkt für die Feststellung der Unverhältnismäßigkeit ist der Wert der Sache in<br />

mangelfreiem Zustand, wobei der Kaufpreis nicht die Obergrenze darstellt. An diesem sind<br />

die Kosten der <strong>Nacherfüllung</strong> zu messen. Soweit keine „absolute Unverhältnismäßigkeit“<br />

vorliegt, muss ein Vergleich mit der anderen, objektiv möglichen Variante der <strong>Nacherfüllung</strong><br />

(relative Unverhältnismäßigkeit) durchgeführt werden (Reinking/Eggert, Fn. 4, Rn 417, 423,<br />

424, 437 – 447; Ball, NZV 2004, 217, 223/224; Kaeding, NJW 2010, 1031, 1034).<br />

Eine relative Unverhältnismäßigkeit ist anzunehmen, wenn die Kosten der gewählten der Art<br />

der <strong>Nacherfüllung</strong> (beim Kauf eines Neuwagens i. d. R. die Kosten der Lieferung eines<br />

vergleichbaren Neuwagens) die Kosten der anderen Art der <strong>Nacherfüllung</strong> (beim Kauf eines<br />

Neuwagens: Reparaturkosten) um 10 % bis 30 % übersteigen (Kaeding, NJW 2010, 1031,<br />

1034: 10 % bis 30 %; Ball, NZV 2004, 217, 223: 20 % bis 25 %, 10 % nicht ausreichend;<br />

Müggenborg, NJW 2005, 2810, 2812: mehr als 20 % erforderlich; Bitter/Meidt, ZIP<br />

2001, 2114, 2122: mindestens 10 %; Huber, NJW 2002, 1004, 1008: 10 %; Kirsten, ZGS<br />

2005, 66, 71/72: 20 %; LG Ellwangen, Urt. v. 13.12.2002 – 3 O 219/02, NJW 2003, 517:<br />

20 %; Reinking/Eggert, Fn. 4, Rn 445, 446: 20 % bis 30 %, 10 % zu niedrig;<br />

differenzierend Bamberger/Roth-Faust, § 439 BGB, Rn 47 – 50: Staffelung nach dem<br />

Verschuldensgrad des Verkäufers von 5 % bis 25 %).<br />

b. Absolute Unverhältnismäßigkeit<br />

Eine absolute Unverhältnismäßigkeit, die <strong>zur</strong> Ablehnung der <strong>Nacherfüllung</strong> im Ganzen<br />

führen kann, liegt vor, wenn, etwa beim Kauf eines Gebrauchtwagens, die Beseitigung des<br />

Mangels (Reparatur) als einzig mögliche Art der <strong>Nacherfüllung</strong> Kosten verursachen würde,<br />

die bei 100 % bis 150 % des Wertes der mangelfreien Sache liegen würden (Kaeding, NJW<br />

2010, 1031, 1034: 100 % bis 130 %; wenn den Verkäufer kein Verschulden trifft i. d. R.<br />

110 %; Bamberger/Roth-Faust, § 439 BGB Rn 49, 50: je nach Verschuldensgrad 105 %<br />

bis 145 %; hiergegen Ball, NZV 2004, 217, 223/224: 100 % bis 130 %, Abstufung nach<br />

dem Grad des Verschuldens des Verkäufers nicht sinnvoll und praktikabel; Kirsten,<br />

ZGS 2005, 66, 73/74: Unverhältnismäßigkeit bei Kosten in Höhe von 120 % des Wertes<br />

der mangelhaften Sache; Müggenborg, NJW 2005, 2810, 2812: 130 % des Wertes der<br />

mangelfreien Sache; Bitter/Meidt, ZIP 2001, 2114, 2122: max. 150 % des Wertes der<br />

Sache in mangelfreiem Zustand oder max. 200 % des mangelbedingten Minderwerts;<br />

Heinrich, ZGS 2003, 253, 258: 150 % des Interesses des Käufers an der <strong>Nacherfüllung</strong>,<br />

d. h. 150 % des Wertes der Sache in mangelfreiem Zustand; LG Ellwangen, Urt. v.<br />

13.12.2002 – 3 O 219/02, NJW 2003, 517: 130 %, im entschiedenen Fall aber offen<br />

gelassen; kritisch Reinking/Eggert, Fn.4, Rn 443, 444: Grenzwerte von 130 % bis 150 %<br />

problematisch).<br />

Reinking/Eggert weisen darauf hin, dass Grenzwerte der Reparaturkosten in einer<br />

Größenordnung von 130 % bis 150 % des Fahrzeugwerts indiskutabel sind, weil der<br />

Verkäufer beim Neuwagenkauf i. d. R. die Mangelhaftigkeit der Kaufsache nicht zu<br />

verantworten hat. In solchen Fällen sollte danach der Kaufpreis die Kappungsgrenze<br />

darstellen (Reinking/Eggert, Fn. 4, Rn 444: 100 %; ebenso Reinking, ZfS 2003, 57, 62<br />

und Huber, NJW 2002, 1004, 1008 sowie Ackermann, JZ 2002, 378, 382/383: 100 %<br />

keine Mindest-, sondern Höchstgrenze).


VII. Erforderlichkeit der <strong>Fristsetzung</strong> <strong>zur</strong> Geltendmachung von<br />

Sekundärrechten<br />

Will der Käufer vom Kaufvertrag <strong>zur</strong>ücktreten (§§ 437 Nr. 2, 440, 323, 326 V, 346 I, II BGB),<br />

den Kaufpreis mindern (§§ 437 Nr. 2, 441 BGB), Schadensersatz neben der Leistung (§§ 436<br />

Nr. 3, 440, 280 BGB) bzw. statt der Leistung (§§ 434 Nr. 3, 281 bzw. 311 a II BGB) oder den<br />

Ersatz vergeblicher Aufwendungen (§§ 437 Nr. 3, 440, 284 BGB) verlangen, muss er dem<br />

Verkäufer grundsätzlich eine Frist <strong>zur</strong> <strong>Nacherfüllung</strong>, nach seiner Wahl Beseitigung des<br />

Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache, setzen, §§ 440, 281, 323 BGB (vgl. BGH,<br />

Urt. v. 21.12.2005 – VIII ZR 49/05, NJW 2006, 1195, 1196, Nr. 18; Einzelheiten <strong>zur</strong><br />

<strong>Fristsetzung</strong> und deren Entbehrlichkeit vgl. Martis, MDR 2010, 1293 -1298).<br />

VII. Rechtsfolgen<br />

1. Rückgewähr der mangelhaften Sache (§ 439 IV BGB)<br />

Liefert der Verkäufer zum Zweck der <strong>Nacherfüllung</strong> eine mangelfreie Sache, kann er gem. §<br />

439 IV i. V. m. §§ 346 – 348 BGB Rückgewähr der mangelhaften Sache, Zug um Zug gegen<br />

Übereignung der Mangelfreien verlangen.<br />

2. Wertersatz<br />

Unter den Voraussetzungen des § 346 II BGB schuldet der Käufer dem Verkäufer Wertersatz,<br />

nach dem Wortlaut der Verweisung auch den Wert der Gebrauchsvorteile, die allerdings bei<br />

einer mangelhaften Sache bei Null liegen können. Der Wertersatz kann nach § 346 III 1 BGB<br />

auch entfallen mit der Folge, dass nur eine Bereicherung herauszugeben ist (§ 346 III 2 BGB).<br />

Auf Vorlagebeschluss des BGH vom 16.8.2006 (BGH, VIII ZR 200/05, NJW 2006, 3200<br />

mit Darstellung der hierzu vertretenen Ansichten; vgl. hierzu Schmidt, ZGS 2006, 408 –<br />

412; Gärtner, ZGS 2006, 368/369) hatte der EuGH (Urt. v. 14.7.2008 – C 404/06, NJW<br />

2008, 1433) entschieden, die Bestimmungen des Art. 3 II, Art. 3 III Unterabsatz 3, Art. 3 IV<br />

der Richtlinie 1999/44/EG stünden in einer Vorschrift wie § 439 IV BGB, die dem Verkäufer<br />

bei Lieferung eines vertragswidrigen Verbrauchsgutes gestatten würden, bis zu dessen<br />

Austausch Nutzungsersatz für dessen Nutzung zu verlangen, entgegenstehen.<br />

In der Folgeentscheidung vom 26.11.2008 (VIII ZR 200/05, MDR 2009, 248 = VersR 2009,<br />

1509) hat der BGH klargestellt, dass der Käufer einer mangelhaften Sache, soweit er<br />

Unternehmer i. S. d. §§ 474 I, 13, 14 BGB ist, vom Käufer als Verbraucher (§§ 474 I, 13, 14<br />

BGB) keinen Nutzungs- oder Wertersatz für die Nutzung der mangelhaften Sache verlangen<br />

kann. § 434 IV BGB sei (vor der Neufassung des § 474 II 1 BGB) im Wege der<br />

richtlinienkonformen Rechtsfortbildung in Fällen des Verbrauchsgüterkaufs (§§ 474 I 1, 13,<br />

14 BGB) einschränkend dahingehend auszulegen, dass §§ 439 IV, 346, 347, 348 BGB in den<br />

Fällen der Ersatzlieferung beim Verbrauchsgüterkauf nur für die Rückgewähr der<br />

mangelhaften Sache selbst gelten. Außerhalb der §§ 474 I 1, 13, 14 BGB waren und sind die<br />

§§ 439 IV, 346 – 348 BGB dagegen uneingeschränkt anzuwenden (BGH, Urt. v. 26.11.2008<br />

– VIII ZR 200/05, MDR 2009, 248, 249 = VersR 2009, 1504, 1507, Nr. 26, 28, 29, 42; vgl.<br />

hierzu Heimermann, ZGS 2009, 211 – 214; Pfeiffer, NJW 2009, 412/413).<br />

Der Gesetzgeber hat hierauf reagiert und § 474 II 1 BGB dahingehend formuliert, dass der<br />

Käufer beim Verbrauchsgüterkauf bis <strong>zur</strong> Herausgabe der Sache keinen Nutzungs- oder<br />

Wertersatz schuldet. Bei der Rückabwicklung eines Verbrauchsgüterkaufs (§§ 440, 346 ff.


BGB) steht dem Anspruch des Verkäufers auf Nutzungswertersatz gem. § 346 I BGB<br />

europäisches Recht nach wie vor nicht entgegen (BGH, Urt. v. 16.9.2009 – VIII ZR 243/08,<br />

NZV 2010, 142).<br />

3. Selbstbeseitigung des Mangels durch den Käufer<br />

Beseitigt der Käufer den festgestellten Sachmangel selbst, ohne den Verkäufer zuvor <strong>zur</strong><br />

Beseitigung des Mangels oder <strong>zur</strong> Lieferung einer mangelfreien Sache (§ 439 I BGB)<br />

aufgefordert zu haben, so ist diese „faktische Unmöglichkeit“ nicht von §§ 275 I–III, 439 III<br />

BGB erfasst. In einem solchen Fall stehen dem Käufer keine Ansprüche auf Schadensersatz<br />

(§§ 437 Nr. 2, 440, 280, 281, 283, 311 a), den Ersatz vergeblicher Aufwendungen (§§ 437 Nr.<br />

3, 284), auf Rücktritt vom Kaufvertrag (§§ 437 Nr. 2, 323, 326 V, 346), Minderung (§§ 437<br />

Nr. 2, 441 BGB) sowie auf Ersatz derjenigen Kosten, die sich der Verkäufer durch die nicht<br />

durchgeführte <strong>Nacherfüllung</strong> erspart (§ 326 II 2, IV BGB analog) zu (BGH, Urt. v. 23.2.2005<br />

– VIII ZR 100/04, NJW 2005, 1348 = MDR 2005, 673; BGH, Urt. v. 7.12.2005 – VIII ZR<br />

126/05, MDR 2006, 679 = NJW 2006, 988; BGH, Urt. v. 20.1.2009 – X ZR 45/07, ZGS<br />

2009, 239, 240, Nr. 10, 14; OLG Celle, Urt. v. 10.2.2005 – 8 U 146/05, OLGR 2005, 185;<br />

ebenso Ball, NZV 2004, 217, 227; Dauner-Lieb, ZGS 2005, 169, 170; ZGS 2003, 250 ff.;<br />

ZGS 2003, 455 ff.; ZGS 2005, 10, 13; Dauner-Lieb/Dötsch, ZGS 2003, 455, 458: auch<br />

keine Ansprüche aus G. o. A. und §§ 812, 818 II; Dötsch, MDR 2003, 1407, 1408).<br />

Beseitigt der Käufer den Mangel selbst, ohne dem Verkäufer zuvor eine ausreichende Frist <strong>zur</strong><br />

<strong>Nacherfüllung</strong> gesetzt zu haben, kann er nach Ansicht des BGH nicht gem. § 326 II 2, IV<br />

BGB (analog) die Anrechnung der vom Verkäufer ersparten Aufwendungen für die<br />

Mangelbeseitigung auf den Kaufpreis verlangen oder den bereits gezahlten Kaufpreis in<br />

dieser Höhe <strong>zur</strong>ückfordern (BGH, Urt. v. 23.2.2005 – VIII ZR 100/04, MDR 2005, 673 =<br />

NJW 2005, 1348; BGH, Urt. v. 20.1.2009 – X ZR 45/07, ZGS 2009, 239, 240, Nr. 10, 14;<br />

ebenso Ball, NZV 2004, 217, 227; Dauner-Lieb a.a.O.; Reinking/Eggert, Fn. 4, Rn 405,<br />

406, 1717, 1719: bei Selbstvornahme durch den Käufer wird der Verkäufer von seiner<br />

<strong>Nacherfüllung</strong>spflicht gem. § 275 I BGB frei).<br />

Ein Teil der Rechtsprechung (OLG München, Urt. v. 21.7.2006 – 19 U 2503/05, MDR<br />

2007, 259) und die h. L. befürworten dem gegenüber einen Anspruch des Käufers aus § 326 II<br />

2, IV BGB analog (Lorenz, NJW 2006, 1175, 1179; NJW 2003, 1417, 1419; NJW 2005,<br />

1321, 1322; Braun, ZGS 2004, 423, 430; Ebert, NJW 2004, 1761, 1763; Löhnig, ZGS<br />

2007, 134, 135; Oechsler, NJW 2004, 1825, 1826; Herresthal/Riehm, NJW 2005, 1457,<br />

1461; Arnold, MDR 2005, 661; Katzenstein, ZGS 2004, 144, 146, 153; ders. ZGS 2004,<br />

300, 308; ders. ZGS 2004, 349, 356/357; Katzenstein, ZGS 2005, 184, 185/193:<br />

Selbstvornahme des Käufers führt zu einer Befreiung des Verkäufers von seiner<br />

Leistungspflicht, Anspruch aus §§ 326 IV, 326 II 2 BGB als besonderes Instrument des<br />

Bereicherungsausgleichs; ders. ZGS 2005, 305, 311; ders. ZGS 2005, 424, 425; Gsell, ZIP<br />

2005, 922: Ansprüche aus §§ 326 II 2, IV, G. o. A., 812 I 1 möglich, Mitverschulden des<br />

Käufers gem. §§ 323 VI, 326 II 1, 254 zu prüfen).<br />

Dem Käufer steht nach der Rspr. des BGH auch dann kein Anspruch in Höhe der ersparten<br />

Aufwendungen des Verkäufers <strong>zur</strong> Mangelbeseitigung aus § 326 II 2, IV BGB zu, wenn es<br />

ihm aus besonderen Gründen nicht zuzumuten war, dem Verkäufer zuvor Gelegenheit <strong>zur</strong><br />

Nachbesserung zu geben (BGH, Urt. v. 7.12.2005 – VIII ZR 126/05, MDR 2006, 679, 680 =<br />

NJW 2006, 988, 989; BGH, Urt. v. 22.6.2005 – VIII ZR 1/05, NJW 2005, 3211, 3212).


In Betracht kommt aber ein Schadensersatzanspruch aus § 437 Nr. 3 i. V. m. § 281 II 2. Alt.,<br />

wenn eine Notmaßnahme <strong>zur</strong> Erhaltung der Kaufsache erforderlich ist, die der Verkäufer nicht<br />

rechtzeitig veranlassen könnte (BGH, Urt. v. 22.6.2005 – VIII ZR 1/05, NJW 2005, 3211,<br />

3212). Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Zustand des erworbenen Tieres eine<br />

unverzügliche tierärztliche Behandlung als Notmaßnahme erforderlich erscheinen lässt, die<br />

vom Verkäufer auch bei rechtzeitiger Aufforderung <strong>zur</strong> Nachbesserung nicht rechtzeitig<br />

veranlasst werden könnte (BGH a. a. O.).<br />

4. Kosten der <strong>Nacherfüllung</strong><br />

Der Verkäufer hat sämtliche mit der <strong>Nacherfüllung</strong> verbundenen Kosten (§ 439 II BGB) zu<br />

übernehmen, insbesondere Arbeits- und Materialkosten, den Aufwand zum Auffinden der<br />

Mangelursache (BGH, NJW 1991, 1604; Reinking/Eggert, Fn.4, Rn 383, 385), Transport-,<br />

Wege- und Abschleppkosten einschließlich der Kosten für den Kraftstoff, der auf der Fahrt<br />

<strong>zur</strong> Werkstatt und auf der anschließenden Abholfahrt verbraucht wird (Reinking/Eggert,<br />

Fn.4, Rn 391).<br />

Transport-, Gutachter- und <strong>Rechtsanwalt</strong>skosten, die im Rahmen der Nachbesserung<br />

erforderlich waren, sind als Nachbesserungsaufwendungen zu ersetzen; es handelt sich auch<br />

insoweit um einen Erfüllungs- und nicht um einen Schadensersatzanspruch (BGH, Urt. v.<br />

17.2.1999 – X ZR 40/96, NJW-RR 1999, 813, 814, allerdings zu §§ 633 II 2, 476 a BGB a.<br />

F.; a. A. Reinking/Eggert, Fn. 4, Rn 394: RA-Kosten nur nach §§ 437 Nr. 3, 280 I, III<br />

BGB, wobei der Käufer gem. § 254 BGB analog Aufwendungen gering halten muss).<br />

Bestehen konkrete Anhaltspunkte, dass der Mangel im Rahmen der Nachbesserung nicht<br />

behoben wurde und wird dieser Verdacht nicht durch die Nachuntersuchung bestätigt, hat der<br />

Verkäufer den Käufer aufgrund der hierin liegenden Pflichtverletzung auch die Kosten einer<br />

Begutachtung der durchgeführten Nachbesserung aus §§ 439 I, 280 I BGB – nicht jedoch aus<br />

§ 439 II BGB – zu erstatten (Reinking/Eggert, Fn. 4, Rn 398; <strong>zur</strong> unberechtigten<br />

Mängelrüge s.o. IV. 3.).<br />

Da die <strong>Nacherfüllung</strong> in Form der Mängelbeseitigung für den Käufer kostenfrei zu erfolgen<br />

hat, findet – auch außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs - kein Vorteilsausgleich durch Abzug<br />

„Neu für Alt“ statt (LG Münster, Urt. v. 13.5.2009 – 1 S 29/09, DAR 2009, 531, 532; OLG<br />

Celle, Urt. v. 28.6.2006 – 7 U 235/05, juris, Nr. 47; Ball, NZV 2004, 217, 221).<br />

5. Aus- und Einbaukosten<br />

Hat der Käufer die gekaufte Sache auf eigene Kosten in eine andere Sache einbauen lassen (z.<br />

B. Parkettstäbe, Dachziegel, Bodenfliesen, sonstige Baustoffe) und zeigt sich sodann ein<br />

Mangel, der durch Ersatzlieferung behoben wird, stellt sich die Frage, ob der Verkäufer neben<br />

der Lieferung einer gleichartigen mangelfreien Sache in Anwendung des § 439 II BGB<br />

verschuldensabhängig auch für die Kosten des Ausbaus der mangelhaften Kaufsache und des<br />

Einbaus der ersatzweise gelieferten neuen Sache aufkommen muss (vgl. hierzu zuletzt<br />

Lorenz, NJW 2009, 1633 – 1637; Ball, DAR 2009, 497, 499; Höpfner, ZGS 2009, 270 –<br />

277; Schneider/Katerndahl, MDR 2009, 9 – 12 und NJW 2007, 2215 – 2220; Katzenstein,<br />

ZGS 2009, 29 – 36 und ZGS 2009, 553 – 562 sowie ZGS 2008, 450 – 457; Skamel, NJW<br />

2008, 2820 – 2822; Witt, ZGS 2008, 369 – 374; Gärtner, ZGS 2009, 109/110).


a. Einbaukosten<br />

Im „Parkettstäbe-Fall“ (BGH, Urt. v. 15.7.2008 - VIII ZR 211/07, MDR 2008, 1146 = NJW<br />

2008, 2837) hat der BGH ausgeführt, der Verkäufer mangelhafter Parkettstäbe schulde im<br />

Zuge der <strong>Nacherfüllung</strong> durch Ersatzlieferung (§ 439 I BGB) nur die Lieferung<br />

mangelfreier Parkettstäbe, d. h. die Verschaffung von Besitz und Eigentum an einer<br />

mangelfreien Kaufsache (§ 433 I BGB). Zur Verlegung ersatzweise gelieferter Parkettstäbe ist<br />

der Verkäufer im Weg der <strong>Nacherfüllung</strong> aus § 439 II BGB auch dann nicht verpflichtet, wenn<br />

der Käufer die mangelhaften Parkettstäbe bereits verlegt hatte. Denn der Anspruch auf<br />

<strong>Nacherfüllung</strong> geht nicht weiter als der Anspruch auf Erfüllung, der Anspruch auf<br />

Ersatzlieferung nicht weiter als der ursprüngliche Anspruch auf Lieferung einer mangelfreien<br />

Sache.<br />

Eine Haftung des Verkäufers mangelhafter Parkettstäbe, die der Käufer vor der Entdeckung<br />

des Mangels auf seine Kosten verlegen ließ, für die Kosten der Neuverlegung mangelhafter<br />

Parkettstäbe kommt nur unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes statt der Leistung<br />

(§§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 BGB) in Betracht. Der Verkäufer haftet nicht, wenn er die in<br />

der mangelhaften Lieferung liegende Pflichtverletzung (§§ 280 I 1, 433 I 2 BGB) nicht zu<br />

vertreten hat (§ 280 I 2 BGB). Regelmäßig ist für den Verkäufer der Mangel der vom<br />

Hersteller verpackt gelieferten Massenware nicht erkennbar, wobei der BGH im<br />

entschiedenen Fall offen gelassen hat, ob und in welchem Umfang Stichproben durchgeführt<br />

werden müssen (BGH a.a.O.).<br />

Eine generelle Untersuchungspflicht der Ware durch den Verkäufer besteht jedenfalls nicht,<br />

weil der Verkäufer i. d. R. bei neueren Sachen davon ausgehen darf, dass sie nicht mit<br />

Mängeln behaftet sind (OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.1.2008 – 8 U 184/06, NJW-RR 2008,<br />

1282; OLG Frankfurt, Urt. v. 14.2.2008 – 15 U 5/07, OLGR 2008, 325, 327 = juris, Nr.<br />

26). Da der Verkäufer auch nicht Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB ) des<br />

Lieferanten/Großhändlers ist, haftet er nicht, wenn er die in der mangelhaften Lieferung<br />

liegenden Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (BGH, Urt. v. 15.7.2008 – VIII ZR 211/07,<br />

NJW 2008, 2837, 2840, Nr. 29; OLG Frankfurt, Urt. v. 14.2.2008 – 15 U 5/07, OLGR<br />

2008, 325, 327 = juris, Nr. 26).<br />

Die Kosten für die Verlegung neuer, mangelfreier Parkettstäbe sind auch nicht aus §§ 437 Nr.<br />

3, 284 BGB erstattungsfähig. Denn es handelt sich hierbei nicht um Aufwendungen, die der<br />

Käufer im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung (hier: die Mangelfreiheit der gekauften<br />

Parkettstäbe) gemacht hat, sondern um Kosten, die erst zukünftig - aufgrund der<br />

anderweitigen Beschaffung mangelfreier Parkettstäbe – entstehen (BGH, Urt. v. 15.7.2008 –<br />

VIII ZR 211/07, MDR 2008, 1146 = NJW 2008, 2837, 2840, Nr. 28 – 33).<br />

Dass die Kosten des Einbaus der gekauften Sache nach Feststellung des Mangels nur aus §<br />

280 bzw. 281 BGB erstattungsfähig sind, entsprach auch der h. M. (OLG Karlsruhe, Urt. v.<br />

14.3.2008 – 10 U 68/07, OLGR 2009, 79, 82 = NJW-RR 2009, 777, 780: zählt man den<br />

Einbau mangelfreier Dachziegel nicht zum Gegenstand der Verkäuferpflichten nach §§<br />

433, 434 BGB, ist nicht § 281 BGB, sondern § 280 I, III BGB einschlägig; OLG<br />

Frankfurt, Urt. v. 14.2.2008 – 15 U 5/07, OLGR 2008, 325 – 327 = juris, Nr. 26, 33 – 39,<br />

51: Kosten für den Einbau einer neuen, mangelhaften Sache nur nach § 280 I BGB<br />

erstattungsfähig, Kosten für die Lieferung der mangelfreien Sache an den Wohnort des<br />

Käufers und des Ausbaus der bereits eingebauten mangelhaften Sache sowie deren<br />

Entsorgung nach § 439 II BGB; OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.1.2008 – I-8 U 184/06, NJW-<br />

RR 2008, 1282 = OLGR 2009, 102, 103 = juris, Nr. 15 – 17: Kosten der Neuverlegung


nur aus § 280 I, keine generelle Untersuchungspflicht des Verkäufers; Müko-<br />

Westermann, 5. Auflage, § 439 BGB Rn 13 und Staudinger/Matusche-Beckmann, 2004,<br />

§ 439 BGB, Rn 21 sowie Lorenz, NJW 2005, 1889, 1895: Kosten der Neuverlegung nur<br />

aus § 280 I, III; a. A. aber OLG Karlsruhe, Urt. v. 2.9.2004 – 12 U 144/04, MDR 2005,<br />

135 = OLGR 2004, 465: Ein- und Ausbaukosten nach § 439 II BGB zu erstatten; OLG<br />

Köln, Urt. v. 21.12.2005 – 11 U 46/05, MDR 2006, 926 = NJW-RR 2006, 677: Einbau<br />

einer mangelfreien Sache und Kosten der vergeblichen Aufwendungen des Käufers für<br />

den Einbau der mangelhaften Sache nur gem. §§ 437 Nr. 3, 280 I bzw. § 284 i. V. m. §§<br />

281, 280 I 2 BGB zu erstatten, Kosten für die Rücknahme und Entfernung der<br />

mangelhaften Fliesen aus § 439 II BGB).<br />

b. Ausbaukosten<br />

Ob der Verkäufer einer mangelhaften Sache, die der Käufer in eine andere Sache hat einbauen<br />

lassen, bevor sich der Mangel zeigt, im Fall der Ersatzlieferung die Kosten des Ausbaus der<br />

mangelhaften Sache zu tragen hat (z. B. eingebaute Fliesen, Dachziegel, Parkettstäbe), ist<br />

streitig. Nach h. M. zählt der Ausbau der mangelhaften Ware im Fall der Nachlieferung nach §<br />

439 I BGB zu den Pflichten des Verkäufers. Danach gehören die Ausbaukosten zu den nach §<br />

439 II BGB erforderlichen Aufwendungen, die vom Verkäufer zu tragen sind. Dabei wird auf<br />

den Charakter des <strong>Nacherfüllung</strong>sanspruchs als modifiziertem Erfüllungsanspruch abgestellt,<br />

bei dem es um die nachträgliche Herbeiführung eines vertragsgemäßen Zustandes geht. Hat<br />

der Käufer die Kaufsache ihrem bestimmungsgemäßen Zweck entsprechend eingebaut, so<br />

entspricht es dem vertragsgemäßen Zustand gerade auch, dass er nicht mit dem Ausbau der<br />

mangelhaften Sache und deren Entsorgung belastet ist (OLG Karlsruhe, Urt. v. 2.9.2004 –<br />

12 U 144/04, ZGS 2004, 432, 433 = MDR 2005, 135, 136 = OLGR 2004, 465, 466; OLG<br />

Karlsruhe, Urt. v. 14.3.2008 – 10 U 68/07, OLGR 2009, 79, 81/82 = NJW-RR 2009, 777,<br />

779/780; OLG Köln, Urt. v. 21.12.2005 – 11 U 46/05, MDR 2006, 926, 927 = NJW-RR<br />

2006, 677; OLG Frankfurt, Urt. v. 14.2.2008 – 15 U 5/07, ZGS 2008, 315, 318 = OLGR<br />

2008, 325, 326 = juris, Nr. 33 – 39; Witt, ZGS 2008, 369, 370/374: Aus- und Einbau nach<br />

§ 439 I, II; Schneider/Katerndahl, NJW 2007, 2215, 2216/2220 und MDR 2009, 9, 11:<br />

<strong>Nacherfüllung</strong> ist ein modifizierter Erfüllungsanspruch, Ausbau ist Teil der<br />

<strong>Nacherfüllung</strong>spflicht aus § 439 I BGB; bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung wäre<br />

der Käufer mit dem Ausbau und der Entsorgung nicht belastet worden, Einbaukosten<br />

dagegen nur gem. § 280 I zu ersetzen; Lorenz, NJW 2009, 1633, 1635/1637: § 439 I, II<br />

BGB umfasst auch die Rücknahmeverpflichtung des Verkäufers, ggf.<br />

richtlinienkonforme Auslegung des § 439 I, II BGB erforderlich; Bamberger/Roth-<br />

Faust, 2. Auflage 2007, § 439 BGB, Rn 18, 32: Verkäufer muss die mangelhafte Sache<br />

<strong>zur</strong>ücknehmen und dazu ggf. demontieren; Palandt-Weidenkaff, § 439 BGB, Rn 11: §<br />

439 I, II erfasst den Aufwand zum Auffinden der Ursache und den Ausbau der<br />

Kaufsache; Faust, JuS 2009, 470; Jaensch, JuS 2009, 131; Terrahe, VersR 2004, 680,<br />

682; Schneider, ZGS 2008, 177, 178; offen gelassen von BGH, Beschl. v. 14.1.2009 – VIII<br />

ZR 70/08, NJW 2009, 1660, 1661, Nr. 12, 13).<br />

Der Verkäufer kann sich aber auf § 439 III BGB berufen, wenn die <strong>Nacherfüllung</strong> nur mit<br />

unverhältnismäßigen Kosten möglich ist (BGH, Beschl. v. 14.1.2009 – VIII ZR 70/08, NJW<br />

2009, 1660, 1661, Nr. 13 – 18: Vorlage an den EuGH; OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.3.2008 –<br />

10 U 68/07, OLGR 2009, 79, 82 = NJW-RR 2009, 777, 779/780: § 439 III bzw. § 275 II<br />

BGB; Höpfner, ZGS 2009, 270, 271/277: ggf. richtlinienkonforme Auslegung des § 439<br />

II, IV BGB zugunsten des Käufers; Ball, DAR 2009, 497, 500).


Der BGH (9BGH, Beschl. v. 14.1.2009 – VIII ZR 70/08, NJW 2009, 1660, 1661, Nr. 13 –<br />

22) hat die Frage, ob der Verkäufer verschuldensunabhängig aus § 439 I, II BGB zum Ausbau<br />

der mangelhaften Kaufsache verpflichtet ist, offen gelassen. Denn im entschiedenen Fall<br />

überschritten die Kosten des Ausbaus der mangelhaften eingebauten Fliesen und der<br />

Lieferung neuer Fliesen den Wert der mangelfreien Fliesen um mehr als 200 %, so dass eine<br />

„absolute Unverhältnismäßigkeit“ s.o.) vorlag (vgl. auch OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.3.2008<br />

– 10 U 68/07, OLGR 2009, 79, 82 = NJW-RR 2009, 777, 780: absolute<br />

Unverhältnismäßigkeit bei Kosten in Höhe des vierfachen der Kosten mangelfreier<br />

Ziegel).<br />

Der BGH spricht die Möglichkeit an, § 439 III BGB im Weg der gebotenen<br />

richtlinienkonformen Auslegung oder der Rechtsfortbildung dahingehend einschränkend<br />

anzuwenden, dass mit der dort geregelten absoluten Unverhältnismäßigkeit lediglich die Fälle<br />

der Unmöglichkeit nach § 275 I, II, III BGB erfasst werden, so dass sich der Verkäufer beim<br />

vorliegenden Verbrauchsgüterkauf nicht auf § 439 III BGB berufen könnte (BGH, NJW<br />

2009, 1660, 1662, Nr. 18, 22; für eine richtlinienkonforme Auslegung: Höpfner, ZGS<br />

2009, 270, 276/277; Gärtner/Schön, ZGS 2009, 109, 111: Art. 3 III der RiLi gesteht dem<br />

Verkäufer die Einrede der absoluten Unverhältnismäßigkeit zu, aber<br />

richtlinienkonforme, teleologische Reduktion des § 439 III BGB; Lorenz, NJW 2009,<br />

1633, 1637: auf den Verbrauchsgüterkauf zu begrenzende richtlinienkonforme<br />

Auslegung des § 439 I, II BGB; gegen eine richtlinienkonforme Auslegung und für<br />

Anwendung des § 280 I bei den Ausbaukosten Katzenstein, ZGS 2009, 29, 32/36 und<br />

Skamel, NJW 2008, 2820, 2822).<br />

Der BGH hat die Fragen, ob die <strong>Nacherfüllung</strong>spflicht des Verkäufers die Kosten des Ausbaus<br />

der mangelhaften Kaufsache einschließt, und ob sich der Verkäufer gegenüber dem Käufer im<br />

Lichte der Art. 3 II, III unter Abs. 1, 2 und 3 der RiLi 1999/44/EG auf eine<br />

Unverhältnismäßigkeit nach § 439 III BGB berufen kann, dem EuGH <strong>zur</strong> Entscheidung<br />

vorgelegt.<br />

IX. Erfüllungsort bei der Nachlieferung<br />

Erfüllungsort (§ 269 I BGB) für die <strong>Nacherfüllung</strong> ist nach Auffassung der h. M. der Ort, an<br />

dem sich die Kaufsache nach Abschluss des Kaufvertrages und Übergabe zum<br />

bestimmungsgemäßen Gebrauch befindet. Ist dieser Ort nicht ausdrücklich geregelt, folgt aus<br />

der Natur des Schuldverhältnisses i. d. R., dass sich etwa ein zum privaten Gebrauch<br />

erworbener Pkw am Wohnort des Käufers, ein zu gewerblichen Zwecken erworbener Pkw am<br />

Firmensitz des Käufers befindet (OLG München, Urt. v. 12.10.2005 – 15 U 2190/05,<br />

OLGR 2006, 504, 505: gebrauchter Pkw; OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 32/09,<br />

MDR 2010, 372: gebrauchter Pkw; OLG Köln, Urt. v. 21.12.2005 – 11 U 46/05, MDR<br />

2006, 926; Schneider/Katerndahl, MDR 2009, 9, 10; Andreae, NJW 2007, 3457, 3458;<br />

Höpfner, ZGS 2009 270, 273; Lorenz, NJW 2007, 1, 5 und NJW 2006, 1175, 1178; Faust,<br />

JuS 2008, 84; Witt, ZGS 2008, 369, 370; Staudinger/Matusche-Beckmann, 2004, § 439<br />

BGB, Rn 9; Erman/Grunewald, 12. Aufl., § 439 BGB, Rn 3, 5; Bamberger/Roth-Faust, §<br />

439 BGB, Rn 13).<br />

Auch der BGH hat in einer zum Werkvertragsrecht ergangenen Entscheidung ausgeführt, dass<br />

die <strong>Nacherfüllung</strong> im Zweifel dort zu erbringen sei, wo sich das nachzubessernde Werk<br />

vertragsgemäß befindet (BGH, Urt. v. 8.1.2008 – X ZR 97/05, MDR 2008, 552 = NJW-RR<br />

2008, 724). Der BGH stellt dabei auf die Wertung des Gesetzes ab. Für den Besteller würde<br />

ein Transport zum Werkunternehmer – gerade bei größeren Kaufgegenständen – nicht selten


einen erheblichen Aufwand darstellen. Für das Kaufrecht kann aufgrund der eindeutig<br />

feststellbaren Regelungsabsicht des Gesetzgebers nichts anderes gelten (Höpfner, ZGS 2009,<br />

270, 273; Schneider/Katerndahl, MDR 2009, 9, 10).<br />

Auch der europarechtliche Hintergrund stützt dieses Ergebnis (vgl. Schneider/Katerndahl,<br />

MDR 2009, 9, 10). Der EuGH (EuGH, Urt. v. 25.2.2010 – C 381/08, NJW 2010, 1059) hat<br />

entschieden, dass der Erfüllungsort auch beim Versendungskauf nicht der Ort der<br />

Lieferhandlung des Verkäufers, sondern der Ort der Übergabe der Ware an den Käufer ist.<br />

Gemeinsamer Bezugspunkt aller Gestaltungen (Hol-, Schick- und Bringschulden) ist damit<br />

der Ort, an dem der Käufer die Ware entgegenzunehmen hat.<br />

Nach der Gegenansicht liegt der Erfüllungsort bei der <strong>Nacherfüllung</strong> gem. § 439 I<br />

grundsätzlich beim Verkäufer. Für den ursprünglichen Erfüllungsanspruch aus § 433 BGB<br />

und für den <strong>Nacherfüllung</strong>sanspruch als modifiziertem Erfüllungsanspruch könnten keine<br />

unterschiedlichen Erfüllungsorte begründet werden. Insbesondere bei gekauften<br />

Kraftfahrzeugen muss es dem Verkäufer ermöglicht werden, Fehleruntersuchungen und<br />

Instandsetzungsmaßnahmen in seiner Werkstatt vorzunehmen. Dem Käufer entstehen dadurch<br />

keine wesentlichen Nachteile, da der Verkäufer die Transportkosten und die Transportgefahr<br />

trägt (OLG Koblenz, Urt. v. 16.7.2010 – 8 U 812/09, ZGS 2010, 570 = DAR 2011, 84, 85 –<br />

Revision zugelassen; OLG München, Urt. v. 20.6.2007 – 20 U 2204/07, OLGR 2007, 796,<br />

797 = NJW 2007, 3214, 3215; Reinking/Eggert, Fn. 4, Rn 355, 358, 1733; Ball, NZV 2004,<br />

217, 221 und DAR 2009, 497, 499; Skamel, DAR 2004, 565, 568 und ZGS 2006, 227;<br />

Reinking, NJW 2008, 3608, 3612: am ursprünglichen Erfüllungsort sind beide Arten der<br />

<strong>Nacherfüllung</strong> zu erbringen; Muthorst, ZGS 2007, 370, 372/373).<br />

Der BGH hat die Frage in seinem Urteil vom 15.7.2008 ausdrücklich offen gelassen (BGH,<br />

VIII ZR 211/07, NJW 2008, 2837, 2839, Nr. 27; auch OLG Koblenz, Urt. v. 16.7.2010 – 8<br />

U 812/09, DAR 2011, 84, 85 – Revision zugelassen).

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